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Full text of "Journal für Ornithologie"

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JOURNAL 


für 


ORNITHOLOGIE 


GEGRÜNDET VON J. CABANIS 
Im Auftrage der 


Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 


mit Beiträgen von 


R. Berge, Prof. Sp. Brusina, E. Christoleit, Rehngsrat. K. Deditius, 

Baron C.v. Erlanger, Dr. O.Finsch, Dr.O. Heinroth, C.E. Hellmayr, 

Dr. O0. Helms, L. Kaiser, H. Kunz, Oberltn. F. v. Lucanus, 

O0. Neumann, Ltn. Pogge, H. Schalow, W. A. Schulz, W. Schuster, 
J. Thienemann, Baurat C. Wüstnei 


herausgegeben 


von 


Prof. Dr. Ant. Reichenow, 


Kustos der Ormithologischen Abteilung des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin, 
Generalsekretlir der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft, Ehrenmitglied der Natur- 
forschenden Gesellschaft des Osterlandes, der American Omithologists’ Union, 
der British Ornithologists’ Union, der Ungarischen Ornithologischen Centrale, 
der Ornitholog. Vereine in Leipzig und München nu. a. 


L. Jahrgang. 
Fünfte Folge, 9. Band 


mit 9 Tafeln und einer Karte. 


Leipzig 1902. 
Verlag von L. A. Kittler. 


London, Paris, New-York, 
Williams & Norgate, 14 F. Vieweg, rue Richelieu 67. B. Westermann & Co. 
Henrietta Street, Coventgarden. 812 Broadway. 


172.303 


Inhalt des L. Jahrganges (1902.) 


R. Berge, Die Vogelsiedlung des Neusatzer Riedes in Ungarn 

Sp. Brusina, E. Arrigoni Degli Oddi. Atlante a 
Uccelli Europei. Milano 1902 (Bericht) . 

E. Christoleit, Gefiederte Wintergäste im Hafen von Memel im 
Winter 1900/1901 ? 

K. Deditius, Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperling 
vöogel . : 

C. v. Erlanger, [Dendropicus hempriehi albicans. n. "consp.] . 

O0. Finsch, Zur Versöhnung zweier toten Meister (Hartlaub-Pet6nyi). 

0. eo Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee 
Expedition“ von Br. Mencke . : Be 

C. E. Hellmayr, Revision einiger neotropischen Turdidae . 

— Übersicht der von Dr. A. Penther in Südafrika gesammelten Vögel. 

O0. Helms, Über Grönlands Vogelwelt Se El N 

L. Kaiser, [Über die Vögel von Nauru] 

H. Kunz, Otis tetrax, die Zwergtrappe, ein urdeutscher Brutvogel. 

F, v. Lucanus, die Höhe des Vogelzuges auf Grund aeronautischer 
Beobachtungen : N 

— Schutzfärbung und N utztrachten h 

0. Neumann, [Über seltenere Vogelarten : aus " Nordostafrika] 

Pogge, Beobachtungen aus dem nordöstlichen China, gesammelt 
während des Krieges in China. . . 

Ant. Reichen oW, Die Vögel des deutschen Schutzgebietes. Togo. 

— [Colymbus nigricans poggei n. sp. und Stizorhina vulpina n. sp.]. 

— [Chalcopelia chalcospilos erlangeri, volkmanniund caffra nn. consp.]. 

[Über neue afrikanische Arten] : 

[Conspecies für Subspecies] 

Schalow, [Über Erithacus cairii] : 

A. Schulz, Die Brüllaffen unter den Vögeln Bs 

. Schuster, Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 

Die Vogelwelt und die Tertiärzeit . \ 

J. Thienemann, I. Jahresbericht (1901) der Vogelwarte Rossitten. 

C. Wüstnei, der Vogelzug in Mecklenburg . . . . ... 238, 

— Einige Beobachtungen aus dem Jahre 1901 Ze RC 1 


“[33m|ı 


NV 


Deutsche Ornithologische Gesellschaft. 


Bericht über die Septembersitzung 1901. -. ». 2 2 2 2... 121 
Bericht über die Oktobersitzung 1901 . .. . ......2. 125 


Bericht über die Novembersitzung 1901. . . . 2 2.2..2...127 
Bericht über die Dezembersitzung 1901 . . . 2» 2 2 2.....131 
Bericht über die Januarsitzung 1902. . » 2 2 2 2 2020. 254 
Bericht über die Märzsitzung 119021... . u... nur 2 2 27267 
Bericht über die Aprilsitzung 1902 . . 363 
Mitgliederverzeichnis der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 1902 114 
Dem Herausgeber zugesandte Schriften. . . . 185, 258, 366, 473 
Abbildungen. 


Taf. I. Paradisea mirabils Rchw. 

Taf. II—VIl. Landschaftsbilder der Kurischen Nehrung. 

Taf. VII. Halcyon matthiae Hnrth.,, Halcyon nusae Hnrth. 

Taf. IX. Monarcha menckei Hnrth., Rhipidura matthiae Hnrth. 
Karte der Kurischen Nehrung. 


JOURNAL 


fi 


ORNITHOLOGIE 


Fünfzigster Jahrgang. 


No. 1. Januar 1902. 


Die Höhe des Vogelzuges 
auf Grund aeronautischer Beobachtungen. 


Von Friedrich von Lucanus, 


Leutnant im II. Garde Ulanen-Regiment. 
(Vortrag, gehalten am 15. August 1901 auf dem V. internationalen 
Zoologen-Congress in Berlin). 


In der Biologie unserer Vögel bildet die Wanderschaft der- 
selben eine uns in vielen Stücken noch unaufgeklärte Erscheinung. 
Vor allem sind wir heute erst wenig darüber unterrichtet, in 
welchen Höhen die Vögel ihre Wanderungen zurücklegen. In 
der Lösung dieser Frage können wir aber mit Beobachtungen, 
die von der Erde aus unternommen werden, nur sehr wenig 
weiter kommen, da dieselben grösstenteils auf Annahme und Ver- 
mutungen beruhen. Die Luftschifffahrt hingegen, die die meteoro- 
logischen Verhältnisse in den grösseren Höhen der Atmosphäre 
bereits bis zu einem gewissen Grade aufgeklärt hat, kann uns 
auch hier von grossem Nutzen sein. Wenn die Vögel in grossen 
Höhen ihre Wanderungen zurücklegen, die nach Gätke bekanntlich 
bis zu 7000 Meter betragen sollen, so ist auch anzunehmen, dass 
dieselben seitens der Luftschiffer hier beobachtet werden, zumal 
ja heute in ganz Europa zahlreiche Ballonfahrten zu wissen- 
schaftlichen Zwecken unternommen werden. Solche Beobachtungen 
auf Ballonfahrten haben aber den grossen Wert, dass uns in 
denselben wirklich ein positives Material an die Hand gegeben 
wird, aus dem zuverlässige Schlüsse auf die Höhe des Vogel- 


fluges sich ableiten lassen. 
Journ, f, Orn. L. Jahrg. Januar 1902. 1 


02 Friedrich von Lucanus: 


Im Einvernehmen mit der Deutschen ornithologischen Ge- 
sellschaft habe ich mich daher zu Beginn dieses Jahres an die 
königl. Preussische und königl. Bayrische Luftschifferabteilung 
und an den meteorologischen Landesdienst in Strassburg ge- 
wandt mit der Bitte, derartige ornithologische Beobachtungen 
auf ihren Ballonfahrten für die Deutsche Ornithologische Gesell- 
schaft ausführen zu lassen. Herr Professor Hergesell hat ferner 
die Güte gehabt, diese Angelegenheit in der internationalen 
aeronautischen Commission zur Sprache zu bringen, so dass 
diese Beobachtungen nicht nur in Dentschland, sondern auch an 
andern Orten Europas ausgeführt worden sind. Die Beobachtungen 
sind auf Grund einer von mir ausgearbeiteten Anleitung ge- 
macht und aufgezeichnet worden. Dieselbe lautet folgendermassen: 


Deutsche ornithologische Gesellschaft. Berlin, im März 1901. 


Ornithologische Beobachtungen auf freien Ballonfahrten. 


Es ist eine noch offene Frage in der Naturwissenschaft, 
bis zu welchen Höhen die Vögel sich erheben und in wieweit 
Wind- und Wetterverhältnisse die Vögel hierin beeinflussen. 
Namentlich gilt dies von den alljährlich im Herbst und Früh- 
jahr stattfindenden grossen Wanderungen der Zugvögel, die 
grösstenteils in so hohen Regionen stattfinden sollen, dass sie 
sich unserer direkten Beobachtung von der Erde aus entziehen. 
Von besonderem Wert würde daher die Aufzeichnung derartiger 
ornithologischer Beobachtungen sein, die auf freien Ballonfahrten 
gemacht werden. In erster Linie würde es darauf ankommen 
zu erfahren, in welchen Höhen überhaupt Vögel beobachtet 
werden. Hiermit verbundene genauere Mitteilungen über die 
beobachteten Vögel würden den Wert solcher Aufzeichnungen 
noch erhöhen. Von wissenschaftlichem Interesse würden folgende 

Angaben sein: 

I. Angabe der Höhe, in der ein einzelner Vogel oder ein 
Vogelschwarm gesehen wird. In letzterem Fall unter Um- 
ständen auch Angabe und Form des Schwarmes, wenn dieselbe 
besonders auffällig erscheint, z.B. > — (der Pfeil bedeutet 

‘ die Flugrichtung). Besonders ist darauf zu achten, ob Vögel 
oberhalb einer dichten Wolkenschicht angetroffen werden. 


Die Höhe des Vogelzuges. 3 


II. Feststellung der jedesmaligen Vogelart, soweit dies aus- 
führbar. In den meisten Fällen wird wohl nur eine all- 
gemeine Angabe möglich sein, wie z. B. 

„kleinere Raubvögel“ 

oder „kleinere Singvögel‘“ (hierzu würden Vögel wie Finken, 
Lerchen, Ammern, Rotkehlchen zu rechnen sein.) 
oder „grössere Singvögel“ (Drosseln, Stare.) 
Unter Umständen wird diese Aufzeichnung noch allgemeiner 
zu fassen sein und dann einfach lauten: „Schwarm kleiner 
oder grosser Vögel,“ unter letzterer Bezeichnung würden 
Vögel von Krähengrösse an zu rechnen sein. 

II. Ob die Vögel laut oder stumm ziehen. 

VI. Angabe der Richtung, in der der Flug erfolgt, (um vergleichen 
zu können, wie die Vögel zur Windrichtung fliegen.) 

V. Angabe über Schnelligkeit, mit der die Vögel ziehen, 
soweit dies überhaupt ausführbar ist. 


Nach vorstehender Tabelle würden die während einer Bal- 
lonfahrt gemachten Aufzeichnungen beispieisweise folgendermassen 
lauten: 

„800 m Höhe grosser Schwarm kleiner Vögel, laut lockend 
von Süden nach Norden.“ 

oder „2500 m Höhe Schar Gänse von Südwest nach Nord- 
ost. Form > —.“ 

oder „1500 m Höhe kleiner Raubvogel von Norden nach 
Süden.“ 

Die jedesmal in Betracht kommende Windrichtung und 
Witterung würden aus dem Bericht über die Fahrt des Ballons 
ersichtlich sein und würden diese Angaben dann den ornitholo- 
gischen Aufzeichnungen später hinzuzufügen sein. 

Von wissenschaftlichem Wert sind nicht nur Beobachtungen 
aus grösseren Höhen, sondern auch solche, die in geringeren 
Höhen gemacht werden, da es darauf ankommt festzustellen, in 
welchen Höhen überhaupt die Vögel ihre Wanderungen zurück- 
legen, und in welchen Beziehungen Wind und Witterung zur 
Höhe des Vogelfluges stehen. 

von Lucanus 
Leutnant im 2. Garde-Ulanen-Regiment, 
Berlin, Werftstr. 14. 
1* 


4 Friedrich von Lucanus: 


Als Resultat dieser Beobachtungen hat sich nun ergeben, 
dass in grösserer Höhe nur ganz ausnahmsweise und vereinzelt 
einmal Vögel angetroffen werden. Seit Anregung der Beob- 
achtungen sind nur folgende zwei Fälle aufgezeichnet worden: 
Herr Professor Hergesell hat einmal in 3000 m Höhe einen 
Adler beobachtet, der, unterhalb des Ballons befindlich, laut 
schreiend dem Gebirge zuflog. Ausserdem sind einmal in 900 m 
Höhe 2 Störche und 1 Bussard gesehen worden. Ferner sind 
mir noch folgende Mitteilungen gemacht worden, die sich auf 
Beobachtungen aus früherer Zeit beziehen: Herr Hauptmann 
Weber, Kommandeur der Bayerischen Luftschifferabteilung, 
schreibt mir aus München: 


„In ornithologischer Beziehung wurden bisher nur sehr 
wenig Wahrnehmungen auf den Ballonfahrten gemacht. Ich 
meinerseits erinnere mich seit 1890 nur eines einzigen Falles, 
dass eine Lerche in der Oberpfalz in ca. 1900 m Höhe be- 
obachtet wurde; eine Notiz hierüber findet sich in den illustrierten 
aeronautischen Mitteilungen, Heft 2, Jahrgang 1900.“ 


Diese Notiz lautet tolgendermalsen : 


„Eine Lerche in 1900 m Höhe. Am 10. März 1899 unter- 
nahm ich mit den Oberleutnants Sämmer und Hörnis diesseitiger 
Abteilung eine dienstliche Freifahrt. Bei dieser Fahrt dürfte 
ein kleines Vorkommnis nicht alltäglicher Natur vielleicht be- 
merkenswert erscheinen. 


Wir hatten um etwa 1 Uhr die Donau über der Be- 
freiungshalle bei Kehlheim überflogen und näherten uns mit 
gutem Winde um ca. 2 Uhr Nittenau in der Oberpfalz. Plötzlich 
schien uns in einer Höhe von 1900 m ein schwarzer Punkt in 
der Luft zu begleiten, der unsere Aufmerksamkeit auf sich zog 
und fesselte. Ich dachte zuerst an eine etwa aus dem Korbe 
gefallene Meldekarte, die gelegentlich des Fallens unseres 
Ballons gleiche Höhe mit uns hielt, ein Blick auf das Aneroid 
belehrte mich aber, dass der Ballon nicht fiel, sondern stieg. 
Wir tauschten noch unsere Meinung über diese nicht erklärte 
Erscheinung aus, als ein lautes erschrecktes Gezwitscher uns 
darüber belehrte, dass wir eine Lerche vor uns hatten, welche 
in dieser erstaunlichen Höhe von 1900 m durch unseren Ballon 
in Schrecken versetzt worden war. Wir legten sofort Zeit, Ort 


Die Höhe des Vogelzuges. b) 


und Höhe fest, um diese gewiss nicht alltägliche Erscheinung 
allenfallsigen Interessenten zuführen zu können. 
Casella, Leutnant.“ 

Herr Dr. Süring vom moi uoinchen Institut in Berlin 
teilt mir ferner mit: 

„Die grösste Höhe, in Her bei nahezu 100 wissenschaft- 
lichen Fahrten Vögel gesehen wurden, war nahezu 1400 m, am 
18. Juni 1898. Es waren anscheinend Raben oder Krähen.“ — 

Nach den Erfahrungen, die bisher auf den Ballonfahrten 
gemacht worden sind, ist die Grenze der Vögel im allgemeinen 
bereits in einer relativen Höhe von 400 m überschritten. Wie 
die genannten Fälle zeigen, ist es eine grosse Seltenheit, wenn 
einmal noch über 400 m relativer Höhe Vögel auf den Ballon- 
fahrten angetroffen werden. Mit Ausnahme des einen Falles, wo 
es sich um den Adler handelt, sind über 2000 m meines Wissens 
nach niemals Vögel gesehen worden. Meiner Ansicht nach ist 
dies nun ein deutlicher Hinweis dafür, dass die Vögel im all- 
gemeinen sich nicht sehr hoch über den Erdboden erheben und 
dass auch ihre Zugstrassen in tieferen Schichten liegen werden, 
jedenfalls im allgemeinen wohl noch innerhalb 1000 m relativer 
Höhe, und dass 2000 m wohl ziemlich als die äusserste Grenze 
für die Höhe des Vogelfluges anzusehen ist. 

Um zu erfahren, wie Vögel in höheren Regionen sich be- 
nehmen, habe ich einige Male Vögel auf Ballonfahrten aussetzen 
lassen. Hierbei haben sich nun folgende Erscheinungen gezeigt. 
Am 16. Februar wurden auf einer Fahrt des Vereins für Luft- 
schifffahrt 4 Grünlinge (Ligurinus chloris) mitgenommen. Der 
Bericht hierüber lautet. 

„12 Uhr mittags, 800 m Höhe, einen Vogel abgelassen; 
derselbe fliegt erst um den Ballon, dann kurze Strecke gegen 
den Wind, um dann schliesslich mit dem Winde sehr schnell 
herunterzugehen. 

115 nachmittags, 1000 m Höhe, einen Vogel abgelassen; 
derselbe setzt sich erst auf den Korbrand, umkreist dann den 
Ballon kurze Zeit und fliegt schliesslich im Zickzack nach unten. 

330 nachmittags, 1100 m Höhe, einen Vogel abgelassen, 
fliegt auf dem schnellsten Wege fast senkrecht nach unten. 

4 nachmittags, 900 m Höhe, letzten Vogel abgelassen, be- 
nimmt sich wie der zweite Vogel.“ 


6 Friedrich von Lucanus: 


Am 16. März gab ich auf einer Fahrt 2 Bluthänflinge 
(Linaria cannabina) und 1 Heidelerche (Lullula arbörea) mit, 
mit der Bitte, diese Vögel, wenn möglich, oberhalb einer Wolken- 
schicht auszusetzen. Der Bericht lautet: 

„12% nachmittags, Hänfling in 1200 m Höhe über dicken 
Wolken ausgesetzt. Derselbe umkreist längere Zeit den 
Ballon, geht dann hoch und umkreist wieder den Ballon. 
Plötzlich geht er sehr rasch nach unten, und zwar durch eine 
alsbald sichtbar werdende, von uns nicht gleich bemerkte 
Wolkenöffnung, die einen Durchblick auf die Erde gestattete. 

13° nachmittags, Hänfling in 1200 m Höhe ausgesetzt, Wetter 
klar; derselbe fliegt zuerst eine kurze Strecke gegen den Wind, 
dann mit dem Winde schnell nach unten. 

5 nachmittags, 3000 m Höhe, Lerche ausgesetzt. Ueber 
dem Ballon klar, unter dem Ballon dicke Wolken, jedoch ver- 
schiedene Durchblicke auf die Erde. Die Lerche geht langsam 
gegen den Wind durch eine Wolkenöffnung nach unten.“ 

Während also alle bei klarem Wetter ausgesetzten Vögel 
direkt zur Erde hernieder fliegen, thut der über den Wolken 
freigelassene Hänfling dies nicht, sondern er weiss sich in dem 
Wolkenmeer offenbar nicht zurecht zu finden. Im Gefühl der 
Hilflosigkeit umkreist er solange den Ballon, bis eine plötzlich 
sichtbar werdende Wolkenöffnung ihm den Weg zur Erde zeigt. 
Dies Ergebnis zeigt offenbar, dass die Vögel zu ihrer Orientierung 
des freien Überblicks über die Erde bedürfen. Dasselbe bestätigt 
eine äusserst interessante Beobachtung, die einst Herr Hauptmann 
von Sigsfeld gemacht hat. Derselbe stieg bei starker Be- 
wölkung in einem Fesselballon auf. Oberhalb der ersten Wolken- 
schicht, in ca. 300 m Höhe, umflog plötzlich eine Taube den 
Ballon und liess sich auf den Korbrand nieder. Sobald dann 
der Ballon beim Heruntergehen die Wolkenschicht wieder passiert 
hatte, da flog die Taube in dem Augenblick ab, als die Erde 
wieder sichtbar wurde. Dieselbe war also durch einen Zufall 
über die Wolken geraten, und vermochte sich nun hier nicht 
mehr zurecht zu finden, bis dann der Ballon sie aus ihrer 
hilflosen Lage befreite. Verschiedene Erscheinungen aus dem 
Leben der Vögel deuten ebenfalls darauf hin, dass die Vögel 
sich nicht ausser Sehweite über die Erde erheben. Jeder Jäger 
weiss, dass der Schnepfenstrich bei klarem Wetter weniger gut 
ist, als bei trüber, feuchter Witterung. Genau ebenso verhält 


Die Höhe des Vogelzuges. 7 


es sich auch mit dem Krammetsvogelfang, der ja bei Nebel be- 
kanntlich am ergiebigsten ist. Der Grund hierfür ist eben der, 
dass bei starker Bewölkung die tief liegenden Wolken diese 
Vögel zwingen, niedriger zu ziehen, um noch von oben die Erde 
erkennen zu können. Dann aber streicht die Schnepfe im Schuss- 
bereich des Jägers, dann werden die Krammetsvögel durch die 
roten Beeren in den Schlingen angelockt. Ein weiterer Beweis 
ist auch das Verhalten der Brieftauben. In der kriegstechnischen 
Zeitschrift findet sich in Heft 9, Jahrgang 1899, in einem Artikel 
„die Brieftauben im Heeresdienst“ folgende Mitteilung: 

„Der Belgische Brieftaubenzüchter Rodenbach sandte 10 
gute Tauben fort und liess sie bei trübem Wetter auf 50 km 
Entfernung von ihrem Schlage in Freiheit setzen. Die erste 
Taube gebrauchte 3 Stunden 22 Minuten, um diese geringe 
Entfernung zurückzulegen. Zwei andere 4 Stunden. Die Letzten 
trafen erst am Nachmittag ein, als der Nebel bereits völlig 

' verschwunden war. Wenige Tage später liess Rodenbach die- 
selben Tauben bei klarem Wetter und günstigem Winde wieder 
an demselben Orte auffliegen. Die Tauben gebrauchten zu 
dem Rückweg im Durchschnitt 45 Minuten.“ 

Alle diese genannten Beobachtungen deuten unbedingt 
darauf hin, dass die Vögel zu ihrer Orientierung des 
freien Überblicks über die Erde bedürfen. Es kann also 
nicht ein uns unbekanntes instinktives Ahnungsvermögen sein, 
was die Vögel auf ihren Wanderungen leitet, sondern dieselben 
werden sich nach der Gestaltung der Erdoberfläche orientieren. 
In meteorölogischer Hinsicht wird daher die Bewölkung ein wich- 
tiges Moment bilden, das die Höhe des Vogelzuges beeinflusst. 
Die Vögel werden sich nicht über die unterste Wolken- 
schicht erheben. Dies spricht aber ebenfalls dagegen, dass 
ihre Zugstrassen in höheren Regionen liegen. Denn je höher die 
Vögel fliegen würden, umso eher würden sie in die Lage kommen, 
über Wolken fliegen zu müssen. Solche Wolkenschichten würden 
aber dann die Vögel zwingen, wieder tiefer herabzugehen, um 
noch die Erde erkennen zu können. Dieser häufige Wechsel in 
der Höhe ihres Fluges würde aber nur eine unnütze Zeit- und 
Kraftverschwendung bedeuten. — 

Wenn sich die Vögel nach der Erdoberfläche orientieren, 
so ist wohl anzunehmen, dass sie zu den Höhen emporsteigen, 
aus denen sie die grösste und beste Fernsicht haben. Theoretisch 


8 Friedrich von Lucanus: 


müsste die Fernsicht mit der Steigerung der Höhe ständig zu- 
nehmen. Nach Erfahrung der Luftschiffer ist dies aber praktisch 
nicht der Fall. Der Grund liegt darin, dass bei den langen, 
schrägen Sehlinien aus grossen Höhen störende Reflexe auftreten, 
die ein weites Sehen vereiteln. Nach Erfahrung der Luftschiffer 
hat es daher für die Vögel gar keinen praktischen Wert, sich 
über 1000 m relativer Höhe zu erheben, soweit es sich nur um 
die Fernsicht handelt. Also auch von diesem Standpunkt aus 
hat es für die Vögel keinen Zweck, in sehr hohen Regionen zu 
ziehen. — 

Schliesslich möchte ich noch eine sehr interessante Beob- 
achtung erwähnen, die Herr Dr. Süring auf einer Ballonfahrt 
an Brieftauben gemacht hat. Herr Dr. Süring teilt mir fol- 
gendes mit: 

„Am 18. Februar 1897 wurden 4 Brieftauben mitgenommen 
und nach 2!/, Stunden in 1600 m Höhe kurz nach einander 
losgelassen, nahe bei Buckow in der märkischen Schweiz. Über 
das Loslassen schrieb ich in dem Werke: „wissenschaftliche 
Luftfahrten“, herausgegeben von Assmann und Berson, Band 2, 
Seite 503: „Die Tauben waren zum Teil nur mit Gewalt vom 
Ballon zu vertreiben, fielen darauf eine beträchtliche Strecke 
senkrecht herunter, schlugen dann aber nach ganz geringer 
Schwenkung sofort den richtigen Weg nach Hause ein.“ Die 
Strecke, um welche die Tauben fielen, wurde auf fast 1000 m 
geschätzt; doch liessen sich hierüber nur Vermutungen an- 
stellen.‘ 

Ich glaube, dass die Ursache dieser Erscheinungen die ist, 
dass in dieser Höhe die Luft infolge ihrer geringeren Dichtigkeit 
den Tauben zu wenig Widerstand bot, um noch die Flugwerkzeuge 
gebrauchen zu können. Doch verhalten sich die Vögel nicht 
gleichmässig hierin, wie ja die in 3000 m Höhe ausgesetzte Lerche 
beweist, die sich in dieser Höhe ohne weiteres ihrer Flügel be- 
dient. Jedenfalls aber lässt sich vermuten, dass die veränderte 
Beschaffenheit der Luft in grösseren Höhen ebenfalls ein Faktor 
ist, der die Höhe des Vogeltluges nachteilig beeinflusst. Weitere 
Versuche auf Ballonfahrten würden daher zur Lösung dieser 
Frage sehr wertvoll sein. — 

Als Gesamtresultat der bisherigen aeronautischen Beobachtung 
ergiebt sich, dass der Vogelzug im allgemeinen wohl noch inner- 
halb 1000 m relativer Höhe vor sich geht. Auch in meteoro- 


Die Höhe des Vogelfluges. 9 


logischer Hinsicht würde dies zutreffend sein, da in dieser Höhe 
die Temperaturverhältnisse noch nicht jene gewaltige Abnahme 
zeigen, wie sie in grösseren Höhen herrscht. 


Zum Schluss möchte ich den Herren der genannten Luft- 
schiffer-Vereine und Luftschiffer-Abteilungen den aufrichtigsten 
und ergebensten Dank für die gütige Unterstützung aussprechen, 
indem ich daran zugleich die Bitte knüpfe, diese ornithologischen 
Beobachtungen noch weiter fortsetzen lassen zu wollen. Mit 
Hilfe der Luftschiffahrt wird es uns dann hoffentlich im Laufe 
der Zeit gelingen, immer mehr das Problem des Vogelzuges 
aufzuklären. 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 
Von Reichenow. 


Seit Veröffentlichung der zusammenfassenden Liste der 
Vögel des Togolandes im Journal für Ornithologie 1897 Seite 
52—57 ist unsere Kenntnis der Vogelfauna des Schutzgebietes 
wieder wesentlich erweitert worden. Vorzugsweise hat Herr 
Oberleutnant G. Thierry dazu beigetragen, dem die ornitholo- 
gische Erschliessung des Mangugebietes im Hinterlande von Togo 
zu verdanken ist. Reichhaltige Sammlungen sind wiederum von 
Herrn Graf Zech zusammengebracht worden, dessen verdienst- 
volle Thätigkeit bereits in der früheren Veröffentlichung gebürend 
gewürdigt worden ist. Ferner sind an der Förderung der Orni- 
thologie des Togolandes beteiligt: Herr Kurz, der im Küsten- 
gebiete sammelte, Herr Dr. Kersting, der hauptsächlich in 
Kirikri thätig war, Herr Dr. Rigler, der in jüngster Zeit 
aus Sansanne Mangu eine Sammlung dem Berliner Museum 
übersandt hat, und Herr F. Schröder, dessen Sendung aus 
Sokode beim Abschlusse dieser Abhandlung eintraf. Nach diesen 
Beiträgen beläuft sich nunmehr die Anzahl der aus dem Schutz- 
gebiete bekannten Vogelarten auf 355 gegenüber 279 der im 
Jahre 1897 gegebenen Übersicht. 

In dem folgenden systematischen Verzeichnisse der Vogel- 
arten sind die einzelnen Fundorte mit den in Klammern beige- 
fügten Namen der Sammler angegeben. Die römischen Ziffern 
zeigen die Monate an, in denen die Vögel erlegt worden sind. 


10 Reichenow: 


Laridae. 


1. Rynchops flavirostris Vieill. 


Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 76. 
Mangu (Thierry). 


Phalacroecoraeidae. 


2. Phalacrocorax africanus (Gm.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 93. 
Kratschi IV. V. (Klose, v. Zech). 


3. Anhinga rufa (Lacep. Daud.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 95. — Photus levaillanti Rehw. 
J. O. 1897 S. 2. 
Kratschi IV. V. (v. Zech.) 


Anatidae. 

4. Dendrocygna viduata (L.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 125. 
Kratschi IX. (v. Zech); Mangu (Thierry, Rigler). 

5. Uhenalopex aegyptiacus (L.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 131. 
Mangu (Thierry). | 

6. Plectropterus gambensis (L.) 
Rchw. Vög. Afr. IL 1900 S. 134. 
Mangu (Thierry). 

Charadriidae. 
7. Glareola fusca (L.) 

Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 144. 
Mangu (Thierry). 

8. Glareola melanoptera Nordm. 


Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 145. 
Bismarckburg (Büttner). 


9. Glareola liberiae Schl. 
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 148. — Glareola megapoda 
Rchw. J. O. 1897, S. 3. 
Kratschi V. (v. Zech). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 11 


10. Glareola cinerea Fras. 


Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 149. 
Akposso XII. (Baumann). 


11. Pluvianus aegyptius (L.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 8. 150. 
Oberer Volta, Akroso XI., Akposso Xl. (Baumann); Kratschi 
IX. X. (v. Zech); Oti X., Mangu (Thierry). 


12. Oursorius temmincki Sw. 


Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 155. 
Mangu (Thierry). 


13. Charadrius dubius Scop. 
Rehw. Vög. Afr. I. 1900 8. 175. — Charadrius curonicus 
Rchw. J. 0. 1897 S. 2. 
Akroso XII. (Baumann). 


14. Charadrius forbesi (Shell.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 178. 


Akroso III. XII. (Baumann); Kratschi XI. (v. Zech); Oti, 
X., Mangu (Thierry). 


15. Sareiophorus superciliosus (Rchw.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 190. — Lobivanellus superciliosus 
Rchw. J. O. 1897 S. 52. 
Bismarckburg I. (Büttner); Kratschi I. (v. Zech.) 


16. Xiphidiopterus albiceps (J. Gd.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 192. — Lobivanellus albiceps 
Rchw. J. O. 1897, S. 4. 
Akposso XII. (Baumann); Kratschi Xl. (v. Zech); Mangu 
(Thierry, Rigler). 


17. Lobivanellus senegallus (L.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 193. 
Kratschi I. II. (v. Zech); Mangu, Jendi X., Dakofluss VII. 
(Thierry). 
18. Oedicnemus senegalensis SW. 
Rehw. Vög. Afr. I. 1900 8. 197. 
Akposso XII. (Baumann). 


12 Reichenow: 


Scolopacidae. 


19. Recurvirosira avocetta UL. 


Rehw. Vög. Afr. I. 1900 S. 206. 
Klein Popo XII. (Kurz). 


20. Himantopus himantopus (L.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 207. 
Mangu (Thierry). 

21. Numenius phaeopus (L.) 


Rehw. Vög. Afr. IL 1900 S. 210. 
Togoküste (Kurz). 


+22. Totanus pugnax (L.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 216. 
Kratschi (v. Zech); Mangu (Thierry). 


+23. Totanus littoreus (L.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 217. 
Akroso XI. (Baumann); Kratschi XH. (v. Zech); Mangu 


(Thierry). 
+24. Totanus glareola (K.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 222. 
Kratschi (v. Zech). 


25. Tringoides hypoleucos (L.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 224. — Totanus hypoleucus 
Rehw. J. O. 1897 S. 4. 
Akroso XI. (Baumann); Kratschi IX. (v. Zech.) 


Otididae. 
26. Otis senegalensis Vieill. 


Rcehw. Vög. Afr. I. 1900 S. 250. 
Sansanne Mangu VI. (Rigler). 


Gruidae. 
27. Balearica pavonina (L.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. .264. 
Kirikri XII. Dunenjunge (Kersting); Boti I. (Döring); 
Sansanne Mangu VI. (Rigler). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 13 


Jacanidae. 
28. Actophilus africanus (Gm.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 267. 
Mangu (Thierry, Rigler). 


Rallidae. 
29. Himantornis haematopus |Tem.] Hartl. 


Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 273. 
Misahöhe (Baumann). 


30. Orex egregia (Ptrs.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 278. 
Mangu (Thierry). 


31. Limnocorax niger (Gm.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 279. 
Mangu (Thierry). 


32. Sarothrura pulchra (Gr.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 286. _ 
Podji V., Misahöhe VI. (Baumann); Kirikri II. (Kersting). 


Pteroclidae. 


33. Pterocles quadricinctus Tem. 


Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 313. 
Mangu (Thierry). 


Ibidae. 


34. Theristicus hagedash (Lath.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 325. — Theristicus leucocephalus 
Rehw. J. O. 1897 S. 5. 

Bismarckburg (Büttner); Konfokrum XI. (Baumann); Kiri- 
kri II. (Kersting); Mangu (Thierry). 


Cieoniidae. 
35. Tantalus ibis L. 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 333. 
Akposso (Baumann); Kratschi III. (v. Zech). 


14 Reichenow : 


36. Leptoptilos erumenifer ([Cuv.] Less.) 


Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 338. — Leptoptilus argala Rcehw. 
9.071897... 52: 
Bismarckburg I. (Büttner). 


37. Ephippiorhynchus senegalensis (Shaw) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 341. 
Kratschi (v. Zech); Mangu (Thierry). 


Scopidae. 
38. Scopus umbretta Gm. 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 353. 


Kratschi X. XI. (Klose, v. Zech); Kirikri II. (Kersting); 
Mangu, Jendi X. (Thierry). 


Ardeidae. 
39. Nycticorax leuconotus (Wagl.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 363. — Caleredius leuconotus 
Rchw. J. ©. 1897 8. 6. 
Bismarckburg (Büttner); Kratschi V. (v. Zech). 


40. Tigrisoma leucolophum Jard. 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 365. 
Akposso XII. (Baum.); Kleinpopo (Kurz). 


41. Ardett« payesi (|Verr.] Hartl.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 367. 
Mangu (Thierry). 
42. Ardeita sturmi (Wagl.) 


Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 368. 
Kratschi VI. (v. Zech). 


43. Butorides atricapillus (Afz.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 370. 
Kratschi I. (Baumann); Togoküste (Kurz); Kirikri II. 
(Kersting); Mangu (Thierry). 
44. Ardeola ralloides (Scop.) 


Rcehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 374. 
Mangu (Thierry). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 15 


45. Ardea purpurea L. 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 377. 
Togoküste (Kurz). 


46. Ardea melanocephala Vig. Childr. 

Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 380. 

Kratschi XH. I. 1I. (Baumann, v. Zech); Sansanne Mangu 
(Rigler). 

47. Bubulcus ibis (L.) 

Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 381. 

Togoküste (Kurz); Kratschi XI. XII. (v. Zech); Kirikri 
(Kersting); Mangu (Thierry). 


48. Herodias garzeita (L.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 387. 
Togoküste (Kurz); Kratschi VI. (v. Zech). 


49. Herodias alba (L.) 


Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 388. 
Kratschi V. (v. Zech). 


Columbidae. 


50. Vinago waalia (Gm.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 392. 
Mangü, Jendi IX. (Thierry). 


51. Vinago caWwa (Tem.) 
Rcehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 394. 
Bismarckburg III. (Büttner); Misahöhe XII. (Baumann); 
Kratschi IX. (Klose, v. Zech). 


52. Columba guinea L. 
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 401. 
Bassari X. (Klose); Kirikri VI. X. XI. (Kersting); Sansanne 
Mangu (Rigler). 
53. Turtur senegalensis L. 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 406. 
Wokutima VII, Womome „Peplelu“ genannt (Baumann). 


16 Reichenow:: 


54. Turlur semitorquatus (Rüpp.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 409. 
Misahöhe XI., Agome Palime IX. „Agbain“ genannt (Bau- 
mann); Kratschi IX. (Klose, v. Zech); Kirikri XI. (Kersting; San- 
sanne Mangu (Rigler). 


55. Turtur shelleyi Salvad. 


Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 4ll. 
Mangu (Thierry). 


56. Turtur vinaceus (Gm.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 $. 412. 
Batscha VI, Ahingro XI. (Baumann); Kratschi (Klose). 


57. Turturoena iriditorques (Cass.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 419. 
Bismarckburg (Büttner). 


58. Calopelia puella (Schl.) 


Rchw. Vog. Afr. I. 1901 S. 423. 
Misahöhe Il., Amedzoche Ill. (Baumann). 


59. Tympanistria tympanistria (Tem.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 424. 
Misahöhe IX. (Baumann). 


60. Chalcopelia afra (L.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 426. 
Bismarckburg II. brütend, IV. (Büttner); Misahöhe II. 
Kratschi XI. (Baumann); Kratschi (Klose); Mangu (Thierry). 


61. Oena capensis (L.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 429. 
Mangu (Thierry). 


Phasianidae. 


—62. Numida meleagris L. 
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 434. 
Bismarckburg VIII. (Büttner); Kratschi V. (v. Zech); Kiri- 
kri X. (Kersting). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 17 


62a. Numida zechi Rehw. 
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 435. 
In gezähmten Zustande in der Umgegend von Kratschi 
(v. Zech). 
63. Guttera cristata (Pall.) 
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 450. 
Misahöhe XI. (Baumann). 


64. Franeolinus ahantensis Tem. 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 $. 470. 
Misahöhe I. (Baumann). 


65. Francolinus bicalcaratus (L.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 482. 
Bismarckburg VII. (Büttner); Ahingro XI. (Baumann); Ki- 
rikri II., XL, X1I. Dunenjunge (Kersting); Mangu (Thierry, Rigler); 
Sokode (Schröder). 


66. Francolinus lathami Hartl. 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 498. 
Bismarckburg IV. (Büttner). 


67. Ptilopachus fuscus (Vieill.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 500. 
Misahöhe IV. (Baumann); Kratschi VIIL, IV. Junge (v. Zech). 


68. Ooturnix coturmiw (L.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 505. 
Kirikri II. (Kersting). 


Vulturidae. 


69. Pseudogyps africanus (Salvad.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 519. 
Kratschi (Klose). 


70. Neophron monachus (Tem.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 522. 


Bismarckburg (Büttner); Kratschi XI. (v. Zech). 
Journ, f, Orn. L. Jahrg. Januar 1902, 2 


18 Reichenow: 


Faleonidae. 
71. Polyboroides typicus A. Sm. 
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 531. 
Dedaure III, Kirikri XI. (Kersting); Sokode (Schröder). 


72. Circus macrourus (Gm.) 
Rcehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 535. 
Misahöhe XI (Baumann): Kirikri II. (Kersting). 


73. Melierax metabates (Heugl.) 
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 8. 544. 
Mangu, Jendi X. (Thierry). 


74. Kaupifalco monogrammicus (Tem.) 
Rcehw. Vög. Afr. I. 1901 8. 547. 
Bismarckburg III. (Büttner); Leglebe IV. Dunenjunge, Nkonga, 
Ndjumuru XI. „Essu“ genannt (Baumann); Kratschi II. II. V. VI. 
VI. (v. Zech); Sokode (Schröder). 


75. Astur melanoleucus (A. Sm.) 
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 551. 
Bismarckburg IV. (Büttner); Kratschi Ill. (v. Zech). 


76. Astur tachiro castanilius (Bp.) 
Rcehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 554. — Astur macroscelides 
Rcehw. J. O. 1897, 53. 
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe IX. (Baumann); Ki- 
rikri III. (Kersting). 


77. Astur sphenurus (Büpp.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 557. 
Bismarckburg I. (Büttner); Misahöhe IV., Kratschi X. bis 
XII. (Baumann); Kratschi IV. XI. XH. (v. Zech); Mangu, Jendi 
X. (Thierry); Sokode (Schröder). 


78. Accöpiter rufwentris A. Sm. 
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 560. 
Bismarckburg IV. (Büttner). 


79. Accipiter hartlaubi ([Verr.| Hartl.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 8. 564. — Accipiter büttikoferi 
Rchw. J. O. 1897 S. 53. 
Bismarckburg VII. XI. (Büttner). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 19 


80. Micronisus gabar (Daud.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 565. 
Mangu, Jendi (Thierry). 


81. Dryotriorchis spectabilis (Schl.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 569. 
Ein Vogel gelangte lebend aus dem Togolande ohne nähere 
Angabe des Fangortes in den Berliner Zoologischen Garten. 


82. Orrcaetus gallicus (Gm.) 

Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 570. 

Mangu (Thierry). 

Der Vogel weicht durch den grauen Ton der Oberseite, 
hervorgerufen durch graue Bestäubung der Federn, von der 
typischen Färbung ab; ferner haben die Oberschwanzdecken keine 
weissen Säume und auf den mittelsten Schwanzfedern sind 5 
dunkle Binden bemerkbar, auf den seitlichen 4, während bei 
typischen Vögeln von C. gallicus die mittelsten Federn gewöhnlich 
3—4, die seitlichen 2—3 Binden haben. 


83. Oircaetus cinereus (Vieill.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 8. 571. 
Misahöhe (Baumann); Jendi IX. (Thierry). 


84. Circaetus cinerascens v. Müll. 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 3. 573. 
Kratschi (Klose); Mangu X. (Thierry). 


85. Spizaelus coronatus (L.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 576. 
Lome XII. (Baumann). 


86. Hieraaetus spilogaster ([Du Bus] Bp.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 579. 
Kame II., Misahöhe IV. (Baumann). 


87. Lophoaetus occipitalis (Daud.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 582. 
Kratschi I. IV. V. XII. (v. Zech.) 
PA 


20 Reichenow: 


88. Duteo auguralis Salvad. 

Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 593. 

Ein Vogel dieser Art gelangte aus dem Togolande ohne: 
nähere Angabe des Fangortes lebend in den Berliner Zoologischen 
Garten. 

89. Helotarsus ecaudatus (Daud.) 


Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 598. 
Mangu (Thierry). 


90. Gypohierax angolensis (Gm.) 
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 603. 
Bismarckburg (Büttner); Jokte IV. (Baumann); Kratschi| 
IV. Xl. (v. Zech); Kirikri II. XII. (Kersting); Sokode (Schröder). 


91. Haliaetus vocifer (Daud.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 605. 
Kratschi ILL. (v. Zech). 


92. Pandion haliaetus (L.) 


Rcehw. Vög. Afr. I. 1901 8. 607. 
Togoküste (Kurz). 


93. Milvus aegyptius (Gm.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 609. 
Bismarckburg IX. X. (Büttner); Misahöhe III. „Aklassu“ 
genannt (Baumann); Kratschi I. XI. XII. (v. Zech); Kirikri XI. 
X1l. (Kersting); Mangu,JendiX. (Thierry, Rigler); Sokode (Schröder). 


94. Elanus caeruleus (Desf.) 


Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 615. 
Bageida III. (Kurz); Katschi I. IL. (v. Zech). 


95. Nauclerus riocouri (Vieill.) 


Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 617. 
Mangu (Thierry). 


96. Baza cuculoides (Sw.) 


Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 618. 
Kratschi II. (v. Zech). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 21 


97. Falco biarmicus Tem. 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 624. 
Kratschi V. (v. Zech). 


98. Falco biarmicus tanypterus [Lcht.] Schl. 


Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 626. 
Mangu (Thierry). 


99. Falco concolor Tem. 
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 629. 
Sansanne Mangu (Rigler). 


100. Falco ruficollis Sw. 


Rchw. Vög. Afr. L 1901 S. 631. 
Mangu (Thierry). 


101. Cerchneis ardosiacea (Vieill.) 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 636. 
Kleinpopo (Kurz). 


102. Cerchneis alopex deserticola Rehw. 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 638. 
- Mangu (Thierry). 


103. Cerchneis tinnunculus (L.) var. 


Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 641. 

Kratschi II. (v. Zech). 

Dieser Vogel, ein Weibchen, weicht durch auffallend dunkle 
Färbung und breite schwarzbraune Binden auf den Schwanz- 
federn, die breiter als die rotbraunen Zwischenräume sind, von 
der typischen Färbung ab. Er gleicht in der Färbung der ©. 
neglecta, ist aber grösser: Flügel 233, Schw. 175 mm. 


Strigidae. 
104. Scotopelia peli [Tem.] Bp. 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 648. 
Kratschi II. (v. Zech); Kirikri II. (Kersting). 


105. Bubo lacteus (Tem.) 
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 650. 
Kirikri I. (Kersting). 


22 Reichenow: 


106. Bubo maculosus cinerascens Guer. 
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 656. | 
Bismarckburg (Büttner); Bassari (Klose); Sokode IV. 
Dunenjunge (Kersting); Sokode (Schröder). 


107. Asio leucotis (Tem.) 


Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 661. 
Mangu (Thierry); Sokode (Schröder). 


108. Pisorhina capensis (A. Sm.) 
Rehw. Vög. Afr. L. 1901 S. 666. 
Kratschi VI. (v. Zech); Mangu VII. (Thierry). 


109. Glaucidium perlatum (Vieill.) 
Rcehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 674. 
Kratschi V1.(Klose, v. Zech) ; Mangu, Jendi VIII— X. (Thierry). 


110. Strix flammea maculata Brehm. 
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 676. 
Kratschi V. (v. Zech); Mangu (Thierry). 


Psittaeidae. 


111. Porcephalus robustus fuscicollis (Kuhl). 


Poicephalus pachyrhynchus Rchw. J. O. 1897 8. 13. 
Bismarckburg (Büttner); Kratschi I. V. (v. Zech). 


112. Posicephalus senegalus versteri (|Goff.] Finsch). 


Kratschi I. I. V. (Baumann); Kirikri IL. XII. (Kersting); 
Mangu (Thierry); Sokode (Schröder). 


113. Agapornis pullarius (L.) 
Akroso XII. (Baumann); Kratschi 1. (v. Zech). 


114. Palaeornis cubicularis Hasselg. 
Mangu (Thierry, Rigler). 


Musophagidae. 
115. Corythaeola eristata (Vieill.) 


Bismarekburg III. (Büttner); Misahöhe XI. (Baumann); 
Kratschi I. II. IV. (v. Zech). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 23 


116. Musophaga violacea Isert. 
Bassari X. (Klose); Kratschi L—VIU. XII. (v. Zech); So- 
kode III. (Kersting); Mangu (Thierry). 


117. Chizaerhis africana (Lath.) 
Schizorhis africanus Rchw. J. 0. 1897 S. 14. 
Bismarckburg II. III. (Büttner); Kratschi I. II. II. VII. 
VIH. Tanaleba (v. Zech); Misahöhe IX. (Baumann); Kirikri IX— 
XII. (Kersting); Jendi IX. (Thierry); Sokode (Schröder). 


118. Turacus persa büttneri Rchw. 
Bismarckburg IV. (Büttner); Podji V., Misahöhe XI. 
(Baumann); Bassari (Klose); Kratschi II. (v. Zech); Kirikri XI. 
(Kersting). 


Cueulidae. 
119. Centropus senegalensis (L.) 
Bismarckburg XII. (Büttner); Misahöhe V. Nestjunge, Jo 
IV. V. (Baumann); Kratschi VI. (Klose, v. Zech); Kirikri II. IV. 
(Kersting); Mangu, Jendi X. (Thierry). 


120. Centropus leucogaster Leach. 
Wampong XII. (Baumann). 


121. Centropus thierryi Rehw. 
Rehw. O0. M. 1899 S. 190. 
Mangu (Thierry). 


122. Ceuthmochares flavirostris (Sw.) 
Bismarckburg III. IV. (Büttner); Agome Tongwe VII. Misa- 
höhe V. (Baumann). 


123. Coccystes cafer (Lcht.) 
Bismarckburg III. (Büttner); Batscha VI., Amedjovhe II. 
Baumann); Kratschi V. (Klose, v. Zech); Kirikri ll. (Kersting); 
Sansanne Mangu (Rigler). 


124. Coceystes glandarius (L.) 
Mangu VII. (Thierry). 


125. Pachycoccyx validus (Rchw.) 
Bismarckburg (Büttner); Mangu (Thierry). 


24 Reichenow: 


126. Cercococeyx mechowi Cab. 
Bismarckburg IV. (Büttner). 


127. Oueulus clamosus Lath. 
Agome Tongwe VII. (Baumann). 


128. Oueulus solitarius Steph. 
Agome Tongwe VIII. (Baumann). 


129. Oueulus gabonensis Lafr. 
Agome Tongwe VII. (Baumann). 


130. Ouculus canorus (L.) 
Mangu (Thierry). 
131. Cueulus gularıs Steph. 
Kratschi I. (v. Zech); Mangu (Thierry, Rigler); Jendi X. 
(Thierry). 
„132. Ohrysococey& cupreus (Bodd.) 
Misahöhe XI. (Baumann); Kratschi V. IX. (v. Zech); Jendi 
IX. (Thierry). 
133. Chrysococey& flavigularis Shell. 
Misahöhe V., Podji V., Liati XI, Kpakple IV. (Baumann). 


134. Metallococeyx smaragdineus (Sw.) 
Kpakple IV. (Baumann). 


Indieatoridae. 
135. Indicator indicator (Gm.) 
Mangu (Thierry). 
136. Indicator maior Steph. 
Indicator flavicollis Rehw. J. O. 1897 S. 53. 
Bismarckburg (Büttner). 
137. Indicator maculatus G. R. Gr. 
Kratschi X. (v. Zech). 
138. Indicator exilis (Cass.) 
Misahöhe IL, Agome Tongwe VII. (Baumann). 
139. Prodotiscus insignis (Cass.) 
Misahöhe II. VII, Kussuntu V. (Baumann). 


Capitonidae. 
140. Pogonorhynchus dubius (Gm.) 
Kirikri III. V. (Kersting); Mangu, Jendi IX. (Thierry). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 25 


141. Melanobucco bidentatus (Shaw). 
Bismarckburg (Büttner); Misahöhe V. (Baumann); Bassari 
(Klose); Kratschi, Agbande (v. Zech). 
142. Melanobucco vieilloti (Leach). 
Misahöhe XL, Podji V. (Baumann); Bismarckburg IV. 
(Büttner); Kratschi VII. VIII. XI. (Klose, v. Zech); Mangu, Jendi 


XI. (Thierry). 
143. Tricholaema hirsutum (Sw.) 


Bismarckburg (Büttner); Misahöhe V. (Baumann). 


144. Barbatula scolopacea ([Tem.] Bp.) 
Kuma Ga IV. ‚Goöde“ genannt, Misahöhe II. (Baumann). 


145. Barbatula leucolaema Veırr. 

Kuma Ga IV. (Baumann); Bismarckburg IV. (Büttner). 
146. Barbatula chrysocoma (Tem.) 

Sebbe VIII. (Baumann). 


147. Trachylaemus togoensis Rehw. 
Bismarckburg IV. (Büttner); Agome Tongwe VII. (Baumann). 


Pieidae. 
148. Iynz torquilla L. 
Bismarckburg II. (Büttner). 
149. Dendromus nivosus Sw. 
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe VII. „Kote-Kote“ 
genannt, Podji V. (Baumann); Kirikri 1I. (Kersting). 
"150. Dendromus permistus (Rehw.) 
Misahöhbe V. VII. XI. (Baumaun); Kirikri II. (Kersting). 
151. Dendromus punctatus (Val.) 
Kratschi (Klose); Mangu (Thierry). 
152. Mesopicos pyrrhogaster (Malh.) 
Misahöhe Il. (Baumann). 
153. Mesopicos goertae poicephalus (Sw.) 
Mesopicus goertan Rehw. J. O. 1897 S. 18. 
Kratschi L, Agome Palime X. (Baumann); Kratschi VI. (v. 
Zech); Jendi X. (Thierry); Sokode (Schröder). 
154. Dendropicos lafresnayi Malh. 
Bismarckburg II. (Büttner); Podji V. (Baumann); Kratschi 
VII. (v. Zech). 


26 Reichenow: 


Trogonidae. 


155. Apaloderma narina constuntia Sharpe Ussh. 
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe XII. (Baumann). 


Coraciidae. 
156. Coracias abyssinicus senegalensis Gm. 
Ooracias abyssinica Rchw. J. O. 1897 S. 20. | 
Bismarckburg I. (Büttner); Kratschi XI. (v. Zech); Kirikri 
I. II. (Kersting); Mangu, Jendi IX. X. (Thierry). 


157. Coracias naevius (|Lacep.] Daud.) 
Bismarckburg 1. (Büttner); Kratschi XII. I. (v. Zech); Mangu, 
Jendi X. (Thierry). 


158. Coracias cyanogaster Ouv. 
Sokode IV. (Baumann); Kratschi VII. (v. Zech); Mangu 
(Thierry). 
159. Eurystomus afer (Lath.) 
Bismarckburg II. (Büttner); Kirikri IX. (Kersting); Kratschi 
I. II. IV. VI. VII. (Baumann, v. Zech); Otimündung XI. (v. Zech); 
Mangu, Jendi X. (Thierry). 


160. Eurystomus gularis Vieill. 
Bismarckburg II. (Büttner); Misahöhe XI. (Baumann); 
Kratschi XII. (v. Zech). 


161. Bucorvus abyssinicus (Bodd.) 
Ducorax guineensis Rchw. J. OÖ. 1897 S. 19, 
Bismarckburg II. (Büttner); Kratschi VII (v. Zech); Sokode 
IV., Kirikri IV. (Kersting); Jendi (Thierry). 


162. Ceratogymna elata (Tem.) 
Bismarckburg (Büttner). 


163. Ceratogymna atrata (Tem.) 
Bueta IV. Nestjunge (Baumann). 


164. Bycanistes fistulator (Cass.) 
Bismarckburg (Büttner); Misahöhe VI. „Anati“ genannt 
(Baumann). 
165. Lophoceros semafasciatus (Hartl.) 
Bismarckburg IX. (Büttner); Kussuntu V. „Atschapoli“ 
genannt, Konfokrum XI. (Baumann); Kratschi VII. (v. Zech); 
Kirikri XI. XII. (Kersting). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 27 


166. Lophoceros nasutus (L.) 
Konfokrum XI., Kratschi XI. (Baumann); Akroso XHU., 
Kratschi V. (v. Zech); Mangu, Dakofluss X. (Thierry). 


167. Lophoceros erythrorhynchus (Tem.) 
Mangu (Thierry). 


Alcedinidae. 
168. Haleyon chelicuti (Stanl.) 

Jo V., Podji V., Misahöhe IX., Hagu VII. (Baumann); Bis- 
marckburg IV. (Büttner); Kratschh VO. (v. Zech); Mangu 
(Thierry); Sokode (Schröder). 

169. Halcyon semicaeruleus rufiventris SW. 

Halcyon semicaerulea Rehw. J. ©. 1897 S. 21. 

Bismarckburg I. III. (Büttner); Akroso XI. (Baumann); 
Kratschi I. IV. VI. (v. Zech); Kirikri Ill. (Kersting); Mangu 
(Thierry); Sokode (Schröder). 

170. Haleyon torquatus forbesi Sharpe. 

Halcyon forbesi Rehw. J. ©. 1897 S. 21. 

Bismarckburg IV. XII. (Büttner); Misahöhe II., Kratschi 1. 
II. (Baumann); Kratschi VIIL, Konfokrum IV. (v. Zech); Kirikri 
(Kersting); Mangu (Thierry). 

171. Haleyon senegalensis (L.) 

Kratschi II. (v. Zech); Mangu (Thierry). 


172. Halcyon cyanoleucus (Vieill.) 
Kratschi I. VI. (v. Zech); Mangu, Jendi VIII. X. (Thierry). 


173. Ispidina picta (Bodd.) 
Misahöhe V., Kussuntu V., Podji V. (Baumann); Kratschi 
VI. (v. Zech). 
174. Corythornis cyanostigma (Rüpp.) 
Kirikri II. (Kersting); Mangu (Thierry). 


175. Alcedo quadrıbrachys Bp. 

Bismarckburg IV. (Büttner); Apago XU. (Baumann); Krat- 

schi XII. (v. Zech); Kirikri XII. (Kersting). 
176. Ceryle rudis (L.) 

Kratschi XI. (v. Zech); Kratschi I., Akpasso XI. (Baumann); 

 Mangu (Thierry). 
177. Ceryle maxima (Pall.) 

Kratschi IV. VIII. (v. Zech); Mangu (Thierıy). 


28 Reichenow : 


Meropidae. 
178. Melittophagus pusillus (St. Müll.) 
Bismarckburg Ill. (Büttner); Misahöhe XI., Nkonyo XI. 
(Baumann); Mangu (Thierry); Sokode (Schröder). 


179. Melittophagus bullocki (Vieill.) 
Ahingro XI. (Baumann); Kirikri I. IL. (Kersting); Mangu, 
Oti X. (Thierry). 


180. Dierocercus furcatus (Stanl.) 
Kratschi IX., Kajamso VII. (v. Zech); Kirikri (Kersting). 


181. Aerops albicollis (Vieill.) 
Merops albicollis Rehw. J. O. 1897 S. 23. 
Bismarckburg III. (Büttner); Ahingro XII, Kratschi XI. 
(v. Zech); Misahöhe XI. (Baumann). 


182. Merops «piaster UL. 
Misahöhe III. XII. (Baumann). 


183. Merops nubicus Gm. 
Kratschi I. (Baumann); Kratschi II. XII, Kagala XU. (v. 
Zech); Kirikri XII. (Kersting); Mangu (Thierry); Sokode (Schröder). 


Upupidae. 
184. Upupa senegalensis Sw. 
Kratschi I. XII. (Baumann); Bismarckburg Ill. (Büttner); 
Kirikri (Kersting); Mangu (Thierry). 
185. Irrisor viridis senegalensis (Vieill.) 
Kratschi, Bassari X. (Klose); Kratschi I. VI. (v. Zech); 
Kirikri Il. (Kersting); Mangu, Jendi X. (Thierry). 
186. Scoptelus aterrimus (Steph.) 
Bismarckburg Ill. (Büttner); Kratschi I., Misahöhe II. (Bau- 
mann); Kratschi I., Kajamso VI. (v. Zech). 


Caprimulgidae. 
187. Scotornis climacurus (Vieill.) 
Kratschi XII. I. (v. Zech); Mangu (Thierry). 


188. Macrodipteryx. macrodipterus |Afz.] Lath. 
Bismarckburg I., III. brütend (Büttner); Akroso VI. (Bau- 
mann); Sokode III. (Kersting); Agbande Ill. (v. Zech); Mangu 
(Thierry). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 29 


Macropterygidae. 
189. Apus apus (L.) 
Misanöhe (Baumann). 


190. Apus affinis (Gr. Hardw.) 
Jendi IX. (Thierry). 


191. Tachornis parvus (Leht.). 
Agome Tongwe VII. (Baumann). 


Pittidae. 
192. Pitta angolensis Vieill. 
Misahöhe V. (Baumann). 


Hirundinidae. 
193. Hirundo leucosoma SW. 
Gridji VII, Jo VI. jung (Baumann); Bismarckburg Ill 
(Büttner). 
194. Hirundo rustica L. 
Misahöhe IX., Kratschi X. (Baumann); Kratschi (v. Zech). 


195. Hirundo senegalensis L. 
Mangu (Thierry). 


196. Hirundo gordoni Jard. 
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe VII. (Baumann). 


197. Hirundo domicella Finsch Hart!. 
Bismarckburg II. (Büttner); Kratschi I. (Baumann); San- 
sanne Mangu (Rigler). 


198. Hirundo nigrita G. R. Gr. 
Akroso XI. (Baumann). 


199. Psalidoprocne obscura (|Tem.] Hartl.). 
Bismarckburg IV. (Büttner). 


Museicapidae. 
200. Bradornis modestus Shell. 
Misahöhe IX. XII, Adame VIl. (Baumann); Sokode (Schröder), 


201. Melaenornis edolioides (Sw.) 
Bismarckburg (Büttner). 


30 Reichenow: 


202. Muscicapa grisola L. 
Bismarckburg I. (Büttner); Misahöhe IX. X. (Baumann). 


203. Muscicapa atricapilla L. 
Bismarckburg Il. IV. (Büttner); Misahöhe XI, II. (Bau-- 


mann). 
204. Alseonax caerulescens (Hartl.) 


Misahöhe II. (Baumann). 


205. Hyliota flavigastra Sw. 
Misahöhe X. XII. (Baumann); Kratschi X. (v. Zech). 


206. Elminia longicauda (Sw). 

Kratschi (Klose); Kratschi XI. (v. Zech); Bassari IV., Kiri- 
kri II. (Kersting); Mangu (Thierry). 

207. Tehitrea viridis (St. Müll.). 

Misahöhe 1I. XII. (Baumann); Kratschi IV. (v. Zech); Bis- 
marckburg IV. (Büttner); kirikri Il. III. (Kersting); Mangu 
(Thierry); Sokode (Schröder). 

208. Tchitrea nigriceps Hartl. 

Podji V., Liati XI. (Baumann). 

209. Trochocercus nitens Cass. 

Misahöhe XII. (Baumann). 


210. Bias musicus (Vieill.) 
Misahöhe IV. X., Akroso XI., Leglebi VI. (Baumann). 


211. Megabias flammulatus Verr. 
Misahöhe V. IX. XL, Agome Tongwe VII, Kussuntu V. 
Adame VII. Podji V., Amedjovhe III. (Baumann). 


212. Smithornis rufolateralis G. R. Gr. 
Bismarckburg Ill. IV. nistend (Büttner); Misahöhe VI. 
(Baumann). 
213. Diaphorophyia hormophora Rehw. 
Rchw. J. OÖ. 1901 S. 285. 
Misahöhe II. XII. (Baumann); Bismarckburg III. IV. (Büttner). 


214. Diaphorophyia blissetti Sharpe. 
Misahöhe II. (Baumann). 
215. Datis senegalensis (L.) 
Podji V., Agome X., Misahöhe XI. (Baumann); Kratschi 
(Klose); Mangu (Thierry). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 31 


216. Platystira cyanea (St. Müll.) 
Agome Tongwe V., Abala VII. (Baumann); Kratschi XI. 
(v. Zech); Kirikri II (Kersting); Mangu (Thierry). 


Campophagidae. 
217. Graucalus pectoralis Jard. Selby. 
Kratschi X. (Klose, v. Zech); Kirikri (Kersting; Jendi XI. 
(Thierry); Sokode (Schröder). 


218. Campophaga quiscalina |Finsch] Sharpe. 
Bismarckburg III. (Büttner). 


219. Campophaga phoenicea (Lath.) 
Bismarckburg I. (Büttner); Misahöhe IX., Podji V. (Bau- 
mann); Kratschi (Klose); Mangu (Thierry). 


Laniidae. 
220. Prionops plumatus Shaw. 

Prionops poliocephalus und plumatus Rehw. J. O. 1897 S. 55. 
Bimarckburg 1V. (Büttner); Kratschi I. II. (Baumann, Klose); 
Kratschi IV. VL, Kajamso VI. (v. Zech); Jendi 1X. (Thierry). 

Im Journal f. Ornith. 1891 S. 384 hatte ich irrtümlich 
Prionops poliocephalus für Togo aufgeführt. Der für diese Art 
gehaltene, schlecht zubereitete Vogel ist augenscheinlich ein 
Junger von P. plumatus, dem die langen Schopffedern noch fehlen. 

Die Gattung Prionops umfasst nunmehr ausser dem in der 
Färbung wesentlich abweichenden P. vinacesgularis 7 Arten, die 
einander sehr ähnlich sind, nur durch die Form und Färbung 
der Haube oder Vorhandensein einer weissen Flügelbinde in 
folgender Weise sich unterscheiden: 


1. Prionops talacoma A. Sm. (Report Exp. Expl. C. Afr. 1836, 
S. 45). Stirnfedern borstenartig aufwärts gerichtet, aber kurz, 
keinen Helm bildend. Über Süd- und Ostafrika verbreitet, 
im Südwesten nordwärts bis Angola, im Osten bis zum Vic- 
toria Niansa. 


2. Prionops melanoptera Sharpe (Bull. Br. O0. C. XI. 1901 S. 46). 
Dem P. talacoma sehr ähnlich, aber ohne weisse Zeichnung 
auf den Flügeln. Über die Form der Haube ist in der Ur- 
sprungsbeschreibung nichts gesagt (siehe unter 3). Somaliland. 


32 Reichenow: 


3. Prionops intermedia Sharpe (Bull. Brit. 0. C. XI. 1901 S. 47). 
Dem P. talacoına ähnlich, aber ohne weisse Längsbinde auf | 
dem Flügel, Flügeldecken einfarbig schwarz mit schwachem 
Glanz und nur schmal angedeutete weisse Aussensäume an 
den Enden der inneren Armsch wingen; die borstenförmig 
aufgerichteten Stirnfedern etwas länger als bei P. talacoma 
und einen schwachen Helm bildend, aber nicht mit den Spitzen 
nach vorn gebogen wie bei P. poliocephalus, die hinteren Stirn- 
federn länger als die vorderen, aber keinen deutlichen Scheitel- 
schopf bildend; Stirnfedern perlgrau, die vorderen weiss. Tai- 
tagebiet in Ostafrika (Woifluss). 

Nach Sharpe sind die inneren Armschwin gen schmal weiss 
gesäumt. Der mir vorliegende Vogel vom Woiflusse hat indessen 
nur schwache Andeutungen eines weissen Aussensaumes an 
den Enden dieser Schwingen. Es scheint mir somit nicht un- 
wahrscheinlich, dass P. intermedia mit P. melanoptera zu- 
sammenfällt, was auch mit der Verbreitung im Einklange 
stände. 


4. Prionops poliocephalus (Stanl.) (Salts Trav. Abyss. 1814 App. 
S. 50). Verlängerte Stirnfedern und vordere Scheitelfedern | 
aufrecht, mit ihren Spitzen nach vorn gerichtet, die Scheitel- 
federn noch stärker gekräuselt, einen Helm oberhalb Stirn 
und Scheitel bildend, rein weiss gefärbt. In Nordostafrika 
von Massaua bis Uganda. Ob Vögel mit und ohne weisse 
Flügelbinde nur als Altersverschiedenheiten oder als verschie- 
dene Arten aufzufassen sind, bleibt bis zur sicheren Feststellung 
des Vorkommens, d. h. der geographischer Sonderung der 
beiden Formen dahin gestellt. Es hat den Anschein, als wäre 
die weissbindige Form eine nördlichere, dem abessinischen 
Küstengebiete angehörende Art, die schwarzflügelige, P. crista- 
tus, eine südlichere. | 


5. Prionops poliolophus Fschr. Rehw. (Journ. für Orn. 1884, 8. 180). 
Stirnfedern aufgerichtet und oberhalb der Stirn einen Helm 
bildend, ähnlich wie bei P. poliocephalus, aber perlgrau, nicht 
reinweiss. Scheitelfedern zerschlissen und zu einem aufrecht- 
stehenden Schopf verlängert, schiefergrau gefärbt. Diese von 
Fischer am Naiwaschasee im Britischen Ostafrika entdeckte 
Art ist von Neumann bei Ssero im nordwestlichen Massai- 
lande, von Trotha am Ugalla gefunden worden. 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 33 


6. Prionops martensi Rchw. (Festschrift v. Martens, Arch. f. Naturg. 
1901 S. 330). Dem P. poliocephalus sehr ähnlich, die rein- 
weissen Stirnfedern sind aufwärts gerichtet und bilden einen 
Helm, aber nur die vorderen haben nach vorn gebogene Spitzen, 
die hinteren und Scheitelfedern sind nicht gekräuselt, sondern 
schlicht und schräg nach hinten gerichtet und bilden einen 
kurzen, den Hinterkopf nicht überragenden Schopf. 

Östliches Kamerungebiet. 


7. Prionops plumatus Shaw (Gen. Zool. VII. 2. 1809 S. 292). 
Stirnfedern borstenartig aufwärts gerichtet, aber etwas länger 
als bei P. talacoma, Scheitelfedern sehr lang, aber von regel- 
mässiger Form, einen langen, den Hinterkopf weit über- 
ragenden Schopf bildend. Nordwestafrika: Senegambien, Sierra 
Leone, im Hinterlande der Gold- und Togoküste und am Benue. 


Die 8. Art: P. vinaceigularıs Richm. Auk. 1897 S. 162 weicht 
der Ursprungsbeschreibung nach von allen vorbeschriebenen durch 
weinzimtfarbene Scheitelhaube und Kopfseiten und ebenso, wenn 
auch blasser, gefärbte Kehle ab. 


221. Sigmodus caniceps Bp. 
Agome Tongwe VIII, Amedjovhe III. (Baumann). 


222. Nelaus afer (Lath.) 
Bismarckburg (Büttner); Kratschi I. XI. (Baumann, Klose, 
v. Zech); Mangu (Thierry). 
223. Dryoscopus maior (Hartl.) 
Bismärckburg III. XI (Büttner); Akeppe VII. Leglebi VII. 
(Baumann). 
224 Dryoscopus gambensis (Lcht.) 
Bismarckburg VII. (Büttner); Misahöhe II. V. (Baumann); 
Kratschi VII. (v. Zech); Mangu (Thierry). 


225. Nicator chloris (Val.) 
Bismarckburg IV. XI. (Büttner); Apeso (v. Zech). 


226. Laniarius barbarus (L.) 
Anfoi (Ostgrenze von Togo) VII. (Baumann); Porto seguro 
UI. (Kurz); Kratschi X. (v. Zech); Mangu (Thierry). 


227. Laniarius sulphureipectus (Less.). 
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe X., Abala VII, Podji 
V. (Baumann). 
| Journ, £. Orn. L. Jahrg. Januar 1902. 3 


34 Reichenow: 


228. Laniarius poliocephalus (Lcht.) 
Kratschi 1. VI. (Klose, v. Zech); Gandu XI. (Thierry). 


229. Laniarius poliochlamys Gad. 
Amedjovhe Ill. (Baumann). 


230. Laniarius multicolor G. R. Gr. 


Agome Tongwe VII, Amedjovhe III. (Baumann); Tapa XIl. 
(v. Zech). 
231. Laniarius nigrithorax Sharpe. 


Agome Tongwe V. (Baumann). 


232. Telephonus senegalus (L.) 


Misahöhe V., Nkonjo XI. (Baumann); Kratschi VI. (v. Zech); 
Sansanne Mangu (Rigler); Mangu (Thierry). 


233. Telephonus ussheri (Sharpe). 
Amedjovhe 11I. (Baumann); Kratschi VII. (v. Zech). 


234. Telephonus minutus Hartl. 


Bismarckburg (Büttner); Misahöhe IV. V. IX., Amedjovhe 
Ill, Agome Tongwe IV. (Baumann); Kratschi VII. (v. Zech). 


235. Lanius senator L. 
Bismarckburg I. (Büttner); Misahöhe IL, Kratschi I. (Bau- 
mann); Gandu XI. (Thierry). 
236. Lanius smithi (Fras.) 
Podji V., Nkonjo XL, Abala VII., Misahöhe IX. (Baumann). 


237. Uorvinella corvina (Shaw) 


Bismarckburg (Büttner); Kratschi I. VII. (Baumann, v. Zech); | 
Bassari IV. (Kersting); Mangu, Jendi X. (Thierry). 


Corvidae. 


238. Corvus scapulatus Daud. 
Kratschi (v. Zech); Jendi X. (Thierry). 


239. Oryptorhina afra (L.). 


Bassari (v. Zech); Jendi IX. (Thierry); Sansanne Mangu 
(Rigler). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 35 


240. Picathartes gymnocephalus (Tem.) 
Leglebi VI. (Baumann). 


Dieruridae. 


241. Dierurus atripennis Sw. 
Bismarckburg U. III. (Büttner). 


242. Dierurus coracinus Verr. 


Misahöhe IX., Kussuntu V., Podji V., Kratschi XI., Ahingro 
XL, Nkonjo XI. (Baumann); Kratschi VII. (v. Zech); Kirikri 
(Kersting); Jendi X. (Thierry). 


Oriolidae. 


343. Oriolus auratus Vieill. 


Bismarckburg III. IV. IX. (Büttner); Kratschi I. VII. IX. 
XII. (Baumann, Klose, v. Zech); Kirikri (Kersting); Jendi VII. X. 
(Thierry). 
244. Oriolus nigripennmis Verr. 


Misahöhe V. IX. (Baumann). 


245. Oriolus brachyrhynchus Sw. 
Amedjovhe III, Agome Tongwe VII, Misahöhe XI. X. 
(Baumann). 
Sturnidae. 


j 246. Lamprotornis caudatus (St. Müll.) 
Mangu (Thierry). 


247. Lamprocolius purpureus (St. Müll.) 


Kratschi VII. XII. (Baumann, Klose, v. Zech); Sansanne Mangu 
(Rigler); Mangu (Thierry); Kirikri (Kersting); Sokode (Schröder). 


248. Lamprocolius chloropterus (Sw.) 


Bismarckburg XIL—II. (Büttner); Podji XI. (Baumann); 
Jendi IX. (Thierry). 


249. Pholiduuges leucoguster (Gm.) 


Bismarckburg Ill. (Büttner); Agome Tongwe V., Misahöhe 
4 IX. (Baumann); Kratschi: VII. (Klose, v. Zech). 
| 3% 


36 Reichenow: 


Ploceidae. 
250. Malimbus malimbieus (Daud.) 
Agome Tongwe VII, Misahöhe XI. (Baumann). 


251. Malimbus bartletti Sharpe. 
Batja VI. (Baumann). 


252. Malimbus nitens (G. R. Gr.) 
Bismarckburg IV. nistend (Büttner). 


253. Symplectes brachypterus (SW.) 
Bismarckburg IH. IV. (Büttner); Kussuntu V., Agome Tongwe 
V. (Baumann). 


254. Ploceus cucullatus (St. Müll.) 


Bismarckburg II. (Büttner); Misahöhe V. IX., Agome Tongwe. 
IV., Jo V., Kratschi I. (Baumann); Sansanne Mangu (Rigler); 
Jendi X. (Thierry); Sokode (Schröder). 


255. Ploceus heuglin Rehw. 
Kratschi IX. (v. Zech). 


256. Ploceus castaneofuscus Less. 
Bismarckburg Il. VIII. (Büttner); Logba II. (Baumann). 


257. Ploceus tricolor Hartl. 
Agome Tongwe VII., Misahöhe X. (Baumann). 


258. Ploceus superciliosus (Shell.) 
Bismarckburg (Büttner); Sebbe VIII. (Baumann). 


259. Amblyospiza capitalbus (Bp.) 
Agome Palime X. (Baumann). 


260. Pyrenestes ostrinus (Vieill.) 
Misahöhe VII. (Baumann). 


261. Spermospiza guttata (Vieill.) 
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe Il. V. (Baumann). 


262. Spermospiza haematina (Vieill.) 
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe II. (Baumann). 


263. Spermestes bicolor (Fras.) 
Jo VI. „Airo‘“ genannt (Baumann). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 37 


264. Spermestes cucullata Sw. 
Bismarckburg III. (Büttner). 


265. Pytelia capistrata Hartl. 
Kratschi (Klose). 


266. Pytelia schlegeli Sharpe. 
Misahöhe II. (Baumann). 


267. Zonogastris eiterior (Strickl.) 
Bismarckburg Ili. (Büttner). 


268. Lagonosticta nigricollis Heugl. 
Kratschi VIII. (v. Zech). 


269. Lagonosticta minima (Vieill.) 
Sebbe VIII. (Baumann); Mangu (Thierry) ; Sokode (Schröder). 


270. Lagonosticta rufopicta (Fras.) 
Sebbe VII. (Baumann). 


271. Lagonosticta polionota Shell. 
Bismarckburg III. (Büttner). 


272 Estrelda melpoda (Vieill.) 
Bismarckburg II. IV. (Büttner); Misahöhe VII. XI. „Airedje“ 
genannt (Baumann); Sokode (Schröder). 


273. Estrelda bengala (L.) 
Kratschi IV. (v. Zech); Mangu (Thierry). 


274. Hypochera ultramarına (Gm.) 
Bismarckburg (Büttner); Mangu (Thierry). 
275. Nigrita emiliae Sharpe. 
Akome II., Podji V. (Baumann). 


276. Quelea erythrops (Hartl.) 
Bismarckburg III. IV. (Büttner); Misahöhe X. (Baumann). 


277. Pyromelana afra (Gm.) 
Mangu (Thierry). 


278. Pyromelana franciscana (Isert). 
Anfoi VIII. (Baumann); Kratschi (Klose, v. Zech); Sansann® 
Mangu (Rigler); Oti X. (Thierry). 


38 Reichenow: 


279. Pyromelana flammiceps (Sw.) 
Akeppe VII, Misahöhe II, Agome Tongwe IV. (Baumann). 


280. Penthetria macroura (Gm.) 
Bismarckburg III. IV. (Büttner); Sebbe VII, Misahöhe II. 
X. (Baumann); Kratschi (Klose, v. Zech); Jendi IX. (Thierry). 


281. Ooliuspasser concolor (Cass.) 
Misahöhe XI., Kuma-Adame X. (Baumann). 


282. Steganura paradiısea (L.) 
Bismarckburg (Büttner); Kratschi IX. (Baumann, v. Zech); 
Jendi X. (Thierry). 


283. Vidua erythrorhyncha SW. 

Bismarckburg (Büttner); Adjido VIIL, Misahöhe II. (Bau- 
mann); Kratschi IX. (Klose, v. Zech); Kirikri (Kersting); Jendi 
IX. (Thierry). 

Fringillidae. 
284. Passer diffusus (A. Sm.) 

Jo VI. (Baumann); Kratschi VII. (v. Zech). 


285. Passer diffusus thierryi Rehw. 
Rchw. O. M. 1899, 190. 
Mangu (Thierry). 


286. Poliospiza flegeli Hart. 
Misahöhe III. (Baumann). 
287. Serinus butyraceus (L.) 
Bismarckburg (Büttner); Leglebi IV. „baka‘“ genannt (Bau- | 
mann); Kratschi (Klose); Mangu (Thierry). 
288. Emberiza cabanisi (Rchw.) 
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe II. XI. (Baumann). 
289. Emberiza septemstriata Rüpp. 
Sansanne Mangu (Rigler). 


Motaeillidae. 
290. Macronyx croceus (Vieill.) 


Sebbe VIII. (Baumann); Kratschi I. VI. (Klose, v. Zech); 
Jendi IX. (Thierry). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 39 


291. Anthus gouldi Fras. 
Shell. B. Afr. IL. 1900. S. 307. 
Bismarckburg III. (Büttner). 


292 Anthus trivialis (L.) 
Shell. B. Afr. II. 1900. S. 299. 
Podji XII. (Baumann). 


293. Budytes flavus (L.) 
Motacilla flava Shell. B. Afr. II. 1900. S. 286. 
Bismarckburg (Büttner); Misahöhe X. (Baumann); Mangu 
(Thierry). 
294. Motacilla vidua Sund. 
Shell. B. Afr. II. 1900, S. 268. 
Bismarckburg II. (Büttner), Misahöhe VII, Akrosso XI. 
(Baumann); Kratschi (Klose, v. Zech); Mangu (Thierry). 


Alaudidae. 
295. Mirafra erythropygia (Strickl.) 
Kratschi I. (Baumann); Mangu (Thierry). 


296. Mirafra buckleyi (Shell.) 
Kratschi VI. (v. Zech). 


297. Galeria senegalensis Bp. 
Mangu (Thierry). 
298. Pyrrhulauda leucotis (Stanl.) 
Mangu (Thierry). 
Pyenonotidae. 
299. Pycnonotus barbatus (Destf.) 
Bismarckburg IV. (Büttner); Agome Tongwe IV., Misahöhe 
V. „Akpatuble‘“ genannt, Amedjovhe III. (Baumann); Kratschi 
(Klose); Kirikri (Kersting); Jendi X. (Thierry); Sokode (Schröder). 


300. Phyllostrephus scandens Sw. 
Bismarckburg IV. (Büttner); Agome Tongwe VI., Misahöhe 
II. (Baumann); Kratschi X. (v. Zech); Sokode (Schröder). 


301. Phyllostrephus simplex (Hartl.) 
Kuma Ga IV. (Baumann). 


302. Phyllostrephus indicator (Verr.) 
Misahöhe IL, Agome Tongwe VII. (Baumann). 


40 Reichenow: 


303. Phllostrephus canicapillus (Hartl.) 
Bismarckburg IV. (Büttner); Abala VII. (Baumann). 


304. Phyllostrephus flavicollis (Sw.) 
Bismarckburg (Büttner). 


305. Phyllostrephus albigularıs Sharpe. 
Bismarckburg IV. (Büttner). 


306. Phyllostrephus baumanni Rchw. 
Misahöhe II. (Baumann). 


307. Oriniger barbatus (Tem.) 
Konfokrum XI, Misahöhe IV. (Baumann). 


308. Criniger verreauxi Sharpe. 
Misahöhe XH. (Baumann). 


309. Andropadus virens Cass. 
Misahöhe V. IX. X. XI. (Baumann). 


310. Andropadus gracilirostris Strickl. 
Kussuntu V., Kuma Ga IV., Misahöhe VII. IX. (Baumann). 


311. Andropadus congener Rchw. 
Agome Tongwe VII. (Baumann). 


Nectariniidae. 
312. Anthothreptes longuemarei (Less.) 
Shell. B. Afr. II. 1900 S. 144. | 
Bismarckburg IV. (Büttner); Agome Tongwe X., Jo VI. 
(Baumann); Kratschi (Klose); Sokode (Schröder). 


313. Cinnyris venustus (Shaw) 
Shell. B. Afr. II. 1900 8. 62. 
Bismarckburg 1. III. (Büttner); Agome Tongwe V. (Baumann). 


314. Cinnyris verticalis (Lath.) 
Uyanomitra verticalis Shell. B. Afr. II. 1900 S. 127. 
Podji V. (Baumann). 


315. Oinnyris obscurus (Jard.) 
Oyanomitra obscura Shell. B. Afr. IL, 1900 S. 125. 
Amedjovhe II., Adame VII, Jo V. (Baumann). 


316. Cinnyris chloropygius (Jard.) 
Shell. B. Afr. II. 1900 S. 83. 
Leglebi VII. (Baumann). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 41 


317. Oinnyris eboensis Jard. 

Cinnyris adelberti Rcehw. J. ©. 1897 S. 46. 

Misahöhe III. IX. X. (Baumann). 

Die Togovögel gehören der dunklen, zuerst vom Niger be- 
schriebenen Art eboensis an, die sich somit von Togo bis zum 
Kongo verbreitet, während E. adelberti auf den Nordwesten, von 
Senegambien bis zur Goldküste beschränkt ist. 


318. Cinnyris senegalensis (L.) 
Kpakple IV. (Baumann); Jendi IX. (Thierry). 


319. Cinnyris cupreus (Shaw) 
Shell. B. Afr. II. 1900 S. 36. 
Bismarckburg IH. (Büttner); Topli VIII. (Baumann); Kratschi 
XII. (v. Zech). 
320. Cinnyris superbus (Shaw) 
Shell. B. Afr. II. 1900 S. 41. 
Misahöhe VII. X. „Addesi‘‘ (Baumann). 


321. Oinnyris splendidus (Shaw) 

Shell. B. Afr. I. 1900 S. 45. 

Bismarckburg IL.—IV. (Büttner); Agome Tongwe V. VII 
„Tinti“ (Baumann); Kratschi VII. (Klose, v. Zech); Jendi IX. 
(Thierry); Sokode (Schröder). 

322. Nectarinia pulchella (L.) 

Shell. B. Afr. II. 1900 S. 23. 

Mangu (Thierry). 


Paridae. 
323. Parus leucomelas Küpp. 
Shell. B. Afr. II. 1900 S. 228 — Parus leucopterus Kchw. 
5: 0. 1897 S. 56. 
Bismarckburg II. IV. (Büttner); Leglebi VI, Kratschi I. 
(Baumann); Mangu (Thierry). 
324. Parisoma plumbeum (Hartl.) 


Shell B. Afr. II: 190078. 217. 
Misahöhe IX. (Baumann). 


Timeliidae. 
325. Orateropus platycercus SW. 
Kratschi I. (Baumann); Mangu (Thierry). 


42 


Reichenow: 
326. Crateropus haynesi Sharpe. 
Bismarckburg IV. (Büttner). 


327. Crateropus reinwardti Sw. 
Kratschi (Klose). 


328. Hypergerus atriceps (Less.) 
Kratschi VII. (v. Zech). 


329. Turdinus moloneyanus Sharpe. 
Misahöhe II. IX., Agomegebirge (Baumann). 


330. Alethe diademata (Bp.) 
Bismarckhurg IV. (Büttner). 


331. Melocichla mentalis (Fras.) 
Bismarckburg III. (Büttner); Agome Tongwe IV., Misahöhe 


V., Hagu VIIL, Jo VI. (Baumann); Mangu (Thierry). 


332. Cisticola lateralis (Fras.) 
Bismarckburg III. (Büttner); Misahöhe V. VIIL, Kpandu X. 


(Baumann). 


333. Orsticola cinerascens swanzii Sharpe. 
Oisticola cinerascens Rchw. J. 0. 1897 S. 56. 
Misahöhe VIII. (Baumann). 


334. Cisticola stangeri Fras. 
Abala VII. (Baumann). 


335. Cistecola erythrops (Hartl.) 
Bismarekburg VI (Büttner.) 


336. Cisticola rufa Fras. 
Agomegebirge VII; Kpandu X; Misahöhe VII. (Baumann). 


337. Orthotomus erythropterus (Jard.) 
Bismarckburg III. (Büttner); Misahöhe (Baumann). 
338. Hylia prasina (Cass.) 
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe II., Kpandu X. (Baum.). 


339. Camaroptera tincta Cass. 
Porto Seguro III. (Kurz). 


340. Camaroptera chloronota Rchw. 
Misahöhe II. (Baumann). 


341. Stiphrornis erythrothorax Hartl. 
Bismarckburg (Büttner); Misahöhe Il. (Baumann). 


Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 43 


342. Eremomela pusilla Hartl. ‘ 
Bismarckburg (Büttner); Misahöhe XI., Abudu Karimo XII. 


(Baumann). 
343. Eremomela baumannı Rchw. 


Misahöhe (Baumann). 


344. Oossypha verticalis Hartl. 
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe XII. (Baumann). 


345. Cossypha albicapilla giffardi Hart. 
Hart. Nov. Zool. 1899 S. 420. 
Mangu (Thierry). 
346. Pentholaea albifrons Rüpp. 
Bismarckburg (Büttner). 


Sylviidae. 
347. Sylvia sylvia (L.) 
Misahöhe II. (Baumann). 
348. Sylvia simplex Lath. 
Sylvia hortensis Rehw. J. O. 1897 S. 50. 
Misahöhe II. XII, Kumaga IV. (Baumann). 


349. Hypolais polyglotta (Vieill.) 
Misahöhe II. IV. (Baumann). 


350. Phylloscopus sibrlatrix (Bchst.) 
Misahöhe V. (Baumann). 


E 351. Turdus saturatus Cab. 
Turdus chiguancoides Rchw. J. ©. 1897 S. 51. 
Misahöhe II. V. IX. (Baumann). 


352. Pratincola rubetra (L.) 
Bismarckburg IL.—III. (Büttner); Misahöhe IX.—XI. (Bau- 
mann); Mangu (Thierry). 
353. Monticola saxatilis (L.) 
Mangu (Thierry). 
354. Erithacus phoenicurus (L.) 
Sokode (Schröder). 


355. Erithecus luscinia (L.) 
Podji XII., Misahöhe II. (Baumann); Porto Seguro III. (Kurz). 


44 


Revision einiger neotropischen Turdidae. 
Von ©. E. Hellmayr. 


Als einen Teil meiner während des vergangenen Winters 
und Frühjahres betriebenen Studien über die Drosseln gebe ich 
hier die auf einige neotropische Arten bezüglichen Notizen be- 
kannt. Mir stand für diese Arbeit ein solch reiches Material 
zur Verfügung, wie es bisher wohl noch von keinem Bearbeiter 
der Gruppe benutzt worden war, und hauptsächlich diesem Um- 
stande ist es zuzuschreiben, wenn ich der noch im Erscheinen 
begriffenen monographischen Behandlung desselben Stoffes (Mono- 
graph of Turdidae by the late H. Seebohm, edited and completed 
by R. B. Sharpe, London) manche Ergänzung und Berichtigung 
hinzufügen kann. 


Da ich mir die Bemerkungen über die Verwandtschaft und 
natürliche Gruppierung der Drosseln für eine andere Arbeit 
vorbehalte, mögen hier nur einige Punkte Erwähnung finden. 


Die von Seebohm vorgeschlagene Einteilung in drei Genera: 
Geoeichla, Turdus und Merula entbehrt — wie ja schon wieder- 
holt betont wurde — jeder Begründung, und es bleibt nichts 
anderes übrig, als alle darin verteilten Formen in einem grossen 
Genus zu vereinigen, wenn dies auch die Übersicht nicht besonders 
erleichtern dürfte. 


Zum richtigen Verständnis der Beziehungen der einzelnen 
„Arten“ zueinander, ist es — wie bereits oftmals von Hartert, 
Kleinschmidt etc. und von mir selbst hervorgehoben wurde — 
notwendig, auch die geringeren, „subspecifischen“ Unterschiede zu 
berücksichtigen und zu fixieren, nur auf diese Weise können 
wir der richtigen Naturauffassung näher kommen. Zu solchen 
umfassenden Studien gehört allerdings überaus reiches und sorg- 
fältig etikettiertes Material, wie es wohl in wenigen Museen der 
Welt zu finden ist, und nur die sorgfältige Vergleichung von 
Belegstücken aus denselben Jahreszeiten konnte bei der vor- 
liegenden, nach der Saison überaus variablen Gruppe zur Klar- 
heit führen. 


Um meine Arbeit auf dieser festen Basis zu begründen, 
bedurfte ich der Hilfe meiner geehrten Fachgenossen und ich 
will diese einleitenden Worte nicht schliessen, ohne denselben 
meinen aufrichtigen Dank auszudrücken. 


Revision einiger neotropischen Turdidae. 45 


Dir. E. Hartert, Oberamtmann Heine, Amtsrat Nehr- 
korn, Prof. Reichenow, Dr. v. Rothschild, Prof. Conte Sal- 
vadori, Dr. Stolzmann u. A. sind es hauptsächlich, denen 
ich für die Überlassung von Material verbunden bin. Mr. ©. 
Bangs (Boston) und Mr. E. W. Nelson (Washington) waren so 
liebenswürdig, einige Vögel über das Meer zur Untersuchung zu 
senden, eine Freundlichkeit, für die ich nicht genug danken kann. 
Besonders aber drängt es mich, meinen hochverehrten Lehrer in 
neotropischer Ornithologie, Herrn Grafen von Berlepsch für 
seine stete Bereitwilligkeit und seine weitgehende Unterstützung 
mit Rat und That meiner speciellen Erkenntlichkeit zu versichern. 


Wien, k. k. naturhistorisches Hofmuseum, 
den 20. September 1901. 


+1], Catharus melpomene costaricensis subsp. nov. 


Ähnlich ©. melpomene melpomene (Cab.), aber die Oberseite 
viel weniger rostbraun und mit mehr oder weniger deutlich 
entwickelter, grauer Beimischung. Das Rostbraun des Unter- 
rückens viel weniger lebhaft. Schwanz heller und wesentlich 
kürzer, auch Flügellänge etwas geringer. 

Typus: $ Mai 1890, Cherrie leg. in Mus. v. Berlepsch. 

a. 74, c. 60, r. 16 mm. 

Hab. Costa Rica. 


Bereits Prof. Baird (Review Amer. B. 1864, p. 8) bemerkte 
die Verschiedenheit der Vögel von Costa Rica, genauer präcisiert 
wurden die Differenzen von P. L. Jouy (P. U. S. Mus. v. 16. 1893, 
p- 774), der jedoch sein Material für nicht genügend zu einer 
endgültigen Entscheidung betrachtete. Mir lagen 12 Exemplare 
von Costa Rica und 8 der typischen Form vom Tafelland von 
Central-Mexiko, Jalapa, Oaxaca sowie von Guatemala vor. Die 
erstgenannten Belegstücke, die aus den Monaten Oktober—Februar, 
Mai und August stammen, zeigen durchwegs die in der Diagnose 
hervorgehobenen Merkmale und rechtfertigen eine subspecifische 
Abtrennung, wie mir auch Graf Berlepsch (in litt.) freundlichst 
bestätigte. 

Zur Bekräftigung meiner Ausführungen nachstehende Mass- 
tabelle. 


46 C. E. Hellmayr: 


+ C. melpomene melpomene (Cab.) !) 


a. dad. Jalapa (S.-O.-Mexiko) Oktober, a. 80, c. 65 mm. 


b. ad. Jalapa, Februar a. 80, c. 68 mm. 
c. ad. Mexiko a. 80, c. 67 mm. | Mus. von 
d. ad. Mexiko (Tafelland) a. 82, c. 70 mm, | Forlopsch. 
e. ad. Volcan de Fuego (Guatemala) a. 80, c. 68 mm. 

+ ©. melpomene costaricensis Hellm. 
a.@ Costa Rica, Okt. 89, Cherrieleg. a. 78, c.63mm. | 
bJQ@ ANINOyKBOND ERS 
RER „Novz89h u „2. 10,C.00%,, 
d.Q „» EE) Dec. 89, ” » 13,C. 58 „ Mus. von 
er Qi“, „uDee.89. 7, N ARLOLCHDDAN Berlepsch. 
Ss dann 9005 ananch00% 
SnQ.0., „Eebhr. 892°, VastDac60 
hiasr „uuMarı90,2 5: at Arc 00% (Typus!) ] 
aa, Ma1290, 72053, „ &. 77,c.60 „ (Mus. Nehrkorn) 
k.g ” „ Aug.89, ” ” a. 72, c. 58 „ : ' Mus. von 
Weis „. AUCSSIe — ..a.18,.6364 Berlepsch. 


+ ©. melpomene clarus Jony. 
a. g Acatan, W.-Mexiko, Mai a. 82, c. 70 mm. Mus. von 
b. g Jalisco, , Be Mai a. 80, c. 68 En Berlepsch. 
Auch C. birchalli Seeb. und CO. aurantiirostris (Hartl.) 
können bloss als Subspecies von O. melpomene aufgeführt werden. 
Somit haben wir folgende Formen zu unterscheiden: 
1. Catharus melpomene clarus Jouy. — W.-Mexiko, Jalisco. 
2. C. melpomene melpomene (Cab.) — C.-Mexiko (Tafelland), 
S.-O.-Mexiko: Cordova, Orizaba, Jalapa. S.-W.-Mexiko: 
Totontepec, Oaxaca ; Guatemala. — (Honduras? Nicaragua?) 


3. C. melpomene costaricensis Hellm. — Costa Rica. 
4. ©. melpomene birchallöi Seeb. — In Bogotä- und Örinoco- 
Collectionen. | 
+5. CO. melpomene aurantiwrostris (Hartl..) — Venezuela; 


Küstenregion bei Caracas. Kürzlich auch von Santa 
Marta in Columbia nachgewiesen. | 


1) Auch der Typus im Berliner Museum wurde untersucht. 


Revision einiger neotropischer Turdidae. 47 


I. T. grayi Bp. 


Sharpe vereinigte in Seebohms Monogr. der Turdidae unter 
obigem Namen, folgende, bisher unterschiedene Formen: 


T. grayi Bp. Proc. zool. Soc. Lond. p. 118. Guatemala. 

T. casius (Bp.) C. R. Ac. sci. v. 41. p. 657 (1856); Panama. 

T. luridus (Bp.) C. R. Ac. Sci. v. 38, p. 4 (1854), Santa 
Marta, Colombia. 

T. tamaulipensis Nelson, Auk v. 14, 1897, p. 75. Tamaulipas, 
Ostmexico. 


Dank der freundlichen Unterstützung der eingangs erwähnten 
Herren war ich in der Lage; eine Serie von nahezu 70 Exemplaren 
aus dem ganzen Verbreitungsgebiete zu untersuchen, und da 
meine Ergebnisse von dem Resultate Dr. Sharpes abweichen, 
will ich in Kürze die wichtigsten Punkte hervorheben. 


Meine Serie setzt sich aus Exemplaren von allen Monaten 
des Jahres mit Ausnahme des Juni und August zusammen und 
beim Vergleich dieser Reihe zeigt sich, dass die rötlichbraune 
Färbung der Oberseite bei frisch vermauserten Herbstvögeln 
(Sept. & Oct.) vorherrscht, dann im December nicht mehr so rein 
auftritt und schon etwas ins Olivenbraune übergeht. Gegen 
das Frühjahr hin macht sich ein grauer Ton bemerkbar, und 
die Differenz wird am deutlichsten, wenn man z. B. September- 
und April-vögel vergleicht. Hätte man. nicht die Zwischenglieder 
zur Hand, so könnte man die beiden Extreme in der That für 
zwei verschiedene Arten halten. Dr. Sharpe ist zweifellos im 
Rechte, wenn er 7. casius bloss für das frische Herbstkleid des 
typischen grayi erklärt; ich kann zwischen Exemplaren von Pa- 
nama und Herbstvögeln von Costa Rica, von welch letzterem 
Lande mir eine Reihe von 25 Stücken aus allen Jahreszeiten 
vorliegt, keinen Unterschied finden. Ich sah zwar nur 5 Stück 
von Panama, allein diese zeigen alle Übergänge vom rotbraunen 
zum olivenfarbigen Kleide. Ein Exemplar (Panama, Hughes leg. 
Mus. Vindob.) stimmt völlig mit solchen aus Costa Rica überein, 
und eines von Veragua weicht in keiner Hinsicht von März-Vögeln 
aus dem genannten Lande ab. Ebenso übereinstimmend verhält 
‚sich ein kürzlich von E. Hartert zur Ansicht erhaltenes $ von 
‚der Coiba Insel an der Küste von Veragua (26. April). 


Die Suite aus Costa Rica (Nanne, Cherrie, Frantzius und 
‚Hoffmann leg.) illustriert prächtig den Übergang vom braunen 


48 C. E. Hellmayr: 


Herbst- zum grauen Sommerkleide mit allen Zwischenstufen. Ein 
d, im Juli erlegt, steht in sehr abgeriebenem Kleide und hat 
auch die Schwingen grau eingefasst. 

Die Art unterliegt in der Grösse bedeutenden Schwan- 
kungen, was aber mehr individueller Natur zu sein scheint. 
Auffallend grosse Dimensionen besitzt ein Vogel aus Managua 
(Nicaragua), doch empfiehlt es sich, reicheres Material und zwar 
in frischem Herbstkleide abzuwarten. Im Frühjahr wird die 
Unterseite merklich heller, ist aber stets wesentlich anders und 
dunkler als bei den nunmehr zu besprechenden Küstenvögeln. 

Schon Salvin (Ibis 1888, p. 243) erwähnt die blasse Unter- 
seite der Bewohner des nördlichen Yucatan, mit welchen die von 
den Inseln Cozumel, Mugeres und Meco übereinstimmen sollen. 
Die Abweichung ist so auffallend, dass eine subspecifische Son- 
derung derselben vorgenommen werden muss. Die endgültige | 
Entscheidung dieser Frage war mir nur dadurch ermöglicht, dass 
ich — und das Folgende sei besonders betont — Yucatan-Vögel 
aus den Monaten März, April und December mit einer grossen 
Reihe von typischen Vögeln aus ebendenselben Monaten verglei- 
chen konnte. Da die weiter unten näher ausgeführten Differenzen 
in allen diesen Fällen constant waren, bin ich von der Selb-‘ 
ständigkeit der blassen Form völlig überzeugt. | 

Selbst der Wintervogel (December) von Yucatan trägt denı 
Charakter auffallend zur Schau: die Unterseite ist blass rostgelb- 
lich, besonders Brust und Bauch viel blasser, die Seiten sehr‘ 
wenig dunkler und nur etwas bräunlich verwaschen. Die Unter-- 
seite der zur gleichen Zeit erlegten Vögel von Costa Rica und| 
Chiapas erscheint dagegen lebhaft lehmfarbig, die Vorderbrust! 
merklich dunkler überwaschen. | 

Bei den April-Exemplaren der Yucatan-Form fällt die noch) 
hellere Unterseite auf, die des lehmgelben Tones ganz entbehrtt 
und blassgelbbräunlich erscheint, die Körperseiten, bei den Früh-- 
jahrs-Vögeln von Jalapa, Chiapas und Costa Rica stets zimt-- 
bräunlich gefärbt, sind bei jenen nur ganz unmerklich dunklert 
und lassen keine Spur der Zimtfarbe erkennen. | 

Ich hatte im Manuscripte für diese blasse Form bereits‘ 
einen Namen angenommen, als ich durch die Liebenswürdigkeit| 
des Mr. E. W. Nelson in Washington ein typisches Exempları 
seiner Merula tamanulipensis zur Untersuchung erhielt. Ich warı 
sehr überrascht, zu sehen, dass dasselbe mit meiner neuen Sub-; 


Revision einiger neotropischen Turdidae. 49 


species übereinstimmt; weil mir jedoch zur Zeit kein Stück aus 
Yucatan mehr vorlag, sandte ich es an Herrn Grafen Berlepsch, 
der mir (in litt.) die Identität derselben bestätigte. Da die Jala- 
pa-Vögel zur typischen Form gehören, ist wohl die Annahme 
gerechtfertigt, dass hier eine blasse Küstenform vorliegt, die 
vom östlichen Mexico bis nach Yucatan verbreitet ist. 


Am nächsten stehen dieser, als 7. grayi tamaulipensis (Nels.) 
zu bezeichnenden Form zwei Vögel von Santa Marta, N.-O.-Co- 
lombia, authentische Exemplare von Merula incompta!) die ich 
der Freundlichkeit Mr. O. Bangs’ verdanke. Es unterliegt keinem 
Zweifel, dass diese Art mit dem von Bonaparte beschriebenen 
Planesticus luridus zusammenfällt, welch letzterer Name die 
Priorität besitzt. Beim Vergleich der beiden Vögel mit meiner 
Serie von T. grayi aus denselben Monaten (Dec., Jan.) fallen die 
Unterschiede sofort in die Augen: Achselfedern und Unterflügel- 
decken sind bei der Santa Marta-Form viel blasser, die Innen- 
fahne der Schwingen weist keine Spur von hellen Säumen auf, 
ferner ist die Unterseite nicht lehmgelb, sondern braungrau mit 
leichter olivenfarbiger Trübung, bloss Bauchmitte und Unter- 
schwanzdecken trübe cr&me-farbig wie bei Zamaulipensis. Luridus 
‚steht in der Färbung der Unterseite letzterer Form entschieden 
näher, unterscheidet sich aber (abgesehen von der anscheinend 
geringeren Grösse) durch dunklere Brust und Seiten sowie durch 
die blassen Unterflügeldecken sofort. Auch Allen (Bull. Amer. 
Mus. v. XIII, 1900, p. 181) plaidiert für die Validität dieser 
Form. z 

Zwei Vögel von Tehuantepec (Mus. v. Berlepsch No. 8, 
‚und Mus. Vindob.) weichen in der Färbung der Oberseite von 
allen übrigen Stücken ab; da dieselbe jedoch sehr variabel ist 
und die beiden Exemplare zudem genauerer Erlegungsdaten ent- 
|behren, sei hier bloss auf die Thatsache hingewiesen. Der Ober- 
kopf ist bei beiden rötlichbraun, die übrige Oberseite oliven- 
‚bräunlich, Unterrücken mehr grau und leicht gelblich vermischt, 
‚die Unterteile sehr lebhaft orange verwaschen. 


Zum Schlusse lasse ich eine Kennzeichnung der drei Formen 
‚und die Mafstabelle folgen. 


| D) „Merula incompta“ O. Bangs in: Proc. biol. Soc. Washington 
\v. 12, 1898, p. 144. (Santa Marta). 


Journ. f. Orn. L, Jahrg. Januar 1902, A 


50 C. E. Hellmayr: 


a. Turdus grayi grayi Bp. 

T. grayi Bonaparte, P. zool. Soc. Lond. 1837 p. 118 

T..helvolus Lichtenstein, Preisverz. mexik. Th. 1830, p. 2 
(sine desecr.) 

Planesticus casius Bonaparte in: Compt. Rend. Ac. Sci. v. 
41, 1856, p. 657. (Panama). 

Unterseite lehmfarbig, bisweilen etwas ins Hellzimmtbräun- 
liche spielend. Körperseiten mehr oder minder lebhaft orange 
überwaschen und wesentlich dunkler als die Mitte, Brust gleich- 
falls merklich dunkler als der Unterkörper. 

a. im. 112—135, c. 95—110 mm. 

Hab. Central- und Südmexico, von San Luis Potosi und 
Tepie südwärts, Guatemala, Honduras, Salvador, Nicaragua, Costa 
Rica und Panama. 


+ b. T. grayi tamaulipensis (Nels.) 
T. grayi (non Bonap.) Lawrence in: Ann. New. York Lye. 
v. 9, 1868, p. 314 (Yucatan). 
T. grayt, Salvin in: Ibis 1888, p. 243 (Cozumel, Mugeres 
und Meco Insel). 


Merula tamaulipensis E. W. Nelson in: Auk. 1897, p. 75. 


(Tamaulipas). 

Unterseite viel blasser als bei der vorigen Form, cr&me-farbig, 
die Körperseiten bedeutend weniger orange angelaufen, nicht viel 
dunkler als die Mitte. Vorderbrust ein wenig graulich angelaufen, 
wenig dunkler als der Unterkörper. Achselfedern und Unter- 
flügeldecken blasser als bei der typischen Form. 

a. im. 120—125, c. 102—107 mm.; also gleich grayi (Bp.) 

Hab. Küstenflachland von Ostmexico (Tamaulipas) (?) bis 
Yucatan sowie die Inseln Cozumel, Mugeres und Meco. 


"ec. T. grayi luridus (Bp.) 

Planesticus luridus Bonaparte in: Compt. Rend. Ac. Sci. v. 
38, 1854, p. 4 (Santa Marta). 

Merula incompta Outram Bangs in: Proc. biol. Soc. Wash. 
v. 12,,.18987p. 149: 

Merula grayi lurida Allen in: Bull. Amer. Mus. v. 13, 1900, , 
P-S1S1. 

Unterseite ohne jede Lehmfarbe, nur Bauchmitte und| 


Unterschwanzdecken trüb-cr&mefarbig wie bei famaulipensis, im ı 


| 
| 


Revision einiger neotropischen Turdidae. 51 


‚übrigen braungrau, etwas oliv überwaschen; Seiten ohne das bei 
grayi auftretende Orange. Achselfedern gleich den Brustseiten, 
ohne Orange, Unterflügeldecken viel blasser orange als bei den 
beiden vorhergehenden Formen. Keine Spur von einem rostfahlen 
Innensaume der Schwingen. Vielleicht etwas kleiner. 

g: a.im. 110, c. 96 mm; 2: a. im. 105, c. 90 mm. (Coll. Bangs). 
Hab. Santa Marta-Region in Nordost-Columbien. 


Masstabelle.') 

a. Z. grayi grayi Bp. 
| a. im. : c. 

1. 3 Sept. 1828, Orizaba (Deppe 

u. Schiede leg.) [,7. helvolus 

er Icht.‘] 120, 99 mm. Mus. Vindob. 
2. © Okt. 1828, Laguna, Jalapa 

|" (Deppe u. Schiede leg.) [,„Z. 


‚  helvolus Leht.“] 117, 104 mm. Mus. Vindob. 
3. © Febr. 1897, Jalapa, (Tru- e 
‘  jillo leg.) 126, 110 mm. Mus. v. Berlepsch. 
4. ad. Febr. 1897, Jalapa, (Tru- 
'  jillo leg.) 112,972 mm. 0% a 
‚5. 8 März 1895, Jalapa, (Tru- 
jülo leg.) 124.108 :mm. 5. 5 a 
‘6. $ April, Amatan, Chiapas 
(Trujillo leg.) 116, 100£mm. 0. 5 
‚7.@ April, Amatan, Chiapas 
‚  (Trujillo leg.) 192,105, mm 5 ii 
8. ad. — Vera Paz — 1116. 198: mmi 5.5 sr 
"9. ad. — Guatemala (Verreaux) 116, 95 mm. Mus. Vindob. 
10. & Februar, San Pedro, Hon- 
;  duras 117, 97 mm. Mus. v. Berlepsch. 
ll. ad. — San Pedro, Honduras 
|  (Whitely leg.) 121, 100 mm. Mus. Vindob. 
2. 8 Sommer, Managua, Nica- 
|  ragua 135, 112 mm. Mus. Vindob. 


\3. ad. Costa Rica (Nanne leg.) 130, 109 mm. Mus. v. Berlepsch. 
4 9 23. November (Cherrie leg.) 
San Jose, Costa Rica 12098987mm.r,, au 


1) Um Raum zu ersparen, gebe ich hier nur eine Auswahl der 
‚Tafse meiner Serie. 
4x 


52 C. E. Hellmayr: 


15. © 21. November (Cherrie leg.) | 
San Jose, Costa Rica 108, 92 mm. Mus. v. Berlepsch. 


16. ad. November (Cherrie leg.) 

San Jose, Costa Rica 12021002mm 5 BR 
17. @ December (Cherrie leg.) 

San Jose, Costa Rica 115, 98mm. e, 
18. © Januar (Cherrie leg.) San 

Jose, Costa Rica 118,9. 98mm r 
19. $ Februar (Cherrie leg.) San 

Jose, Costa Rica 118, 104mm. ’, 5 
20. © Februar (Cherrie leg.) San 

Jose, Costa Rica 1118, 105'mm. 0%, a 
21. © Februar (Cherrie leg.) San 

Jose, Costa Rica 110,2 952mm. 2,0, H 
22. @ Februar (Cherrie leg.) San 

Jose, Costa Rica 120, 2101 mm, 2, 5 
23. @ April (Cherrie leg.) San 

Jose, Costa Rica 112,2 984mm, H 
24. $ Juli (Cherrie leg.) San Jose, 

Costa Rica 125, 106>mm.2 2, Ba 
25. ad. — Tehuantepee — — 127, 105 mm. „ IR 
26. ad. Dec., Panama — — 120, 104 mm. Mus. Tring. 
27. ad. Paraiso Station, Panama 

(Hughes leg.) 115, 97 mm. Mus. Vindob. 
28. — Chiriqui, Veragua 120, 103 mm. Mus. v. Berlepsch. 
29. — Chiriqui, Veragua 115,.100-mm. 25, # 


30. & 26. April 1900, Coiba Insel 
bei Veragua (Batty leg.) 120, 110 mm. Mus. Tring. 


-b. T. grayi tamaulipensis (Nels.) 
a. im. c. 
1. © 23. März 1898, Victoria, 
Tamaulipas, Ostmexiko (Nelson 
u. Goldman leg.) 124, 104 mm. (Nr. 159010, Biel. 
Survey Coll. U. S. Dept. Agrieulture Washington. , 
Authentisches Exemplar von M. tamaulipensis Nels. , 
2. 2 December, Yucatan (Boucard) 122, 104 mm. Mus. Nehrkorn nr... 
163. 
3. ad. April, Temax, Yucatan , 
(Gaumer) 122,106 „ Mus. v. Berlepsch.. 


Revision einiger neotropischen Turdidae. 53 


4. $&— Temax, Yucatan (Boucard) 125, 107 mm. Mus. v. Berlepsch. 
5. ad. Apr.,Peto, Yucatan (Gaumer) 122, 102 „ Mus. Berolinense. 
6. ad. Apr.,Peto, Yucatan(Gaumer) 121, 104 „, M a 


| re. T. grayi luridus (Bp.) 
M. 3 27. December 1897, Santa 
' Marta 110, 96 mm. (No. 5559 Coll. 
E. A. u. OÖ. Bangs, Boston). 
2. @ 4. Januar 1898, Santa Marta 105, 90 mm. (No. 5561 Coll. 
E. A. u. OÖ. Bangs, Boston). 
(Authentische Exemplare von M. incompta Bangs.) 
T. grayı (nebst seinen Unterarten) bildet mit 7. gymnoph- 
thalmus Cab. und T. maculirostris Berl. und Tacz. eine natür- 
liche Gruppe, die sich von allen anderen neotropischen Drosseln 
durch den das ganze Jahr hindurch an der Basis dunkel 
und in der Endhälfte hell gefärbten Schnabel scharf 
unterscheidet. !) 


II. ZT. maculirostris Berl. und Taez.,. T. ignobilis Sel. 
und T. amaurochalinus Cab. 

T. maculirostris unterscheidet sich von den beiden anderen 
Arten sofort durch die Färbung des Schnabels: an der Basis 
schwarz und in der Endhälfte gelb und steht T. gymnophthalmus 
am nächsten, lässt sich aber leicht an dem Mangel des breiten, 
nackten Augenringes erkennen, doch findet sich meist am hinteren 
Rande des Auges eine deutliche, nackte Stelle, welche die nahe 
Beziehung zu der genannten Art beweist. Die Art wurde in der 
Originalbeschreibung zu Unrecht mit Z. ögnobilis verglichen, der 
einer anderen Gruppe angehört „mit während des ganzen Jahres 
dunklem Schnabel. ZT. ‚leucomelas“ Vieill. repräsentiert eine 
dritte Abtheilung, mit im Sommer gelbem und im Winter 
dunklem Schnabel, und ist auch zur Zeit des Überganges von 
jenem Kleide zu diesem, wo eine ähnliche Schnabelfärbung wie 
bei T. maculirostris auftritt, von all den genannten Arten durch 
viel markanter entwickelte und dunklere, fast schwärzliche Kehl- 
strichelung zu unterscheiden. 

Dr. Sharpe zieht (in Seebohms Monographie der Turdidae) 
zu T. maculirostris die Bewohner von Ecuador, Peru und des 


1) Graf Berlepsch setzte mir (in litt.) dieselbe Ansicht auseinander, 


54 C. E. Hellmayr: 


Amazonengebietes. (7. porteaui (nec Less.) Pelzeln, Orn. Brasil. 
p. 94.) und betrachtet die Art als eine „smaller and darker race“ 
von T. leucomelas, unter der irrigen Annahme, dass der im Winter 
dunkle Schnabel im Sommer sich zu Gelb umfärbe. Allerdings 
sind die Vögel aus den genannten Gebieten von Z. ignobilis aus 
Bogotä, mit dem man sie oftmals fälschlich identificierte, ver- 
schieden, haben aber weder mit 7. maculirostris, der auf West- 
ecuador beschränkt zu sein scheint, noch mit T. leucomelas etwas 
zu thun. Sharpe’s T. maculirostris begreift zwei verschiedene 
Arten in sich, nämlich den wirklichen T. maculirostris Berl. und 
Tacz. von West-Ecuador, wozu die von Fraser bei Babahoyo und 
Pallatanga gesammelten Vögel gehören, wie ich mich durch 
Untersuchung eines Exemplares von ersterer Localität im Museum 
Heineanum überzeugte, und die obenerwähnte Form von T. igno- 
bilis, auf die ich weiter unten zu sprechen komme. 

Bei T. maculirostris erhält sich der gefleckte Schnabel das 
ganze Jahr hindurch ebenso wie bei T. grayi und T. gymmnoph- 
thalmus und die Reihe meiner Vögel aus verschiedenen Jahres- 
zeiten!) zeigt durchwegs diese charakteristischeFärbung. Salvadori 
(Bull. Mus. Torino 1899, No. 357, p. 3) vermutete, dass 7. bru- 
neus Lawr., der gewöhnlich als das @ von T. leucops?) Tacz. an- 
gesehen wird, auf T. maculirostris zu deuten sei, doch besitzt 
jener gelben Schnabel, woraus die Unzulässigkeit dieser An- 
nahme sofort resultiert. Die Figur im Ibis 1878 t. 1. hat übrigens 
die grösste Ähnlichkeit mit & ad. von T. leucomelas im Sommer- 
kleide, der allerdings noch nicht so weit nördlich (Oberamazonas) 
nachgewiesen war und der Typus von 7. brunneus muss daher 
noch genau untersucht werden. 

Von T. ignobilis konnte ich ausser 12 Bogotä-Bälgen den 
Typus unseres Z. :. goodfellowi Hart. Hellm. (Nov. Zool. 1901 und 
folgende 21 Vögel aus Ecuador, Peru und Brasilien vergleichen: 


1. juv. Ost-Ecuador, Sarayacu. (Mus. v. Berlepsch, No. 7204). 
ad. Ost-Ecuador, September. (Mus. Berlin, No- 16401). 

. g Gualaquiza, November. «(Festa leg.; Mus. Turin). 

. 2 Gualaquiza, December. (Festa leg.; Mus. Turin). 

. & Rio Madeira, Brasil, 22. Oct. (Natterer leg.; Mus. Wien). 
. 2 Rio Madeira, Brasil. 22. Oct. (Natterer leg.; Mus. Wien). 


oo m 


© O0 


D) Vergl. Anm. 1 am Schlusse der Arbeit. 
2?) Vergl. Anm. 2 desgl. 


Revision einiger neotropischen Turdidae. 55 


7. @ Rio Madeira, Brasil. 22. Oct. (Natterer leg.; Mus. Wien). 
8. ad. Huayabamba, Peru 3. Dec. (Garlepp; Mus. Nehrkorn). 
9. 2 Guayabamba, Peru 19. Aug. (Baron; Tring Mus). 


10. 6) ” I ” 28. Aug. ( » 9 „ ” ). 

11. © „ an LE UNE Ba 

12. J „ ’ ” 15. Aug. ( ” ; ” 9 ). 

13. < ad. Tarapoto, N.-O.-Peru, 15. März. (Garlepp; Mus. v. 
Berlepsch. 

14. @ Huan:bo, Ost-Peru 15. März. (Stolzmann; Mus. Branicki, 
899 c). 

15. © Huambo, Ost-Peru 26. Febr. (Stolzmann; Mus. Branicki, 
899 b). 

16. @ Huambo, Ost-Pern 5. März. (Stolzmaun; Mus. Branicki, 
899 a). 

17. ad. Chirimoto, Ost-Peru 29. Juli. (Stolzmann ; Mus. Branicki, 
899 d). 


18. ad. Chirimoto, Ost-Peru 23. Aug. (Stolzmann; Mus. v. 
Berlepsch, 8120). 

19. $ Chanchamayo, Central-Peru 7. Januar. (Kalinowski; 
Mus. v. Berlepsch). 

20. $ Chanchamayo, Central-Peru 22. Aug. (Kalinowski 
Mus. Branicki. 899 e). 

21. g Chanchamayo, Central-Peru 3. Januar (Kalinowski; 

Mus. Tring). 

Wie aus der obigen Zusammenstellung erhellt, lagen mir 
nahezu aus allen Monaten des Jahres Belegstücke vor, die durch- 
wegs einfarbig dunkelhornbraunen Schnabel besitzen. Damit 
ist wohl der Beweis erbracht, dass die Ausführungen Sharpes 
nicht den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen, sondern dass 
die Vögel von den oben angeführten Gebieten niemals gelben 
Schnabel erhalten und ihr nächster Verwandter in T. ögnobilis 
zu suchen ist, der gleichfalls während des ganzen Jahres die 
dunkle Schnabelfärbung bewahrt. Nach meinem Material kann 
ich nun nicht glauben, dass Sharpe wirklich ein Exemplar mit 
gelbem Schnabel vorgelegen hat (sollte dies dennoch der Fall 
gewesen sein, so war dass betreffende Stück eben nicht T. ögno- 
bilis, sondern 7. leucomelas; und in der That führt der genannte 
Forscher (Monogr. I. p. 240) unter den Belegstücken, die er als 
zu „ZT. maculirostris“ gehörig betrachtet, ein Exemplar aus Bo- 
livia an, von wo bisher bloss T. leucomelas bekannt war) und 


56 C. E. Hellmayr: 


ich kann mir seinen Irrtum nur so erklären, dass er die Vögel 
mit dunklem Schnabel (vom oberen Amazonas) als im Winter- 
kleide stehend ansah und sich durch den gefleckten Schnabel 
der Exemplare aus Westecnador, die ja thatsächlich einer ganz 
verschiedenen Art, nämlich dem echten T. maculirostris ange- 
hören, zur Annahme verleiten liess, dass derselbe zur Brutzeit 
sanz gelb werde. Dafür spricht auch der Passus im Text: 
„Count von Berlepsch must have described specimens in change 
from winter to summer plumage when tthe billisparticoloured.“ 
Durch meine Ausführungen glaube ich die Verschiedenheit der 
in Rede stehenden Drosseln genügend dargethan und die schwierige 
Frage endgültig geklärt zu haben und es gewährt mir grosse 
Freude, dass auch der vielerfahrene Kenner südamerikanischer 
Vögel, Graf von Berlepsch, in allen Punkten meine Ansicht teilt 
(in litt.). 

Die ögnobelis }) von den oben verzeichneten Gegenden weichen 
nicht unerheblich und so konstant von Bogotä-Exemplaren, woher 
der Typus Sclaters kam, ab, dass sie einen besonderen Namen 
erhalten müssen. 


\ 
un; 


—+Turdus ignobilis debilis subsp. nov. 


Von T. ignobilis von Bogotä durch schwächeren und hel- 
leren, dunkelhornfarbigen anstatt tiefschwarzen Schnabel ver- 
schieden. Deutlicher weisser Kehlfleck, von dem sich die hell- 
braune Strichelung merklich abhebt, während bei den Bogotä- 
vögeln das Weiss fast verschwindet oder sehr undeutlich ist. 
Brust und Seiten heller und ohne olivenfarbigen Anflug. 

rostr. 18—21 mm. Typen: $2 Rio Madeira, 22. Oct., Nat- 
terer leg. in Mus. Vindob. Hab. Ost-Ecuador, Peru und West- 
Brasilien (Rio Madeira). 

T. ignobilis goodfellowi Hart. u. Hellm. hat schwarzen, aber 
schwachen Schnabel wie debilis, nimmt also in dieser Hinsicht 
eine Mittelstellung ein. Gurgel und Vorderbrust dunkelbräunlich, 
fast ohne olivenfarbige Beimischung und weit dunkler als bei 
der typischen Form. Die Kehle ist so getrübt wie bei dieser, 
aber die Strichelung viel dunkler und stärker markiert. Auch 
T. murinus Salv. ist bloss eine Subspecies von T. ignobsilis. 


1) Ihre Verschiedenheit hat zuerst Graf von Berlepsch (J. f. Orn. 
1889, p. 291) betont. 


Revision einiger neotropischen Turdidae. 57 


Wier kennen also vier Formen: 

1. T. ignobilis ignobilis Sel. Bogotä. 

2. T. ignobilis goodfellowi Hart. u. Hellm. Castilla, Cauca Thal, 
W.-Colombien. 

3. T. ignobilis debilis Hellm. Ost-Ecuador, Peru und West- 
Brasilien. 

4. T. ignobilis murimus Salv. Guyana. 

Meine Serie von 55 Stück des T. leucomelas aus verschiedenen 
Gebieten Südamerikas illustriert prächtig den Übergang vom 
Winter- zum Sommerkleide. 

Die Vögel vom September bis Februar besitzen ganz gelben 
Schnabel, der zur selben Jahreszeit bei T. maculirostris an der 
Basis dunkel, nur an der Spitze gelb, und bei 7. ignobilis ganz 
dunkel erscheint, die im April bis Juli erlegten Exemplare zeigen 
denselben ganz dunkel, und bei den aus den Monaten Juli und 
August stammenden Belegstücken tritt die Mischung beider 
Farben zutage, d. h. der Schnabel ist schon teilweise gelb, mit 
zahlreichen oder wenigen dunklen Längsstreifen und Flecken. 
T. leucomelas ist von der ignobilis-Formen stets durch die scharf 
markierte und viel dunklere Kehlstrichelung sowie durch das 
Vorhandensein eines weissen Flecks auf der Gurgel zu unter- 
scheiden. 

Schliesslich lasse ich die Synonymie dieser so oft verwech- 
selten Formen folgen. 


Turdus maculirostris Berl. u. Tacz. 


T. albiwentris Selater, P. zool. Soc. Lond. 1859, p. 136 
(Pallatanga), p. 328 (part., Pallatanga, Balzar) -- 

T. a. Selater, P. zool. Soc. Lond. 1860, p. 272 (Babahoyo) — 

T. a. Sclater, Cat. Amer. B. p. 3 (part., d.-f.) — 

T. leucomelas (mon Vieill.) Selater u. Salvin. Exotic Orn. 
p. 143 (part.; Ecuador occid.) — 

T. ignobilis maculirostris Berlepsch u. Taczanowski, P. zool. 
Soc. Lond. 1883, p. 538 (Chimbo). 

T. maculirostris Hartert, Nov. Zool. 1898, p. 478 (Chimbo) — 

T. m. Salvadori u. Festa, Boll. Mus. Torino 1899, August 
3. — 

T. m. (non Berl. u. Tacz.) Sharpe in: Seebohm, Monogr. 
Turd. v. 1, 1898, p. 239 (part., Westecuador). — 


98 C. E. Hellmayr: 


West-Ecuador: Babahoyo, Pallatanga, (Fraser), Guayaquil, 
Vinces (Festa), Chimbo (Stolzmann, Rosenberg), El Placer (Sie- 
miradzki), Balzar (Illingworth). \ 


T. amaurochalinus Cab. 

? „Zorzal obscuro y blanco“ Azara, Apunt. v. 1, 1802, 
p. 341, No. 80. — 

? Turdus leucomelasVieill. Nouv.Dict.ed.2.v.20 1818,p.238. — 

T. I. Seebohm, Cat. B. v. 5. 1881, p. 213. — 

T. !. Pelzeln, Orn. Brasil. 1869, p. 93 (part., excl. Rio 
Branco). — 

T. !. Selater u. Salvin, Exot. Orn. 1869, p. 143 (part.). t. 72. — 

T. I. G. R. Gray, Hand.-List v. 1. 1869, p. 257. — 

T. I. Sharpe-Seebohm, Monogr. Turd. v. 1, 1898, p. 235, 
Ban 

T. leucomelas Sclater & Hudson, Argent. Ornith. v. 1, 
1838 pn 1 = 

T. amaurochalinus Cabanis, Mus. Hein. v. 1, 1850, p. 5. — 

Planesticus amaurochalinus Bonaparte, Compt. Rend. Ac. 
Sc. v. 38, 1854, p. 3. — 

Turdus crotopegus (non Licht.) Burmeister, Syst. Übers. 
Th. Brasil. v. 3, 1856, p. 123. — 

T. albicollis (non Vieill.) Euler, J. f. Orn. 1867 p. 189, 192, 
198 (teste Cabanis, J. f. Orn. 1874, p. 82). — 

T. rufiventris D’Orbigny, Voy. Amer. Merid. v. 4, p. 203 ($). — 

T. chocht D’Orbigny u. Lafresnaye, Mag. Zool. 1837, p. 17, 
(part., 2). — 

T. albiventer (non Spix) Spix, Aves Brasil. v. 1, 1824, 
270, 169,8 0200, 

T. albiventris (non Spix) Sclater, Cat. Amer. B. p. 3 (paıt., 
c. Bolivia). — 

T. albiwentris (non Spix) Sclater, P. Zool. Soc. Lond. 1859, 
p. 328 (part., Brazil, part., Bolivia). 

T. amaurochalinus Sclater, P. zool. Soc. Lond. 1859, p. 329. — 

? T. brunneus Lawrence, Ibis 1878, p. 57, t.1(Obermazonas). — 

? T. olivaceus (non Linne) Lafresnaye u. D’Orbigny, Mag. 
Zool. 1837, p. 17 (Yungas, Bolivia). 

Zur Benennung. 

Vieillots Beschreibung ist sehr undeutlich und kann nur 
deshalb mit einiger Sicherheit auf vorliegende Art bezogen 


Revision einiger neotropischen Turdidae. 59 


werden, weil vermutlich keine andere verwandte Form in Paraguay 
vorkommt. Es wird sich vielleicht empfehlen, den Namen leueomelas 
fallen zu lassen und durch amaurochalinus Cab. zu ersetzen. Ob 
T. olivaceus Lafr. u. D’Orb. wirklich auf juv. dieser Art zu 
deuten ist, kann ich nicht entscheiden; die Angabe „oceipite 
albescente‘ passt überhaupt auf keine Drossel. Sclater u. Salvin 
scheinen den Typus im Pariser Museum untersucht zu haben, 
und führen den Namen unter der Synonymie von T. leucomelas 
auf (P. zool. Soc. 1879, p. 591). 

Ein $ (Mattogrosso, 28. Juni 41, Behn leg.) des Berliner 
Museums hat dunkler braune Oberseite, dunklere Kehlstriche 
und auf der Brust einen lebhaft bräunlichen Anflug; da aber 
andere Vögel aus Cuyaba etc. in nichts von typischen Vögeln 
abweichen, dürften die erwähnten Differenzen auf individuelle 
Variation zurückzuführen sein. 

Bolivia, Argentinien, Paraguay, Uruguay und die südlichen 
und centralen Provinzen Brasiliens, nordwärts bis Mattogrosso 
(Cuyaba: Behn, Natterer), Goyaz (Meia ponte: Behn) und Bahia. 


T. ignobilis Sel. 
a. T. ignobilis ignobilis Sel. 

T.ignobilis Sclater, P. zool.Soc. Lond. 1857,p. 273. (Bogotä). — 

T. i. Seebohm, Cat. B. V. 188i, p. 214. — 

T. i. Sharpe-Seebohm, Monogr. Turd. I. 1898, p. 241. — 

er Selater..B. z001. Soc. Lond. 1859, P. 328, — 

T. i. Berlepsch, J. f. Orn. 1884, p. 278 (Bucaramanga). — 

T. leucomelas (non Vieill.) Salvin & Sclater, Exotic Orn. 
1869, p. 143 (part., Neugranada). 

T. ignobilis Sclater und Salvin, P. zool. Soc. Lond. 1879, 
p. 491 (Antioquia).?) 

In Bogota-Sammlungen. Bucaramanga. 


b. T. ignobilis goodfellowi Hart. und Hellm. 
T.i. g. Hartert und Hellmayr, Novit. Zool. 1901 (Castilla, 
Popayan, Caucathal). 
ce. T. ignobilis debilis Hellm. 
? T. albiventris (non Spix) Sclater P. zool. Soc. 1858, p. 451 
_ (Zamora). — 


2) Bezieht sich vielleicht auf die folgende Form. 


60 C. E. Hellmayr: 


T. poiteauri (non Less.) Pelzeln, Orn. Brasil. 1869, p. 94 
(Rio Madeira). — 

T. albientris (non Spix) Sclater, P. zool. Soc. Lond. 1859, 
p. 328 (part) Rio Napo, Ecuador orient.). — 

T. amaurochalinus (non Cab.) Sclater und Salvin, P. zool. 
Soc. Lond. 1866, p. 177 (Ucayali). — 

T. amaurochalinus Sclater und Salvin, P. zool. Soc. Lond. 
1867, p. 749 (Huallaga, Peru orient.) — | 

T. leucomelas (non Vieill.) Sclater und Salvin, Exotic Orn. 
p- 143 (part., Peruv. or., Ucayali). — 

T. l. Sclater und lin P. zool. Soc. Lond. 1873, p. 256 
— (Lower Ucayali). 

T. I, Taczanowski, P. zool. Soc. Lond. 1874, p. 503. — 
(Amable Maria, O.-Peru). 

T. ignobilis (non Scl.) Taczanowski, P. zool. Soc. Lond. 
1882, p. 4. — (Chirimoto, Huambo). 

T. i. Taczanowski, Orn. Perou I. 1884, p. 491. — Peru. 

T. ignobilis ? Berlepsch, J. f. Orn. 1889, p. 291 (Tarapoto). — 

T. ignobilis Salvadori und Festa, Bull. Mus. Torino v. 15, 
1899, August p. 3. (Gualaquiza, Ecuador). — 

T. ignobilis Berlepsch und Stolzmann, P. zool. Soc. Lond. 
1896, p. 326 (Central-Peru). — 

T. maculirostris (non Berl. und Tacz.) Sharpe-Seebohm, 
Monogr. Turd. I. 1898, p. 239 (part., excl. W.-Ecuador). 

Öst-Ecuador (Gualaquiza, Sarayacu, Rio Napo, Ucayali), 
Peru (Huayabamba, Guayabamba, Tarapoto, Huambo, Chirimoto, 
Amable Maria, Chanchamayo), Iquitos am oberen Amazonenstrom, 
Oberlauf des Rio Madeira (Salto T'heothonio; Natterer). Ob die 
Vögel von Bolivia (Monogr. Turd. p. 240) wirklich hierher ge- 
hören, möchte ich bezweifeln, selbe dürften vielleicht zu 7. amau- 
rochalinus zu beziehen sein. 


d. T. ignobilis murinus Salv. 
T. m. Salvin, Ibis, 1884, p. 197 (Roraima). 
T. m. Sharpe-Seebohm, Monogr. Turd. I. 1898, p. 243, t. 54. 
Roraima- und Merum&6-Gebirge in Brit. Guiana. 


IV. Turdus erotopezus Leht. 
Sharpe bemerkt (Monogr. Turd. I. 1898, p. 227), er könne 
zwischen bolivianischen Vögeln und denen von Bahia absolut 


Revision einiger neotropischen Turdidae. 61 


keinen Unterschied finden. 


Wir können dem nicht beistimmen, 


sehen uns vielmehr nach gründlicher Untersuchung einer ansehn- 
lichen Reihe von beiden Localitäten genötigt, die westlichen als 
Turdus crotopezus contemptus subsp. nov., 


abzutrennen. 
T. crotopezus crotopezus Lcht. 


Kleiner: Fl. 108—112, Schw. 
87—93 mm. 

1. Handschwinge schmal und 
kurz, 22—23 mm. 

Oberseite umberbraun 
lebhaft rötlichem Tone. 

Unterseite trüber. 

Typus: Mus. Berol. — Bahia. 

Hab. Bahia. 


mit 


T. erotopezus contemptus Hellm. 


Grösser: Fl. 117— 120, Schw. 
95—100 mm. 

1. Handschwinge breit und 
länger, 27—30 mm. 

Oberseite viel weniger rötlich, 
mehr olivenbraun. 

Unterseite reiner. 

Typen: 5 22. 4. Bueyes, Gar- 
lepp leg., Mus. v. Berlepsch; 


9 21. 4. Bueyes, Garlepp leg., 
Coll. Nehrkorn. 

Nachstehend dieSynonymie von T. crotopezus contemptus Hellm. 

T. crotopezus (non Licht.) Sciater und Salvin, P. zool. Soc. 
Lond. 1879, p. 591 (Tilotilo, Rio Toro; Bolivia). — 

T. c. Taczanowski, Orn. P&rou I. 1884, p. 492 (Peru). — 

T. c. Salvadori, Boll. Mus. Torino XII. 1897, No. 292, p. 3 
(Caiza). — 

T. c. Sharpe-Seebohm, Monogr. Turd. I. 1898, p. 227 (part; 
Bolivia, Peru). — 

Verbreitung: Bolivia: Bueyes (Santa Cruz), Omeja (Yungas) 
[Garlepp]; Caiza [Borelli], Tilotilo, Rio Toro [Buckley]; Peru: 
Amable Maria [Jelski], Huambo, Tambillo, Chirimoto [Stolzmann]. 

Bei den im August erlegten Exemplaren (Omeja) ist die 
Oberseite mehr rötlich, der Seitenanflug intensiver und mehr braun, 
die Achselfedern und Unterflügeldecken hell orange (bei den 
April-Vögeln blassrostgelblich), auch die Vorderbrust etwas oliven- 
bräunlich überflogen. Die Unterseite scheint bei der Bolivia- 
und Peru-Form stets reiner zu sein. — In dem ganzen weiten 
Areal des inneren Brasiliens fehlt die Art vollständig, sonst wäre 
sie den gründlichen Forschungen Natterers und H. Smiths nicht 


entgangen. 
V. T. albiventer Spix. 


Sharpes erschöpfender Behandlung seien nur wenige Worte 
hinzugefügt. 


62 C. E. Hellmayr: 


Die Färbung der Oberseite scheint. ausserordentlich zu 
variieren, wie die Untersuchung meiner 50 Exemplare lehrt. Dr. 
Sharpe erwähnt bereits, dass die Februarvögel vom Rio Branco 
(Natterer leg.) oberseits mehr olivengrau gefärbt sind als die im 
November daselbst erlegten Exemplare. Allein die gleichfalls aus 
dem November stammenden Stücke von Parä erscheinen wieder 
so grau als die Februarvögel vom Rio Branco. Ein Z vom Rio 
Paranäa (Prov. Säo Paulo), 9. Mai, und ein @ von Ypanema, 23. 
April, sind oberseits viel brauner, besonders besitzt ersteres 
Stück braunen Kopf, auch sind die Säume der Flügeldecken und 
Schwingen lebhafter rotbraun und die Unterseite erscheint gelb- 
lichbraun verwaschen. Dagegen ist ein Julivogel (Lambeio, 
nördl. Provinz Säo Paulo) schon wieder nicht so braun und hat 
schön grauen Kopf. Ein einjähriger Vogel, Ytarare (mit den 
charakteristischen rostgelben Flecken auf den Enden der Flügel- 
decken) vom 14. August, unterscheidet sich kaum von den oben 
erwähnten Novemberexemplaren vom Rio Branco. Ein Exemplar 
von Paraguay (Juli) stimmt mit den Stücken von Ypanema überein. 

Im Winterkleide scheint demnach die Oberseite braun und 
die Unterseite mehr olivenbraun überwaschen zu sein, doch ist 
keins der südlicheren Stücke im Sommer so grau wie die im 
Februar am Rio Branco erlegten Individuen. 

Die sog. ephippialis Scl. von Bogotä und Bucaramanga sind 
mit den brasilianischen Vögeln durchaus identisch. 

Zwei von Mr. O. Bangs freundlichst geliehene Vögel von 
Santa Marta, (authentische Stücke seiner „Merula albiventris fusa“ 
Proc. biol. Soc. Wash. v. 13, 1899, p. 107) differieren so wenig 
von typischen Stücken, dass die Form kaum aufrechtzuerhalten 
sein dürfte. 

Brust und Seiten sind ein wenig heller und reiner grau, 
ferner ist die Färbung des Rückens und der Schwanzdecken nicht 
so gelbbraun, sondern etwas mehr grünlich, indem der olivenfarbige 
Anflug mehr hervortritt. Auffallender ist die Färbung der Säume auf 
den Flügeldecken und Schwingen, die lange nicht so rötlich, sondern 
mehr gelbbraun erscheinen. Übrigens steht ein Vogel vom Rio 
Manera bei Caracas (Mus. v. Berlepsch; Peters leg.) in allen diesen 
Beziehungen zwischen fusus und der typischen Form in der 
Mitte. Die endgültige Entscheidung, ob die Santa-Marta-Form 
wirklich zu trennen ist, muss der Untersuchung einer grösseren 
Serie vorbehalten bleiben. 


Revision einiger neotropischen Turdidae. 63 


Zur Verbreitung der typischen Form ist Sharpes aus- 
‚führlicher Darstellung noch Paraguay hinzuzufügen, woher sich 
ein Exemplar im Mus. v. Berlepsch befindet;t) ferner wird in der- 
‚selben Collection auch ein @ vom Rio Manera bei Caracas (Peters 
leg.) aufbewahrt, und im Berliner Museum untersuchte ich zwei 
von Behn bei Goiaz gesammelte Stücke. 

Sowohl in Seebohms (Cat. B. Brit. Mus. V.) Bearbeitung 
der Turdidae als auch in der Monographie vermisse ich jede 
Bezugnahme auf T. porteauri Less. (nec Pelz.) (Traite d’Orn. p, 
409), der später (Arch. Mus. Paris v. 7, 1854/55 p. 377) von 
Pucheran einer kritischen Besprechung unterzogen wurde. Da- 
nach gehört die eine der Typen zu T. phaeopygus Cab., die andere 
zu einer 7. amaurochalinus Cab. nahestehenden Art, für welche 
Pucheran den Namen T. poiteawii, in Anspruch genommen wissen 
will. Nach der Beschreibung Pucherans unterliegt es wohl 
keinem Zweifel, dass derselbe mit 7. albiventris zusammenfällt: 
„des tectrices alaires inferieures sont rousses ainsi que les 
bordures internes des remiges“ (Rev. Mag. Zool. 1858, p. 465). 
Unverständlich bleibt bloss der Satz: notre individu est exces- 
sivement semblable au 7. phaeopygus Cab. 


VI Turdus phaeopygus Cab. 


Von dieser Art wurden bisher folgende Formen beschrieben: 

1. T. phaeopygus phaeopygus Cab. British Guyana. 

2. T. phaeopygus saturatus Berl. (nec Cab.) Bogotä. 

3. T. phaeopygus minusculus (Bangs) Santa Marta, Colombia. 

4. T. phaeopygus spodiolaemus Berl. und Stolzm. Centralperu 
(La Gloria). 

5. T. phaeopygus phaeopygoides Seeb. Tobago. 

Die Bewohner von Guiana, Amazonia, Colombia und Ecuador 
gehören m. E. zu einer und derselben Form, wenn ich auch nicht 
leugnen will, dass die Vögel der beiden zuletzt genannten Länder 
in der Regel dunkler und mehr rotbraun sind (ohne olivenfarbige 
Beimischung). Allein abgesehen davon, dass die Färbung des 
Rückens bei dieser Art beträchtlichen Veränderungen während 
des Jahres unterliegt, lassen sich phaeopygus und saturatus auch 
geographisch kaum trennen. Die von Natterer am Rio Madeira 
und Rio Negro gesammelten Exemplare stimmen im Allgemeinen 


t) Seither sah ich noch einige Stücke von Bernaleug in Paraguay. 


64 C. E. Hellmayr: 


mit den columbischen überein, dagegen ist ein © von Parä noch 
dunkler als diese, obwohl zu erwarten wäre, dass die dortigen 
Vögel der typischen Form von Guyana ähnlicher sind. Danach 
kann ich mich vorläufig nicht entschliessen, phaeopygus und 
saturatus!) zu trennen, und muss die Differenzen auf Rechnung 
der Jahreszeit setzen. In meiner Serie von August bis Mai zeigt 
sich nun auch in der That, dass die frisch vermauserten Vögel 
vom August— October oberseits rötlicholivenbraun, dagegen die 
vom März und besonders das $ vom Mai (Zamora, Ecuador; 
Festa leg.) dunkler und mehr rotbraun gefärbt sind.2) Saturatus 
dürfte somit das Sommerkleid darstellen. 

T. p. spodioluemus, den mir Herr Stolzmann freundlichst 
sandte, stimmt mit Guyana-Vögeln (Typus im Berliner Museum) 
überein, ist allerdings noch etwas mehr oliv — was aber wohl nur 
durch die Jahreszeit (]. August) bedingt — doch erscheint das 
Weiss der Kehle kaum wahrnehmbar, indem die hellen Ränder 
viel schmäler sind, und der Schwanz ist auffallend lang (98 mm). 

Sharpe (Monogr. Turd. 1. p. 215) erklärt 7. phaeopygoides 
Seeb. bloss für eine Färbungsphase von phaeopygus,; dem kann 
ich (und auch Graf Berlepsch in litt.) nicht ganz beistimmen. 
Ich konnte ca. ein Dutzend Exemplare aus sogen. ‚„‚Trinidad- oder 
Orinoco-colleetionen‘“ untersuchen und alle diese zeichnen sich 
constant durch hellere und viel mehr olivenfarbige Oberseite, ohne 
jede rötliche Beimischung, aus. Niemals fand ich aus Colombia, 
Ecuador, Guiana oder Amazonia derartig gefärbte Individuen und 
anderseits in den „Trinidad- oder Orinoco-Sammlungen“ niemals 
so rötlichbraune wie phaeopygus. Da mir von letzterem Beleg- 
stücke aus den verschiedensten Monaten vorlagen, halte ich es für 
ausgeschlossen, dass die östlichen, olivenfarbigen Vögel bloss eine 
Färbungsphase derselben darstellen. Wenn auch die Unterschiede 
nicht bedeutend sind, jedenfalls scheinen sie constant zu sein und 
rechtfertigen eine besondere Benennung. Nach Graf Berlepsch’s 
Mitteilung soll Seebohms Typus von Tobago viel grössere Dimen- 
sionen besitzen als die oben erwähnten Vögel aus den „Trinidad- 
oder Orinoco-Collectionen“, dagegen authentische Tobago-Stücke 
in Comte Dalmas Sammlung von denselben nicht verschieden sein. 


1) Vergl. Anm. 3 im Nachtrage. 

2) Die Oberseite erscheint übrigens auch individuell stark zu va- 
riieren, da z. B. von vier Vögeln aus dem Monate December (Brit. Guyana, 
Rio Negro, $2 Borba) jeder einen andern Ton aufweist. 


Da 


Revision einiger neotropischen Turdidae, 65 


T. p. minusculus, dessen Untersuchung mir die Freundlich- 
keit Mr. Outram Bangs’ ermöglichte, stimmt in der Rückenfarbe 
mit phaeopygoides überein. Die beideu (32), mir vorliegenden 
Stücke (März) sind viel mehr oliv und weniger rötlich typischen 
phaeopygus gegenüber, sodass ihre Sonderung wohl berechtigt ist. 
Unterseite scheint heller schiefergrau zu sein als bei den ver- 
wandten Formen, das Weiss ganz beschränkt auf Steiss und 
Unterschwanzdecken. Achselfedern und Unterflügeldecken heller 
und mit mehr Weiss. Mit phaeopygoides, dem sie entschieden 
näher stehen, dürften sie kaum zu vereinigen sein, und unter- 
scheiden sich durch mehr grünlich olivenfarbige Schwingensäume 
und kürzere Flügel.) 

Die Verbreitung der unterscheidbaren Formen würde sich 
demnach folgendermassen gestalten: 


1. T. phaeopygus Cab. 

| Guyana (Cayenne, Demerara, Roraima, Bartica Grove, Cama- 
cusa, Merum& Mts.; Maroni River); Amazonia (Parä, Rio Negro, 
[Wallace, Natterer], Chyavetas, Chamicuros, Iquitos, Rio Madeira 
[Borba], den Rio Madeira entlang bis Ost-Bolivien [Rusby]); 
Ecuador (Sarayacu [Buckley], Matos [Fraser; Mus. Heinean.], 
Zamora, Rio Santiago |Festa]; Nordostperu (Guayabamba [Baron]); 
Colombia (Bogotä-Coll.; Rio Putumayo, Cuembe [Hopke; Mus. 
v. Berlepsch.]). 


2. T. phaeopygus spodiolaemus Berl. u. Stolzm. 
Central-Peru (La Gloria, Chanchamayo). 


3. T. phaeopygus minusculus (Bangs). 
Sierra Nevada de Santa Marta (N.-O.-Colombia). 


4. T. phaceopygus phaeopygoides Seeb. 
„Irinidad- od. Orinoco-“Coll., Tobago. 


VI. TI. fumigatus Leht. 

Die mir vorliegende Suite stammt aus den Monaten Mai 
bis December und weist nicht unerhebliche Differenzen auf, die 
indessen nicht ausschliesslich durch die verschiedene Jahreszeit 
_ bedingt zu sein scheinen. 


1) Siehe Anm. 4 im Nachtrage. 
Journ, f. Orn. L. Jahrz. Januar 1902. 


ot 


66 C. E. Hellmayr: 


Am dunkelsten sind die sog. „Bahia“-Bälge, kaum heller 
ein Exemplar von Camacusa, Brit. Guyana (Mai), Mus. v. Ber- 
lepsch, No. 8567. Auffallend licht erscheinen die Vögel aus den 
„Trinidad- oder Orinoco-Koll.“ sowie ein authentisches Stück von 
Trinidad gefärbt. Von einer subspecifischen Sonderung derselben 
muss aber abgesehen werden, da die von Natterer gesammelte 
Reihe eine solche nicht rechtfertigen würde. Es liegen Exemplare 
von Borba, Rio Madeira (Juni, August), Mattogrosso [Rio Gua- 
pore und Säo Vicente] (Juli, September, December) sowie von 
Obidos (August) vor: die vom September und December sind 
oberseits lange nicht so rostbraun, sondern mehr graulich, 
besonders auf dem Kopfe, auch unterseits viel heller und etwas 
mehr oliv. 

Die „Trinidad‘“-bälge sind auf dem Rücken viel heller und 
weniger rostbraun, auch unterseits blasser und mehr gelblich als 
die Augustvögel von Borba, unterscheiden sich dagegen wenig 
von dem Exemplare aus Obidos (August). 

Wenn wir auch von einer Trennung vorläufig absehen müssen, 
lässt sich die Thatsache nicht verkennen, dass die Farben nach 
Süden (Bahia) dunkler werden, andrerseits die nördlichsten 
Exemplare (Trinidad- und Orinoco) am blassesten sind. 

Seebohm (Cat. B. V.) bemerkt, dass intermediäre Stücke 
zu T. hauxzwelli im Amazonasgebiete vorkämen. Meine fumigatus 
aus Mattogrosso, Borba und Obidos sind aber grundverschieden 
und können mit der Art Lawrences nicht verwechseit werden. 
Selbst die dunklen Bahiavögel sind stets leicht von hauzxwelli 
zu trennen. 


VII. T. flavipes Vieill. 


Sharpe trennte (Seebohm, Monogr, II. p. 87) ein Z von 
Trinidad als besondere Art (sic!) und giebt als bezeichnende 
Merkmale an, dass sich die schwarze Färbung über den Mantel 
erstreckt und auch auf der Unterseite viel weiter ausgedehnt ist, 
so dass nur die Flanken schiefergrau erscheinen, mit etwas 
schwärzlicher Beimischung; Unterschwanzdecken schiefergrau, 
mit schwarzen Spitzen, Achselfedern und Unterflügeldecken 
schwarz, erstere an der Basis schiefergrau. Alle diese Charaktere 
zeigt auch ein g, von Natterer (17. Apr.) bei Ytarar& in Süd- 
Brasilien gesammelt, ja die schwarze Färbung ist unterseits noch 
mehr entwickelt, so dass die Bauchseiten nur Spuren von Grau 


Revision einiger neotropischen Turdidae. 67 


zeigen. Dieses Exemplar ist zweifellos nichts anderes als ein 
sehr altes Exemplar von T. flavipes. Zwei $g ad. aus „Trinidad- 
oder Orinoco-Sammlungen“ unterscheiden sich dagegen absolut 
nicht von meiner Serie aus Merida (Venezuela) und ich betrachte 
daher Sharpes M. melanopleura als Synonym von ZT. flavipes vene- 
zuelensis Sharpe. 

Auch M. polionota (Roraima) hat keinen Anspruch auf 
Selbständigkeit als Subspecies, denn nur von einer solchen 
könnte in diesem Falle die Rede sein. Ein & von Roraima 
weicht in keiner Beziehung von Venezuela-Vögeln ab, was auch 
mit Sharpes Angabe übereinstimmt, dagegen soll das 2 dunklere 
Achselfedern besitzen. Bei den Drosseln ist kein Theil des Ge- 
fieders so variabel als gerade die Unterseite des Flügels (z. B. 
bei 7. cardis kommen alle Abstufungen von Dunkelschiefergrau 
bis Tieforange vor) und dieser Charakter allein kann gewiss nicht 
einmal für subspecifische Trennung verwendet werden. Zudem 
lässt sich die Roraima-Form nicht einmal geographisch abgrenzen; 
denn, wieschon Sharpe erwähnt, stimmtauch ein des TringMuseums, 
Merida (April; Mocquerys leg.), woher mir eine hübsche Suite 
typischer veneguelensis vorliegt, ganz zur Diagnose der M. polio- 
nota. Somit betrachte ich auch diese Art als Synonym der 
nördlichen Form. 

Selbst die nördliche (7. flavepes venezuelensis (Sharpe)) und 
südliche Form (7. flavipes flavipes Vieill.) sind schwer zu sondern, 
überhaupt bloss im weiblichen Geschlechte zu unterscheiden. Das 
von Seebohm und den älteren Autoren fürvenezuelensis Z in Anspruch 
genommene Kennzeichen, dass sich das Schwarz bis über die 
Bauchmitte erstrecke, ist nicht dieser Form allein eigentümlich, steht 
vielmehr mit dem Alter in Zusammenhang und kommt bei sehr 
alten $5 beider Formen vor. 

Das von Sharpe angegebene Merkmal, dass der Bauch bei 
venezuelensis Q stets grau sei, scheint nicht ganz constant zu sein, 
wenigstens ist ein @ von Merida (Mus. v. Berlepsch) in dieser 
Hinsicht gar nicht von Rio-Vögeln verschieden. 

Als einzigen, anscheinend immer verlässlichen Charakter 
finde ich bei südlichen Vögeln die Oberseite dunkler, mehr braun, 
bei nördlichen mehr grau mit etwas olivenfarbigem Tone, merklich 
heller als bei jenen. Ob diese Differenzen aber nicht bloss durch 
_ die Jahreszeit bedingt sind, muss vorläufig unentschieden bleiben, 
da mir vollständige Reihen beider Formen aus verschiedenen 

by 


68 C. E. Hellmayr: 


Monaten noch fehlen. Bis dahin mögen flavipes und venezuelensis 
subspecifisch gesondert werden. 

a. T. flavipes flavipes Vieill. Küstengebiet Brasiliens von 
Bahia bis Rio grande do Sul. 

b. T. flavipes venezuelensis (Sharpe) Venezuela (Merida, Cu- 
mana; Orinoco-Collectionen), Britisch Guyana (Roraima), Trinidad. 


IX. T. fuscater D’Orb. und Lafr. 


Sharpe (Monogr. Turd. I. 1900, p. 55) erwähnt zwar die 
Unterschiede, welche zwischen den Vögeln von Mendoza und 
denen des inneren Argentinien (Catamarca, Cordova) bestehen, 
hält sie aber nicht der Beachtung wert. Letztere sollen kürzeren 
Schnabel und in der Hauptsache graue Färbung besitzen im 
Vergleich mit den schwarzen, langschnäbligen Vögeln von Men- 
doza. Mir lagen leider Belegstücke aus dem innern Argentinien 
nicht vor, doch scheinen dieselben nach Sharpes Bemerkungen 
in der Schnabellänge mit meinen Vögeln von Tucuman und Bo- 
livia übereinzustimmen. Übrigens möchte ich auf die angeblich 
sraue Färbung der Bewohner des inneren Argentiniens nicht viel 
Gewicht legen, weil die @@ und jüngeren Vögel meiner grossen 
Serie aus Valle grande (Ost-Bolivia) entschieden heller und grauer 
sind als die 33 ad., gleichzeitig muss aber erwähnt werden, 
dass die Exemplare von La Paz und Sandillani (West-Bolivia) 
im Allgemeinen den östlichen gegenüber entschieden schwärzlicher 
erscheinen. Die Stücke von Tucuman unterscheiden sich nicht 
von denen aus Ostbolivien. Aus dem centralen Bolivia liegt mir 
nur ein & juv. (Chuquisaca, Behn leg.) vor, weshalb ich über die 
dort vorkommenden Vögel kein definitives Urteil abgeben kann. 

Die Vögel von Mendoza weichen so auffallend in der Schna- 
bellänge ab, dass ihre Abtrennung gerechtfertigt ist. 


—Turdus fuscater amoenus subsp. nov. 


Ähnlich 7. fuscater (auct.) von Ost-Bolivia, aber mit viel län- 
gerem und stärkerem, an den Rändern bisweilen deutlich ge- 
zähneltem Schnabel, 32— 36 mm. 

Typen: 92 juv. Mendoza, Mus. Berlin. 

Ich verwende Dr. P. Leverkühns Manuscript-Namen für 
diese kenntliche Form, auf die mich auch Graf von Berlepsch 
besonders aufmerksam machte. 


Revision einiger neotropischen Turdidae. 69 


Es ist übrigens noch sehr die Frage, ob die oben erwähnten 
Vögel von Bolivia wirklich mit dem T. fuscater D’Orb. u. Lafr. 
identisch sind oder ob sich dieser Name nicht eher aufdie 
bolivianische Form des T. gigas bezieht, wie man aus der 
Originalbeschreibung schliessen könnte (Mag. Zool. 1837, p. 16) 
Diese Frage kann nur durch Untersuchung des Typus im Pariser 
Museum endgültig gelöst werden; weitere Mitteilungen über die 
T. gigas-fuscater- chiguanco-Gruppe behalte ich mir für spätere 
Zeit vor. 


Nachtrag. 


1) Ich untersuchte folgende Exemplare: 1. $ Aug. Babahoyo (Fraser), 
Mus. Hein. 2. 5 Chimbo, 25. IX. (Stolzmann), Mus. Branicki (Typus!) 
3. d EI Placer, 24. Febr. (Siemiradzki), Mus. v. Berlepsch (Typus!) 
4. © Chimbo, Sept. (Siemiradzki), Mus. v. Berlepsch. 5. No. 30650, 
Westecuador, Mus. Berolin. 6. W. Ecuador (von der Stella Matutina in 
Feldberg), Mus. v. Berlepsch. 7. Guayaquil (Savanna), $ August (Festa) 
Mus. Turin. — Nach Harterts briefl. Mitteilung zeigen auch die beiden 
von Rosenberg bei Chimbo erlegten Vögel übereinstimmende Schnabelfärbung. 

2) Seither konnte ich ein @ von 7. leucops untersuchen und habe 
nunmehr sehr wenig Zweifel, dass 7. brunneus Lawr. einfach ein sehr 
altes $ von T. „leucomelas‘ bezeichnet. 

3) Sollte die columbische Form dennoch zu trennen sein, so müsste 
sie einen andern Namen erhalten, da die Bezeichnung saturatus von 
Cabanis bereits früher für eine afrikanische Drossel verwendet worden ist. 
(J. f. Orn. 1882 p. 320). 

4) Eine nochmalige Prüfung des Materials von 7. phaeopygus 
ergab folgendes Resultat. 

Am dunkelsten rotbraun sind die Vögel von S.-O.-Columbien (Rio 
Putumayo), Ostecuador (Sarayacu und Zamora) und vom oberen Rio Negro 
(Castanbeiro und Marabitanas), ein wenig heller die von Bogotä, Borba, 
Parä, Guyana und Cayenne. Doch zeigt ein Bogotä-balg fast ebenso 
dunklen Rücken wie die Stücke vom Rio Negro, und einer von Brit. 
Guyana, wo die Färbung in der Regel ein wenig mehr oliv ist, stimmt 
wieder ganz mit solchen von Bogotä überein. Saturatus ist also jeden- 
falls mit phaeopyyus zu vereinigen. Die Santa Marta-Form minusculus 
stimmt in der Grösse mit kleinen Exemplaren der typischen Form überein, 
hat aber grünlich olivenbraunen Rücken wie phaeopygoides ex „Trinidad- 
oder Orinoco“, der sich jedoch durch wesentlich längere Flügel hinlänglich 
unterscheidet. Spodiolaemus wurde bereits oben genügend gekennzeichnet. 

T. phaeopygus phaeopygus: Fl. 100-- 108 mm. Oberseite mehr 
oder weniger rotbraun. 

T. phaeopygus minusculus: Fl. 100 mm. Oberseite grünlich 
olivenbraun. 

T. phaeopygus phaeopygoides: Fl. 107—115 mm. Oberseite 
grünlich olivenbraun. 


70 


 Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 
Von W. Schuster. 


Die Mehrzahl der Vögel besitzt eine Schutzfärbung. Braun 
wie das abgefallene Buchen- und Eichenlaub und grau wie die 
glatten, blattlosen Stengel der vielrutigen Ziergebüsche ist das 
Röckchen der Nachtigall und des Sprossers. Das Rotkehlchen 
gleich bis auf den roten Brustfleck der düsteren Farbe des Wald- 
bodens vollständig. Dem schattigen Dunkel der dichten Schwarz- 
dornhecken entspricht das graue Kleidchen der Grasmücken, dem 
grünen Blätterdach der Laubbäume das lichte der Laubvögel. 
Das Lerchengefieder hat die Farbe des Ackerbodens oder des 
Haidelandes. Die Rohrsänger tragen allesamt die mattgelben 
oder auen mattgrünen Farben der Rohrstengel, geziert zwar zum 
Teil mit recht hellen oder dunklen Längsstreifen, was überaus 
hübsch den Sonnenstreifchen, den Lichtkringen und Halm-Schlag- 
schatten, die sich im Rohrwalde geltend machen, entspricht. 
Ebenso passt das dunkel graugrüne Gefieder des Baum- und Wie- 
senpiepers mit seinen länglichen Schaftstrichen, Spritzen und 
Fleckchen in Braun, Mattgelb und Schwarz zu den: schier ebenso 
verschieden und mannigfach gefärbten Grashälmchen der Wald- 
wiesen, während der Brachpieper und noch mehr der Wasserpie- 
per mit dem unscheinbaren Graubraun der hochliegenden trost- 
losen Ödländereien und unwirtlichen Geröllstätten (an stillen Ge- 
birgswassern) bedacht worden sind. Das Kleidchen des ‚‚Schnerz“ 
stimmt in der Farbe ebenso mit den Holzzäunen, Reisighaufen und 
Felssteinen überein, wie das der Baumklette mit der Rinde der 
Baumstämme, an denen sie hinaufklettert. Wie sehr harmoniert 
das Kleid des grauen Fliegenschnäppers mit den graubemoosten 
Ästen seines Jagdrevierst) oder den an Wohnhäusern, Scheuern 
und Schuppen vorspringenden Balkenknäufen, auf denen er für 
gewöhnlich sein Nest anlegt! Die Spechte haben für ihren mit 
mannigfachen Lichtreflexen spielenden Wald rote, schwarze und 
weisse Farben; aber fast scheint es so, als ob der Ameisenspecht 
deshalb die grünliche Färbung trage, weil er den grösseren Teil 
seines Lebens an den Erdhügelchen auf saftigen Rasenflächen zu- 
bringt. Die gemeine Nachtschwalbe sieht einem Stück Rinde 


1) Es genüge ein Hinweis auf das gute Bild in Robert’s „Gefie- 
derte Freunde“, wo dieser Umstand sehr schön zur Anschauung gebracht ist! 


Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 71 


täuschend ähnlich. Der bläulichweisse Federschmuck der Silber- 
möve gleicht so sehr den weissflockigen Wasserteilchen, dass je- 
des Menschen- und Falkenauge sie auf einer grossen Wasserflä- 
che von weitem zunächst für ein leichtes Schaumwellchen nehmen 
muss. Die verschiedenen Arten der Sumpfschnepfen nennen die 
schwarz, braun und gelb gestrichelte Zeichnung des sumpfigen 
Moorbodens ihr Eigen; solches gilt auch in parallelem Verhält- 
nis von der Waldschnepfe, die, in das Waldlaub gedrückt, dem 
geübten Jäger bekanntlich nur durch ihr grosses Augenpaar auf- 
fällig wird. Das Obergewand des Sandhuhns ist in der Färbung 
der Grassteppe angepasst. — 

Alle Vögel, die eine -- mehr oder minder — grosse 
Schutzfärbung haben, machen Gebrauch von ihr, einige, bei 
denen die Schutzfärbung besonders genau mit dem Aussehen 
ihres Aufenthaltsortes übereinstimmt, in sehr ergiebiger und 
deutlicher Weise. Um nur einige Fälle anzuführen: Die „Kraut- 
spatzen“ d. s. die fast durchweg erdbraun gefärbten Weibchen 
samt den farblosen Jungen des gemeinen Hänflings sowie die 
Männchen und Weibchen des im Herbst zu uns kommenden Berg- 
hänflings, sonst allesamt scheue, flüchtige Vögel, halten, wenn 
sie sich im Oktober und November auf den Äckern zwischen den 
grossen Krautköpfen oder auf dem Feld zwischen den Frucht- 
stoppeln umhertreiben, solange aus, bis ihnen der Bauer auf 
zwei, drei Schritte genaht ist. Das Rephuhn drückt sich, sobald 
es nur irgend ein feindliches Wesen eräugt hat, zwischen die 
Erdschollen, was ihm in der That so gut gelingt, dass es nur 
von der Spürnase eines guten Vorstehhundes aufgefunden oder 
dem scharfen Auge eines Hühnerhabichts entdeckt werden kann. 
Die brütende Wachtel wagt es, unglaublich lange auf dem Neste 
sitzen zu bleiben, sodass sie eher zertreten als von dem nach 
ihr Suchenden aufgefunden wird. Und dem unerfahrenen Schnepfen- 
jäger kommt das langgezogene ‚„rätsch“ des direkt vor seinen 
Füssen aufstehenden Langschnabels ebenso plötzlich und uner- 
wartet wie dem Jüngling, der zum ersten Mal auf die Entenjagd 
geht, das mit lebhaftem Schnattern verbundene Aufsausen eines 
Stockentenweibchens aus der sumpfiggrauen Einfassung eines 
Wassertümpels, der gerade vor dem Nimrodsenkel liegt. Die 
Zwergtrappe auf dem Nest im hohen Kleefeld wird durch das 
erdfarbene Federkleid des Oberkörpers geschützt und „man kann 
getrost das ganze Feldstück kreuz und quer durchgehen, obne 


72 W. Schuster: 


dass sie sich stören lässt“ (W. Thienemann). Der Wiedehopf 
wirft sich, wenn ein grösserer Vogel über ihn hinfliegt, platt auf 
den Boden, breitet Flügel und Schwanz aus, biegt den Kopf 
zurück und richtet den Schnabel senkrecht empor — da liegt 
nichts anderes als ein Häufchen verfärbter Blätter oder ein 
bunter Lappen! 

Nun die Frage: Ist sich der Vogel der Schutzfärbung bewusst ? 

Ich sage: Nein! Ich halte dafür, dass der Vogel: unwill- 
kürlich so handelt und handeln muss, wie er handelt, dass er zwar 
in dem Verhalten, das ihm die Natur vorschreibt, in der Stellung, 
die er einzunehmen einen Zwang in sich fühlt, in der Pose, in 
der er sich geben muss, sich sicher fühlt, — er also schon a priori 
ein Gefühl der Sicherheit hat, in welchem er dann gewiss durch 
die Erfahrung bestärkt wird —, dass er aber den letzten wahren 
Grund und die letzte Ursache nicht kennt, welche ihm in der 
That eben diese Sicherheit ermöglichen und verbürgen. Und 
dies scheint mir aus verschiedenen Gründen sich zu ergeben. 

Zunächst müsste sich ein Vogel, etwa die kleine Rohrdrommel, 
in Fällen, wo sie „sich drückt“, sagen: drüben dein Feind — er 
wird herüberschauen — und etwas auffällig gefärbtes bemerken 
— dein Kleid ist braun, die Farbe des Rohres ist auch braun: 
Also musst du dich in’s Rohr ducken, damit du übersehen wirst 
[N. B. dazu käme noch: -- aber auch regen und rühren darfst 
du dich nicht, denn was lebt und sich bewegt, bemerkt man 
auch leicht]; oder in anderen Fällen — denken wir an die 
grosse Sumpfschnepfe — hiesse es gar: das Sumpfgras hier ist 
grau und grün, dort schimmert ein roströtliches, hier ein gelb- 
liches, hier ein erbleichtes weisses vom vorigen Jahre ..., 
aber gerade so ist ja auch dein Gefieder gestreift und gestrichelt 
und geschäftet, braun und weiss und gelblich, und hier die 
schwarzen Längslinien auf dem Gefieder entsprechen auch den 
gleichen Farbentönen, die sich da und dort aus dem Gras stehlen, 
also immer nur fest angedrückt und ruhig Blut! — Diese logi- 
sche Gedankenkombination scheint mir bei dem Vogel schlechter- 
dings unmöglich. Dieses schiaue Rechnen würde einem Menschen 
Ehre machen; bei einem Vogel aber wäre es wunderbar. Wenn 
aber je Wunderbares von Vögeln berichtet wurde, so waren doch 
eigentlich Forscher wie der alte Naumann, Lenz, Friderich u. a. 
so ehrlich, von Ortssinn, Gedächtnis, allenfalls auch Anhänglich- 
keit und ähnlichem mehr, zu sprechen, nicht aber von vernunft- 


Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 73 


gemässer logischer Berechnung. Die Erzählung von dem klugen 
durstigen Raben, der die Flasche mit Steinchen anfüllte, ist ja 
recht schön, aber sie ist doch nur Sage und Fabel. Und so 
einerseits dürfte es mit allen Stückchen sein, die da und dort 
zum Beweise der wunderbaren Vogellogik aufgetischt werden, 
oder aber, sie beruhen auf einer einfachen Zusammenstellung 
oder geordneten Anwendung von Erfahrungsthatsachen, die an sich 
jede weitere logische Kombination vermissen lassen. Und dann 
habe ich bei dem Verfolgen des vermeintlichen Gedankenganges 
im Vogelhirn noch andere weniger gewichtige Dinge ausser Acht 
gelassen. Wer hat schon jemals einen Vogel sein Gefieder auf 
seine Farben hin ansehen oder prüfen gesehen? [Es müsste 
dies ja oft genug bei flüchtenden und dann sich drückenden Rep- 
hühnern zu beobachten sein, geschehe es auch von diesen nur 
vergleichshalber, un sich zu überzeugen, dass das Gelände, das 
sie in eilendem Laufe erreicht haben, so ziemlich übereinstimme 
mit der Rückenfärbung und geeignet sei, um sich darauf mit 
Erfolg drücken zu können]. Oder wer will behaupten, dass das 
.Vogelauge dieselben Farbenempfindungen habe, wie das mensch- 
liche, dass ihm auch wie diesem „braun‘‘ braun vorkomme und 
„grau“ grau, dass ihm ein gebleichtes Hälmchen „hell“ schimmere, 
oder dass ihm die Farbe des einen Körpers gleich der mehr 
oder minder Ähnlichen eines anderen scheine, dass ihm also — 
um es an der Hand des Beispieles zu erläutern — die braune 
Pigmentfarbe der Federn so scheine wie die im Grunde doch 
ganz anders fundierte braune Farbe des Rohres? Mit demselben 
Recht könnte man behaupten, das Auge des Vogels habe gar 
keine Farbenempfindungen — es sehe nur körperlich!) — oder 
es sei für gewisse Farben blind oder es sehe schwächer oder aber 
stärker als das des Menschen, sodass es im letzteren Falle 
feinere Empfindungen habe für Farben (und Formen) und also 
senauere Unterschiede mache zwischen Farbe und Farbe Und 
wer glaubt etwa, der Vogel, der noch nie mit menschlichen Augen 
geschaut hat, könne sagen: Bah, der Mensch mit seinem so wenig, 
scharfen und noch weniger geübten Auge wird über das Rohr 
und dich hinwegsehen!? [Das soll sich ein Vogel sagen, der es 
selbst an und für sich aus seiner täglichen Praxis ganz anders 


1) Dies ist ganz unmöglich; man denke an die gemalten Trauben 
des Phidias, die von Sperlingen angepickt wurden! 


74 W. Schuster: 


wissen müsste, da er ja vermöge seines scharfen Gesichtes alle 
die kleinen Käfer, die ihrerseits wieder durch Schutzfärbung | 
gedeckt sind, auffindet]. Ebensogut müssten die Nesselraupen, 
die auch noch nie in menschliche Haut stachen, bei sich denken, 
wenn sie mit ihren Brennhaaren die nach ihnen ausgestreckten 
Hände verwunden: Der Saft in unseren Haaren wirkt auf die 
menschliche Haut ätzend. — Quod non! | 


Zum Zweiten führe ich ein Analogon in’s Feld. In jedem 
Reiche der Tierwelt, der niederen und höheren, besitzen viele 
Arten eine Schutzfärbung. Das dunkle Habitchen der Bachforelle 
mit den vielen goldenen und roten Punkten passt ebensogut zu 
dem steinigen Grund und den hellglitzernden Kieselstückchen 
der Berggewässer wie das intensiv grüne des Laubfroches zu dem 
breiten Schirlingsblatt, auf dem der Wetterprophet auch schier 
erstaunlich lange aushält (berührt aber von der Hand, giebt er 
schleunigst Fersengeld). Die Flundern erscheinen in der Farbe 
des Meersandes. Die Mäuse haben mehr oder minder erdgraue 
Farben, die kleinen Schlangenarten vielfach die mehr gescheckte 
der Haide- und Bergpflanzen. Die Blattkäfer zum grössten Teil 
und etliche Rüsselkäfer sind mit der grünen Farbe ihrer Unter- 
lage geschmückt, mit der holzbraunen Farbe der Baumrinden viele 
Bockkäfer (vor allem die Zimmer- und Nadelholzböcke), die über- 
dies angesichts des Feindes ebenso instinktiv wie manche Vögel 
jegliche Bewegung vermeiden und beim Vorübergehen des Wanderers 
wie tote Zäpfchen an den Holzhaufen sitzen, besonders wenn die 
abendlichen Sonnenstrahlen durch den stillen Wald auf sie fallen. 
Erdfarbig sind die tagsüber am Boden verborgen lebenden Erd- 
raupen der Äugler (Satyridae), grün wie das Gras die Raupen 
der meisten Eulen (Zackeneule, Sägerand u. s. w.), grün auch 
wie die Blätter ihrer Futterpflanze ist die helle Varietät der 
Weinschwärmerraupen, !) während, wie es Weismann sehr gut her- 
ausgefunden hat, die Farbentöne der Totenkopfraupe, insbeson- 
dere das Blau, ganz hübsch dem Violett und Rot einer Nacht- 
schattenart, Solanum violaceum, ihrer häufigsten Futterpflanze 


1) Die schwarze Varietät fällt, sofern sie sich nicht am Tage ver- 
steckt hält, mehr in die Augen, was wieder — wenn es feststünde, dass 
diese Raupe die des Männchens ist — dazu zweckdienlich wäre, die Über- 
zahl der Männchen zu verhindern. 


Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 75 


im Süden, entspricht!). Anderseits teilen viele lichte Seitenstrei- 
fen grosse Raupen auf Laubbäumen (Kiefernschwärmer, Abend- 
pfauenauge, Pappelschwärmer, Taubenschwänzchen, auch z. B. 
Forleule, Feldulmeneule) die einfarbige Fläche ihres Leibes in 
seitliche schmale Felder ein mit derselben Wirkung der Blatt- 
rippen der Blätter „und die neben den Schrägstrichen herlaufenden 
Streifen stellen den Schlagschatten dazu dar“. Raupen wie die 
des Birken- und Holunderspanners — die erstere ist sogar ver- 
änderlich gefärbt, je nach der Futterpflanze — sehen aus wie 
dürre Ästchen. Die Raupen des roten Ordensbandes kommen 
am Morgen aus den Weidenwipfeln nieder und pressen sich über 
Tag an den gleichgefärbten Stamm an, auf gleiche Weise über- 
" wintern die Kupferglockraupen an den Schlehdornstämmchen. 
Die Puppe des Schillerfalters gleicht einem frischen Blatt an Farbe, 
‚die des Segelfalters einem verdorrten ; die Farben der Weisslings- 
und Zitronenvogelspuppen wirken wie die fahlbleichen eines 
gealterten Zaunpfahls oder einer schmutzigen Kalkwand. 
Viel mehr äbneln dieser noch die grossen weissen Motten. 
Die Tagschmetterlinge, besonders deutlich der Admiral, der 
Trauermantel, der Tagpfau, der kleine Fuchs u. a., klappen ihre 
gar prächtig gefärbten Flügel zusammen und zeigen nun die 
matten, falb-düsteren Farben ihrer gewöhnlichen Aufenthaltsorte, 
die Nachtschmetterlinge aber breiten wie ein schützendes Dach 
ihre meist traurig grauen Oberflügel über ihre herrlichen, oft 
entzückend schönen Farben und gleichen dann zum Täuschen 


2) Interessant ist auch ein Vergleich mit anderen Schwärmerraupen. 
Die Oleanderschwärmerraupe hat Schutzfärbung, die des Kiefernschwärmers 
desgleichen, doch hält sie sich auch in den dichten Kiefernbüscheln ver- 
steckt. Alle Weinschwärmerraupen haben den dunklen Augenfleck, den 
sie (beim ‚Trotzen“) durch Einziehen des Kopfes aufquellen lassen, als 
Schreckmittel gegen kleinere Feinde, die grossen Windigraupen halten sich 
am Tage an oder gar in der Erde verborgen und steigen des Nachts an 
ihre Futterpflanze hinauf. Die des Wolfsmilchschwärmers, die sich wie an- 
dere Sphingidenraupen (Kiefernschw. R.) durch Ausspritzen einer braunen 
Magenflüssigkeit gegen Schlupfwespen verteidigen, sind so ungemein 
zahlreich, dass ihre Art keines besonderen Schutzes bedarf. — Andere 
buntgefärbte Raupen, besonders die von Tagschmetterlingen, lassen sich 
bei Gefahr schnell zu Boden fallen. Am besten geschützt sind die Rau- 
pen, die im Rohr (Rohreulen) oder faulen Holz (Weidenbohrer, Glasflügler) 
leben und arbeiten. Wieder andere bleiben unbehelligt, weil sie von 
giftigen Pflanzen leben (dazu gehören auch wieder: Totenk.-R., Oleanderschw.- 
R., Wolfsmilchschw.-R.). 


76 W. Schuster: 


ähnlich den Rinden der Bäume, an denen sie tagsüber sitzen,, 
der Weidenbohrer, die Ordensbänder, das Abendpfauenauge der' 
alten knorrigen Rinde am Fusse ergrauter Weidenstämme, der' 
Schwammspinner den helleren Holzteilen ausgehöhlter oder halb 
abgestorbener Weiden, der dunkler abgetönte Tannenpfeil den. 
trübrötlichen, verjährten, am Rande abgesprungenen Schindeln 
an Kiefernstämmen, viele bespritzte und merlierte Eulen der' 
buntscheckig, oft recht farbenschön bemoosten Buchenrinde, der' 
mit kleinen, grauen Flechten förmlich übersäeten Rinde des) 
Vogelbeerbaums sowie derjenigen anderer Bäume — abgesehen 
aber freilich auch hier wieder von solchen Tieren, die mit recht, 
lebhaften und freudig frischen Oberflügelfarben erscheinen und 
etwa, wie die Bucheneule, die lebensfrohe Farbe eines jungen 
Buchenblattes tragen oder, wie die Waldeule, hellgrüne Baum- 
flechten nachahmen.!) — Alle diese Tiere nun sind sich der 
Schutzfärbung nicht bewusst. Das erhellt sogleich bei den Puppen, 
die ja alles Geisteslebens bar sind. Ferner: Die Schmetterlinge, 
besonders die in der Nacht fliegenden, die ja eigentlich am auf- 
fälligsten sich der Schutzfärbung bedienen, können, wie Altum 
richtig bemerkt, in ihrem ganzen Leben sich nicht ein einziges 
Mal auf den Rücken sehen, also auch garnicht wissen, wie sie 
gefärbt sind. Dasselbe muss von den Fischen gesagt werden. 
Was aber z. B. den Laubfrosch anbetrifft, so ist ja klar nach- 
gewiesen, dass er seine stechend grüne Farbe ändert in Bräunlich 
oder Schwärzlich, wenn er an einem weniger hellen, von der 
Sonne nicht beschienenen Orte aufbewahrt wird, dass aber dieser 
Farbenwechsel durchaus nicht von dem Willen des Tieres ab- 
hängig, sondern eine unwillkürliche, dem Tiere unbekannte, 
durch die äusseren Verhältnisse bedingte physiologische Funktion 
ist, indem der geringere Lichtreiz die Schicht der schwarzen 
Pigmentzellen, die über den nicht zusammziehbaren gelben liegen 
— welche beide zusammen die grüne Farbe geben —, sich aus- 
dehnen und stärker durchscheinen lässt.?2) Und so wie der 

1) Es sei verwiesen aufdas treffliche Bild „Mimikry“in BrehmsTierleben ! 

2) Man will beobachtet haben (s. „Zool. Gart.“ 1877, No. 1), 
dass die Licht- wie die Farbenstrablen indirekt durch die Augennerven 
des Laubfrosches auf die Pigmentzellen der Haut wirken, indem das 
Auge zuerst den Lichtreiz von der Umgebung empfinge und durch Re- 
flexbewegung des Nervus sympathicus unabhängig von dem Willen des 


betreffenden Tieres Zusammenziehung oder Ausdehnung des Pigments. 
bewirkt werde (vergl. das bek. Experiment mit dem Buxbaumstrauch !), 


Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 77 


Laubfrosch wissen alle genannten Tiere nichts von einer Schutz- 
färbung. — — Ich glaube nun einen analogen Schluss ziehen und 
sagen zu dürfen: Wenn diese nicht, dann auch die Vögel, die 
ihnen doch ganz gleich sich verhalten, nicht! 

Zu einer gleichen Schlussfolgerung kommt man, wenn man 
folgendes bedenkt: Die Nester, Eier und Jungen vieler Vögel 
weisen gleichfalls eine Schutzfärbung auf. Die Buchfinken- und 
Schwanzmeisennester haben genau dieselbe Farbe wie die Moose 
und Flechten an den Stämmen der Nistbäume;!) das Nest der 
Lerche gleicht auf’s Haar seiner nächsten Umgebung. Die Eier 
dieses Vogels entsprechen wieder in Farbe und Zeichnung ge- 
nau dem Nest. Die Eier der Strandläufer werden so leicht 
übersehen, weil sie in denselben Farbentönen gehalten sind wie 
ihre Unterlage, der Sand; aus dem gleichen Grunde findet man 
noch seltener die Eier der Nachtschwalbe auf. Was von den 
Eiern der Lerche gilt, gilt auch von ihren Jungen. Alle jungen 
Finken und Ammern, die jungen Grasmücken und Erdsänger, 
überhaupt fast alle jungen Vögel sind in ihrem meist grauen 
unscheinbaren Kleidchen wie das Nest (bezw. dessen Umgebung) 
gefärbt. Die jungen Vögel aber, denen ja die Schutzfärbung 
ihrer Sicherheit wegen von der gütigen Natur schon zu Teil 
wird, ehe sich noch ihr Geistesleben irgendwie entwickelt hat, 
können ebensowenig etwas von einer Schutzfärbung wissen wie die 
geistig toten Nester und Eier. Und wenn die Jungen nichts 
wissen, warum sollen es da die Alten? — Weiter: die Jungen, 
— die, wie feststeht, von einer Schutzfärbung nicht die geringste 
Ahnung haben können — verhalten sich auch genau ebenso wie 
die Alten. Die Jungen der Waidohreulen und Tagraubvögel, 
braun und grau gestrichelt, merliert und gewellt und so an 
Aussehen der aus einzelnen verschiedentlichen Reiserchen sich 
zusamınensetzenden Nestschicht gleich, drücken und ducken sich 
still und regungslos in das Nest, sobald der Kopf eines Menschen 
über dem Nestrand erscheint. Die jungen Grasmücken bleiben 
vor dem Menschen unbeweglich still im Nest sitzen, bis sich die 
Hand nach ihnen ausstreckt, wo sie alle zusammen mit einem 


1) Das Moos und Flechtwerk an den Nistbäumen selbst wird — 
auch aus wohlweislicher Anleitung durch den Instinkt — von den Vögeln 
zum Bau nicht benutzt, denn sonst würde das Moosnest zwischen den 
moosentblösten Ästen leicht sichtbar sein. 


18 W. Schuster: 


Mal bis auf das Nesthäkchen aus der engen alten Heimstätte:) 
fleuchen. Wenn kaum die eben aus den Eiern gekrochenen, 
hellbraunen Rephühnchen trocken geworden sind, ducken sie sichi) 
— wie ich wieder am 5. August 1991 zu beobachten Gelegen--" 
heit hatte —, sobald einer ihrer Erbfeinde, spec. homo, in ihre: 
Nähe kommt in das gleichgefärbte kurze Gras der unfruchtbarenı 
Wieshalden und lassen sich hier lieber von den Füssen der neu--) 
gierig Suchenden tottreten, als dass sie davonliefen oder nach! 
ihrer Mutter riefen. Aus all dem ziehe man das Fazit — es) 
besagt genug! 

Ferner schliesse ich aus dem Verhalten der erwachsenen Vögel 
selbst, sowohl aus dem der Vertreter einzelner bestimmter Vogel- 
arten wie aus dem beliebiger Individuen, aus dem der Vögel ! 
mit geringer sowohl wie anderseits mit starker Schutzfärbung. 
Was die Klasse der letztgenannten Gegensätze angeht, so ist es 
bei jenen (ger. Schutzf.) sogleich ersichtlich, dass sie nichts von 
einer Schutzfärbung wissen, bei diesen (starke Schutzf.) nicht so | 
leicht. Es wird z. B. niemand behaupten wollen, dass der Fitis- | 
laubvogel, wenn er im Blättergezweig nach Mücken jagt, oder 
der Zaunkönig, wenn er zwischen grossen Steinen, auf Reisighaufen 
und um die Zäune spielt, etwas von seiner Schutzfärbung | 
(die bei dem ersteren zum mindesten anbetracht der verschiedenen ' 
Lebensverhältnisse nur oberflächlich ist) wisse. So scheint es 
auch jedermann — hier wäre es sogar der Mensch, der nichts 
von einer Schutzfärbung wüsste! — selbstverständlich, dass die 
Mehlschwalbe auf dem Rücken schwarz und am Bauche weiss 
ist; aber wenn man näher zusieht, wird man auch hier die höchst 
weise Anordnung der Natur herausfinden: Die Rückenfarbe har- 
moniert im Allgemeinen mit dem dunklen Aussehen der Erdober- 
fläche, sodass das Vögelchen den Späherblicken der über ihm 
hinfliegenden Raubvögel leichter entzogen wird, !) die weisse Bauch- 
seite entspricht der hellen Farbe des Himmels, wodurch sich die 


1) Wenn es hier heisst: Eine Übereinstimmung nur „im Allge- 
meinen“, so muss dabei gesagt werden, dass die Natur in dieser Hin- 
sicht nie Vollkommenes geschaffen hat; sie hat keinem Tiere so vor- 
zügliche Schutzmittel gegeben, die ihm eine übernatürliche, relativ un- 
gesunde Vermehrung ermöglichen. Solches kann erst durch den ge- 
waltsamen Eingrif! des Menschen in die Natur bewirkt werden (Sperlinge). 
— Jeder Taubenwirt weiss, dass die Falken auf die weissen Tauben 
viel mehr stossen als auf die schwarzen. 


Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 79 


Schwalbe für die unter ihr sich aufhaltenden, oft genug nach ihr 
lauernden oder gar jagenden vier- und zweibeinigen Feinde we- 
niger deutlich vom Himmel abhebt.!) Der Waldkauz nimmt wie 
alle Baumeulen tagsüber Stand am Fussende eines starken Astes 
und drükt sich fest an den übereinstimmend gefärbten Stamm 
an. Auch hier wird niemand von einem bewussten Auswählen 
sprechen, zumal da die Eulenaugen, wie ich vermute, wenig 
Farbempfindungen und mithin also ihre geistig recht tief stehen- 
den Trägerinnen wenig Sinn für Farbenunterschiede haben. In 
noch höherem Masse gilt dies von dem geistesarmen Tagschläfer. 
Auch sein Handeln kann nur instinktiv genannt werden. Denn 
kein Tagschläfer wird, wenn er sich gegen Morgen müde auf die 
glatte blosse Erde, auf einen bemoosten Stein am Wege, einen 
niederen Baumstumpf oder an eine schattige Stelle zwischen Ge- 
strüpp und Haidekraut niederkauert, lange an feindliche Nach- 
stellungen denken. Und nicht eben anders, als gerade so, ist das 
Verhalten jedes sich drückenden Rephuhns, jeder festliegenden 
grossen und kleinen Sumpfschnepfe, nur dass diese Vögel sich 
momentan ducken und drücken, wenn das Bild eines feindlichen 
Wesens in die Dunkelkammer des Vogelauges fällt und in dem- 
selben Moment die Sehnerven die gemachte Wahrnehmung dem 
Nervenzentrum übermitteln, womit dieses zugleich ebenso un- 
willkürlich und augenblicklich von dem körperlichen Gesamt- 
organismus ein Ducken und Drücken verlangt, während die 
Vögel in der übrigen Zeit ihren notwendigen alltäglichen Ge- 
schäften nachgehen. — So das Verhalten der einzelnen Vogel- 
arten, im Verhältnis zu einander betrachtet! Gewichtiger noch 
sind die Beobachtungen, die man an beliebigen Individuen macht 
— und zwar derjenigen Arten, die besonders auffällig von der 
Schutzfärbung Gebrauch machen —, freilich sind sie auch viel 
schwieriger auszulegen. Denn man kann nicht leicht, wenn man 
ein einzelnes Tierchen aus der Zahl der übrigen heraus- und 
scharf auf’s Korn nimmt, mit Bestimmtheit sagen, dies verhält 
sich so und dies so. Aber eins scheint mir vor allem festzu- 
stehen: Jedes Individuum begiebt sich unverzüglich, ohne 
jegliche Überlegung, in demselben Moment, wo die Sehnerven 


1) Vom nordamerikanischen Hüttensänger sagt man, dass die blaue 
Farbe des Rückens die Bläue des Himmels wiederspiegele, das Braun 
der Brust aber die Farbe der Erde. 


80 W. Schuster: 


die Wahrnehmung eines feindlichen Bildes zum Gehirn über-- 
leiten, in die geschützte Lage. Ohne jegliche Überlegung — 
also rein instinktmässig! Vor kurzem noch beobachtete ich ein 
Rephühnchen, wie es vor dem Schützen davonlief, dann aufflog,, 
wieder einfiel und sich nun duckte und drückte, blitzschnell und! 
ebenso gewohnheitsmässig wie es lief und flog oder wie es sonstt 
frisst und schläft! Oder da ist in dem Feldgebüsch ein Rot-- 
kehlchen. Es sieht sich verfolgt, weil etliche Buben hier auf! 
der einen Seite des Gebüsches recht eifrig nach ihm in’s Busch-- 
werk gucken und auslugen, und darum hält es sich am anderenı 
Rand des Gebüsches. Und es ist von den diesseits Stehendenı 
schwer zu sehen, es wendet ihnen immer den farblosen Rücken 
zu und nicht die rote Brust [und es braucht ja, wenn es sich 
nach den Verfolgern umblicken will, das Köpfchen immer nur‘ 
ein wenig zu wenden] .. .. wie schlau und sachverständig von 
ihm! Warum handelt es so? Nun ganz einfach, weil es nachı 
der entgegengesetzten Seite hin entfliehen will und schon zum 
Abflug „auf dem Sprung bereit“ sitzt [resp. beim Hüpfen dies sein ı 
Vorhaben nicht ausser Acht lässt]. Im Grunde eines Spierstauden- 
busches sitzt ein Nachtigailennest.!) Nest und Rückenfarbe des ı 
brütenden Vogels gleichen vollkommen der braungrauen Rinden-- 
farbe der unzählig vielen Stauden. Der Busch wird oben aus-: 
einander gebogen, die Nachtigall legt den kopf halb um, schaut 
hinauf und verharrt in dieser Lage starr und regungslos. Das 
Menschenauge, auf Armes Länge ihr nahe, ruht auf ihr, sein 
Blitzen schreckt sie, der scharf musternde Blick von oben kreuzt 
sich mit ihrem Blick — bekanntlich für jeden auch nur wenigscheuen 
Vogel ein Anlass, Fersengeld zu geben -- und macht sie ganz 
ängstlich und zagend: Man merkt deutlich, wie sie fühlen müsse, 
dass der Gegner sie erkannt hat. Wenn sie sich nun mit Be- 
wusstsein, mit Erkenntnis und Berücksichtigung der Thatsachen, 
bis dahin steif und regungslos wie ein Klotz verhalten hätte, 
müsste sie sich jetzt sagen: Das Ducken hilft dir nichts mehr, 
du bist doch erkannt... nur fort, fort! Aber sie bleibt und 
harrt weiter aus: Denn sie duckt sich instinktiv, sie thut es, 


1) In diesen Büschen findet man für gewöhnlich die Nachtigallen- 
nester. Ich vermute fast, dass die Philomele nur mit diesem Strauch 
leben und sich daueınd ausbreiten kann. Vielleicht erklärt sich hieraus 
ihre grössere frühere Verbreitung. 


Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. &l 


weil ein unbewusster Zwang in ihr es so (wie es ja auch sonst 
wohl das Zweckmässigste ist!) befiehlt. Sie bleibt — bis die 
Hand näher kommt, sie zu fassen. Ich muss hier auch des un- 
zweideutigen Verhaltens einer Zwergrohrdommel Erwähnung 
thun: Ich ging an der Ill bei Strassburg längs eines schmalen 
Rohrstückes hin, nach den Nestern der hier häufigen Teichrohr- 
sänger und Rohrdrosseln suchend und ab und zu mit dem Stock 
in das Gebüsch schlagend.. Am Ende des Rohrstückes sehe ich 
einen strohgelben Lappen gerade vor mir im unteren Teile des 
Rohres, wo die Stengel auch schon eine gelbe Farbe angenommen 
hatten, hängen. Es ist ein „schwäbischer Rohrtump.“ Mit dem 
rechten Fuss steht er auf einem Strohhalm, mit den Zehen des 
linken, im Winkel gebogenen, hält er einen anderen Halm um- 
fasst. Er wendet mir die Brust zu; dies ist ganz natürlich und 
wird er in solchen Fällen immer thun, da er bei seinen „Ver- 
stellungen“ seine Gegner beobachten und im Auge behalten will, 
was er bei offener Frontstellung um so besser kann, als die Lage 
seiner Augen mehr nach unten zu bezw. nach vorn gerichtet ist 
als nach der Seite Er starrt mich unbeweglich an — nichts 
rührt und regt sich an ihm — ich fixiere ihn. So bleiben wir 
Auge in Auge, nur 1 m von einander entfernt, lange stehen, so 
lange — — bis der Vogel nicht mehr in seiner gezwungenen 
Stellung verharren kann. Aber diese ist auch vollständig un- 
geeignet, um aus ihr auf- und davonfliegen zu können. Da dreht 
sich die kleine Rohrdrommel — denn sie muss eine andere, zum 
Auffluge geeignetere Stellung annehmen — ganz langsam auf 
dem rechten Bein um ihre eigne Axe, wendet mir ein Stückchen 
vom Rücken zu, dann allmählich mehr und mehr von ihm, 
schliesslich die ganze Rückenfläche. Aber dieser Rücken ist — 
schieferschwarz (es ist ein altes Männchen) und hebt sich recht 
ordentlich von der gesamten Umgebung ab. Ja, wenn das die 


1) Ob übrigens die Schutzfärbung den Tieren in solchen Fällen 
grössere Vorteile verspricht als die schnelle Flucht den buntgefärbten, 
mag dahingestellt bleiben. Meines Erachtens werden die schutzgefärbten 
Tiere doch immer aufgefunden. Und es ist hier die parallele Erscheinung 
interessant, dass bei manchen Sphingidenarten die Raupen mit der alten 
Farbenanpassung-Grün durch die mit der neuen und besseren Färbung- 
Braun verdrängt werden, welch letztere die Gewohnheit haben, unter 
Stengeln und Blättern oder am Boden den Tag über ruhig zu sitzen 
(Weismann). 

Journ. f, Orn. L. Jahrg. Januar 1902, 6 


823 W. Schuster: 


kleine Rohrdrommel nur gewusst hätte! Aber sie wusste es 
nicht — denn auch sie hielt nur instinktiv aus und zeigte ihre 
strohgelbe Vorderseite nur instinktiv. — Es muss hier freilich 
auch gesagt werden, dass die Vögel wie alle anderen Tiere, wenn 
sie von der Schutzfärbung Gebrauch machen, in den meisten 
Fällen den richtigen Unter- oder Hintergrund treffen. Hase und 
Rebhuhn werden sich kaum je auf einer grünen Wiese zu drücken 
suchen. Die Fledermäuse hängen sich höchst selten einmal an 
eine weisse Kalkwand auf. Auch die rindenfarbigen Schmetterlinge 
setzen sich fast immer an die ihnen zugewiesenen Bäume, und 
wenn man sie schon einmal wo anders findet — wie ich z. B. 
auf einem Nachmittagsstreifzug schon von weitem zwei in der 
Begattung begriffene Exemplare der grossen, hellbräunlich-weissen 
Versicolora von dem fast schwarzen Stamm einer Linde sich 
scharf abheben sah —, so hat das meist besondere Gründe, wie 
Todesermattung oder in dem erwähnten Fall die Auslösung der 
geschlechtlichen Reize, welche die Tiere alles andere vergessen lässt. 
Aber diese Fähigkeit, den richtigen Grund zu treffen, halte ich 
für ganz gleichbedeutend mit jener ähnlichen unbewussten, die 
es den Schmetterlingen gelingen lässt, ihre Eier an die richtige 
Futterpflanze zu legen.!) 

Einen sehr, sehr deutlichen Beweis, dass der Vogel mit 
Schutzfärbung bei seinem Handeln nicht abwägt und berechnet, 
nicht denkt und beschliesst, liefern die Leucismen, besonders die 
der Rebhühner und Schnepfen, wie schon Altum treffend dar- 
gethan hat. Die verhältnismässig häufigen Individuen mit un- 
gewöhnlicher weisslichbrauner, hellgelblicher, halb oder gar ganz 
weisser Färbung stimmen nicht mehr mit ihrer Umgebung überein, 
stehen im Gegenteil im grössten Widerspruch zu ihr. Wenn 
nun die Vögel dächten und überlegten, müssten sich das unbedingt 
die anormal gefärbten Schnepfen und Rebhühner sagen und na- 
türlicherweise, anstatt sich zu drücken wie ihre Brüder und 


1) Es wird wohl niemand im Ernst glauben wollen, dass die 
Schmetterlinge noch aus der Raupenzeit die Futterpflanze kennen, da ja 
im Puppenzustand alles geistige Leben aufgehört hat, abgesehen davon, 
dass Raupen weiter gar kein Verständniss für Pflanzen haben. Eher 
könnte man schon annehmen, dass der Geruch, der ja bei diesen Tieren 
der entwickelste Sinn ist, einige Schmetterlingsarten bei der Auffindung 
leite. Es ist leicht zu beobachten, wie z. B. die Wespen sehr bald in 
einer Stube erscheinen, wenn ein Honigglas in ihr geöffnet worden ist; 
auch in abgelegenen Blumengärtchen erscheinen Nachtschmetterlinge. 


Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 83 


Schwestern, ihr Heil in der schleunigsten Flucht suchen — aber 
sie bleiben und ducken sich ebenso frisch wie ihre Brüder und 
Schwestern, weil sie ebensowenig Erwägungen und Berechnungen 
anstellen wie diese. Altum berichtet von weissen und semmel- 
gelben Waldschnepfen, die den Schützen bis in die nächste Nähe 
kommen liessen. Auch die weissgescheckten Schwarzamseln werden 
nicht ängstlicher thun oder mehr auf ihre Sicherheit bedacht sein 
als die schwarzen. Darum werden auch die Albinos so leicht und 
zu allererst jedem Feind der betr. Art zu Teil (ein Umstand, 
der ja auch mit Naturnotwendigkeit bedingt ist, da ein anormales 
Tier so schnell wie möglich aus einer geschlossenen Kette kon- 
stanter Naturbildungen ausgemerzt werden muss). 

Damit komme ich zu einem andern Punkt, zur Verfärbung 
der Alpen und Moorschneehühner. Ich meine: So wenig die 
Schneehühner die Verfärbung bewirken oder auch nur an ihr 
Teil haben, so wenig wissen sie von ihr. Denn einmal: Ist es 
ungeheuerlicher, dass die Natur den Vögeln das Vermögen ge- 
geben hat, sich ohne Kenntnis der Sachlage in ihrem jeweiligen 
schutzgefärbten Kleide zu ducken oder dass sie ihnen mit jeder 
neuen Jahreszeit fast im Voraus ein ganz neues, so erstaunlich 
zweckentsprechendes Kieid anlegt? Doch wohl letzteres. Dann 
redet auch hier das Verhalten der Vögel eine zu deutliche Sprache. 
Wenn nämlich einmal der Winter mit seinem Schnee ungewöhnlich 
lang ausbleibt, die Schneehühner aber schon ihr weisses Kleid 
angelegt haben (was sie immer um einen bestimmten Termin, 
nämlich die sonst normale Anfangszeit des Winters und Schnee- 
gestöbers, thun), so ducken auch sie sich, anstatt jetzt schnell 
zu fliehen, ‘auf der dunklen Erde wie sonst im graubraunen 
Kieide und gebrauchen also das weisse so, als ob ihm schon 
die weisse Unterlage, der Schnee, geboten wäre; umgekehrt miss- 
brauchen sie im zeitigen Lenz, wenn der Schnee alzu früh dahin- 
schmolz, das noch weisse Kleid auf dem schwarzen Boden: Sie 
wissen garnichts von einer Verfärbung, einem Farbenunterschied 
und einer Schutzfarbe! 

Hier also die Parole: Instinkt! Instinkt ist, in dem Sinne, 
wie ihn Darwin gebraucht, ein unbewusstes aber im Ganzen zweck- 
mässiges Handeln der Tiere. Seine Entstehung erkläre ich 
mir folgendermassen : In jener vielschöpfenden und vielschaffenden 
Zeit, als sich auch unsere heutigen Tierformen bildeten und 
entwickelten — es ist die Zeit, von der es im 1. Buch Mosis im‘ 

6* 


84 W. Schuster: 


1. Kapitel kurz heisst: Die Erde bringe hervor lebendige Tiere, 
ein jegliches nach seiner Art —, wurden diejenigen Vögel einer 
Art, deren Gefieder im Widerspruch stand zu dem gewöhnlichen 
Aufenthaltsort, mehr oder weniger ausgetilgt. Von den Gleich- 
gefärbten bemerkte diese oder jene Stammmutter dann und wann 
einmal durch den allergewöhnlichsten Zufall im täglichen Leben, 
dass sie in einer bestimmten Lage merkwürdigerweise von einem 
Feinde nicht angegriffen wurde. Diese rein äusserliche Wahr- 
nehmung prägte sie ihrem Gedächtnis ein — wie man dasselbe 
ja sehr leicht an gefangenen Dohlen, Elstern und anderen Vögeln 
beobachten kann — und handelte im ähnlichen Falle ähnlich, 
wenn auch noch ganz stümperhaft im Vergleich zu dem Benehmen 
ihrer Enkelkinder von heute. Von den Stammmüttern ward jenes 
bestimmte Verhalten auf die Kinder übertragen, indem diese 
einmal schon die Neigung und Anlagen dazu erbten — ganz so 
wie bei den Menschen!) —, dann aber auch das bestimmte Be- 
nehmen direkt ihren Alten absahen und ablernten; und schliesslich 
bildeten sie es für sich durch den täglichen Gebrauch weiter aus. 
Sie vererbten es aufihre Kinder und so ward allmählich bei der 
folgerichtigen Entwickelung der gesamten Natur, die unter der 
waltenden Hand Gottes steht, das, was zuerst Gewohnheit war, 
zu einem Erbstück, zu einer charakteristischen Eigenschaft einzelner 
Vogelgattungen. — Dies sind natürlich auch nur Hypothesen über 
die Entstehung und Art des Instinkts. Der ‚‚Instinkt“ hat nie 
und wird nie mit Bestimmtheit erklärt werden können; auch Noll 
und die Gebrüder Müller versuchten es vergebens. 2) 


ı) Es seien nur zwei mir bekannte Fälle angeführt! Die Söhne 
eines Architekten, der selbst viel gezeichnet hatte, zeichneten zierlicher 
und besser als alle ihre jeweiligen Mitschüler, obwohl in den älteren 
Familiengenerationen des Mannes durchaus kein Zeichentalent vorhanden 
war. — Ein Bäckermeister, namens Schreiner, besass das Geschick, sehr 
schöne Kunstschreinerarbeiten anzufertigen, obwohl er wie seine Väter 
sein Gewerbe immer schlicht und recht ausgeübt und das Schreinermetier 
nie besonders betrieben hatte; dass aber die Schreinerei einst in seiner 
Familie gang und gebe war und er also sein Geschick geerbt hatte, 
beweist sein Name, der im Mittelalter, als sich unsere heutigen Namen 
bildeten, von der Familie, wie so oft, nach dem Gewerbe angenommen wurde. 

2) Wenn die Gebrüder Müller für ‚‚Instinkt“ einzusetzen belieben 
„Wechselwirkung zwischen sensitiven und motorischen Nerven“, so ist 
das keine Erklärung, sondern nur ein anderer Ausdruck. Wenn z. B. 
die Jungen auf den Warnungsruf der Alten, den sie vielleicht bis dahin 


Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 85 


Sehr interessant ist es, vergleichshalber eine kurze Umschau 
zu halten, mit welchen anderen Schutzmitteln zur Erhaltung des 
Individuums wie der Art die Vögel, die keine oder nur geringe 
Schutzfärbung haben, ausgerüstet sind. Die Spechte haben die 
Gewohnheit, hinter die Bäume zu fliehen und sich immer auf der 
Rückseite derselben zu halten; im jungen lichten Laubholzschlägen 
(Birken z. B.) nehmen die Buntspechte mitunter Posto hinter 
einer Baumgabel und schauen, indem sie den roten Bauch ver- 
decken, mit Kopf und Brust da heraus wie ein Aststumpf (wobei 
ihnen wieder die weisslichgraue Astfarbe der Brust zu Statten 
kommt). Der Kleiber stellt sich mitunter, wie Wurm beobachtet 
hat, still und steif an einem Baumstamme auf wie ein alter Knorren. 
Die bunten Fasanen und Haselhühner verbergen sich in dem 
dichten niederen Buschwerk, die kleinen Trappen in Lupinen- und 
Esparsettefeldern, der Kiebitz im Gras der sumpfigen Heidewiesen 
und Moorgelände, das buntfarbige Teichhuhn, die Rallen und 
Rohrdommeln im Schilf und Röhricht. Vögel, die wegen ihrer 
Farben sehr auffallen, wie Pirole, Wiedehöpfe, Blauracken, Wasser- 
spechte, Mauerläufer, oder wegen ihrer Grösse, die oft noch 
durch hohe Stelzbeine ganz besonders zum Ausdrück gebracht 
wird, schon von weitem gesehen werden, wie Reiher, Kraniche, 
wilde Störche, sind sehr scheu und fliehen schon aus grosser 
Entfernung; desgleichen die Grosstrappen, die sich nur immer 
da aufhalten, wo sie sich frei und weit umsehen können, und die 
Saatgänse, die zur ihrer Sicherheit Wachen aufstellen. Der Vogel 
Strauss vertraut auf die Schnelligkeit seiner Füsse: Er läuft 
schneller als ein Pferd. Die Singdrosseln, Krammetsvögel und 
Weindrosseln sind weniger scheu als klug und aufmerksam: 
Wenn man sich im Frühjahre auf der kahlen Wiese an sie 
heranpirschen will und ihnen nachgeht, trippeln sie immer während 
der Suche und Aufnahme der Nahrung mit schnellen Schritten 
ein Stück weiter und sehen sorglich darauf, dass die Entfernung 


noch nie gehört haben, sich so verhalten, als kännten sie die nahende 
Gefahr, so werden hier durch die Lautäusserung der Mutter die sensitiven 
Gehörnerven erregt, diese leiten die Erregung nach dem Gehirn über und 
dieses heisst nun die motorischen Nerven sich in der angemessenen 
Weise zu bethätigen (die Muskeln des Vögelchens im Ruhezustand zu 
erhalten). Aber das ist ja gerade das Wunderbare, dass die motorischen 
Nerven durch Eindrücke, welche die sensitiven haben, beeinflusst werden, 
und zwar in der allerzweckmässigsten Weise, 


86 W. Schuster: Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 


zwischen ihnen und den Nachgehenden gleich gross bleibe Die 
Enten und taucherartige Vögel tauchen, um sich den ihnen 
geltenden Blicken Unberufener zu entziehen, und schwimmen 
unter Wasser ein Stück fort; so thut auch die Wasseramsel, 
wenn Gefahr vom schnellbeflügelten Falken droht. Gegen die 
Nachstellungen eben dieser, der schnellen Feinde aus dem eignen 
Tierreiche — ihrer grimmigsten Feinde! —, gab die Natur den 
einen der Befiederten einen reissend schnellen Flug (Schwalben, 
Segler, Tauben), den andern einen Zickzackflug (Schnepfen, Kiebitze), 
anderen einen Bogenflug (Bachstelzen), wieder andern das Ver- 
mögen, sich in die höchsten Luftregionen zu schwingen (Lerchen). 
Der Zaunkönig, zwar schutzgefärbt, aber klein und unbeholfen, 
verkriecht sich in der Not in Mauselöcher. Schlechte Flieger wie 
das Blaukehlchen halten sich im dichtesten Gestrüpp verborgen 
oder streifen wie die Meisen, Goldhähnchen, Baumläufer, Kleiber, 
und Kleinspechte in Scharen umher, um eher auf eine Gefahr 
aufmerksam zu werden. Die Stadtspatzen, die bunten Buchfinken 
der Anlagen, die Schwarzdrosseln in den lichten Hausgärten hat 
die Natur unter den Schutz des Menschen gestellt, desgleichen 
auch im Laufe der Zeiten den weissen Storch — dagegen sie 
seinen schwarzen Bruder einen ganz anderen Weg, fast möchte 

man von einem einseitigen Standpunkt aus sagen: einen Abweg, 
einschlagen liess —, ferner die sich sehr bemerklich machenden 
Stare, die zutraulichen Hausrotschwänzchen u. s. w., während 
andere Vögel, wie der Adler und Uhu, von der Natur mit furcht- 
baren Waffen ausgerüstet sind, um allen ihren Feinden, gelegentlich 
selbst dem Menschen, zu trotzen. Und doch hat eben wiederum 
diese Vögel wie die kleinen fluggewandten Räuber der beständige 
Kampf, den der Mensch zur Wahrung seiner Interessen mit ihnen 
führen musste, sehr scheu und vorsichtig gemacht; dasselbe gilt 
auch von anderen Vögeln, denen der Mensch immer nachstellte 
(Schwarzspecht, Waldhühner). Für die Erhaltung derjenigen 
Vögel, die zwar über keine besonderen Schutzmittel verfügen, aber 
sehr viele Feinde haben, wie dieMeisen, sorgt ihre starke Vermehrung. 


87 


Die Vogelsiedlung des Neusatzer Riedes in Ungarn. 
Von Robert Berge, Zwickau i. S. 


Der einst vom linken Ufer der unteren Theiss in der Nähe 
der Stadt Titel weit nach Osten und im Süden bis an die Donau 
reichende sogenannte ‚‚weisse Morast,“ dem u. a. Baldamus, 
welcher ihn 1847 besuchte, seine bekannte Schilderung lieh, ist 
entwässert und in Ackerland umgewandelt worden, und das 
„Liteler Ried,‘ das sich westlich der Theiss ausbreitete und etwa 
100 qkm umfasste, verfiel vor einigen Jahren demselben Schicksal. 
Denn über den marinen Niederschlagsschichten der Tertiärzeit 
ruhen in den Rieden, wie in der ungarischen Tiefebene überhaupt, 
diluviale und obenauf alluviale Ablagerungen, die nach dem Ver- 
schwinden des ehemaligen Meeres von den grossen Flussläufen 
als Zertrümmerungsprodukte aus den Gebirgen herabgeschwemmt 
wurden, zu bedeutender Mächtigkeit anstiegen und, in ihrer 
‚oberen Krume durch die abgestorbenen Reste der daraufwuchernden 
Pflanzendecke gesättigt, einen ausserordentlich fruchtbaren Kultur- 
boden abgeben. Mit diesen Trockenlegungen gingen natürlich 
auch die grossartigen Vogelsiedlungen unter, welche jene Gegenden 
auszeichneten. Unweit davon besitzt indes noch die donauauf- 
wärts gelegene Stadt Neusatz oder Ujvidek ein Ried von unge- 
fähr fünf Quadratkilometer Ausdehnung, in welches zu gelangen 
mir auf meiner im Sommer 1901 nach Ungarn unternommenen 
Reise, und zwar am 30. Juli möglich ward. Dasselbe befindet 
sich 6 Kilometer nördlich von Neusatz, steht mit einem Donau- 
arme, der sich unterhalb der Stadt von dem Hauptstrome links- 
seitig abzweigt, vermittels eines Kanals in Verbindung und stellt 
im wesentlichen einen vom Frühling bis zum Herbste unter Wasser 
gesetzten Rohrwald dar, in dessen westlichem Teile zwei Inseln 
liegen. Am südlichen Rande zieht sich Sumpfwaldung aus Eichen 
und Silberweiden hin, während die übrigen Grenzen an Felder 
stossen. Das Rohr (Arundo phragmitis) wird hier fingerdick, 
wächst zu 5 Meter empor und lässt nur Rohrkolben (Typha la- 
tifolia und angustifolia), sowie die Wasserschere (Stratiotes aloides) 
stellenweise in erheblicherer Menge aufsprossen, wogegen Spar- 
ganium, Glyceria, Salvinia natans u. s. w. sehr vereinzelt vor- 
kommen. Im Winter wird das Wasser nach der Donau abgelassen 
und das Rohr für die Zwecke praktischer Verwendung geschnitten. 
Herr Kornel Szlavi in Neusatz, Mitglied der Genossenschaft, 


88 Robert Berge: 


welche die Jagd in dem Riede gepachtet hat, besass die Güte, mir 
eine Fahrt in dasselbe bereitwilligst zu ermöglichen und die 
Führung zu übernehmen, um vor allen Dingen der in der Mitte 
vorhandenen, einen Flächenraum von 3—4 Hektar beanspruchen- 
den Vogelniederlassung einen Besuch abzustatten, welche Lie- 
benswürdigkeit um so dankbarer anzuerkennen war, als sich die 
zu bewältigenden Schwierigkeiten grade ganz besonders häuften. 
Denn einesteils hielt sich die Temperatur auf einer ungewöhn- 
lichen Höhe, das Thermometer zeigte schon längere Zeit vom 
Morgen bis zum Abend über 30° C im Schatten, und im Riede 
mangelte zudem eine Beschattung. Die am Eingange anwesenden 
Fischer schlugen die Teilnahme ab, weil sie es wegen der Hitze 
nicht wagten, ins Ried zu fahren, und wir mussten daher allein 
eindringen. Sodann bereitete der eingetretene niedrige Wasser- 
stand bedeutende Hindernisse, indem sich der Kahn auf grössere 
Strecken zwischen den weit hervorstarrenden, eng zusammenge- 
drängten, kräftigen Blattrosetten der Wasserschere, die sonst 
untergetaucht sind, und später ausser durch das Rohr zwischen 
Rohrstoppeln durchwinden musste, über welche er bei höherem 
Wasser ebenfalls hinweggeschwommen wäre. Etwa 150 Meter 
von der Kolonie vermochten wir ihn in dem dichten KRöhricht 
überhaupt nicht mehr fortzubringen und sahen uns genötigt, ihn 
zu verlassen, um das Ziel durchs Wasser watend zu gewinnen. 
41/, Stunde hatten wir schweisstriefend alle Kräfte angespannt, 
den nur einige Kilometer messenden Weg zurückzulegen, ein 
Beweis, mit welcher Erfahrung die Riedvögel für ihre Sicherheit 
gesorgt hatten, denn unzugängliche Wildnis scheint auch in Ungarn 
das stichhaltigste Mittel zu bilden, sie vor der Vernichtung zu 
schützen. 

Unter den Brutvögeln des Neusatzer Riedes fehlen zunächst 
Ardea alba, A. garzetta, Platalea leucerodia, Pelecanus onocro- 
talus, Phalacrocorax carbo, Larus, Haliaetus albicilla, Pandion 
haliaetus u. a. Ardea cinerea nistet in etwa 50 Paaren, aber mehr 
gegen den Rand zu. Auch Ardea purpurea strich bereits nicht 
weit vom Eingange her häufig mit dem bezeichnenden polternden 
Geräusche von den Bäumen ab, obwohl auch das eigentliche Kolonie- 
gebiet eine Anzahl seiner Horste enthielt. Dagegen warenin letzterem 
namentlich Plegadis faleinellus, Ardea ralloides, Nycticorax griseus 
und Phalacrocorax pygmaeus zu erblicken. Ausserdem wurden im 
Riede bemerkt: Rallus aquaticus, Anser cinereus, Duteo vulgaris, 


Die Vogelsiedelung des Neusatzer Riedes in Ungarn. 89 


Circus aeruginosus. Hydrochelidon nigra soll ebenfalls hier nisten, 
war jedoch zur Zeit meiner Anwesenheit schon davongezogen. 
Von Meisen scheint Panurus biarmicus und in dem anliegenden 
Walde Aegithalus pendulinus zu brüten. Totanus calidris und 
Numenius arcuatus liessen sich gleichfalls vernehmen, ohne da- 
selbst zu nisten, und Botaurus stellaris, Ardetta minuta, Fulica 
atra, Gallinula chloropus, Lappentaucher, Enten und manche 
anderen erfordern bei ihrem selbstverständlichen Vorkommen wohl 
weiter keine besondere Erwähnung. Die Anzahl der Brutpaare 
schwankt wie überall je nach den verschiedenen Jahren, doch 
hat Herr Szlavi folgende Schätzung ermittelt, die als Anhalt für 
die Häufigkeit im Riede mitgeteilt sei: Ardea purpurea 150, 
A. ralloides 150—200, Nycticorax griseus 300, Plegadis falecı- 
nellus 100—200, Anser cinerea 10, Phalacrocorax pygmaeus10—15 
und Hydrochelidon nigra 10—50 Paare. Durch unsere Annäherung 
bereits in Aufruhr gebracht, bot die Kolonie ein seltnes Schau- 
spiel, indem die aufgeregten Vögel eifrig hin und her schwärmten 
Verhältnismässig die geringste Scheu bekundeten die Sichler, die 
trotz der Schüsse immer wieder und oft nicht hoch über uns 
hinflogen, obwohl sie uns bei jedem neuen Anzug ins Auge ge- 
fasst haben mussten, wie man bei der Nähe deutlich zu erkennen 
vermochte. Das Gewehr schien sie sehr zu schrecken, denn so- 
bald es erhoben wurde, prallten sie rasch nach oben oder lenkten 
nach der Seite ab, ohne indessen ganz umzukehren, während 
unser blosser Anblick ihre Richtung zuweilen kaum veränderte. 
Ihr Flugbild war gekennzeichnet durch die grossen, breiten Flügel, 
welche gegen 1 Meter klafterten, die weit nach hinten ragenden 
Beine, den langen, im Gegensatz zu den Reihern vorgestreckten 
Hals und den fast sichelförmig gekrümmten, langen Schnabel. 
Den Namen „Schwarzschnepfe“ verdienen sie insofern, als schon 
bei geringer Entfernung ihre Farben nicht mehr hervortreten, 
sondern sich zu Schwarz verwischen. Das Fliegen geschah 
mässig schnell und mit nicht weit ausholenden Schlägen, wobei 
die bekannte Fluganordnung eigentümlich auffiel, die sich in eine 
fast schnurartige, zwischen den Flügelspitzen der einzelnen Vögel 
nur kleine Räume freilassende Querlinie gliedert, welche nicht 
grade verläuft, sondern in beständigen Biegungen und Schwenk- 
ungen vorwärts schreitet. Eine merkwürdige Schnabelfärbung 
wies ein erlegtes junges Stück auf, dessen ungefähre Alterstufe 
vorerst durch folgende Angaben näher bestimmt werden möge: 


90 Robert Berge: SE 


Körper von der Grösse einer Saatkrähe; Kopf, Hals, Unterleib 
und Füsse schwarz; Rücken vom Hinternacken an, Steuerfedern, 
obere Schwanzdecke und Flügel glänzend dunkelgrün mit Bronze- 
schimmer. Um den schwärzlichen Schnabel aber liefen zwei 
scharf abstechende, bläulichgraue Querbänder, und zwar so, dass 
Grund, Mitte und Spitze dunkel blieben, während selbst die neue 
Auflage von Naumanns Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas 
sagt: „Im Jugendkleide hat der dunkelfarbige Sichler einen ein- 
farbig graugrünen Schnabel.“ Ob jene Bindenfärbung als Über- 
gangsglied vom Schnabel der Nestjungen, der bekanntlich ein 
oder zwei gelbe Bänder trägt, angesprochen werden darf und 
allgemein auftritt, lässt sich auf den angeführten Einzelfall hin 
leider nicht entscheiden. 

Am leichtesten und gewandtesten unter den im Ried vertre- 
tenen Reihern flog Ardea ralloides, welcher, den Hals in das 
lockere Gefieder zurückgelegt, in der Mitte ziemlich dick, hinten 
und vorn aber durch Füsse und Schnabel beinah zugespitzt er- 
schien, wohingegen an Enten der Flug von Phalocrocorax pyg- 
maeus, der ja auch in der Grösse etwa mit Anas querquedula 
übereinstimmt, erinnert. Auch Nyeticorax griseus segelte vorbei, 
die gebogenen, nicht vollständig ausgestreckten Flügel von über 
ein Meter Spannbreite unhörbar und wenig rasch schwingend, den 
Hals kurz und dick zusammengezogen , mit hintergelegten, 
aber auffällig kurz aussehenden Beinen. Von Stimmen erschallte 
am häufigsten diejenige des Purpurreihers, die bekanntlich etwas 
mattem Fischreiherruf, oft auch, und besonders aus der Ferne, 
dem „Quak“ der männlichen Stockente täuschend gleicht, wozu 
die übrigen ebenfalls Laute hervorstiessen. Ardea purpurea benahm 
sich übrigens vorsichtiger und kam niemals in Schussweite heran. 

Die zahlreichen, oft nur eine Fusslänge getrennten Horste 
waren um diese Jahreszeit verödet, doch gut erhalten, und diejenigen 
des Purpurreihers, welche sehr umfänglich und, wie alle andern an 
der besuchten Stelle, auf umgeknickten Rohrstengeln inmitten von 
Rohrbüscheln errichtet waren, hielten unsere Körperlast vollständig 
aus, so dass sie als Ruhesessel benutzt werden konnten. Die 
Nester setzten sich, insoweit sie mir zu Gesicht kamen, aus Rohr- 
teilen zusammen, ohne Beimengung von Reisern, und nur beim 
Sichler lagen in der Mulde dünne Weidenzweige. Der Aufbau 
zeigte das übliche Schema: unten gröbere und stärkere, nach 
oben hin feinere, weiche Stoffe, besonders Blätter; die Mulde war 


Die Vogelsiedlung des Neusatzer Riedes in Ungarn. 91 


wenig vertieft und die Randumwallung ganz niedrig. Ihr senk- 
rechter Abstand vom Wasserspiegel betrug etwa 0,5 bis 1 Meter, 
in welch letzterer Höhe namentlich die beträchtlich kleineren 
Horste des Rallenreihers gefunden wurden. Ein zurückgebliebenes 
und von Herrn Szlavi aufgefischtes Ei von Plegadis falcinellus 
besass die Grösse eines kleinen Hühnereies und das bekannte 
blaugrüne, der Rohrumgebung angepasste Kolorit. Wie der 
Alarm bewies, verwendeten die Kolonievögel das Ansiedlungs- 
revier mit ihren offenbar schon längere Zeit flugfähigen Jungen 
noch als Ruhestätte, und trotz unserer Nähe fielen sie, anscheinend 
empfindlich gegen die Hitze, welche in der Sonne sicherlich 
40° © betrug, immer wieder in dasselbe ein, sodass mitunter 
ein Schuss abgefeuert werden musste, um die Bewegung aufs 
neue zu beflügeln.. Bei der sich niedersenkenden Abendkühle 
schienen sie aufzuleben, und als wir auf dem Rückwege begriffen 
waren, zogen öfters Scharen oder einzelne aus der Richtung des 
Brutplatzes über uns dahin, wahrscheinlich, um sich nach den 
Futterstellen zu begeben. 


Über Grönlands Vogelwelt. 


Vortrag, gehalten vor der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 
am 7. Oktober 1901. 


Von Dr. ©. Helms, Haslev. 
Meine Herren! 

Wenn ich heute die Ehre haben soll, Ihnen etwas von den 
Vögeln Grönlands zu erzählen, so muss ich mir erlauben, ein 
paar Bemerkungen über das Land, seine Natur und das Bewohnen 
desselben vorauszuschicken. Grönlands Lage ist Ihnen Allen bekannt, 
ebenso wie Sie wissen, dass es eine ungeheuere Insel von gegen 
20,000 Quadratmeilen ist, wovon der weit überwiegende Teil mit 
einer mächtigen Eisdecke, dem Inlandseise, bedeckt ist, welches 
an einzelnen Stellen ganz bis zur ‚Küste hinabreicht, sonst nur 
einen breiteren oder schmaleren Streifen freien Küstenlandes 
übrig lässt. Auf dieser schmalen Küste in einer Breite von 
höchstens 20 Meilen, oftmals viel weniger, ist es, wo sich alles 
Menschen-, Tier- und Pflanzenleben in Grönland befindet. 
Gewiss haben verschiedene Reisende Vögel auf dem Inlandseise 


92 Dr. ©. Helms: 


gesehen, z. B. die kleine Schneeammer, welche Nansen zwitschernd 
entgegenflog auf seiner Reise quer über das Eis und ihm die 
Nähe des eisfreien Landes verkündete; andere haben im Innern auf 
dem Eise den Steinschmätzer, den Raben und Seeschwalben an- 
getroffen, aber das sind alles nur Ausnahmen, das Eis ist öde und 
leer. Auch das Küstenlaud ist unwirtlich genug, an den meisten 
Stellen ödes Klippenland, sparsam bedeckt mit Moos und Flechten; 
nur in den Thälern, besonders tief innerhalb der Fjorde, findet 
sich eine recht reiche Vegetation mit zahlreichen Blütenpflanzen 
und fruchtbaren Wiesenstrecken, an günstigen Stellen Gesträuch, 
besonders von Weiden und Birken, gewöhnlich nur in einer Höhe 
von 3—8 Fuss, aber oft von grosser Ausdehnung, an besonders 
geschützten Stellen in den südlichsten Fjorden sogar oft kleine 
Wäldchen mit Bäumen bis zu einer Höhe von 20 Fuss bildend. 
Zahlreiche Flüsse durchziehen das Land, und überall umher liegen 
grössere und kleinere Seen. Oft liegt längs der Küste ein flacheres, 
mit Heidekraut bewachsenes Vorland, hinter welchem die Berge 
sich erheben, und ausserhalb der Küste liegt das Schärengewässer 
mit unzähligen grösseren und kleineren Inseln, die Brüteplätze 
vieler Seevögel. Diese Beschreibung passt im ganzen nur für 
Grönlands Westküste, an der Ostküste fehlt das schützende 
Schärengewässer, die Berge fallen an den meisten Stellen steil 
ab ins Meer, das flache Vorland fehlt, und das Eis liegt fast 
das ganze Jahr hindurch längs der Küste, das Klima ist kälter, 
die Vegetation sparsamer, das Vogelleben viel ärmer. 

Auch hinsichtlich des Bewohnens besteht ein grosser Unter- 
schied zwischen der OÖst-und Westküste. Diese istkolonisiert vom Kap 
Farvel bis Upernivik, vom 60. bis zum 73. Grade nördlicher Breite, 
eine Küstenstrecke von gegen 200 Meilen. Hier wohnen ungefähr 
10,000 Grönländer zerstreut über zahlreiche Wohnplätze mit 
höchstens ein paar Hundert Einwohnern auf jedem einzelnen, und 
hier finden sich gegen 20 dänische Kolonien, während auf der 
Ostküste die Besiedelung auf eine einzige Strecke um den 66. 
Grad nördlicher Breite eingeschränkt ist, wo einige wenige Hundert, 
teilweise heidnische, Grönländer wohnen, während die dänische 
Kolonie Angmagsalik, nur aus zwei dänischen Familien besteht, 
welche ein einziges Mal jährlich mit der Aussenwelt durch ein 
Schiff von Dänemark in Verbindung stehen. 

Es ist leicht verständlich, dass Grönlands Vogelwelt besonders 
aus den Vögeln bestehen muss, welche an das Meer gebunden 


Über Grönlands Vogelwelt. 93 


sind, direct oder indirect ihre Nahrung dort finden, und die Haupt- 
masse unter den Vögeln, Arten sowohl wie Individuen, sind Schwimm- 
vögel. Die öden Berge werden selbst bis zu einer recht be- 
trächtlichen Höhe von einem einzigen Vogel belebt, dem kKosmo- 
politischen Steinschmätzer (Saxicola oenanthe), während tiefer im 
Thale und auf den unteren Berglehnen, auch ganz draussen auf 
den Inseln im Schärengewässer, sich die Schneeammer findet 
(Emberiza nivalis), der häufigste und am besten bekannte unter 
den grönländichen Kleinvögeln, welcher sich schon Anfang April 
zeigt und sein Zwitschern von einem Hausdache oder Felsblocke 
hören lässt, trotz des zu dieser Jahreszeit oft sehr unfreundlichen 
Wetters. Innerhalb der Fjorde, tief unten auf feuchtem Moos- 
boden, baut die Lerchenammer (Emberiza lapponica), die Zierde 
einer grönländischen Landschaft, sowohl durch ihre lebhaften 
Farben, wie durch ihren eigentümlichen Gesang, welcher teilweise 
aus hübschen, tiefen, metallisch klingenden Tönen besteht und in 
der Luft vorgetragen wird, indem sich der Vogel mit ausge- 
breiteten Flügeln herabsenkt. Während Steinschmätzer und 
Schneeammer ihr Nest in kleinen Felsspalten oder zwischen zu- 
sammengestürztem Gestein anbringen, steht das Nest der Lerchen- 
ammer vortrefflich versteckt auf der Erde. Der einzige Vogel, 
welchem die grönländischen Gebüsche zur Nestanlage gross genug 
sind, ist der Leinzeisig (Acanthis linaria), welcher sein Nest im 
Weidengebüsch oder in den Birken, unten an den Berglehnen 
anbringt. Eines Abends lagen wir, eine Gesellschaft, am Ufer 
eines Flusses und hatten dort eine vergnügte Stunde zugebracht, als 
einer unserer Gesellschaft in einem niedrigen Busche, gerade da, 
wo wir lagerten, einen kleinen Leinzeisig auf seinem Neste sitzen 
sah, fast mitten unter uns, ungestört durch die muntere Gesell- 
schaft. Wenn wir noch einen Pieper nennen (Anthus pensylwanicus), 
so haben wir die Kleinvögel, welche der Reisende erwarten kann 
in Grönland zu treffen; sie sind es, welche die öden Strecken 
beleben durch ihren Gesang und uns an die Vogelgesänge in den 
heimatlichen Wäldern erinnern, welche sich im Herbst um die 
Wohnungen der Menschen scharen, welche bei ihrer Ankunft im 
April/Mai das Ende des langen Winters verkünden. Zugvögel 
sind sie alle, der einzige Standvogel unter den Sperlingsvögeln 
ist der Rabe (Corvus corax), welcher überall an steilen Felswänden 
brütet; man findet ihn allerorts, zumeist am Strande nach Nah- 

rung suchend;; bei den Wohnplätzen spielt er die Rolle der Geier, 


94 Dr. O0. Helms: 


sammelt sich in Menge an der Stelle, wo die Seehunde aufs 
Land gezogen werden und wo deren Eingeweide und Fleischreste 
ihnen reichliche Nahrung bieten; bisweilen sieht man Scharen bis“ 
zu hundert. Grönlands einzige Eule, die Schneeeule (Nyctea nivea), 
brütet auf den Öödesten und abgelegensten Steilen, von wo sie im 
Winter herab nach der Küste kommt, um Nahrung zu suchen. 
Zerstreut horstet der Seeadler (Haliaötus albicilla), welcher an 
manchen Orten täglich zu sehen ist, oft 3 bis 5 zusammen; seine 
Nahrung besteht aus Aas, Fischen, Hasen und Seevögeln, welch 
letztere er auf dem Wasser erbeutet, während er einen leicht- 
beweglichen Vogel, wie eine Möve, schwer fängt; dagegen habe 
ich ihn oft mit grosser Dreistigkeit herniederschiessen und eine 
angeschossene oder tote Möve in unmittelbarer Nähe eines Bootes 
greifen sehen. Der Wanderfalke (Falco peregrinus) brütet spar- 
sam, häufiger der Grönlandsfalk (Falco candicans) in seinen ver- 
schiedenen Formen, auf welche ich hier nicht näher eingehen will. 
Besonders im Herbst und Winter zeigt er sich oft bei den Kolonien 
und wird dort auf eigentümliche Weise geschossen, indem Tauben, 
die fast überall von den Dänen in Grönland gehalten werden, in 
die Luft geschickt werden und hier in grossen Kreisen fliegen, 
so dass sie der Falke leicht erblickt und dann verfolgt. Die Tauben 
suchen eilig den Taubenschlag zu erreichen und der Falke stürzt 
dummdreist ihnen nach, ohne sich darum zu bekümmern, dass ein 
Jäger dicht dabei steht. Es glückt dem Falken niemals, eine 
Taube zu schlagen; seine Beute sucht er unter den Seevögeln 
oder unter den Schneehühnern (Lagopus mutus), Grönlands ein- 
zigem Hühnervogel, der recht häufig auf den Bergen brütet, im 
Sommer nur selten gesehen wird, im Winter in Scharen nach 
den niedrigen Bergen an die Küste kommt, teils aus dem Innern 
des Landes, teils südlich wandernd aus Nordgrönland. Seine 
weisse Farbe fällt wohl mit der Farbe des Schnees zusammen, 
aber die Spur in dem losen Schnee verrät deu Vogel auf weitere 
Entfernung. Seine Nahrung, welche er genügsam sich unter dem 
Schnee hervorscharrt, besteht im Winter aus Beeren, Knospen 
und Blättern. Da sie den Menschen nicht kennen und fürchten, 
kann man oft einen oder mehrere aus einem Schwarm schiessen, 
ehe der Rest davonfliegt. Es wird auch von ungeheuren Massen 
berichtet, Scharen von Tausenden, selbst habe ich solche aber 
nie gesehen}; bei Ivigtut, Kryalitbrud in Südgrönland werden im 
Winter oft gegen 3000 geschossen. — Das ist, was man an Land- 


Über Grönlands Vogelwelt. 95 


‚vögeln in Grönland sehen kann, und eine Wanderung auf den 
‚grönländischen Bergen und in den Thälern im Lande giebt, wie 
herrlich eine solche sonst sein kann, dem Ornithologen nur geringe 
Ausbeute. Erst an der Küste gewahrt man das Vogelleben, wo- 
‚selbst unter den Seevögeln verschiedener Arten, z. B. Seetauchern, 
Gänse, einige Enten und Watvögel an kleinen Seen innerhalb 
des Landes brüten. Flache Strandufer fehlen an den meisten 
‚Stellen; die nackten Felsenküsten, gegen welche die Brandung 
schlägt, bieten einen schlechten Aufenthalt den Watvögeln, 
von welchen nur ein einziger, der Seestrandläufer (Tringa mari- 
tima), in grösserer Menge sich findet, an Sümpfen und kleinen 
Seen innerhalb des Landes oder auf Inseln brütend; im Herbst 
und Winter bewegt er sich in kleinen Trupps auf den Schären 
am Strande, eifrig hinzulaufend, wenn die Welle sich zurückge- 
zogen hat, um Nahrung zu suchen in dem, was die See heran- 
spült hat; ohne Bedenken schwimmt er von einem Stein zum 
andern, eine Fertigkeit, welche noch mehr bei seinen Verwandten, 
den Wassertretern (Phalaropus hyperboreus und fulicarius) ent- 
wickelt ist. Im Sommer brüten sie an kleinen Seen, deren 
Wasserspiegel sie mit ihren reizenden Gestalten beleben, im 
Herbst sind sie auf dem Meere; vom Wasser sieht man sie bis- 
weilen auffliegen und auf dem Strande laufend der Nahrungssuche 
obliegen wie die Strandläufer. Recht häufig brütet auch der 
Sandregenpfeifer (Aegialitis hiaticula), seltener der Steinwälzer 
(Strepsilas interpres). 

Hält man sich in den hellen Sommernächten an den Fjorden 
oder innerhalb des Landes auf, so wird man bisweilen den kräftigen 
Schrei der Seetaucher (Colymbus glacialis und (©. septentrionalis) 
vernehmen, einen Schrei wie das Wehklagen eines Menschen, un- 
heimlich und durchdringend; am Tage sieht man die hübschen, 
scheuen Vögel auf dem Wasser liegen oder hoch in der Luft 
fliegen, jetzt auch schreiend, aber in einem ganz anderen, weniger 
unheimlichen Tone; hat man Glück, so kann man das Nest am 
Ufer eines Sees oder unzugängig auf einer kleinen Insel mitten 
auf einem grossen Bergsee finden. Auf steilen hohen Felsen nach 
dem Meere zu baut der Kormoran (Phalacrocorax carbo), der im 
Winter oft geschossen wird; aus seinem Balg, der von den Federn 
befreit wird, so dass nur die Dunen zurückbleiben, erhält man 
eine sehr kostbare Kürschnerarbeit, Damenkragen und Muffs. 
Enten, Möven und Alken stellen die Hauptmasse der grönländischen 


96 Dr. O0. Helms: 


Seevögel; fährt man in den Fjorden oder längs der Küste, so | 


wird man stets Arten dieser drei Familien vor Augen haben, 


im Sommer oft nur wenige, im Frühjahr, Herbst und Winter 
unzählige Scharen. Von Gänsen brüten Blässgans (Anser albi- 


frons) innerhalb des Landes, zu den Zugzeiten werden sie an 
der Küste gesehen. Die Stockente (Anas boscas) nistet an Sümpfen 


undkleinen Seen und scheintsichin Grönland ebenso wohl zu befinden 
wie in unseren viel milderen Gegenden; an denselben Örtlich- 
keiten brütet die Eisente (Harelda glacialis), welche sich im 
Winter scharenweise an den Küsten einfindet und von weitem 


durch ihren melodischen Ruf kenntlich ist. An reissenden Flüssen 


innerhalb der Fjorde brütet, unter einem Busch versteckt, die 
prachtvolle Kragenente (Cosmonetta histrionica), die am schönsten 
gefärbte von allen nordischen Enten. Prächtig ist es anzusehen, 


wenn eine Anzahl Männchen an einem stillen Frühlingstage 


draussen bei den Schären liegt, beschienen von der Sonne; 


bewundernswert, sie nahe der Küste in der Brandung sich tummeln 
zu sehen, welche sonst alle anderen Vögel meiden. Im August 
verlieren die Männchen die Schwungfedern; trifft man zu dieser 
Zeit eine Schar, so kann man sie mit dem Boot in eine kleine 
Bucht der Küste treiben und die meisten zur Beute machen. 
Eines Tages sah ich Grönländer mit 20 kommen, welche sie mit 
Wurfgeschossen erbeutet hatten. Auf den niedrigen Schären 
ausserhalb der Küsten, besonders in Nordgrönland, brüten zu 


Tausenden, ja Millionen die Eiderenten (Somateria mollissima und 


S. spectabilis). Nest liegt an Nest, so nahe, dass man kaum die 
Insel betreten kann, ohne Eier zu zerstören, welche weich 
umgeben sind von einem Kranz der berühmten Eiderdunen, die 
in jedem Frühjahr zusammen mit den Eiern von den Grönländern 
gesammelt werden und einen wichtigen Handelsartikel ausmachen. 
irgend welchen Schutz geniessen die Vögel nicht. Im Winter 
sammeln sie sich zu ungeheuren Scharen, die, wenn sie auf- 
fliegen, einen Lärm hervorbringen wie ein ferner Donner. Am 
Tage liegen sie draussen längs der Küste, am Abend ziehen sie 
hinein bis zum Ende der Fjorde; auf diesem Zuge werden sie 
massenweise geschossen; sie werden von Grönländern sowohl, als 
auch von Dänen gegessen, und die Bälge werden zu Eiderdunen- 
decken verwendet, welche Ihnen aus den Schaufenstern der 
Kürsehner bekannt sind. Die Federn werden ausgezupft, so dass 
nur die Dunen zurückbleiben, die Bälge werden an den Rändern 


Über Grönlands Vogelwelt. 97 


 zusammengenäht und aus der hübschen Haut am Halse wird eine 
' Einfassung hergestellt. Noch eine Entenart gehört zu den am 
' häufigsten vorkommenden Vögeln, obgleich sie nirgends in grossen 
' Mengen auftritt: der Mittlere Säger (Mergus serrator). Was den 
' Bewohnern südlicherer Länder am eigentümlichsten erscheintundam 
_ meisten Eindruck vom Vogelleben im hohen Norden macht, sind die 
oft beschriebenen Vogelberge, steile Felshänge mit nur schmalen 
Absätzen und Unebenheiten, am häufigsten gerade in’s Meer ab- 
fallend. Sie erheben sich bis zu einer Höhe von mehreren 1000 
Fuss und sind von weitem leicht kenntlich durch die Vogelmassen, 
welche sie umfliegen. Auch Grönland ist reich an solchen Vogel- 
bergen, sie finden sich überall an der Westküste innerhalb der 
- Fjorde oder draussen im offenen Meere, am häufigsten in Nord- 
grönland, und werden von Möven, Alkenvögeln und Sturmvögeln 
bewohnt. Unter den Möven ist es besonders die kleine Drei- 
zehige Möve (Larus tridactylus), welche die Vogelberge bevölkert. 
Auf einem einzigen Vogelberge kann man Millionen dieser Vögel 
finden, in den meisten Fällen natürlich viel weniger; die Nester 
liegen von unten in gleicher Höhe mit der Oberfläche des Wassers, 
wo die Wellenspritzen sie erreichen können und von wo man mit 
einem Boot die Eier nehmen kann, bis hinauf zu einer Höhe von 
vielen hundert Fuss, sind recht gross gebaut aus Moos und Gras, 
weiss von den Excrementen der Vögel. Wie die Eidervögel hat 
diese Möve einen täglichen Zug, doch geht dieser in entgegen- 
gesetzer Richtung, des Morgens hinein in die Fjorde, des Abends 
hinaus auf’s offne Meer, oft jedesmal eine Strecke von zehn Meilen. 
Im Herbst sammeln sie sich zu Scharen von Tausenden, folgen 
den Seehunden und Walen, um in dem Fischgewimmel, welches 
diese aus der Tiefe an die Oberfläche jagen, Nahrung zu suchen, 
im Winter ziehen sie fort, um mit dem Frühling schreiend und 
lärmend ihre Brutplätze wieder aufzusuchen. In Grönland werden 
sie vielerorts als die eigentlichen Frühlingsvögel angesehen. Auch 
die grösseren Möven, Eismöve und Polarmöve (Zarus glaucus und 
L. leucopterus) brüten zu Tausenden auf den Bergen, ebenso oft 
_ aber auch auf den Inseln, wo sie schon Anfang Mai zwischen 
Eis und Schnee Eier haben. In weit geringerer Zahl nistet auf 
den Inseln zerstreut die Mantelmöve (L. marinus), während die 
hübsche Elfenbeinmöve (L. eburneus) und die kleine Sabines- 
Möve (Z. sabiner) nur Gäste in dem kolonisierten Teile Grönlands 
sind. Die Raubmöven (Lestris parasiticus, L. longicauda und L. 
Journ, fi. Orn, L. Jahrg. Januar 1902, 7 


98 Dr. O0. Helms: 


pomatorhina) brüten an vielen Stellen in grosser Zahl; draussen 
auf den niedrigen Inseln brütet als einziger Vertreter einer sonst 
weit südlicheren Familie: die Küstenseeschwalbe (Sterna macrura). 
In Nordgrönland brütet auf den Bergen häufig der Eissturmvogel 
(Fulmarus glacialis), welcher sich immer auf dem offenen Meere 
aufhält und nicht die Fjorde besucht. Zusammen mit den Möven 
oder auf den Vogelbergen für sich gesondert bauen die Alken, am 
häufigsten die Dickschnabellumme (Uria brünnichi), gewiss Grön- 
lands zahlreichster Vogel; im Winter findet man ihn überall in 
grossen Schwärmen. Er wird von den Grönländern dann mit dem 
Vogelpfeil geschossen und trägt an vielen Stellen zu ihrem Lebens- 
unterhalt wesentlich bei. In recht grosser Zahl brüten auch der 
Lund (Fratercula arctica) und der Alk (Alca torda), im nördlichsten 
Grönland gleichfalls der kleine Krabbentaucher (Mergulus alle), 
welcher im Winter scharenweise nach Süden zieht und einzeln 
überall in den Fjorden gesehen wird, für den Jäger eine leichte 
und zugleich wohlschmeckende Beute, da sein Fleisch an Tauben- 
fleisch erinnert, während das Fleisch der übrigen Alkenvögel 
recht thranig schmeckt. Oftmals habe ich im seichten Wasser 
gesehen, wie der Krabbentaucher unter Wasser schwimmt mit 
halb ausgebreiteten Schwingen, augenscheinlich eifrig beschäftigt, 
Nahrung zu suchen. Als der ganze Fjord an einem Wintertage 
plötzlich zufror, flogen die Krabbentaucher verwirrt umher, ohne 
das offene Meer erblicken oder erreichen zu können; viele fielen 
hinab auf’s Eis und mehrere fand ich auf dem Lande zwischen 
den Häusern. Zum Schlusse werde ich nur noch eine Art nennen, 
welche überall in Grönland angetroffen wird, die Gryll-Lumme 
(Uria grylle), welche auf Inseln und am Fusse der Vogelberge 
brütet; sie bringt ihre zwei Eier in tiefen, schwer zugängigen 
Felsspalten unter, ohne irgend welche Unterlage, und sie gehört zu 
den Vögeln, welche zur Sommerzeit die dann an Vogelleben sehr 
armen grönländischen Fjorde belebt. 

Im vorstehenden habe ich versucht, eine kurze Schilderung 
des Vogellebens in West-Grönland zu geben, habe die Arten be- 
sprochen, welche am häufigsten gesehen werden und am meisten 
dem Lande sein Gepräge geben. Wie Sie sehen, sind es meist 
circumpolare Arten, während der Rest grösstenteils der nord- 
amerikanischen Fauna angehört. Zwischen Grönland und Europa 
geht nur wenig Vogelzug, normal kommt gewiss nur eine Art 
von Europa nach Grönland, Saxicela oenanthe; die meisten Vögel 


Über Grönlands Vogelwelt. 99 


Grönlands ziehen im Winter fort; die Landvögel können schlecht 
Nahrung finden und von Nordgrönland müssen auch die Seevögel 
im Winter fortziehen, da das Meer vereist ist, während sie 
in grossen Scharen an Südgrönlands nie zugefrorenen Küsten 
_ überwintern. Aber ausser den hier erwähnten, in Grönland häufig 
brütenden Vögeln, kommen an seine Küsten eine Menge zufälliger 
Gäste, viel mehr als die im Lande brütenden Arten und darunter 
sowohl nordamerikanische wie europäische; einige achtzig zufällige 
Gäste sind getroffen worden gegen einige fünfzig im Lande brütende, 
darunter sowohl zahlreiche grosse und kräftige Schwimm- und 
Watvögel, als auch viele kleine amerikanische Sperlings- und 
Schreivögel, welche sicher sehr gegen ihren Willen nach dem 
rauhen Lande getrieben wurden, wo ein schneller Untergang ihnen 
sicher ist. Als Beispiel will ich anführen, dass dort angetroffen 
wurden: 3 Drosselarten, 5 Arten Dendroeca, 2 Kukuke, 1 Specht 
u. Ss. w. Selbst habe ich der grönländischen Fauna 3 amerikanische 
Arten angefügt: Colymbus adamsi, den gemeinen nordamerikanischen 
Reisvogel (Bobolink) (Dolichonyx oryzworus) und, was zu ver- 
‚öffentlichen ich noch nicht Gelegenheit hatte, den ebenso bekannten 
Kingbird (Tyrannus carolinensıs). 

Was ich hier vorgetragen habe, bezieht sich in erster Linie 
auf das Vogelleben an der Westküste Grönlands. Viel Neues 
kann von hier nicht erwartet werden: die ganze Küste ist von 
Norden bis Süden von vielen Expeditionen bereist, von dänischen, 
deutschen, schwedischen, englischen und amerikanischen. Überall 
sind bei den Kolonien Vögel gesammelt worden, jahrelang haben 
sich Männer im Lande aufgehalten mit Liebe und Interesse für 
die Vögel, wie Fabricius und Holböll, die klassischen Verfasser 
der Vögel Grönlands, in neuerer Zeit Fencker, Hagerup und 
Krabbe, welch’ letzterer im Begriffe ist, seine zehnjährigen Auf- 
zeichnungen zur Veröffentlichung zu bearbeiten; an das Zoologische 
Museum in Kopenhagen sind stets Massen von Vögeln gesandt 
worden, worüber besonders geschrieben worden ist von dem älteren 
und jüngeren Reinhardt, zuletzt von Winge in seinem vortrefilichen 
Buche über Grönlands Vögel, ein Werk, welches für lange Zeit 
die Hauptquelle für einen Jeden sein wird, welcher über dieses 
Thema nähere Kenntnis sucht. Aus anderen Ländern liegen zahl- 
reiche Abhandlungen vor, aus Deutschland u. a. von Finsch, 
Schalow und Vanhöffen, aus England von A. Newton; kurz gesagt, 
Westgrönlands Vogelfauna ist so gut bekannt, wie vielleicht nur 

7x 


100 Dr. O0. Helms: 


wenige Länder ausserhalb des ceivilisiertesten Teils Europas; 
was hinzugefügt werden kann, werden im wesentlichen nur Nach- 
richten über einzelne, bisher nicht angetroffene zufällige Gäste sein. 

Etwas anders verhält es sich mit der Ostküste Grönlands. 
Wie vorher erwähnt, ist diese nur spärlich bewohnt, die Vege- 
tation und mit ihr das Tierleben viel ärmer; in allen Berichten, 
die wir erhalten, zeigt es sich auch, dass das Vogelleben viel 
spärlicher ist als auf der Westküste, namentlich was die Zahl 
der Individuen betrifft. Möven und Alken bauen nirgends auf 
den Vogelbergen in den ungeheuren Massen wie an der West- 
küste; die niedrigen Inseln längs der Küste fehlen zum grossen 
Teil, so dass Eiderenten nicht in grossen Scharen brüten können; 
auch die Landvögel sind weniger zahlreich, den Adler sieht man 
nur selten, die Schneehühner sind sparsam. Verschiedene Arten, 
wovon einige zu den gemeinsten in Westgrönland gehören, sind 
bis jetzt an der Ostküste noch nicht angetroffen worden, z. B. 
Alk, Lund, Mantelmöve, Wassertreter, Wanderfalk und Anthus 
pensylvanicus, dagegen brütet der Alpenstrandläufer (Tringa alpina), 
welcher nur ein paar Mal an der Westküste getroffen wurde, 
häufig, ebenso die Nonnengans (Bernicla leucopsis) und die 
Saatgans (Anser segetum var. brachyrhynchus). Auch was die 
zufälligen Gäste betrifft, ist ein bedeutender Unterschied; während 
diese auf der Westküste meist amerikanisch sind, stammen die 
auf der Ostküste grösstenteils aus Europa; so ist der Star zwei- 
mal getroffen worden, die Nebelkrähe einmal, die Weisse Bach- 
stelze so häufig und unter solchen Verhältnissen, dass Grund 
vorhanden ist, zu glauben, dass sie brütet. Wohl ist nun die 
ganze grönländische Ostküste bereist, im wesentlichen von dänischen 
Expeditionen, Graah’s zu Anfang des 19. Jahrhunderts, Holm’s 
und Garde’s, Ryder’s und zuletzt Amdrup’s, ausserdem von ver- 
schiedenen anderen wie Scovsby und der deutschen Expedition 
in den Jahren 1869—70, und auf all diesen Expeditionen sind 
Vögel gesammelt und Beobachtungen gemacht worden, worüber 
namentlich Finsch und Pansch von der deutschen Expedition, 
Bay von Ryders Expedition berichtet haben ; aber viele Aufklärungen 
fehlen uns noch von dort und viel Neues kann erwartet werden, 
Es ist deshalb ein Glück, dass von den beiden einzigen an der 
Ostküste ansässigen Männern der eine, Kolonievorsteher Johann 
Petersen, ein Mann, welcher den grössten Teil seines Lebens in 
Grönland zugebracht hat, viel Interesse für Vögel mit ornitho- 


Über Grönlands Vogelwelt. 101 


logischen Kenntnissen vereint; mit dem Schiffe, welches ein ein- 
ziges Mal jährlich die Ostküste Grönlands befährt, hat er beständig 
teils Aufzeichnungen über Vögel, teils Vogelbälge an mich gesandt; 
was er mir auf diese Weise mitgeteilt, habe ich zweimal ver- 
 öffentlicht und hoffe, im Laufe des Winter einen Bericht auszu- 
arbeiten über das, was ich in den letzten drei Jahren erhalten habe. 

Hiermit werde ich mir erlauben zu schliessen; was ich 
gesagt habe, ist sehr unvollständig; ich hoffe indess, das Wesent- 
lichste vorgeführt zu haben, so dass mein Vortrag eine Vorstellung 
vom Vogelleben in Grönland geben konnte. 


Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel. 
Von Karl Deditius. 


Seit Jahrhunderten wenden die Forscher dem Stimmorgan 
der Vögel ihre Aufmerksamkeit zu, doch mehr in anatomischer. 
als in akustischer Hinsicht. Das Ergebnis der akustischen 
Forschungen dürfte wohl deshalb hinter den Erwartungen zurück- 
seblieben sein, weil zu den Versuchen gewöhnlich nur entnommene 
Stimmorgane verwendet wurden. Da solche ihre ursprüngliche 
Beschaffenheit schon mit dem Tode des Vogels verlieren, so werden 
sie zu akustischen Versuchszwecken ungeeignet. Die Akustik 
des Stimmorgans kann indes auf andere Weise ermittelt werden, 
denn Tonwerkzeuge, die ihm in der Anordnung entsprechen, geben 
schon reichlichen Einblick in die Geheimnisse der Stimme. Zu 
Versuchszwecken erwies sich alsam meisten geeignet das Blechblas- 
instrument, weil es in akustischer Hinsicht dem Stimmorgan der 
Vögel am nächsten steht. Die wenigen Beiträge, die ich durch 
Vergleiche mit dem Blechblasinstrument gewonnen habe, sollen 
auf weitere Ermittelungen anregend wirken, zumal auf dem Gebiete 
noch Vieles nachzuholen ist. 

Die Stimmorgane der vielen stimmbegabten Vögel sind 
nicht gleich, und ich beschränke mich deshalb nur auf die Sperlings- 
vögel, deren Stimmorgane ich von 50 Arten gesammelt habe. 
- Nur hin und wieder war 'es zweckmässig, anch andere Vögel in 
Vergleich zu ziehen. 

Zunächst wird die akmstische Verwandtschaft des Blasin- 
struments mit dem Stimmorgan des Vogels nachzuweisen sein. 
Das Blasinstrument besteht aus dem an einem Ende erweiterten 


102 Karl Deditius: 


Schallrohr und aus dem Mundstück. Durch Einstecken in das 
enge Ende des Rohres wird die Verbindung zu einem Stück her- 
gestellt. Der obere Teil des Mundstücks gleicht einem Kessel 
mit durchlochtem Boden, an welchen sich ein kegelförmig aus- 
gebohrter Zapfen anschliesst. Zur Tonerzeugung sind noch eine 
Windlade mit Windrohr und schwingungsfähige Zungen nötig, 
die der Bläser mit den Lungen, der Mundhöhle und den Lippen 
ersetzt. Das Stimmorgan des Vogels dagegen besitzt alle zur 
Tonbildung erforderlichen Teile. Die Lungen mit den Luftsäcken 
dienen als Windladen, die Bronchien als Windröhren, die Labien 
und die innere Paukenhaut der Bronchien als schwingende Zungen, 
die Trommel als Mundstück, die Luftröhre als Schallrohr, der mit 
der Trommel verbundene engste Teil der Luftröhre ist zu verglei- 
chen mit dem Zapfen des Mundstücks und der obere Kehlkopf 
sowie die Mundhöhle mit dem erweiterten Ende des Schallrohrs. 


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Im Blasinstrument geht die Tonbildung in folgender Weise 
vor sich. Der Bläser drückt zunächst die fest auf einander 
'gepressten Lippen an das Mundstück. Ein aus den Lungen 


Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel. 103 


getriebener Luftstrom wird vor den geschlossenen Lippen auf- 
gehalten und in der Mundhöhle so lange durch nachströmende 
Luft verdichtet, bis er die nötige Stärke erreicht hat, um zwischen 
den Lippen durchzubrechen. Es entsteht ein Spalt, aus dessen 
Rändern sich weiche, in den Kessel ausschlagende Zungen bilden. 
Die einseitige Bewegung kann nur einen Augenblick anhalten, 
denn schon ip dem nächsten werden die Lippen durch eigene 
Elastizität in die frühere Lage gebracht, womit sie den Spalt 
schliessen. Die nachströmende Luft öffnet den Spalt wieder, und 
so wiederholt sich dieses abwechselnde Spiel in schneller Folge 
viele Mal hintereinander. Zur unmittelbaren Tonerzeugung sind 
die weichen Lippenränder jedoch nicht fähig, weil sie der geringen 
Elastizität wegen weder schnell genug noch für die Dauer regel- 
mässig schwingen können. Bei zweckmässigem Anblasen entstehen 
jedoch wechselnde Schwingungsverhältnisse der Lippen, in welchen 
auch regelmässige Schwingungen vorkommen. In solchem Falle 
nimmt die in der Röhre eingeschlossene Luftröhre die letzteren 
Schwingungen an und schwingt in regelmässigen, pendelartigen 
Bewegungen mit. Diese Bewegungen bleiben bestehen, solange 
der Luftstrom anhält, wobei die mächtigen Schallwellen die Lippen 
zu gleich schnellen Bewegungen zwingen. Aus den wechselseitigen 
Bewegungen entsteht ein Ton, den aber nicht die zu Zungen 
gestalteten Lippen erzeugen, sondern die Luftsäule. 

Im Stimmorgan des Vogels entsteht der Ton in gleicher 
Weise. Es ist bekannt, dass die Labien mittels eines der oberen 
Bronchialhalbringe quer in das Lumen gezogen und dass die 
innere Paukenhaut der Bronchien durch Hebung der dachförmig 
herabhängenden Stellknorpel dem vorgezogenen Labium so genähert 
werden können, dass beide Teile aneinander stossen. In diese 
Stellung werden sie durch Spannung mittels der Brustbeinmuskeln 
und der sogenannten Singmuskeln gebracht. Wahrscheinlich 
beteiligen sich dabei auch Bänder, die mitten vom Bronchidesmus 
ausgehen und die einerseits mit den Stellknorpeln und anderseits 
mit den Luftsäcken in Verbindung stehen. Das Gesangsvermögen 
der Vögel pflegt man nach der Entwickelung der Singmuskeln zu 
schätzen; doch ist diese Voraussetzung irrig. Zwar besitzen viele 
gute Sängerarten stark entwickelte Muskeln an der Trommel 
(Singmuskeln), aber ebenso auch viele schlechte Sängerarten und 
sogar Vögel, die ausser dem Lockruf andere Töne nicht von sich 
geben können. Wiederum giebt es gute und schlechte Sänger 


104 Karl Deditius: 


mit. nur schwach entwickelten Singmuskeln. Demnach dürfte 
diese Bezeichnung nicht zu Recht bestehen, der Name „Trommel- 
muskeln“ wäre zutreffiender. Wie der Bläser die Lippen fest 
aufeinander pressen muss, so wird auch der Vogel die Stimm- 


ae 


bänder ganz dicht aneinander stossen müssen; denn geschähe 
dies nicht, so könnten die abwechselnd zu öffnenden und zu 


schliessenden Spalte und die daraus folgenden Luftstösse nicht 
entstehen. Sobald nun ein Luftstrom gegen die geschlossenen 
Stimmbänder getrieben wird, hält er dort so lange an, bis ihm die 
nachströmende Luft eine solche Dichtigkeit giebt, dass er durch- 


brechen kann; der erforderliche Zeitraum ist nur sehr kurz. Ist 


der Durchbruch erfolgt, dann wird der Spalt durch die Elastizität 
der Stimmbänder sofort geschlossen, durch nachströmende Luft 
aber auch sofort wieder geöffnet. Das abwechselnde Entstehen 
und Schliessen des Spalts wiederholt sich hintereinander schnell 
viele Mal, und daraus entsteht eine Reihe von Luftstössen, deren 
Summe einen Ton giebt. Auch von den Stimmbändern der Vögel 
ist nicht anzunehmen, dass sie regelmässig und schnell genug 
schwingen, um selbstständig Töne, wie harte Metallzungen, erzeugen 
zu können, denn dafür sind sie zu weich. Immerhin dürften ihre 
Bewegungen schneller und regelmässiger ausfallen als bei den 
weniger elastischen menschlichen Lippen. Deshalb werden passende 
Schwingungen, die sich mit denjenigen in der Luftröhre vereinigen 


können, in reichlichem Masse vorhanden sein. Dadurch wird die 


Ansprache der Luftsäule leichter und die aufzuwendende Kraft 
geringer sein. Auch hier sind es nicht die schwingenden Stimm- 
bänder, die den Ton erzeugen, sondern nur die in der Luftröhre 
eingeschlossene Luftsäule ist es. Da nur die Luftsäule tönt, so 
bleibt es gleich, ob der Vogel, wie alle Sperlingsvögel, zwei 
Paar Stimmbänder besitzt oder nur ein Paar, wie die Papageien, 
denn sie zwingt ja ihre regelmässigen Schwingungen den unregel- 
-mässigen der Stimmbänder auf. Ferner bleibt es gleich, ob die 
Luftröhre grade, gebogen oder in Windungen liegt, weil durch 
die Form das Volumen der Luftsäule nicht geändert wird. 
Unmittelbaren Beweis liefert das Blasinstrument, welches nur der 
bequemen Handhabung wegen gewunden wird. Die Windungen 
können ganz beliebig sein. 

Fast alle schwingenden Körper, in unserem Falle die in der 
Luftröhre eingeschlossene Luftsäule, geben nicht einfache 
Schwingungen, sondern es treten mit den langsameren gleich- 


Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel. 105 


zeitig die in dem Körper überhaupt möglichen Schwingungen 
auf, deren Dauer die Hälfte, ein Drittel, ein Viertel u. s. w. ist. 
Den tiefsten, aus den langsamsten Schwingungen entstehenden 
Ton nennt man den Grundton, die ihn begleitenden höheren die 
Öbertöne. Je länger die Luftsäule ist, in um so mehr schwingende 
Teile kann sie sich zerlegen und demgemäss auch viele Ober- 
töne bringen, da jede Teilschwingung ihren Oberton erzeugt. 
Mit Abnahme derLängenimmtauch die Anzahl der Teilschwingungen 
ab, und mit ihnen die der Obertöne. Schliesslich hören die 
Teilschwingungen und Obertöne auf. Röhren in Länge der Luft- 
röhre kleinerer Vögel sind für Teilschwingungen schon viel zu 
kurz, sobald die Wand hart ist. Aus den weichen Luftröhren 
kleinerer Singvögel hören wir jedoch die Tonintervalle der Terzen, 
der Quarte, Quinte, und sogar das der Octave im Lockruf der 
Nachtigall. Der Vogel vermag zwar die Luftröhre zu verlängern 
und damit die Töne zu erniedrigen, doch nicht in dem für die 
erwähnten Intervalle benötigten Masse. Zur Erniedrigung des 
Tones um eine Octave müsste die Nachtigall ihre Luftröhre in 
der Länge verdoppeln, und das ist doch unmöglich. Nach meiner 
Ansicht wird das Auftreten von Obertönen in den Luftröhren 
kleinerer Vögel von der Schlaffheit der Wand begünstigt. Die 
innere Schleimhaut und die Bindehäute zwischen den Knochen- 
ringen setzen den Schallwellen nur geringen Widerstand entgegen 
Ihre Bewegungen werden langsamer als in harten Röhren, und 
demgemäss fallen die Töne tiefer aus. In Betreff der Tonhöhe 
kann man die Luftröhre einer erheblich längeren harten Röhre 
gleichstellen, deren Länge für Teilschwingungen noch ausreichend 
ist. So erkläre ich mir das Auftreten von Obertönen in den kur- 
zen Luftröhren der kleineren Vögel. 

Für die Anzahl und Höhe der Obertöne in Röhren ist deren 
Länge und Weite massgebend. Auf sehr engen Röhren sprechen 
der Grundton und die tieferen Obertöne nicht an; auf Röhren, 
die an dem einen Ende eng, an dem anderen weit sind, 
spricht der Grundton nicht immer an und die hohen Obertöne 
sind nicht so zahlreich wie auf der engen Röhre; auf weiten 
Röhren sprechen der Grundton und tiefere Obertöne an, die 
hohen fallen aus. Der Klang einer engen Röhre ist demnach 
leer, doch scharf, der einer weiten Röhre dagegen dumpf; am 
vollsten und auch am angenehmsten ist er auf der allmählich 
sich erweiternden Röhre. Alle diese Formen sind in den Luft- 


106 Karl Deditius: 


röhren der Vögel zu finden. Das Auftreten jener Obertöne ist 
aber von Bedingungen abhängig. Nicht nur die Stärke des An- 
blasens, sondern auch die anfängliche Weite des Ansatzrohres 
sind dafür entscheidend. Die Versuche auf dem Blechinstrument 
ergeben, dass vorzugsweise die hohen Obertöne auftreten, wenn 
der kegelförmig ausgebohrte Zapfen lang ist und mit einer kleinen 
Öffnung nach dem Mundstückkessel endigt und dass die hohen 
Obertöne wegfallen, wenn der Zapfen kurz und die Öffnung zum 
Kessel weit ist. Die gleichen Wahrnehmungen sind bei den 
Luftröhren der Vögel zu machen. Diejenigen der Feldlerche, des 
Rotkehlchens, des Buchfinken sind anfänglich bedeutend enger 
als in der Folge, ihre Stimmen sind daher reicher an Obertönen 
als diejenigen der Grasmücken, der Haidelerche, des Baumpiepers, 
bei welchen Vögeln der Anfang der Luftröhre nur wenig enger 
ist als die Fortsetzung. Die Stimme der ersteren Vögel ist hart, 
der höheren Obertöne wegen, die der letzteren weich. 


Die Stimme einer jeden Vogelart besitzt ihre besondere 
Klangfarbe. Dies ist jene Eigentümlichkeit, durch welche Töne 
von gleicher Höhe unterschieden werden. Selbst ein ungeübtes 
Ohr empfindet, ob der Ton z. B. von einer Violine, einer Trompete, 
einer Flöte u. s. w. ausgegangen ist. Die Verschiedenheit solcher 
Empfindung beruht hauptsächlich auf dem Mitklingen von Ober- 
tönen, zum Teil auch auf der Beimischung von schwachen | 
Geräuschen. In regelmässigen Röhren treten die Obertöne gleich- 
mässig auf, in unregelmässigen können sie es nicht, weil die 
Schwingungsformen Änderungen erleiden,welche dieObertöne beein- 
flussen. Gewisse Obertöne werden übermässig verstärkt, gewisse 
geschwächt und gewisse sogar unterdrückt; der Wechsel in der 
Klangfarbe kann durch die unbeschränkte Anzahl von Schwingungs- 
formen sehr mannigfaltig sein. Regelmässige Luftröhren, das 
wären cylindrische oder solche, deren Wand sich in der Kurve 
einer Parabel erweitert, finden wir bei keinem Vogel. Die meisten 
Sänger besitzen eine anfänglich im Querschnitt runde Luftröhre, 
die bald auf eine kurze Strecke hin platt wird und im übrigen 
Teile elliptischen Querschnitt annimmt, der sich vor dem oberen 
Kehlkopfe erweitert. Die Abplattung, die nicht alle Vögel auf- 
weisen, und die Achsen der Ellipsen wechseln bei allen Vogel- 
arten, die Obertöne treten demnach verschieden auf und aus ihnen 
entsteht die verschiedene Klangfarbe. 


Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel. 107 


Die Röhre des Blasinstruments sucht man je nach der Art 
des Instruments möglichst gleichmässig zu gestalten, damit die 
Öbertöne auch gleichmässig bleiben; die Klangfarbe wird indes 
durch das Mundstück geändert. Auf derselben Röhre werden 
Mundstücke mit gleicher Bohrung des Zapfens, jedoch mit ver- 
schiedenen Kesselformen, wohl die gleichen Obertöne ansprechen 
lassen, ihre Klangfarbe wird aber durch jedes dieser Mundstücke 
eine andere sein. Im Allgemeinen geben flache Kessel harte und 
tiefe Kessel weiche Klangfarben, wobei die Kesselweite die Ton- 
stärke bestimmt. Es lassen sich eine erhebliche Anzahl Zwischen- 
formen mit immer anderer Klanofarbe schaffen, da selbst ganz 
geringe Abweichungen die Klangfarbe beeinflussen. Im Stimm- 
organ des Vogels nimmt die Trommel die Rolle eines Mundstücks 
ein, sie trägt also auch zur Änderung der Klangfarben bei. So 
wie die Luftröhre der einen Vogelart nie genau derjenigen einer 
anderen Art gleicht, so wechseln auch die Trommeln der vielen 
Arten, und jede Trommel ändert die Klangfarbe in eigener Weise. 
Wird nun in Erwägung gezogen, dass jede Luftröhre ihre besonderen 
Öbertöne besitzt, dass deren Erweckung von der anfänglichen 
Weite abhängt, dass die Trommel selbständig die Klangfarbe 
ändert und dass endlich die Anzahl der auftretenden Obertöne 
auch von der Stärke des Anblasens bestimmt wird, so muss die 
Klangfarbe in den Stimmorganen der Vögel eine sehr mannigfaltige 
sein, und das ist in der That der Fall. 

Was der Änderung der Klangfarbe durch Mundstücke zu 
Grunde liest, darüber verlautet nirgends etwas. Es ist wahr- 
scheinlich, dass die in dem Mundstücke — beim Vogel in der 
Trommel — eingeschlossenen, weiten Schallwellenteile nicht in 
vollem Umfange von dem anfänglich sehr engen Zapfen aufge- 
nommen werden, so dass im Kessel ein Überschuss verbleibt, der 
Schallreflexe erzeugt, die sich den Tönen in der Röhre beimischen 
und damit die Klangfarbe beeinflussen. Der Einfluss wird um so 
bemerklicher, je weiter der Kessel ist.) Es ist zweifelhaft, ob 
die sehr kurzen Luftröhren der kleinsten Vögel noch fähig sind, 
Obertöne zu bilden. Wenn der Zweifel berechtigt wäre, dann 
könnte es nur die Trommel sein, die solchen Luftröhren die 
Klangfarbe giebt. 

2) Auch die morgagnischen Taschen im Kehlkopfe des Menschen 


dürften nicht ohne Einfluss auf die Klangfarbe der Stimme sein, da in 
jenen ebenfalls Schallreflexe vorkommen können. 


108 Karl Deditius: 


Statt der Trommel besitzen die Enten zwei seitliche, nicht 
gleich grosse und unregelmässige Ausbuchtungen. Die Schwin- 


gungen der Stimmbänder teilen sich diesen Hohlräumen mit, 
worin dann unregelmässige Schwingungen entstehen, die nicht 
Töne, sondern Geräusche bilden. Letztere fliessen in die Luft- 


röhre ab, welche sie durch Resonanz verstärkt. Daher kann die 
Stimme der Enten sich nur in heiseren Geräuschen und nicht 
in Tönen äussern. 

Die Vögel bringen nicht nur Töne sondern auch Geräusche 
d. s. Gekreische, Warnungsrufe und unmelodische Beigaben im 
Gesange. Ein Geräusch entsteht aus unregelmässigen Schwingun- 
gen, während der Ton nur aus regelmässigen Schwingungen des 
tönenden Körpers entstehen kann. Die gleichmässig in der Luft- 
röhre schwingende Luftsäule erzeugt nur Töne. Wenn ausser 
solchen noch Geräusche entstehen, so können diese nur durch 
Störungen der Schallwellen gebildet werden. Das Hervorbringen 
der Geräusche schreibt man gewöhnlich der Zunge zu, doch zu 
Unrecht. $ie ist bei den Sperlingsvögeln nicht nur steif, sondern 
sie liegt im offenen Raume auch zu weit entfernt von der 
Stimmritze, um störenden Einfluss ausüben zu können. Deshalb 
tritt der Ton zum grossen Teile schon in die freie Luft, bevor 
er die Zunge erreicht. Durch ihre Vorlagerung wird nur die 
Schallausbreitung ein wenig gehindert, der Ton verliert an Stärke 


und kann in Folge Beugung des Zungenstiels durch Schallreflexe 


etwas in der Klängfarbe leiden. Die platte und dünne Zunge 
der Insektenfresser hindert die Schallausbreitung weniger als die 
dickere Zunge der Körnerfresser, darum ist die Stimme der 
ersteren in der Regel klangvoller. Eine Ausnahme in beschränktem 
Masse macht der Graupapagei mit seiner weichen und allseitig 
beweglichen Zunge. Ein zuverlässiger Beobachter teilte mir mit, 
dass sein Graupapagei während der Nachahmung menschlicher 
Laute nur dann sich der Zunge bedient, wenn er das r sprechen 
will. Er stösst in solchem Falle die Zunge ebenso an den Schnabel 
wie sie der Mensch bei diesem Laute an den Gaumen stossen 
muss. Die sprechenden Sperlingsvögel, wie Stare, Elstern und 
Nussheher, besitzen nur steife Zungen, die Nachahmung der Sprach- 
laute fällt ihnen daher schwerer. Da der Ton weder mit der 
Zunge noch in der Mundhöhle zum Geräusch umgewandelt werden 
kann, so muss letzteres schon im oberen Kehikopfe entstehen. 
Dieser erfüllt auch die Bedingungen hierzu. Wir bemerken in 


Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel. 109 


ihm eine eigentümliche, mit einer Schleimhaut überzogene Kno- 
chengruppe, die bisher wenig Beachtung gefunden hat. An den 
Seiten der Stimmritze liegen die beiden Giesskannenknorpel; mit 
ihren Enden stossen sie, durch Gelenkbänder verbunden, an einen 
hohen, sehr dünnwandigen Knochen in Schildform (Cricoid), und 
‚hinter diesem liegen noch zwei platte Knochen in Rippenform. 
Diesem letzteren Paar lege ich grosse Bedeutung für die Stimme 
bei. Es ist anfänglich mit dem Kehlkopfe verwachsen, die Fort- 
setzung bis etwa zur Mitte ruht lose auf der Kehlkopfwand, und 
der Schluss hebt sich im Bogen aufwärts strebend davon ab, bis 
die Enden hinter dem Cricoid zusammenstossen. Unter dem 
Cricoid liegen zwei Muskelbündel, die ihre Fasern nach verschie- 
denen Richtungen abgeben; die meisten entfallen auf das Cricoid 
selbst. Die Menge der Muskelfasern lässt auf grosse Beweglich- 
keit dieses mittleren Knochen schliessen. Der Vogel wird damit 
die an den Knochenstücken haftende, dazwischen aber schlaft 
herabhängende Schleimhaut durch Hebung und Senkung, vielleicht 
auch durch seitliche Verschiebung, in mannigfacher Weise spannen 
und den Ausdruck des hier entstehenden Geräusches beliebig ein- 
richten können. Ja nach der Art des Vogels wechselt die Gestalt 
dieser Knochen, besonders die des mittleren. Meist tritt er in 
Schildform auf, manchmal auch als Ring oder als Dreieck. Auch 
hier macht sich der Widerstand geltend, den die schlaff hängende 
Haut der Wellenbewegung entgegengesetzt, denn sie ist wesentlich 
schlaffer als in übrigen Teile des oberen Kehlkopfes und in der 
Luftröhre und demnach ist der Widerstand auch viel geringer. 
Die Schallwellen können sich an dieser Stelle nicht so schnell 
wie in der Luftröhe bewegen, und unregelmässige Bewegungen 
lassen nicht Töne, sondern nur Geräusche entstehen. Um Töne 
hervorzubringen, muss der Vogel die rippenförmig gebogenen 
Knochen einwärts wenden. Damit wird die schlaffe Haut gespannt 
und mit den gebogenen Knochenstücken an die Kehlkopfwand 
gelegt. Die Bewegungsfähigkeit dieses Knochenpaares ist nicht 
anzuzweifeln. Vor ihrer Wendung bieten sie den Schallwellen 
noch einiges Hindernis, danach nicht mehr. 


Jene sonderbare Einrichtung im oberen Kehlkopfe benutzen 
begabte Vögel zur Nachahmung menschlicher Sprachlaute. Die 
Fertigkeit, die der Mensch in der Zunge und in den Zähnen 
besitzt, um die von den Stimmbändern gebildeten Töne in Sprach- 


110 Karl Deditius: 


. .. . . ° . | 
laute umzuwandeln, die grösstenteils auch Geräusche sind, besitzen 


einige Vogelarten im oberen Kehlkopfe. 


| 


Die Stärke eines Tones hängt zunächst von dem Kraftauf- 


wande ab, mit dem er erzeugt wurde, und dann von der Weite 
der Schallwellen, (die Länge ist nur für die Tonhöhe massgebend). 


Im Stimmorgan schwingen die Stimmbänder und mit ihnen die 


Luftsäule um so heftiger, je stärker der Luftstrom ist. Die 


Schwingungszahl und die ihr entsprechende Tonhöhe bleiben 
dabei unverändert. Bedingung ist hierbei ein ungestörter Abfluss 


der Schallwellen in die freie Luft. Die Stimme eines Vogels wird 


nie laut sein, doch die gleiche Tonhöhe behalten, sobald er die 


Stimmritze verengt oder gar den Schnabel schliesst. Sofern der 
Schallabfluss nicht beeinträchtigt wird, geben die weiten Röhren 
starke und die engen Röhren schwache Töne. Anfänglich enge 
und dann allmählich sich erweiternde Röhren, auch solche, von 
denen nur ein Ende erweitert ist, tönen ziemlich stark. Hingegen 
tönen nur schwach diejenigen Röhren, welche an beiden Enden 
eng, doch in der Mitte weit sind. Die Tonstärke enger Röhren 
kann leicht überschätzt werden. Ihr Grundton und die tieferen 
Obertöne sprechen entweder nur schwach oder gar nicht an, wo- 
gegen die hohen Obertöne stärker hervortreten. Da Schallwellen 
hoher Obertöne nur klein sind, so dringt verhältnismässig viel 
davon in die Öhröffnung, während von den weiten, stärkeren 
Schallwellen ein nur geringer Teil vom Ohr aufgenommen werden 
kann. Höhere Töne werden daher für das Ohr empfindlicher als 
tiefere. Aus diesem Grunde kann die schwache Stimme kleinerer 
Vögel dem Ohr eindrucksvoller sein als die starke Stimme grösserer 
Vögel. Der grösseren Tonstärke wegen hört man auch die 
Stimme der letzteren auf weitere Entfernung als die der ersteren. 
Die Vögel sind im Stande, die Stärke der Stimmen abzustufen. 
Wie sie diese schwächen, bemerkte ich vorhin. Die Verstärkung 
bewirken sie durch kräftigeren Antrieb der Stimmbänder und 
auch durch Erweiterung des oberen Kehlkopfes. Die Erweiterung 
tritt ein durch Wendung der rippenförmigen Knochen und durch 
Beugung des unteren Teiles vom Zungenstiel, dessen Ende mit 
dem Kehlkopfe verwachsen ist. Die Erweiterungen machen sich 
beim singenden Vogel schon äusserlich bemerkbar. Man nimmt 
gewöhnlich an, dass dies Aufblähungen wären. Solche können 
es aber nicht sein, denn bei geöfineter Stimmritze ist eine 
Ansammlung und Verdichtung der Luft im Kehlkopfe selbstver- 


Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel. 111 


ständlich unmöglich. Eine weitere und wohl die erheblichste 
Tonverstärkung findet in der Mundhöhle durch Schallreflexe statt, 
wobei mehr die Tiefe als die Weite massgebend ist. Die Mund- 
höhle der Insektenfresser ist tiefer als diejenige der Körnerfresser, 
daher der ersteren Stimme auch stärker. 

Die Höhe der Töne kleinerer Vögel nach dem Gehör zu 
bestimmen, dürfte kaum gelingen, weil das Ohr kleine Intervalle 
in hohen Tonlagen nicht mehr zu unterscheiden vermag, es irrt 
sogar im grössten Tonintervall, der Oktave. Die Höhe langer, 
anhaltender Töne liesse sich vielleicht mittels Syrene ermitteln. 
Abhängig ist die Tonhöhe von der Schwingungszahl der in der 
Luftröhre eingeschlossenen Luftsäule; je grösser die Anzahl ist, 
desto höher wird der Ton. Würde der Vogel die Luftröhre nicht 
verlängern, so könnte er nur den Grundton und wenige Ober- 
töne hervorbringen. Es giebt auch Vögel, die kaum über den- 
selben Ton hinauskommen; wahrscheinlich sind sie nicht fähig, 
die Luftsäule zu verlängern. Dagegen dürften die Sänger die 
Luftröhre bis zu einer bestimmten Grenze nach Belieben ver- 
längern, und auf die Verlängerung muss auch die Verkürzung 
folgen. In diesem Wechsel erhält die Luftröhre zahlreich ver- 
schiedene Läugen, von welchen jede ihren besonderen Grundton 
und die davon abhängigen Obertöne führt. Demnach ist die 
Luftröhre in einem begrenzten Tonumfange an Tonintervallen 
sehr reich. Gewöhnlich begnügt sich der Vogel mit den von 
seiner Art angenommenen Weisen, doch gehen manche Vögel 
darüber hinaus, indem sie in ihre Weisen auch solche anderer 
Arten einflechten, ohne gerade Spötter zu sein. Aufgezogene 
Nestjunge nehmen leicht allerlei Töne an, die sonst ihrer Art 
sanz fremd sind, was beweist, dass die Vögel zur Hervorbringung 
sehr vieler Töne fähig sind. Ausgiebigen Gebrauch von ihren 
Fähigkeiten machen schon in der Freiheit die Spötter. Ich be- 
sass Wildlinge von rotrückigen Würgern, die zehn Gesänge 
anderer Vögel vollständig wiederzugeben vermochten und ausser- 
dem ebensoviel Bruchstücke von Gesängen und Rufen wieder 
anderer Vögel. In allen diesen Nachahmungen fehlte aber selbst- 
verständlich die Klangfarbe der betreffenden Arten. Die Luft- 
röhre der Würger zeigt eine regelmässigere Form als die der 
anderen Singvögel. Sie erweitert sich von der Trommel ab bis 
zum oberen Kehlkopfe hin allmählich und ist auch nirgends 
abgeplattet, demnach kann sie für die Bildung vieler Töne mehr 


112 Karl Deine: 


geeignet sein. Die Wiedergabe von Tönen aus längerer Luft- 
röhre ist leicht erklärlich, da hierzu der Vogel seine kürzere 
Luftröhre nur entsprechend auszuziehen hat. Dagegen ist die 
Wiedergabe von Tönen kürzerer Luftröhren eine bewunderns- 
werte Kunstleistung. Um die höheren Töne zu treffen, muss der 
grössere Vogel den Grundton seiner Luftröhre durch Verlängerung 
so einstellen, dass die Obertöne davon mit der Höhe des Tones 
der kurzen Luftröhre übereinstimmen. So oft die letztere den 
Ton wechselt, so oft muss auch der Grundton der längeren Luft- 
röhre gewechselt werden. Und das Alles vollzieht sich mit so 
grosser Schnelligkeit und Sicherheit, dass man über die musi- 
kalische Begabung der Vögel staunen muss. 

Auch in der Umstimmung der Luftröhre nähert sich das 
Stimmorgan sehr dem Blasinstrument, dessen Grundton durch 
Einschaltung von Ventilzügen mehrfach erniedrigt wird. Aus den 
Obertönen der erniedrigten Grundtöne werden die Tonleitern zu- 
sammengestellt. Bei der Posaune gestaltet sich die Einstimmung 
der Grundtöne und ihrer Obertöne noch einfacher durch Auszug 
der Röhre. Diese Art Biechinstrument steht also dem Stimm- 
organ am nächsten. 

Alle Versuche, den Naturgesang der Vögel in musikalische 
Notenschrift zu setzen, waren bisher vergeblich, und sie werden 
es wohl auch bleiben, weil die Vögel Tonintervalle unserer Musik 
nicht bringen. Das kleinste musikalische Tonintervall ist der 
Halbton; wie klein sind dagegen die Tonabstufungen, die aus 
den verschiedenen Verlängerungen und rückwärtigen Verkürzungen 
der Luftröhre folgen! Nun richtet sich die Länge und Tontiefe 
der Luftröhre etwa nach der Grösse des Vogels. Die Grundtöne, 
Obertöne und Abstufungen durch Verlängerung können daher bei 
den vielen Vogelarten nicht gleich sein. Durch Abrichtung sind 
indess Vögel auch an musikalische Tonintervalle zu gewöhnen. 
In begrenztem Tonumfange sind die stimmbegabten Vögel zur 
Wiedergabe solcher Intervalle wohl befähigt. 

Die Anzahl der Schwingungen folgt im Allgemeinen aus 
dem Spannungsgrade der Stimmbänder. Bei schwacher Spannung 
treibt sie der Luftstrom weiter auseinander als bei starker. Der 
Spalt wird gross, die schwingenden Teile sind schwer und bewegen 
sich nur langsam. Ist aber die Spannung stark, dann entsteht 
ein kleinerer Spalt, es können nur kleinere Teile schwingen, und 
da diese leichter sind als die grossen, so fallen ihre Bewegungen 


Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel. 118 


schneller aus. Der Anzahl der Schwingungen entsprechend wird 
im ersteren Falle der Ton tief, im letzteren hoch sein. Indess 
vermag der Vogel die Tonhöhe nicht beliebig zu bestimmen, so- 
fern er nicht die Länge der Luftrohre ändert, denn aus der 
Länge folgt die Höhe des Grundtones und die der Obertöne, 
dazwischen liegende Tonintervalle sprechen nicht an. Daher ist 
eine genau bemessene Spannung der Stimmbänder auch nicht 
erforderlich. Für den Grundton und für jeden Oberton reichen 
schon annähernd richtige Spannungen aus. Die geringen Ton- 
änderungen, die aus Verlängerungen und Verkürzungen der Luft- 
röhre folgen, werden in den meisten Fällen keiner besonders zu 
bemessenden Spannung der Stimmbänder bedürfen, weil die 
Luftsäule in solchen Fällen die Schnelligkeit der Schwingungen 
sofort ändert. Auch über diese Punkte giebt uns das Blas- 
instrument Aufschluss. 


Journ. £. Orn, L. Jahrg. Januar 1902, 8 


114 


Mitglieder verzeichnis 


der 


Denischen Ormiholoischen Gesellschaft, 


1902. 
Vorstand: 
R. Blasius, Präsident. 
H. Schalow, Vize-Präsident. 
A. Reichenow, Generalsekretär. 
P. Matschie, Stellvertr. Sekretär. 
K. Deditius, Kassenführer. 
Ausschuss: 
J. Cabanis. M. Kuschel. 
A. v. Homeyer. A. Nehrkorn sen. 
W. Blasius. Graf v, Berlepsch. 
Freih. R. König-Warthausen. | J. Talsky. 
P. Kollibay. A. Koenig. 
Ehrenmitglieder: 


1870. Herr Möbius, Carl, Dr., Prof., Geh. Regierungsrat, Direktor 
des Königl. Museums für Naturkunde in Berlin. 
Ehrenpräsident der Gesellschaft. 


1868. - Bolle, Carl, Dr., Gutsbesitzer, Scharfenberg bei Tegel. 

1870. - Collett, Robert, Professor, Christiania. 

1900. - Herman, O., Chef der Ungarischen Ornithologischen 
Zentrale, Budapest VIII. Jözsef-Körüt 65 Ie. 

1862. - Krüper, Theobald, Dr., Konservator am Universitäts- 
museum in Athen. 

1862. - Newton, Alfred, Dr., Professor, Cambridge, Magdalene 


College. 


Mitglieder-Verzeichnis. 115 


1900. Herr Radde, Gustav, Dr., Kaiserl. russ. Geh. Staatsrat, 


1900. 


1900. 


1900. 


1874 


Excellenz, Director des Kaukasischen Museums in 
Tiflis, Transkaukasien. 

Graf Salvadori, T., Professor, Vizedirektor des 
zoologischen Museums in Turin. 

Sclater, P. L., Dr., Sekretär der Zoologischen 
Gesellschaft in London, W., 3 Hanover Square. 
Sharpe, R. B., Dr., Assistant Keeper, British Museum, 
London SW., Cromwell Road. 


Mitglieder: 


. Seine Königliche Hoheit Ferdinand Fürst von Bul- 


garien, Prinz von Sachsen-Koburg-Gotha, in 
Sofia. 


1897. Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Therese vonBayern 


1887 


in München. 


. Seine Durchlaucht Fürst von Salm-Salm in Anbolt. 
1879. Direktion des Zoologischen National-Museums in Agram 


in Kroatien, (vertreten durch den Direktor Hrn. Prof. 
Dr. Langhoffer). 


1894. Herr Arends, Dr. med., prakt. Arzt, Nordseebad Juist. 


1898. 
1884. 
1891. 
1901. 
1870. 
1893. 


1897. 
1862. 


1872. 


1890. 


Graf Arrigoni Degli Oddi, Ettore, Professor, 

Dozent der Zoologie an der Universität Padua (Italien). 

von Bardeleben, Friedrich, Generalmajor z. D., 

Frankfurt a. M. 

Freih. von Berg, Kais. Landforstmstr., Strassburg i.E. 

Berge, Robert, Zwickau i. S., Moritzstr. 26. 

Graf von Berlepsch, Hans, Erbkämmerer in Kur- 

hessen, Schloss Berlepsch bei Gertenbach. 

Freiherr von Berlepsch-Seebach, Hans, Cassel, 

Landaustrasse 2. 

Biedermann, Rich., Dr., Eutin, Waldstrasse. 

Blasius, Rud., Dr. med., Professor, Stabsarzt a. D., 

Braunschweig, Insel-Promenade 13. 

Blasius, Wilhelm, Dr. med., Prof., Geh. Hofrat, 

Direktor des Herzogl. Naturhist. Museums u. Botan. 

Gartens, Braunschweig, Gauss-Strasse 17. 

Bolau, H., Dr., Director des Zoolog. Gartens in Ham- 

burg. (Für die Zoolog. Gesellschaft in Hamburg). 
8* 


116 


1902. 


1895. 


1886. 


1851. 


1894. 
1884. 


1902. 


1884 


1868. 
1880. 
1902. 


1868 


1890. 


1900 


1882 


1894. 
1893. 
1890. 


1873. 
1868. 


1888. 


1894. 


1892. 


1896. 


Mitglieder-Verzeichnis. 


Herr Braun, F., Lehrer an der Deutschen Realschule in 
Konstantinopel-Pera. 
- Brehm, Horst, Dr. med., prakt. Arzt, Berlin N.‘ 
58, Wörther-Strasse 48. 
- Bünger, Herman, Bankvorsteher, Potsdam, Vic- 
toriastr. 72. | 
- Cabanis, Jean, Dr., Professor, Friedrichshagen, 
Friedrich-Strasse 101. 
- Chernel von Öhernelhäza, Stef., Köszeg (Ungarn). 
- von Dallwitz, Wolfgang, Dr. jur., Rittergutsbesitzer, 
Tornow bei Wusterhausen a. d. Dosse. 
Danziger Naturforschende Gesellschaft (vertreten durch Hrn. 
Oberlehrer Dr. Lakowitz, Danzig, Frauengasse 26. 


Herr Deditius, Karl, Rechnungsrat, Schöneberg b. Berlin, 
Merseburgerstr. 6. II. 
- Dohrn, H., Dr., Stettin, Lindenstr. 22. 
- Graf W. von Douglas, Karisruhe (Baden). 
Dresdener Ornithologischer Verein (vertreten durch Hrn. 
Dr. phil. Bräss in Dresden, Äuss. Radebergerstr. 4). 
Herr Dresser, H. E., 110 Cannon Street, London E. C. 
- Dreyer, Otto, Buchdruckereibesitzer, Berlin W. 8. 
Mauerstr. 53. | 
Gräflich Dzieduszyckisches Museum (vertreten durch 
Herrn Dr. P. J. Mazurek), Lemberg. 
Herr Ehmcke, H., Landgerichtsrat, BerlinW. 30, Motzstr.76. 


- Freiherr von Erlanger, Carl, Nieder-Ingelheim. 
- Evans, A. H., Cambridge in England, 9 Harvey Road. 


- Freese, Richard, Polizeisekretär, Berlin NO. 18, 
Bardelebenstr. 1. 

- Frick, C., Dr., Sanitätsrat, Burg, Bz. Magdeburg. 

- Fritsch, Anton, Dr., Professor, Kustos d. National- 
Museums in Prag, Wenzelsplatz 66. 

- Fürbringer, M., Dr., Geh. Hofrat, ord. Professor 
der Anatomie a. d. Universität Jena. 

- Gaal de Gyula, Gaston, Gutsbesitzer, Keszthely 
(Com. Zala), Ungarn. 

-  Gengler, J., Dr. med., Stabsarzt im bayr. 19. Infant. 
Regiment, Erlangen, Sieglitzhoferstr. 6 I. 

- Gottschlag,H., Kaufm., Berlin W. 57, Potsdamerstr. 86. 


1872. Herr 


1898.17: 


1896. - 
1871. - 


Mitglieder-Verzeichnis. 117 


Grunack, Albert, Kaiserl. Kanzleirat, Berlin SW.61, 
Blücherstr. 7. 

Haase, O., Adr. F. Sala & Co., Berlin NW. 7, Mittel- 
strasse 5i. 

Härms, M., Samhof b. Nustago, Livland. 
Hagenbeck, Carl, Handelsmenageriebesitzer, Ham- 
burg, St. Pauli. 


1902. Hamburger Ornithologisch-Oologischer Verein (vertreten 


1902. Herr 


1885. - 


1889. - 


1862. - 


1895. - 
1898215 - 


1901, . = 
1889. 


1898 7°- 


1900. - 


1891. - 


1897.  - 
1881. - 


1868. - 
1858. - 
1890. - 
1901. - 
1901. - 
1892. - 


durch Hrn. Geometer H. Cordes, Hamburg, Bleichen- 
brücke 17). 

Hantzsch, B., Lehrer an der höheren Volksschule, 
Dresden-Plauen. 

Hartert, Ernst, Direktor des Zoologischen Museums 
in Tring in England. 

Heck, L., Dr., Direktor des Zoolog. Gartens in 
Berlin W.62, Kurfürstendamm 9. (Für den zoologischen 
Garten). 

Heine, F., Oberamtmann auf Kloster Hadmersleben, 
bei Hadmersleben. 

Heine, F., Dr., Referendar, Hadmersleben. 
Heinroth, O., Dr. med., Berlin W. 62, Kurfürsten- 
damm 9. (Zoolog. Garten). 

Hellmayr, Eduard, Wien VII. 1, Halbgasse I Thür 20. 
Helm, F., Dr., Lehrer an der Landwirtsch. Schule 
in Chemnitz, Schillerplatz 21, II. 

Hennicke, C. R., Dr. med., Specialarzt f. Augen- 
und Ohrenleiden, Gera (Reuss j. L.), Adelheidstr. 12. 
Henrici, F., Dr. jur., Referendar, Marienwerder 
(Westpr.), Marienburgerstr. 21. 

von Heyden, Lucas, Major z. D., Dr. phil. h. c., 
Professor, Frankfurt a. M.-Bockenheim. 

Hilgert, C., Präparator, Nieder-Ingelheim. 
Hintz, Robert, Königl. Ober-Forstmeister, Cassel, 
Annastr. 6. 

Holtz, Ludw., Greifswald, Wilhelmstr. 6. 

von Homeyer, Alexander, Major a. D., Greifswald. 
Hülsmann, H., Fabrikbesitz., Altenbach b. Wurzen. 
Hundrich, Amtsgerichtsrat, Hermsdorf am Kynast. 
Hundrich, R., Kaufmann, Breslau, Museumsstr. 7. 
Jacobi, A., Dr., Berlin NW. 23, Klopstockstr. 19/20, 


118 Mitglieder-Verzeichnis. 


1890. Herr Junghans, K., Professor an der Ober-Realschule 
Cassel, Grüner Weg 26. 

1901. Kaukasisches Museum in Tiflis, Transkaukasien (vertreten 
durch Hrn. Dr. G. Radde, Kaiserl. Russ. Geh. 
Staatsrat, Excellenz, in Tiflis). 

1901. Herr Klein, Eduard, Dr. med., prakt. Arzt in Sofia, Bulgarien 


1897.  - Keschmmndit, ÖO., Pfarrer, Volkmaritz bei Deder- 
stedt, Prov. Sachsen. 

1851. - Richard Freiherr König von und zu Warthausen, 
Dr., Königl. Kammerherr, Schloss Warthausen bei 
Warthausen. 

1837. - Koenig, A., Dr., Prof., Bonn, Koblenzerstr. 164. 

1902. - Köpert, O., Dr., Oberlehrer, Dresden-Striesen, Fran- 
kenstr. 2. 

1888. - Kollibay, Rechtsanwalt u. Notar, Neisse, Ring 12 I. 

1898. - Kosegarten, M., Fabrikdirektor, Berlin SO. 33, Köpe- 
nickerstr. 146 II. 

1899. - Kräpelin, Dr., Professor, Direktor des zoologischen 
Museums, Hambureg. 

1885. - Kuschel, Max, Polizeirat, Guhrau Rgbz. Breslau. 
1898. - Lampert, Dr., Professor, Ober-Studienrat, Vorstand 
des Kgl. Naturalien Kabinets, Stuttgart. 

1902. - Lamprecht, H., Fabrikbesitzer, Jauer i. Schl. 

1890. - Lauener, Ch., Redakteur, Leipzig, Sophienstr. 49. . 

1898. - Lauterbach, Dr., Stabelwitz b. Deutsch-Lissa. 


1896. Leipziger Ornithologischer Verein (vertreten durch Herrn Dr. 
R. Schulze, Leipzig, Sidonienstr. 21). 

1886. Herr Leverkühn, Paul, Dr. med., Direktor der wissen- 
schaftlichen Institute und Bibliothek Sr. Kgl. Hoheit 
des Fürsten von Bulgarien, Sofia, Bulgarien. 


1900. - von Lucanus, F., Oberleutnant im 2. Garde-Ulanen 
Regiment, Berlin NW. 52, Werftstr. 14. 

1881. - von Madaräsz, Julius, Dr. phil, Kustos am Un- 
garischen National-Museum in Budapest. 

1891. - Mannkopf, Oscar, Königl. Hof- und Garnison- 
Apotheker, Cöslin. 

1895. - Martin, Dr., Direktor des Grossherzoglichen Natur- 
histor. Museums in Oldenburg (Grhzgt.). 

1884. - Matschie, P., Kustos des Kgl. Zoologischen Museums 


in Berlin, N. 4, Invalidenstr. 43. 


Mitglieder-Verzeichnis. 119 


1872. Herr Meyer, A. B., Dr., Geh. Hofrat, Direktor d. Zoo- 


1894 


‚1892. - 


1880. 


1897 


logisch., Anthropol. u. Ethnograph. Museums in Dresden. 
v. Middendorff, E., Majoratsherr auf Hellenorm 
b. Elwa in Livland. 

Graf vonMirbach-Geldern-Egmont, Alphons, auf 
Schloss Rogenburg in Schwaben, Kgl. Bayr. Kammer- 
herr, Kaiserl. Legationssekretär an der Deutschen 
Botschaft in Wien. 

Müller, August, Dr. phil., Inhaber des naturhistor. 
Instituts „Linnea“, Berlin N. 4., Invalidenstr. 105. 


. Münchener Ornithologischer Verein. (Vertr. durch den 


Vorsitzenden Hrn. Dr. Parrot, München). 


1880. Königliche Forst-Akademie in Hann.-Münden. 


1868. 
1893. 


1901. 


1896. 
1893. 


Herr 


Nehrkorn, A., Amtsrat, Braunschweig, Adolfstr. 1. 
Nehrkorn, Alex., Dr. med., Assistenzarzt am pathol. 
anat. Institut, Heidelberg. 

de Neufville, Robert, Sektionär der ornith. Samml. 
d. Senckenbergischen Naturh. Mus. i. Frankfurt a. M. 
Neumann, O., Berlin W. 9, Potsdamerstr. 10. 
Nitsche,Dr.,Geh.Hofrat, Professor d. Zoologiea.d. Kgl. 
sächs. Forst-Akademie Tharandt. (Für die Akademie). 


1895. Naturforschende Gesellschaft des. Osterlandes, (vertreten 


1890. 


1897. 
1875. 
1886. 


1885. 


1895. 


1897. 


Herr 


durch Herrn Lehrer Schilling) Altenburg 8. A» 
Schmölln’sche Chaussee. 

Pabst, Wilhelm, Dr., Kustos der naturhistorischen 
Samml. d. Herzogl. Museums in Gotha. (Für das 
Museum.) 

Paeske, Ernst, Berlin NW. 6, Am Zirkus 6. 
Palmen, J. A., Dr., Professor, Helsingfors, Finland. 


Parrot, Carl, Dr. med., prakt. Arzt, München, 
Thierschstr. 37 I. 

Pasch, Max, Königl. Hof-Lithograph und Hof-Buch- 
und Steindrucker, Verlagsbuchhändler, Berlin SW. 68, 
Ritterstr. 50. 

Prazäk, J. P., Dr. phil. et iur., Doctor of Science, 
Getreidehändler, Prag, Kgl. Weinberge, Slesischestr. 38. 
v. Quistorp-Crenzow, W., Dr. jur., Rittergustbes,., 
Mitglied des Hauses der Abgeordneten, Crenzow, 


120 


1892. 


1868. 


1885. 


1865. 


1894. 


1876. 
1898. 


1893. 
1888. 


1872. 
1902. 
1898, 
1901. 
1870. 
1898. 
1896. 
1891. 
1897. 
1892. 


1901. 


1879 


1900 


1878. 


Mitglieder-Verzeichnis. 


von Rabenau, H., Dr., Direktor d. Museums d. 
Naturforschenden Gesellschaft in Görlitz. (Für die 
Naturf. Gesellschaft). 

Reichenow, Anton, Dr., Professor, Kustos des 
Kgl. Zoologischen Museums in Berlin, N. 4, Invali- 
denstr. 43. 

Reiser, Othmar, Kustos d. Naturwissenschaftlichen 
Abteilung des Bosnisch - Herzegowinischen Landes- 
museums in Sarajewo, Bosnien. 

Rey, E., Dr., Leipzig, Elisenstr. 43. 

Rörig, G., Dr., Prof., Regierungsrat am Reichs- 
Gesundheitsamt, Westend, Akazienallee 17. 
Rohweder, J., Gymnasial-Oberlehrer, Husum. 
Rolle, H., Naturalienhändler, Berlin N. 24, Elsasser- 
strasse 47/48. 

Baron von Rothschild, W., Dr. phil., Tring in England. 
Schäff, Ernst, Dr., Direktor des Zool. Gartens in 
Hannover. 

Schalow, Herm., Kaufm., Berlin NW. 23, Schleswiger 
Ufer 15 II. 

Schenkling, C., Reallehrer, Berlin SW. 11, König- 
grätzerstr. 35. 

Schillings, C. G., Gutsbesitzer, Gürzenich. 
Schlegel, R., Leipzig, Täubchenweg 43,b. 
Schlüter, Wilhelm, Naturalienhändler, Halle a. S. 
Schöpf, Direktor des zoologischen Gartens in Dresden. 
Schulz, A., Dortmund, Ostenhellweg 53. 

von Schutzbar gen. Milchling, Rittmeister a. D., 
Hann.-Münden. 

Schwerdt, C. F. G. Richard, Millcourt Alton (Hants), 
England. 

Shelley, G. E., Captain, 39 Egerton Gardens, Lon- 
don SW. 

Sokolowsky, A. Dr. phil. Charlottenburg, Her- 
derstr. 14. 


. Stettiner Ornithologischer Verein (vertreten durch Herrn 


Oberlehrer Dr. Plathe, Stettin, Deutsche Str. 58 II), 


. Herr Suschkin, P., Assistent am Kabinet für vergleich. 


Anatomie d. Kais. Universität Moskau. 
Talsky, Josef, Professor, Olmütz. 


Bericht über die Septembersitzung 1901. 121 


1872. Herr Thiele, H., Baumeister, Cöpenick. 


1874. - Thiele, Hch., Forstmeister, Braunschweig. Ausser- 
ordentliches Mitglied. 

1901. - Thieme, Alfred, Lehrer, Leipzig, Johannisallee 7 II. 

1899. - Thienemann, J., Rossitten a. d. Kurischen Nehrung. 

1890. - vonTreskow, Major a.D., Westend, Spandauerberg 5. 

18668. - Victor Ritter von Tschusi zu Schmidhoffen, 
Villa Tännenhof bei Hallein. 

1886. - Urban,L., Architekt u. Mauermeister, Berlin SW. 61, 


Blücherstr. 19. 
1890. Frau Vieweg, H., geb. Brockhaus, Braunschweig. 
1901. Herr Voigt, Alwin, Dr. phil., Leipzig, Färberstr. 15 1. 


1890. - Wendlandt, P., Kg]. Forstmeister, St. Goarshausen. 

1896. - Wickmann, H., Dr., Münster i. W., Kathagen 11. 

1873. - Graf von Wilamowitz-Möllendorf, Majoratsherr 
auf Schloss Gadow bei Lanz, Reg.-Bez. Potsdam. 

1898. - Wüstnei, C. Baurat, Schwerin i. Meckl., Mühlen- 
strasse 13. 

1884. - Ziemer, E., Klein-Reichow b. Standemin, Pommern. 

1892. - Zimmermann, Th., Apotheker, Danzig, Kaninchen- 
berg 11. 


Dentsche Ornithologische Gesellschaft. 


Bericht über die Septembersitzung 1901. 


Verhandelt Berlin, Montag den 2. September 1901, Abends 
8 Uhr im Bibliothekzimmer des Architekten-Vereinshauses, Wil- 
helmstr. 92. I. 

Anwesend die Herren: Deditius, Reichenow, Schalow, 
Haase, Gottschlag, Pascal, Heck, Sokolowsky. Von aus- 
wärtigen Mitgliedern Hr. Holtz (Greifswald), als Gast Hr. Stej- 
neger (Washington). 

Herr Schalow eröffnet die Sitzung, die erste nach den 
Ferien, und begrüsst als Gast Herrn Leonhard Stejneger 
(Washington) sowie das auswärtige Mitglied der Gesellschaft, 
Herrn Ludwig Holtz aus Greifswald. 

Der Vorsitzende berichtet über den Verlauf des \V. Inter- 
nationalen Zoologen Kongresses, der vom 10.— 16. August in Berlin 


122 Bericht über die Septembersitzung 1901. 


getagt hat und an dem viele ausländische, deutsche und hiesige» 
Ornithologen teilgenommen haben. Er bespricht kurz die während! 


des Kongresses in den einzelnen Sectionen gehaltenen Vorträge: 


ornithologischen Inhalts. Am Dienstag den 13. August hatte 
unsere Gesellschaft die Freude, mit vielen berliner uud auswär-: 
tigen Mitgliedern eine Anzahl ausländischer Ornithologen in den 
Räumen des Künstlerhauses begrüssen und bewirten zu können. 
Aus der Reihe der fremden Teilnehmer, die zum Teil mit ihren 
Damen beim Festmal erschienen waren, mögen hier u. a. Sharpe: 
(London), Forbes (Liverpool), Scott Wilson (Cambridge), 
Muir (London), Stejneger (Washington), Jjima (Tokio), Baron 
de Guerne (Paris), Gadeau de Kerville (Rouen), Arrigoni 
degli Oddi (Padua), Finsch (Leyden), Dresser (London) 
genannt sein. 

Gelegentlich des Ausfluges der Kongressteilnehmer nach 
Hamburg und Helgoland konnten verschiedene Museen und Samm- 
lungen besichtigt werden. Herr Schalow weist eingehend auf 
die grossartig angelegten und künstlerisch durchgeführten biolo- 
gischen Gruppen hin, die in dem neuen, z. Zt. noch nicht eröff- 
neten Provinzialmuseum in Altona zur Aufstellung gelangt sind. 
Nach dem einstimmwigen Urteil fachmännischer Besucher lassen 
dieselben in Bezug auf die künstlerische Durchführung plastisch 
biologischer Darstellung alles hinter sich zurück, was selbst in 


grossen Museen in dieser Richtung zur Ausstellung gebracht zu. 


werden pflegt. Auch die bekannte Sammlung Heinrich Gätke’s 
wurde erwähnt, die unter der Aufsicht Prof. Hartlaubs in dem 
Nordseemuseum auf Helgoland eine neue und würdige Aufstellung 
gefunden und durch eine Anzahl neuer, auf der Insel und der Düne 
erbeuteter Exemplare eine nicht unwesentliche Erweiterung er- 
fahren hat. 

Herr Schalow legt eine Reihe von Herrn Prof. Plate auf- 
genommener Photographien der Lummenbrutfelsen auf Helgoland, 
die mit nistenden Vögeln dicht besetzt sind, den Anwesenden vor. 

Hr. Reichenow teilt mit, dass nach Beobachtungen, die 
Hr. Freiherr v. Berlepsch-Seebach an gefangenen Hausrot- 
schwänzen angestellt hat, die Form #. cairii nur das junge 
Männchen des E. titis sei. 

In der Discussion über diesen Gegenstand bemerkt Herr 
Schalow, dass er sowohl in der deutschen Tiefebene wie überall 
in den deutschen Mittelgebirgen nur typische schwarze gg mit 


Bericht über die Septembersitzung 1901. 123 


grauen 29, bei gepaarten Paaren gesehen habe. Nie wurden Jg in 
rauchgrauem Gefieder beobachtet. Herr Schalow weist auf 
seine früheren Mitteilungen über diesen Gegenstand hin, in welchen 
versucht wurde, nachzuweisen, dass Erithacus cavirii (Gerbe) nichts 
als E. Zitis (Linn.) im ersten Kleide sei. Lechthaler-Dimier 
hat dies in einer Arbeit (Arch. sc. phys. et nat. de Geneve T. 
26, 1891 p. 250/56) auch durch eingehende Beobachtungen an 
sefangenen Vögeln auf das bestimmteste nachgewiesen. Andere 
Örnithologen sind der Ansicht, dass die graue Gebirgsform als 
eine zum mindesten gute Subspecies zu betrachten sei, die in 
den hohen Gebirgslagen den Vogel der Ebene, E. tits, vertritt 
und die ihr graues Kleid. in allen Jahreszeiten, in allen Alters- 
stufen und in beiden Geschlechtern behält und niemals mit einem 
dunkleren vertauscht. Das graue Kleid wird niemals abgelegt. 
Herr Schalo w bemerkt hierzu, dass er aber auch im Hochge- 
birge, z. B. bei Adelboden, an der Grenze der berner und walliser 
Alpen, typische schwarze Jg in gepaarten Paaren zur Brutzeit 
beobachtet habe. Was die Brehm’sche Subspecies des Hausrot- 
schwanzes anbetrifft, von der der Autor sagt, „die $ werden 
schon im ersten Herbst schwarz“ — kein Ornitholog hat nach 
Brehm diese Beobachtung wiederholt — so dürfte die Existenz 
einer solchen Form noch zu erweisen sein. Herr Schalow kann 
sich nicht entschliessen, in Bezug auf alle diese Fragen der v. 
Tschusi’schen Ansicht beizutreten, dass eine zweite Brut auf 
die Verspätung der Mauser eine so tief einschneidende Wirkung 
bezügl. der ganzen Ausgestaltung des Gefieders ausüben solle. 
Dass bei den Individuen zweiter Brut nicht eine so intensive 
Ausbildung des Federkleides stattfindet wie bei der ersten — 
v. Tschusi erwähnt Motaeilla alba — ist ganz natürlich und auch 
bekannt, dass aber ein vollkommenes, dem ersten Alterskleide 
vorangehendes und von diesem durchaus abweichendes Zwischen- 
kleid bedingt würde, dürfte nach analogen Beobachtungen an 
anderen Arten nicht anzunehmen sein. Und wenn dem wirklich 
so wäre, warum haben wir in der ganzen norddeutschen Tief- 
ebene, in der E. Zitis durchaus nicht selten ist, und auch Zwei 
Bruten macht, keine brütenden rauchgrauen (E. cairii!) Paare? 

Möglich ist ja auch, dass die gg von E. titis unregelmässig 
das Alterskleid anlegen, die einen im ersten, die andern erst im 
zweiten Jahre. Herr Schalow glaubt, dass die Fragen von 
Kleinschmidt (J. f. O. 1892 p. 198): „Sind E. titis typ. und 


124 Bericht über die Septembersitzung 1901. 


E. titis brehmi verschieden, oder sind letztere nur Vögel der 
ersten Brut, und wie ist die örtliche Verbreitung derselben, als 
erledigt zu betrachten sind, dagegen dürfte seines Erachtens 
vielleicht die Frage zu erörtern sein: wie weit nördlich erstreckt 
sich das Brutgebiet der rauchgrauen, im’ ersten Jahreskleide 
befindlichen und bereits in diesem brütenden Individuen von 
Erithacus titis, wo schreitet nur der ausgefärbte Vogel zur Paa- 
rung und wo brüten beide Formen nebeneinander? 


Herr Holtz bemerkt, dass er in einer langen Reihe von 
Jahren im Sommer niemals graue gg als Brutvögel gefunden habe. 


Im Anschlusse an einen Bericht des Herrn Reichenow 
über Saxicola oenanthe und $. oe. leucorhoa erörtert Hr. Stej- 
neger eingehend die Verbreitung dieser beiden Formen. 


Hr. Schalow teilt mit, dass in einem dem Internationalen 
Zoologen-Kongress seitens des Fischerei-Vereins für die Provinz 
Brandenburg gewidmeten Hefte (1901 Nr. 2) eine Übersicht des 
in den einzelnen Distrikten der Mark erlegten Fischraubzeuges 
für 1900 sich befindet, worin (S. 305-309) u. a. 599 Podiceps 
und Mergus aufgeführt werden, die in einem relativ sehr kleinen 
Gebiet der Provinz gegen Zahlung von Prämien ausgelöst wurden. 
Die gewährten Prämien — für den Fischadler werden 3 Mark, 
für Reiher 2 Mark, für Taucher u. s. w. 1 Mark gezahlt — 
fordern zur Vernichtung einzelner der genannten, wahrscheinlich 
doch nur sehr örtlich schädlich auftretenden Vogelarten gerade- 
zu heraus. In der sehr lebhaften Diskussion über diesen Gegen- 
stand wird dem allgemeinen Bedauern Ausdruck gegeben, dass 
es in einer Zeit, in der man überall auf das wärmste und nach- 
haltigste der Erhaltung der Naturdenkmäler nähertritt, einer 
Interessengemeinschaft behördlich gestattet wird, schonungslos 
und vernichtend gegen unsere Vogelwelt vorzugehen. 


Herr Schalow teilt ferner mit, dass die Herren Prof. 
Plate und Dr. Hartmeyer am 30. August Hamburg verlassen 
haben, um im griechischen Archipel und im Roten Meer für das 
neu begründete Museum des kgl. Instituts für Meereskunde 
marine Sammlungen zusammenzubringen. Da sich Herr Plate 
auf seiner grossen südamerikanischen Reise als tüchtiger ornitho- 
logischer Sammler erwiesen hat, so dürfen wir hoffen, dass er 
auch von dieser Reise für das Berliner Museum Material heim- 
bringen wird. 


Bericht über die Oktobersitzung 1901. 125 


Herr Reichenow legt eine Anzahl von Bälgen aus der 
Provinz Tschili in China vor, die von Hrn. Leutnant Pogge 
während des Krieges in China gesammelt sind. Darunter befinden 
sich Bälge des Zwergsteissfusses, die beweisen, dass der chine- 
sische Zwergsteissfuss von dem europäischen zu sondern ist, 
worauf bereits von Sharpe (Cat. Br. Mus. XXVL S. 510) hin- 
gewiesen wurde. Hr. Reichenow benennt die Form Colymbus 
nigricans poggei. Das Schwarz der Kehle ist weniger aus- 
sedehnt als bei O. nigricans, aber viel weiter als bei philippensis 
das Rotbraun der Wangen reicht bis zum Auge, der Unterkörper 
ist blasser, seidenweiss, nur wenig mit schwarzgrau gemischt. 
Fl. 100—103, Schn. 20—23 mm. 

Schliesslich legt Hr. Reichenow noch einen neuen Fliegen- 
fänger Stizorhina vulpina aus Mittelafrika vor, der S£. fraseri 
sehr ähnlich ist, aber durch rotbraune mittelste Schwanzfedern, 
brennender rotbraun gefärbte äussere Schwanzfedern und brennend 
rotbraune Bürzelfedern und Oberschwanzdecken sich unterscheidet. 
Der Typus ist von Emin in Bundeko gesammelt. 


Bericht über die Oktober-Sitzung. 

Verhandelt Berlin, Montag, den 7. Oktober 1901, Abends 
8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92 1I. 

Vorsitzender: Herr Möbius. Schriftführer: Herr Matschie. 

Anwesend die Herren: Möbius, Schalow, Reichenow, 
Grunack, Paeske, Haase, Freese, Matschie, Deditius, 
Neumann,vonLucanus,Pascal,Kosegarten, Gottschlag, 
Heinroth und Bünger. 

Als Gäste nahmen Teil die Herren: W.Deditius (Breslau), 
Dr. Helms (Haslev, Rachwalsky, G. Haase, Hocke, 
Staudinger und Müller. 

Herr Möbius eröffnet die Sitzung mit Worten der Begrüssung 
für unser Mitglied Oscar Neumann, welcher von einer gefahr- 
vollen Forschungsreise durch das südliche Abessinien mit reichen 
Sammlungen in die Heimat zurückgekehrt ist, und für Dr. Helms, 
den bekannten Grönlandforscher, der einen Vortrag über die 
Vogelwelt Grönlands freundlich zugesagt hat. 

Herr Reichenow bespricht hierauf die neu erschienenen 
ornithologischen Arbeiten und legt unter anderem den ersten Band 
seiner „Vögel Afrikas“ vor. 


126 Bericht über die Oktobersitzung 1901. 


Herr Möbius ruft Herrn Heinroth, der mittlerweile 


erschienen ist, einen herzlichen Willkommensgruss zu und beglück- 
wünscht ihn zur Rückkehr von seiner Expedition in die Südsee 
und zu seiner Errettung aus grosser Gefahr. 

Herr Möbius macht alsdann eine Mitteilung über das neue 


Museum in Altona und rühmt die ausserordentlich geschickte 
Aufstellung und Präparation der dort befindlichen biologischen 


Gruppen, welche grosses Lob verdiene. Hier und da sei aller- 
dings des Guten zu viel geschehen, das Auge des Beschauers 
ermüde zu leicht, weil es bei der Fülle der aufgestellten Tiere 
nicht zur nötigen Ruhe käme. 

Herr Schalow macht darauf aufmerksam, dass der be- 
kannte Kapitänleutnant Bauendahl auf Spitzbergen eine bisher 
von dort nicht bekannte Vogelart nachgewiesen habe, nämlich 
Anas crecca, und giebt einige Bemerkungen über ihm zuge- 
sangene neuere Arbeiten. 

Herr Helms hält nunmehr seinen angezeigten Vortrag über 
die Vogelwelt des südlichen Grönlands, worin er unter 
Vorlegung einer grossen Anzahl von guten Photographieen die 
Ornis dieser Gegenden schildert und eine Fülle von interessanten 
biologischen Beobachtungen mitteilt. 

An die Ausführung des Redners schliesst sich, nachdem Herr 
Möbius dem Vortragenden den Dank der Versammlung ausge-. 
sprochen hatte, eine kurze Besprechung, an der die Herrn Rei- 
chenow und Helms sich beteiligen. Herr Helms betont, dass 
von amerikanischen Vögeln nur Anthus pensylvanicus auf Grönland 
regelmässig erscheine. 

Herr Deditius spricht alsdann in längerem Vortrage über 
die Akustik im Stimmorgane der Sperlingsvögel. Die sehr 
interessanten Mitteilungen werden im Journal für Ornithologie 
abgedruckt werden. 

Herr Möbius dankt dem Redner für seine wertvollen Aus- 
einandersetzungen, die sowohl dem Physiker als dem Anatomen 
sicherlich Anlass zu weiteren Untersuchungen gewähren werden 
und dem Ornithologen ganz neue Einblicke auf bisher nur wenig 
bekannte Verhältnisse eröffnen. 

Ein sehr reger Meinungsaustausch schliesst sich an den 
Vortrag. 

Herr Reichenow fragt, welche Wirkung die Trommel- 
bildungen bei Enten und anderen Vögeln auf die Stimme ausüben. 


Bericht über die Novembersitzung 1901. 127 


Herr Deditius weisst auf die unregelmässige Gestalt dieser 
merkwürdigen Auftreibungen hin und hebt hervor, dass dadurch 
unregelmässige Luftstösse entständen, die ein wirres Gemisch von 
Tönen, das Schnarren, erzeugten. 

Auch Herr Möbius äussert eine ähnliche Ansicht. 

Herr Deditius antwortet auf eine weitere Anfrage nach 
der Wirksamkeit der langen gewundenen Luftröhren, wie sie beim 
Kranich auftreten, dass dadurch ein sehr tiefer Ton entstehen 
müsse. Wenn der Schwan einen tönenden Laut von sich geben 
könnte, müsse er aus diesem Grunde auch sehr tief sein. 


Die Untersuchung des oberen Kehlkopfes der Singvögel sei 
sehr schwierig wegen der Zartheit der dabei in Betracht kommenden 
Organe. Ein sorgfältiges Studium des Bronchidesmus und der 
oberen beweglichen Teile des Kehlkopfes werde zu sehr bemer- 
kenswerten Ergebnissen führen. 

Herr Staudinger fragt, welche Rolle die Zunge bei den 
sprechenden Vögeln spiele. Die Herren Reichenow, Heinroth 
und Deditius beteiligen sich an der Erörterung und glauben, 
dass der Vogelzunge keine erhebliche Mitwirkung an den Stimm- 
Äusserungen zuzuschreiben sei. 

Herr Möbius empfiehlt Herrn Deditius, mit dem Berliner 
Universitätsprofessor, Dr. Stumpf, der sich seit längerer Zeit 
mit Untersuchungen über Tonbildung und Stimmerzeugung be- 
schäftigt, in Verbindung zu treten. Matschie. 


Bericht über die November-Sitzung. 


Verhandelt Berlin, Montag, den 4. November 1901, Abends 
8 Uhr im Architektenvereinshause, Wilhelmstr. 92 I. 

Anwesend die Herren: Möbius, Schalow, Reichenow, 
Grunack, von Treskow, Thiele, Heinroth, Matschie, 
Pascal, Deditius, von Lucanus, O. Neumann, Kose- 
garten, Haase, Jacobi, Rolle, Freese, Gottschlag, 
Ehmcke. 

Von auswärtigen Mitgliedern die Herren: Bünger (Potsdam) 
und Freiherr von Erlanger (Niederingelheim). 


Als Gäste die Herren: Dr. Hoefig, Jurenz, G. Haase, 
Rachwalsky, Müller, Kothe, von Maerenthal, Rinne 
aus Berlin und Daumann (Potsdam). 

Vorsitzender: Herr Möbius. Schriftf.: Herr Matschie. 


128 Bericht über die Novembersitzung 1901. 


Der Vorsitzende begrüsst Herrn von Erlanger, der: 
von einer schwierigen und erfolgreichen Forschungsreise aus Ost-- 
afrika zurückgekehrt ist. 

Herr Matschie bemerkt, nachdem der Bericht über die: 
Oktobersitzung verlesen worden ist, dass nach seinen Erfahrungen 
die Zunge wenigstens bei einem sprechenden Vogel, dem Grau-, 
papagei, bei dem Hervorbringen des Lautes R eine gewisse Rolle 
spiele. Er habe wiederholt beobachtet, dass ein solcher Vogel 
die Zunge in eine ganz bestimmte Lage gebracht habe, wenn er 
ein in der Mitte des Wortes befindliches R aussprechen wolle. 

Herr Möbius legt einen Bericht über das neue Museum 
in Altona vor. 

Herr Reichenow bespricht die neuesten Erscheinungen 
auf dem ornithologischen Büchermarkt. 

Herr Heinroth hält alsdann einen längeren Vortrag über 
ornithologische Beobachtungen auf seiner Reise zum Bismarck- 
Archipel. Er schildert sehr anschaulich die Lebensgewohnheiten 
von Thalassidroma,. welche er im Mittelmeer vielfach angetroffen 
hatte. Diese Vögel schwimmen bei ruhigem Wetter gern und 
fliegen mit rückwärts gelegten Beinen und nach unten gerichteten 
Flügelspitzen, laufen also nicht in der gewöhnlich dargestellten 
Weise auf dem Wasser. Sula und Phaeton treten in der süd- 
lichen Hälfte des Roten Meeres auf, Eleonoren-Falken jagen dort 
die auf Bord sich niederlassenden Landvögel. 

Bei Kolombo ist die indische Krähe, Corvus splendens, sehr 
häufig und zutraulich; überall hört man ihren Ruf, der an den 
der Dohle und Saatkrähe erinnert. Möven und Raubvögel be- 
merkt man dort nicht im Hafen. Dagegen giebt es im Innern 
von Ceylon von letzteren desto mehr. Überraschend ist dort 
die Menge von Pandion, Haliaetus; der friedliche Haliastur treibt 
sich mitten zwischen den Wasserläufern am Ufer der See umher 
und sucht dort Muscheln und Fische zu erbeuten. Unmengen von 
Plotus konnte der Reisende dort beobachten. Sie fliegen zu 
Tausenden über das Wasser dahin; einer Wolke gleich wälzt 
sich das Heer dieser merkwürdigen Vögel über die Wasserfläche; 
während die ersten in die Fluten tauchen, fliegen die folgenden 
nach vorn, um ihrerseits zum Wasser hinabzuschiessen. Man 
sieht sie nur auf der See, wenn sie fischen; sind sie satt, so sitzen 
sie an der flachen Küste, oft mitten zwischen den Krokodilen 
und trocknen ihre Schwingen. 


Bericht über die Novembersitzung 1901. 129 


Das Vogelleben ist dort sehr mannigfaltig, Pelikane, Ibisse 
sind häufig, auch Hydrophasianus erfreut das Auge durch seine 
kühnen Flugspiele, bei welchen die langen spitzen Schäfte der 
Handschwingen von einer gewissen Wichtigkeit sein müssen. 

Die Zwergscharbe wird dort an ganz kleinen Wasserläufen 
angetroffen. 

Bemerkenswert sind die Beobachtungen des Vortragenden 
über den Schwebeflug; er sah Pelikane und Plotus nur in sehr 
bedeutender Höhe ohne Flügelbewegungen schweben, in tieferen 
Schichten gelang ihnen dies anscheinend nicht. 

Das Krähen des häufigen Gallus lafayetti erinnert an den 
heiseren Ruf von Gallus sonnerati. 

Auch in Singapore vermisste der Redner die Möwen, dafür 
war Haliastur indus und Haliastur leucogaster sehr häufig. Ein 
Ziegenmelker, Caprimulgus macrurus, fiel durch seinen merkwür- 
digen Ruf auf, der täuschend an das Geräusch erinnert, welches 
eine über Eis geworfene Eisscholle verursacht. 

Östlich von Amboina konnte der Vortragende die wunder- 
vollen Flugkünste von Fregatta bewundern. Zwischen Salvatti 
und Neu-Guinea zogen mehrere Stunden lang Tauben in Flügen 
von je 20—50 Stück neben einander über das Schiff. Sie gehörten 
zur Gattung Myristicivora. 

Je weiter der Anbau der Kokospalme auf Neupommern um 
sich greift, desto mehr verschwinden die Waldvögel. Nur die 
Nectarinien und der Lederkopt, Philemon cockerelli, sind häufig. 
Dieser letztere Vogel kann als Charaktervogel von Neupommern 
gelten. Sein pfeifender Lockruf, sein lebhaftes, zu Zänkereien 
geneigtes Wesen machen ihn zu einem auffallenden Vogel. Er 
nährt sich von Bananen, Kokosblüten, Insekten und sonstigen 
_ kleinen Tieren. 

Haleyon tristrami ist im Winter häufig auf freien Ästen und 
den Telephondrähten zu sehen. Er jagt vornehmlich die grossen 
Heuschrecken. Im April und Mai verschwindet er vor der Menge 
des dann eintreffenden Halcyon sanctus. In ähnlicher Weise 
ersetzen sich gewissermassen Merops salvadorii und Merops 
ornatus. Letztere kommen mitten in der Mauser nach Neupommern. 

Rhipidura tricolor lässt ihren dreitönigen, im Anlaut an den 
Hausrotschwanz erinnernden Gesang in der Nähe der menschlichen 
Wohnungen hören. Krähen sind selten. Von der Farbenpracht 
der Papageien sieht man wenig, weil sie sehr scheu sind und von 

Journ. f, Orn, L, Jahrg. Januar 1902, 9 


130 Bericht über die Novembersitzung 1901. 


unten gesehen ihre Buntheit schwer erkennen lassen. Auf Neu- 
Guinea ist die Fauna sehr viel reichhaltiger. Die Vegetation ist 
von derjenigen der Gazelle-Halbinsel sehr verschieden, die Luft 
ist ausserordentlich feucht, so dass die Augengläser sofort 
beschlagen. Man hört viele Vogelstimmen, namentlich das 
Gezänk der Loris. Das Fluggeräusch der Nashornvögel ähnelt 
täuschend dem Geräusch eines fernen Eisenbahnzuges. 

Dendrochelidon erinnert in seinem Verhalten und Jugend- 
kleid etwas an Caprimulgus. Der schwarze Calypiorhynchus 
hält sich im Unterholze auf, fliegt sehr hübsch und hat einen 
angenehm klingenden, trillernden Pfiff. Die weissen Kakadus 
fallen sehr auf, leben auf den höchsten Wipfeln der Riesenbäume 
und fliegen elegant. 

Viele Strandvögel wurden beobachtet und auch die Raub- 
vögel waren zahlreich. Merkwürdigerweise hatte ein Falco aus 
der sacer-Gruppe nur Heuschrecken im Magen. 

Das rote @ von Eclectus lebt versteckter als das grüne 8, 
das man deshalb viel häufiger zu Gesicht bekommt. 

Dem Vortragenden ist es gelungen, eine ganze Reihe von 
bisher niemals eingeführten Arten lebend nach Europa zu bringen. 
Unter ihnen befinden sich eine Prita, die er seit März mit 200- 
300 Kakerlaken am Tage ernährt hat, Aplonis cantoroides, der 
erst im dritten Kleide die gestrichelte Brust verliert, und bei 
welchem die «@eschlechter gleichfarbig sind, Haleyon, Phälemon, 
und Astur dampieri. Eine Carpophaga perspicillat« von den 
Molucken wurde durch ganze Eidotter am Leben erhalten. Die 
Carpophagidae fressen wallnussgrosse Früchte, ‚deren Kerne durch 
den weiten Darm wieder ausgeschieden und als Leckerbissen von 
den Eingebornen verzehrt werden. 

Her Möbius dankt dem Redner für seine interessanten 
Mitteilungen. 

Herr Reicchenow fragt nach dem Ursprung des Namens 
„Lederkopf.‘“ 

Herr Heinroth antwortet, dass diese Bezeichnung nicht 
etwa von ‚der Kahlheit des Kopfes herrühren könne, weil dieser 
Vogel niemals einen unbefiederten Kopf hat, vielleicht aber mit 
der sehr festen Haut in Verbindung zu bringen ist. 

Herr Baron von Erlanger legt alsdann eine Anzahl von 
neuen Arten vor, welche.er auf seiner Reise in Nordost-Afrika 
und dem Somalilande gesammelt hat, und beschreibt ‚dieselben, 


Bericht über die Decembersitzung 1901. 131 


Seine Mitteilungen sind in den Ornithologischen Monatsberichten 
1901, p. 181 abgedruckt. 

Herr Ehmcke zeigt eine lebende nordische Alauda arvensis 
mit einer Haubenbildung auf dem Hinterkopfe vor. 

Herr Reiehenow bält diese Bildung für abnorm. 

Herr Reichenow spricht zum Schluss über einen sonder- 
baren Paradiesvogel der Merkmale von Paradisea und Seleucides 
in sich vereinigt. Matschie. 


Bericht über die December-Sitzung. 

Verhandelt Berlin, Montag, den 2. Dezember 1901, Abends 
8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92 11. 

Vorsitzender: Herr Schalow. Schriftf.: Herr Matschie. 

Anwesend die Herren: Grunack, Reichenow, Schalow, 
von Treskow, Heinroth, Deditius, von Lucanus, Paeske, 
Matschie, Heck, Neumann, Jacobi und Haase. 

Der Bericht über die November-Sitzung wird verlesen und 
angenommen. 

Neuere Erscheinungen aus der ornithologischen Litteratur ge- 
langen durch die Herren Reichenow, Matschie, Schalow, 
Haase und Jacobi zur Vorlage und Besprechung. 

Der Vorsitzende bringt zur Kenntnis der Anwesenden, dass 
Seine Königliche Hoheit, Fürst Ferdinand von Bulgarien 
sein Interesse für die Bestrebungen der Deutschen Ornithologi- 
schen Gesellschaft durch eine Spende von 200 Mark für die 
Deutsche Vogelwarte in Rossitten bethätigt hat. 

Herr Neumann legte darauf eine Anzahl der von seiner 
Beise durch Nordost-Afrika mitgebrachten Vögel vor. 

Von typischen schoanischen, in europäischen Museen noch 
sehr seltenen, an Ort und Stelle aber teilweise sehr häufigen 
Formen wurden vorgelegt. 

Geocichla piaggiae, Pentholaea melaena und albifrons, Cin- 
namopterus tenuirostris, Ptilorhinus albirostris, Pinarochroa sordida, 
Muscicapa chocolatina, Lioptilus galinieri, Corvultur crassirostris, 
Dendropieus abyssinicus, Mesopicus spodocephalus, Povcephalus 
flavifrons, Astur unduliventer, Columba albitorques, Francolinus 
erckeli, Rougetius rougeti, Bostrychia carunculata, Uyanochen 
eyamoptera. 

Von Vögeln, die durch die Weld Blundell-Lord Lovat’sche 


Expedition neu entdeckt und von Herrn Neumann wiedergefunden 
9* 


132 Bericht über die Decembersitzung 1901. 


waren, wurden gezeigt : Melanobucco leucogenys, Darbatula chry- 
sosticta, Dendropicus simoni — welch’ letzterer nach Meinung von 
Professor Reichenow identisch ist mit Dendropicus lepidus Cab. 
Hein. — und Francolinus telraoninus. 

In den Landschaften am Omo hatte der Vortragende zuerst 
mehrere Arten angetroffen, die bisher nur von den Gebirgen Ost 
Afrikas — Mau und Ruwensori, bekannt waren, dann aber auch 
typisch westafrikanische Formen. 

Von ersteren wurden erwähnt und vorgelegt: Pholidauges 
sharpii und Stilbopsar stuhlmanni, die beide in den Wäldern von 
Kafia sehr häufig sind, von typisch westafrikanischen Formen 
Agapornis pullaria, Orvolus auratus, Lamprocolius glaucovirens 
und Docagia minuta. 

In diesen südlichen Gebieten wurden auch überall in den 
bewaldeten Flussthälern zwischen 1200 und etwa 2000 m Höhe 
Graucalus pectoralis, zwischen 2000 und 3000 m Höhe Graucalus 
purus angetroffen. 


Von anderen interessanten Arten, deren Vorkommen so weit 
nordöstlich nicht erwartet worden war, wurden erwähnt: Symplectes 
stuhlmannt, Sycobrotus melanoxanthus undcrocatus,Salpornis emini, 
Meloeichla atricauda und Trachylaema lacrymosum. 


Vorgelegt wurden ferner eine Anzahl neuer Formen, die in 
den ornithologischen Monatsberichten beschrieben werden: Fran- 
colinus nigrosquamatus, Dendromus niger, Dendromus permistus 
kaffensis, Amblyospizu wethiopica, Muscicapa reichenowi, Chloro- 
peta natalensis umbriniceps und Zosterops kaffensis. 

Besondere Bemerkungen verdienen ferner folgende Arten: 


Francolinus castaneicollis Salv. 


Es scheint dieses dieselbeArt zu sein, die später noch ein- 
mal von Salvadori unter dem Namen Francolinus bottegi beschrieben 
wurde. Exemplare vom Osten des Abaja und Gandjule Sees haben 
das kastanienrot an den Hals- und Körperseiten viel heller, Exemplare 
aus den Ländern im Westen dieser Seeen, also aus Uba, Gofa, Doko 
und Djimma, dunkler. Ob dieses aber subspecifische Unterschiede 
oder nur Jahreszeitenkleider sind, wird erst ein Vergleich mit den 
grossen Serien im Besitze des Baron v. Erlanger von der Um- 
gegend Harars und der östlichen Galla Länder ergeben. 

Sollten es geographische Unterschiede sein, so würde der 
Form von Uba, Gofa, Doko und Djimma ein neuer Name zu- 
kommen müssen, da die hellen Stücke vom Fundort des Typus 


Bericht über die Decembersitzung 1901. 133 


von Francolinus botiegi kommen, während der Fundort des Typus 
von Francolinus castaneicollis noch weiter östlich nahe Harar ist. 


Dierocercus furcatus (Stanl.) 


Ein Exemplar, am Omo erlegt, hat tief lilablauen Kehlstreif, 
hellkobaltblauen Bauch und Unterschwanzdecken und himmel- 
blauen Strich über den Augen. Dieses dürfte der echte Merops 
furcatus Stanl. sein. Der westliche Vogel, welcher zu dieser Art 
gezogen wurde, hat wie der südafrikanische Dierocercus hirundi- 
neus hellblauen Kehlstreif, Bauch und Unterschwanzdecken und 
unterscheidet sich von D. hirundineus nur durch Vorhandensein 
des bei jenem fehlenden hellblauen Strichs über den Augen. 

Der westlichen Form hat somit der Name Dicrocercus chry- 
solaimus Jard. u. Selby zuzukommen. 


Zosterops tenella Hartl. 


Heuglins Beschreibung von Zosterops aurifrons Journ. Orn. 
1862 p. 41, welcher Name später von Hartlaub, da aurifrons 
schon vergeben, in Zosterops tenella umgeändert wurde (Journ. Orn. 
1865 p. 11), passt leidlich gut auf 2 Exemplare einer Zosterops 
Art, welche ich am 3.X. 1900 bei Abuje in der Provinz Ginde- 
berat nahe am blauen Nil in ca. 2800 m Höhe erbeutete, so dass 
ich vorläufig nicht wage, derselben einen neuen Namen zu geben. 
Ist meine Vermutung richtig, dann ist es jedenfalls falsch, Zoszterops 
tenella als Synonym zu senegalensis zu ziehen, denn die mir vor- 
liegende Form hat leuchtend gelbe Stirn und dunkles Gefieder 
und gehört mit den Urwald und Bergwald bewohnenden Formen 
virens, stenocricota, jacksoni, kikuyensis, kaffensis u. s. w. in eine 
Gruppe. Möglich ist es auch, dass Zosterops tcterovirens Württem. 
wit dieser Art zusammenfällt. 


Rutieilla bonapartii v. Müll. 


Ein vom Vortragenden am Sekuala Berg am 17. XI. 1901 
sesammeltes Rotschwänzchen stimmt bis auf die zweite angedeutete 
schwarze Brustbinde sehr gut mit v. Müllers Abbildung und Be- 
schreibung (Beitr. Orn. Afr. pl. XIV.) überein. Die Oberseite ist 
hellaschgrau, die weisse Binde, welche die schwarze Stirn vom 
Oberkopf trennt, ist schmal und scharf. 

Ehrenberg hingegen beschreibt die Oberseite seiner Rutieilla 
mesoleuca als dunkler wie die von phoenicura. Dieser Beschrei- 
bung entspricht sehr wohl der von Hemprich bei Djidda an der 
arabischen Küste gesammelte Typus der Art, der sich auf dem 
Berliner Museum befindet. 

Bei ihm ist die Oberseite grauschwarz, die Unterseite viel 
dunkler rotbraun wie bei meinem Stück, die weisse Stirnbinde 
sehr breit. Es scheint daher, als ob zwei wohl verschiedene 


134 Berieht über die Decembersitzung 1901. 


Arten vorliegen, von denen die eine, Rutieilla mesoleuca Hempr. 
Ehr., Klein Asien und West Arabien, Rutieilla bonapartii v. Müll. 
Abyssinien bewohnt. 

Der Vorsitzende dankt dem Redner für seine interessanten 
Mitteilungen. i FR 

Herr Deditius teilt Beobachtungen mit, die Schlüsse auf 


die Höhe des Vogelzuges zulassen. Die Mitteilungen werden in 


einer der nächsten Nummern der Ornithologischen Monatsberichte 
erscheinen. 

Herr von Lüucanus hat in Lauterberg Beobachtungen über 
die Höhe des Vogelzuges gemacht und festgestellt, dass Schwalben, 
welche zunächst sehr hoch flogen, bei dem Herannahen einer 
Gewitterwolke sofort näher zur Erde herabkamen, so dass sie 
unter der Wolkenschicht verblieben. Die Vögel erheben sich nur 
so hoch, dass sie die Übersicht über den Boden nicht verlieren, 
bleiben also immer unter den Wolken. 

Herr Heck hält einen längeren Vortrag über das Vogel- 
leben in Ascania-Nova, das er auf seiner Reise nach Südruss- 
land zu beobachten Gelegenheit gehabt hatte. 

Herr Reichenow legt eine Reihe von Bälgen der Chaleo- 
pelia chalcospilos Wagl. vor und bemerkt: Nachdem Herr Baron 
v. Erlanger nachgewiesen (O. M. 1901 S. 183), dass Ch. afra 
und Ch. chalcospilos nicht als Spielarten derselben Species, sondern 
als verschiedene und nebeneinander vorkommende Arten anzu- 
sehen sind, habe ich die im Berliner Museum befindlichen Bälge 
einer genaueren Durchsicht unterzogen und finde, dass man that- 
sächlich, wie Hr. Baron v. Erlanger bereits vermutet, zunächst 
von der Ch; chalcospilos mehrere Abarten unterscheiden kann, 


Wenn man die ostafrikanische Form als Stammart annimmt, so 


zeigt der Vergleich dieser typischen Ch. chalcospilos mit Vögeln 
von Nord-Angola, dass letztere durch dunkleren und brauneren Ton 
der Oberseite abweichen und darin der Ch. afra sich nähern. 
Hingegen hat ein Vogel aus Deutsch Südwestafrika wesentlich 
blassere und grauere Oberseite als die östlichen, auch ist bei 
diesem das Graü des Oberkopfes heller und reiner ünd anscheinend 
etwas weiter in den Nacken ausgedehnt. Vögel aus dem Kaffern- 
lande sind oberseits ebenso dunkel wie die Angolavögel, haben 
die Unterseite aber dunkler weinrot gefärbt. Die Angolavögel 
scheinen im allgemeinen kürzere Flügel zu haben; ich messe 
100— 105 mm, bei den Vögeln von Damara und aus dem Kaffern- 
lande 110, bei Ostafrikanern 100--110 mm. Der Vortragende 
bezeichnet die Angolaform als Oh. chalcospilos erlangeri, die Daitta- 
raform als Oh: ch. volkmanni die südöstliche als Oh. ch. caffra. 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 135 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


The Auk. A Quarterly Journal of Ornithology. Vol. XVL. 
| Ne. 4. 1901. 


Boletim do Museu Paraense de Historia Natural e Ethnographia. 
| HT. 0o. 2. 1901. 


Boletin de la Academia Nacional de Ciencias ‚en Cordoba. XVL 
No. 4a. Buenos Aires 1901. 

Bulletin of the British Ornithologists’ Club. No LXXIL—LXXXIL. 
Oct. 1901 u. Nov. 1901. 


The Ibis. A Quarterly Journal of Ornithology. (8.) I. 1901. 
Heft 4. 


Ornithologisches Jahrbuch. Organ für das palaearktische Faunen- 
gebiet. Herausgegeben von Victor Ritter von Tschusi zu 
Sehmidhoffen. XII. Jahrg. 1901. Heft 6. 


Records of the Australian Museum. Vol. IV. No. 4. Sydney 1901. 


Record of the Progress of the Zoological Society of London 
during the Nineteenth Century. London 1901. 


Die Schwalbe. Berichte des Komite’s für ornithologische Be- 
‚obachtungs-Stationen in Österreich. Red. v. Ludwig Ritter 
Lorenz von Liburnau. Neue Folge H. 1900—1901. Wien. 


K. Andersen, Meddelelser om Faeroernes Fugle. 4de Raekke. 
Efter skriftlige Oplysninger fra P. F. Petersen, Nolso, og 
5. Niclassen, Myggenaes. (Abdruck aus: Vidensk. Medd. 
naturh. Foren. Kbhvn. 1901). 

K. Andersen, Sysselmand H. C. Müller’s ;haandskrevne Opteg- 
nelser om Faeroernes Fugle (Abdruck aus: Vidensk. Medd. 
naturh. Foren. Kbhvn. 1901.) 

J. V.Barboza du Bocage, Publicacöes Scientificas (1857— 1901). 
Lisboa 1901. 

W. A. Bryan, Key ıto ‘the ‚Birds of the Hawaiian Group. ‘Hono- 
lulu 1901. 

H. E. Dresser, Notes on the ‘Synonymy :of some 'Palacaretic 
Birds. (Abdruck aus: "The Ibis July 1898). 

H. E. Diiesser, Notes on several rare Palaearctic Birds. (Ab- 
Urnck aus: Proc. Z. S. London April 2 1895). 


H. E. Dresser, On some rare or -unfigured Palaearctic Birds’ 
Eggs. (Abdruck aus: The Ibis July 1901). 


H. E. Dresser and E. Delmar Morgan, On new Species of 
Birds obtained in Kan-su by M. Berezowsky. (Abdruck aus: 
The Ibis April 1899). 


136 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


A. Dubois, Synopsis Avium. Nouveau Manuel d’Ornithologie.. 
Fasc. VII. u. VIII. Bruxelles 1901. 

O0. Finsch, Systematische Übersicht der Vögel der Südwest-- 
Inseln. (Abdruck aus: Notes Leyden Mus. Vol. XXI). 

M. Härms, Beiträge zur Kenntnis der ornithologischen Fauna. 
des Archangelsker Gouvernements. (Abdruck aus: Ornithol., 
Jahrb. XI. 1900 Heft 3). 

A. Kricheldorff, Preisliste verkäuflicher palaearktischer Vogel-' 
eier. (Berlin, Oranienstr. 135). 

J. v. Madaräsz, Description of two probably new European 
Birds. (Abdruck aus: Termesz. Füzetek XXIV. 1901). 
Otto, Katalog der Vogelsammlung des Gymnasiums zu Eisleben, 
nebst einer Übersicht über die in der Gratschaft Mansfeld 

beobachteten Vögel. Eisleben 1901. 

OÖ. Reiser, Parus lugubris graecus n. subsp. (Abdruck ausi 
Ornith. Jahrb. XI. 1901 Hft. 6). 

OÖ. Reiser and J. Knotek, Ergebnisse der ornithologischen 
Zugbeobachtungen in Bosnien und der Hercegovina. (Abdruck 
aus: Wissensch. Mitteil. aus Bosnien u. d. Hercegovina 
VIII. 1901). 

W. Robinson and Ch. W. Richmond, An annotated List of 
Birds collected in the Vicinity of la Guaira, Venezuela. 
(Abdruck aus: Proc. Un. St. Nat. Mus. XXI1V. S. 163—178). 

Hon. W. Rothschild and E. Hartert, List of a Collection of 
Birds from Kulambangra and Florida Islands, in the Solomons 
Group. (Abdruck aus: Novit. Zool. VIII. Oktober 1901). 

W. Schlüter, Preis-Verzeichnis verkäuflicher Vogelbälge der 
Europäisch-Sibirischen Fauna mit Einschluss der Mittel- 
meerformen. No. 217 1901/2. (Halle a. S.) 

R. W. Shufeldt, The OÖsteology of the Cuckoos [Coccyges]. 
(Abdruck aus: Proc. Amer. Philos. Soc. XL. No. 165). 

R. B. Sharpe, A Hand-List of the Genera and Species of Birds 
[Nomenclator Avium tum fossilium tum viventium]. Vol. II. 
London 1901. 

Th. Studer und V. Fatio, Katalog der schweizerischen Vögel. 
III. Lief. Sitzfüssler, Krähen, Klettervögel und Fänger (part). 
Mit 2 Kartenbeilagen. Bern 1901. 

V. v. Tschusi, Der schlankschnäblige Tannenheher in Österreich 
im Herbste 1900. (Abdruck aus: Schwalbe Neue Folge I. 

V. v. Tschusi, Zur Ornis Madeiras. (Abdruck aus: Ornith. 
Jahrb. XII. 1901 Hit. 6). 

G. Vallon, Über Athene chiaradiae Giglioli in Friaul. (Abdruck 
aus: Ornith. Jahrb. XII. 1901 Hft. 6). 


Druck von Otto Dornblüth in Bernburg. 


a 


ORNITHOLOGIE 


Fünfzigster Jahrgang. 


No. 2. April 1902. 


I. Jahresbericht (1901.) 
der Vogelwarte kossitten der Deutschen Ornithologischen 
Gesellschaft. 


Vorgelegt von J. Thienemann. 
I. Einleitung. 


Wie Flussthäler, Bergzüge, Seengruppen und Inselketten 
als natürliche Wegweiser für die Zugvögel schon lange bekannt 
sind, so bilden die beiden langgestreckten Züge der frischen 
und Kurischen Nehrung im Osten Deutschlands einen zwar kleinen, 
aber deshalb nicht minder wichtigen, weil regelmässig benutzten 
und leicht zu kontrollierenden Teil des Weges für die Vögel, 
welche von Norden oder Osten kommend an der Küste der Ostsee 
entlang nach südlichen Gegenden ziehen, oder in umgekehrter 
Richtung ihrer nördlichen Heimat zustreben. 

Diese schmalen und öden, teilweise aber auch mit guten 
Waldbeständen bedeckten Landstreifen — ein wichtiges Bollwerk 
des Festlandes gegen das andrängende Meer — werden denn 
auch im Herbst und Frühjahr von Tausenden von Vögeln über- 
flogen, und wenn man nicht früher auf diese zu eingehenden 
ornithologischen Beobachtungen so überaus günstigen Örtlichkeiten 
aufmerksam wurde, so lag das in den noch jetzt ziemlich pri- 
mitiven Verkehrsverhältnissen, durch welche der Besuch der 
Nehrungen erschwert wurde, und vielleicht auch in einem gewissen 
Vorurteile gegen das, was ein solcher, von armen Fischern be- 
wohnter Streifen Sandes zu bieten vermag. Der teolog allein 
hatte schon früher dort gearbeitet, doch selbst der Botaniker 

Journ. f. Orn. L. Jahrg. April 1902, 10 


138 J. Thienemann: 


war noch nicht in dem Masse, wie es jetzt der Fall ist, der 
dortigen höchst interessanten Flora näher getreten. Für die Orni- 
thologie aber wurde die Kurische Nehrung erst Ende der 80er 
Jahre durch den jetzt in Osterwieck a./Harz thätigen Pfarrer 
Dr. Fr. Lindner erschlossen. | 

An und für sich mag die frische Nehrung der Kurischen in 
Bezug auf die Möglichkeit der Beobachtung von Wandervögeln 
gleichwertig gegenüberstehen, da aber letztere in der Umgebung 
des Ortes Rossitten, einem Dorfe von 400 Einwohnern, durch das 
Vorhandensein von ausgedehnten Brüchen, Sümpfen und feuchten 
Wiesen, sowie von Feldern und reichlichem Baum- und Strauch- 
wuchs nicht nur den vorübereilenden Wandervögeln Gelegenheit 
zur Rast bietet, sondern durch diese örtlichen Verhältnisse selbst 
auch solche Vögel, welche sich dauernd niederlassen wollen, be- 
günstigt, so ist sie und im speziellen die Umgebung von Rossitten 
als der weitaus geeignetste Platz für eine ornithologische Station 
Nordostdeutschlands zu bezeichnen. 

Um nun eine kurze Beschreibung der Lage der Station und 
ihrer Umgebung dem ersten Berichte ihrer Thätigkeit voranzu- 
schicken, sei darauf hingewiesen, dass die Kurische Nehrung der 
schmale Streifen Landes ist, der sich in einer Länge von 97 
Kilometern von dem am Nordstrande des Samlandes gelegenen 
Seebade Cranz in sanftem Bogen zwischen Ostsee und Kurischem 
Haff bis dicht vor Memel hin erstreckt und dort mit der soge- 
nannten Süderspitze endigt. Mehr wie die Länge interessiert uns 
vielleicht die Breite dieses merkwürdigen Landstriches. Dieselbe 
beträgt an der breitesten Stelle bei Rossitten ungefähr 3 Kilometer, 
an der schmalsten dagegen — etwas nördlich von Sarkau — nur 
1/, Kilometer, so dass man also in ungefähr 5 Minuten vom Haff 
bis zum Seestrande gelangen kann. 

Vergegenwärtigen wir uns einmal von Süden nach Norden 
fortschreitend den Charakter der Nehrung. Wir beginnen also 
in Cranz. Zunächst führt uns der Weg durch schönen Wald, 
gemischten Bestandes, nach der einsam gelegenen Försterei Grenz. 
Dieser Teil der Nehrung macht einen kultivierten Eindruck und 
ist für den Cranzer Badeverkehr mehr oder weniger zugeschnitten, 
nur die Fahrwege sind leider noch sehr schlecht. Von Grenz aus 
geht’s immer noch durch Wald bis zum ersten Fischerdorfe 
Sarkau, berühmt durch seinen Flunderfang. Auch hinter Sarkau 
setzt sich der Wald ungefähr noch eine Meile weit fort, ist allerdings 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 139 


‚schon ziemlich licht geworden und besteht meist aus jüngeren 
Schonungen. Wir kommen an den Punkt „Mövenhaken“, eine 
in das Haff vorspringende kleine Halbinsel, und haben nun eine 
weite, öde Sandstrecke zu passieren. Unser Weg führt uns entweder 
am Seestrande entlang, oder wir müssen, wenn dieser des Wellen- 
ganges wegen unpassierbar ist, am Fusse der hohen Haffdüne 
immer am Triebsande entlang fahren, unter Umständen ein höchst 
beschwerlicher Weg. Die Wanderdünen, welche der Nehrung ein 
so eigenartiges Gepräge geben, haben schon kurz hinter Sarkau 
begonnen und ziehen sich nun wie eine grosse gelbe Schlange 
bis nach der äussersten Nordspitze der Nehrung hin. Nur da, 
wo sie durch Anpflanzungen festgelegt sind, zeigen sie eine dunkle 
Färbung. Höchst eigenartig ist das Gelände, durch das wir hinter 
„Mövenhaken“ kommen. Grosse, oft malerisch geformte Sand- 
berge türmen sich vor uns auf. Sind wir mit einem Begleiter 
zu Fuss, so können wir uns gegenseitig sehr leicht aus den Augen 
verlieren und fast verirren. Wir befinden uns in dem sogenannten 
Kupstengelände oder wie der echte Nehrunger sagt ‚„mang die 
Himpels“. Auch verschiedene alte Dorfstellen müssen wir passieren, 
wo umherliegende, geschwärzte Steine, Knochen, Angelhaken, 
Nägel, Scherben und drgl. uns von vergangenen, durch die grau- 
same Wanderdüne zerstörten menschlichen Ansiedelungen Zeugnis 
ablegen. Sonst ist alles tot und öde rings um uns her, und 
empfindsame Gemüter mögen ordentlich aufatmen, wenn sie nach 
beschwerlicher Fahrt die Rossitter Oase erreichen. Der Wald 
beginnt wieder, auf der mit einer Grasnarbe versehenen Pallwe 
können wir unseren Weg flotter fortsetzen und sind bald in der 
Rossitter Plantage angelangt. Das Wort Oase kann mit gutem 
Rechte angewendet werden, denn wir befinden uns plötzlich, wenn 
unsere Reise im Sommer geschieht, zwischen wogenden Weizen- 
feldern auf grünenden Wiesen und in blühenden Gärten. Rossitten 
ist nämlich kein eigentliches Fischerdorf, sondern der einzige 
Ackerbau treibende Ort der ganzen Nehrung, und die wenigsten 
Menschen ahnen, dass man hier bei einer schönen und interessanten 
Flora die schönsten Feld- und Wiesensträusse pflücken kann. 
Die Feldflur enthält zum Teil sehr guten Weizenboden. Einen 
besonderen Reiz erhält Rossitten durch die drei grösseren Gewässer, 
die sich in der Nähe befinden. Das ist erstens der flache, mit 
Schilf und niedrigen Wasserpflanzen bewachsene, ungefähr 40 
Morgen grosse Dorfteich, die sogen. „Pelk“, die sich an der West- 
10* 


140 J. Thienemann: 


seite des Dorfes befindet, ferner der daran sich anschliessende,, 
120 Morgen umfassende Bruch mit seinen Rohr- und Schilf-. 
dickichten und der bepflanzten Wanderdüne, den sogenannten 
Bruchbergen im Hintergrunde, und drittens ein in der Nähe ge- 
legener, von Wald umgebener Weiher, der ein fast kreisrundes, 
nach der Mitte zu sich trichterförmig vertiefendes, ungefähr 4 
Morgen fassendes Wasserbecken darstellt. Das ist die sogenannte 
Lunk. Dass diese Gewässer nebst den im Herbst und Frühjahr 
sich bildenden zahlreichen Lachen sehr beliebte Versammlungs- 
plätze für die ziehenden Strand- und Wasservögel sind, liegt auf 
der Hand und ist schon öfters betont worden. Der Bruch, dessen 
Wasser an manchen Stellen über mannstief ist, worunter sich ein 
weicher Schlammboden befindet, beherbergt ausserdem eine grosse 
Lachmöven- und Seeschwalbenkolonie und wird von sehr zahlreichen 
Fischen, namentlich Hechten, Schleien und Karauschen bevölkert. 

Zwei Kilometer südlich von Rossitten liegt das nur aus 4 
Wirtschaften bestehende Dörfchen Kunzen, wo der eigenartigen 
Landschaft wegen öfters Maler stationiert sind. Rossitten selbst 
liegt am Haff, ungefähr eine halbe Stunde von der See entfernt, 
ist Kirchdorf, hat ausserdem noch eine Schule, ein Düneninspek- 
torat, eine Postanstalt und Strandvogtei und ist auf dem besten 
Wege ein grösserer Badeort zu werden. Der Fremdenverkehr 
hebt sich von Jahr zu Jahr, und namentlich solche Gäste suchen 
hier in der unverfälschten Natur Erholung, denen ein luxuriöses 
Weltbad mit seinem Trubel ein Greuel ist. 

Füge ich nun noch hinzu, dass sich im Norden an Rossitten 
weite Pallwen!) anschliessen, unter denen die sogen. Vogelwiese 
zu nennen ist, die mit sumpfigen Lachen bedeckt, am Fusse einer 
hohen Cirkusdüne, dem „schwarzen Berge,“ sich hinziehend, eine 
sehr beliebte Raststation der Standvögel ist, so wird man sich 
vielleicht ein Bild von der abwechslungsvollen Umgebung dieses 
Nehrungsdorfes machen können. 

Von Rossitten aus führt uns der Wes wieder durch Wald, 
der namentlich aus Erlen, Birken, Fichten und Kiefern besteht. 


1) Unter Pallwe versteht man die weiten, ebenen, unbewaldeten 
Flächen, die sich zwischen der Vordüne und der hohen Hafidüne hin- 
ziehen und meist mit einer dürftigen Grasnarbe, zum Teil auch mit 
niedrigem Weidengestrüpp bedeckt sind. Durch den vielen wohlriechenden 
Thymian, der sich an manchen Stellen vorfindet, bekommen diese Flächen 
zuweilen ein rötliches Aussehen. 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 141 


| Zu beiden Seiten ziehen sich weite Erlenbrüche hin, der Lieb- 
| lingsaufenthalt des interessanten Elchwildes, dessen Bestand er- 
freulicherweise immer mehr zunimmt. Wir erreichen das unge- 
| fähr 11 Kilometer entfernt liegende echte Fischerdorf Pillkoppen 
mit seinem früher viel besuchten alten Kirchhofe, der im Jahre 
1900 unter der Wanderdüne verschwunden ist. Auch das Dorf 
selbst wäre längst verschüttet, wenn die unmittelbar hinter den 
niedrigen, keinen Schornstein tragenden Häusern aufsteigende 
hohe Düne durch Kiefernanpflanzungen nicht festgelegt wäre. 

Für den Ornithologen sind die am Fusse des Kirchhofes 
sich hinziehenden weiten Lachen bemerkenswert. 

Das nächste Dorf ist das 2 Meilen nördlicher gelegene 
Nidden, für den Sprachforscher besonders dadurch interessant, 
dass dort noch jetzt drei Sprachen gesprochen werden: deutsch, 
kurisch und litauisch. Ferner hat Niddeneinen hohen Leuchtturm, der 
den höchsten Punkt der ganzen Nehrung darstellt. Derselbe 
wird von den Strandvögeln vielfach angeflogen und kann manche 
- Aufschlüsse über den Vogelzug liefern. 

Die folgenden Nehrungsorte sind die kleinen Fischerdörfchen 
Preil und Perwelk, der bekannte, viel besuchte, von schönem 
Hochwald und eigenartigen Schluchten umgebene Badeort 
Schwarzort, wo früher die ergiebige Bernsteinbaggerei betrieben 
wurde, ferner ein einsames Forsthaus Ellernhorst und schliesslich 
die Süderspitze mit dem beliebten Vergnügungsort der Memeler, 
dem Sandkruge, wo Kotzebue, als er des Eisganges wegen 
aas Tief!) nicht passieren konnte, das bekannte Lied: „Es kann 
ja nicht immer so bleiben,“ gedichtet hat. 

Das Gelände zwischen den genannten Orten ist teils bewaldet, 
teils kahl. Ein recht ödes Stück, dem zwischen Rossitten und 
Sarkau ähnlich, befindet sich noch zwischen Perwelk und Schwarz- 
ort.Dagegen ist dieStrecke vom letztgenanntenPunkte an nachNorden 
zu mit zusammenhängenden Anpflanzungenversehen. Das Profil der 
Nehrung ist, wenn wir von Westen nach Osten vorschreiten, 
folgendermassen zu beschreiben: Ostsee, Seestrand, dann Vor- 
düne, welche letzteren durch Anpflanzungen und Zäune immer 
künstlich im Stande gehalten wird, hieran schliessen sich die 
Pallwe oder Platte an, worauf sich die Telegraphenleitung hin- 


1) Unter Tief versteht man die Stelle, wo Haff und See zusammen- 
stossen. 


142 J. Thienemann: 


zieht, an vielen Stellen das einzige Zeichen menschlicher Kultur.. 
Hierauf folgt das oben beschriebene Kupstengelände dann der‘ 
gefürchtete Triebsand, und nun die hohe Haff- oder Wanderdüne, , 
die bis 200° hoch wird. Dieselbe fällt an manchen Stellen sofort, 


nach Osten zu ins Haff ab, oder es findet sich noch ein schmaler 


ebener, zuweilen mit dürftigem Gras bewachsener Sandstreifen. 
vor. Dann folgt das Haft. 

Wenn wir einen Blick auf die Karte werfen, so kann’s uns 
nicht Wunder nehmen, dass gerade die Kurische Nehrung von 
den Wanderzügen der Vögel zahlreich besucht wird: Kommen 
dieselben aus Norden an der Küste entlang, so bietet die Nehrung 
die günstigste Fortsetzung der Zugstrasse, und sind’s östliche ja 
südöstliche Wanderer, so erreichen sie in dem Küstenwinkel, an 
dem die Nehrung liegt, den Ostseestrand, um dann ihren Weg 
fortsetzen zu können. 


A. Gründung der Station. 


Die erste Anregung zur Gründung einer dauernden ornitho- 
logischen Beobachtungsstation auf der Nehrung ergab sich aus 
einem Gespräche, welches der Unterzeichnete mit dem. im Jahre 
1899 dienstlich in Rossitten anwesenden Prof. Dr. G. Rörig, 
Regierungsrat am Kaiserl. Gesundheitsamte, geführt hatte. Letzterer 
übernahm es, die ersten Schritte in dieser Angelegenheit zu thun 
und wies besonders aut diejenigen Momente hin, welche die 
Errichtung einer solchen Station nicht nur von wissenschaftlichen, 
sondern ganz besonders von praktischen Gesichtspunkten aus 
als wünschenswert erscheinen lassen mussten. Auch späterhin, 
als die Deutsche ornithologische Gesellschaft in Berlin 
es übernommen hatte, die Ausführung des Planes dadurch zu 
sichern, dass sie ihn mit ihrer Autorität deckte, förderte derselbe 
das Unternehmen in dankenswertester Weise, indem er die 
Schwierigkeiten, welche sich aus den herrschenden örtlichen und 
personalen Verhältnissen ergaben, zu beseitigen trachtete und 
dadurch überhaupt die Grundlage zur einer gedeihlichen Arbeit schuf. 

Im April 1900 wandte sich die Deutsche Ornithologische 
Gesellschaft miteiner Eingabe an Seine Excellenz den Herrn Minister 
der geistlichen-, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten, in der 
unter Bezugnahme auf einen, dem Kgl. Ministerium bereits vor- 
gelegten, eingehend begründeten Entwurf des Unterzeichneten und 
die dazu eingereichten Gutachten der Herren Geh. Regierungsrat 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 143 


' Prof. Dr. Moebius in Berlin, Prof. Dr. R. Blasius in Braun- 
' schweig und Prof. Dr. Chun in Leipzig auf die wissenschaftliche 
' Wichtigkeit einer ornithologischenBeobachtungsstation in Rossitten, 
' deren Nutzen für die Landwirtschaft und auch für die kulturelle 
Hebung des Landstriches hingewiesen und um die Gewährung von 
Mitteln zur Ausführung des Unternehmens gebeten wurde. Der 
Plan fand in den kgl. Ministerien der geistlichen Angelegenheiten 
und der Landwirtschaft geneigtes Entgegenkommen,so dass bereits 
auf der fünfzigjährigen Jubelfeier der Deutschen OrnithologischenGe- 
sellschaft in Leipzig im Oktober 1900 die bevorstehende Gründung 
der Vogelwarte Rossitten von dem Generalsekretär der Gesellschaft 
der Versammlung in Aussicht gestellt werden konnte. 

Der endgiltige Bescheid ging der Gesellschaft noch am 
Schlusse desselben Jahres zu, indem durch Erlass des Herrn Ministers 
der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten vom 
18. Dezember 1900 und unter Beteiligung des Herrn Ministers 
für Landwirtschaft, Domänen und Forsten der Deutschen Ornitho- 
logischen Gesellschaft zur Errichtung und Erhaltung einer ornitho- 
logischen Beobachtungsstation in Rossitten ein wiederruflicher 
Zuschuss zunächst auf drei Jahre zur Verfügung gestellt wurde, 
so dass die Gesellschaft am 1. Januar 1901 die Gründung der 
Station unter Zugrundelegung folgender Satzungen nebst Ge- 
schäftsordnung vornehmen konnte: 

I. Satzungen. 


Sl 
Die Station führt den Namen „Vogelwarte Rossitten der 
Deutschen Ornithologischen Gesellschaft.‘ 
S 2. 
Zweck der Vogelwarte ist: 
1. Beobachtung des Vogelzuges, wobei insonderheit zu berück- 
sichtigen ist: 
a. Zugzeit der einzelnen Arten (Jahres- und Tageszeit), 
b. Richtung der Wanderzüge. 
c. Stärke der einzelnen Wanderscharen und Anordnung der 
Züge, 
d. Sonderung der Vogelarten innerhalb der Wanderscharen 
nach Geschlecht und Alter, 
e. Wind- und Wetterverhältnisse während, vor und nach 
der Zugzeit und Einflüsse derselben auf das Wandern, 


144 


[) 


J. Thienemann: 


f. Höhe des Wanderfluges, | 

g. Schnelligkeit des Wanderfluges und Geschwindigkeit des 
Vogelfluges überhaupt, 

h. Rasten der Wanderscharen und Rückflug, 

i. Herkunft der Vögel. 


. Beobachtung der Lebensweise der Vögel und ihrer Ab- 


hängigkeit von der Nahrung. Unterschiede in der Lebens- 
weise der Brut-, Strich- und Zugvögel. 


. Untersuchungen über Mauser und Verfärbung. Alters- und 


Jahreskleider der Vögel, Zeit und Art ihrer Entstehung. 


. Untersuchungen über den wirtschaftlichen Wert der Vögel 


und zwar: 

a. Nahrung der Vögel zu verschiedenen Zeiten und an ver- 
schiedenen Orten, 

b. Nutzen und Schaden, der sich aus der Nahrungsweise 
der einzelnen Vogelarten für Land- und Forstwirtschaft, 
Gartenbau und Fischerei ergiebt, 

c. Verbreitung von Pflanzen und niederen Tieren durch Vögel. 


. Untersuchungen über zweckgemässen Vogelschutz und zwar: 


a. Erhaltung und Vermehrung des Vogellebens durch An- 
pflanzungen und Aufhängen von Nistkästen. : 

b. Versuche mit Winterfütterung zur Erhaltung des Vogel- 
lebens, insonderheit auch zur Erhaltung des Jagdgeflügels. 

c. Massnahmen zur Erzielung gesetzlicher Bestimmungen 
zum Schutze der Vogelwelt. 


. Einrichtung einer Sammlung der auf der Nehrung und in 


nächster Umgebung vorkommenden Vögel auf der Vogelwarte 
Rossitten. 


. Beschaffung von Untersuchungsmaterial für die wissenschaft- 


lichen Staatsinstitute. 


. Bei den unter 2, 4 und 7 genannten Aufgaben soll die 


Thätigkeit der Vogelwarte sich nicht auf die Vögel beschränken, 
sondern auch auf andere Tierklassen erstrecken. 


. Verbreitung der Kenntnis des heimatlichen Vogellebens im 


allgemeinen und des wirtschaftlichen Wertes der Vögel im 
besonderen durch Wort und Schrift. 


38, 


Die Vogelwarte Rossitten untersteht einer Verwaltung, die 


sich aus dem jeweiligen Vorstande der Deutschen Ornithologischen 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 145 


Gesellschaft, aus 3 vom Vorstande zu wählenden Mitgliedern 
der Gesellschaft, unter denen ein Jurist sein soll, und .aus je 
einem Vertreter der Königlichen Ministerien der Geistlichen, Unter- 
richts- und Medizinal-Angelegerheiten und für Landwirtschaft, 
‘ Domänen und Forsten zusammensetzt. 


SE 
Die ornithologischen Ergebnisse der Vogelwarte Rossitten 
werden im Organ der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 
Journal für Ornithologie, veröffentlicht. 


Sr 
Die Ausführung der in den Satzungen enthaltenen Aufgaben 
wird durch eine Geschäftsordnung geregelt. 


8 6. 
Änderungen und Erweiterungen der Satzungen bleiben der 
Verwaltung jederzeit vorbehalten. 


Die Verwaltung der Vogelwarte besteht zur Zeit aus fol- 
genden Herren: 


Professor Dr. R. Blasius, Braunschweig, Präsident 
Herman Schalow, Berlin, Vice-Präsident | Vorstand 
Professor Dr. Reichenow, Berlin, Generalsekretär der 
P. Matschie, Kustos am Königl. Museum für f Deutschen 
Naturk. in Berlin Stellvertret. Sekretär Ornitholog. 
Gesellschaft 


Rechnungsrat C. Deditius, Berlin, Kassenführer 

Regierungsrat Professor Dr. G. Rörig, Berlin ) Beigeordnete 

Rechtsanwalt und Notar P. Kollibay, Neisse \ Mitglieder der 

Dr. A. Jacobi, Berlin Gesellschaft. 

Ein Vertreter des Königl. Ministeriums der geistlichen, Unter- 
richts- und Medizinal-Angelegenheiten (Ernennung noch 
ausstehend). 

Ein Vertreter des Königl. Ministeriums für Landwirtschaft, Do- 
mänen und Forsten: Hr. Regierungs- und Forstrat Bock in 
Königsberg. 


Mit der Leitung der Vogelwarte ist Herr J. Thienemann 
betraut worden. 


146 J. Thienemann: 


II. Geschäftsordnung. 
81. 


Der Leiter der Vogelwarte übernimmt auf Grund eines 
Vertrages die Ausführung der in den Satzungen ausgesprochenen 
Aufgaben. 


812. 

Am Schlusse eines jeden Kalenderjahres hat der Leiter der 
Vogelwarte einen Verwaltungsbericht und einen wissenschaftlichen 
Jahresbericht zu liefern und der Verwaltung bis spätestens zum 
3l. Januar des folgenden Jahres einzusenden. Die Berichte 
werden im Journal für Ornithologie veröffentlicht. Auch soll der 
Leiter der Vogelwarte über Beobachtungen und Untersuchungen, 
deren schnelle Veröffentlichung zur Wahrung des Zeitvorrechtes 
oder, um die allgemeine Aufmerksamkeit auf ein Vorkommnis 
zu lenken, wünschenswert ist, während des Kalenderjahres Be- 
richte einschicken, für deren schleunige Bekanntmachung durch 
Zeitschriften oder Flugblätter die Verwaltung Sorge tragen wird. 


8 3. 
Die sonstige litterarische Thätigkeit des Leiters der Vogel- 
warte ist insoweit unbeschränkt, als dadurch die amtlichen Be- 
richte nicht beeinträchtigt werden. 


84. 

Zur Verfolgung aller unter $ 2 der „Satzungen“ genannten 
Aufgaben der Vogelwarte Rossitten ist die Kraft eines Einzelnen 
selbstverständlich nicht ausreichend, vielmehr soll mit der Anstalt 
ein Mittelpunkt für die genannten Bestrebungen geschaffen werden. 
Es wird Aufgabe des Leiters der Anstalt sein, für die verschie-- 
denen Zwecke und Ziele Mitarbeiter in in allen Teilen Deutschlands 
(Flachland, Mittel- und Hochgebirge) zu werben, die dann ge- 
wonnenen Einzelbeobachtungen und Ergebnisse aber einheitlich 
zu verarbeiten oder für deren Bearbeitung durch geeignete Fach- 
leute Sorge zu tragen. 

Die Vogelwarte wird zur Förderung iher Zwecke u. a. 
auch mit den Wetterwarten auf Zugspitze, Schneekoppe und 
Brocken, mit den Leuchtturmwächtern und den Vereinen für 
Luftschiffahrt in Verbindung treten. 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 147 


Für Deutschland bedeutete die Gründung einer ornitho- 
logischen Beobachtungsstation etwas Neues, das aber nicht etwa 
wie ein Pilz über Nacht plötzlich hervorgebrochen war, sondern 
das seine Vorgeschichte und seine Vorbedingungen hatte, das mit 
einem Worte aus den Verhältnissen herausgeboren werden musste, 
weil das Bedürfnis dazu vorlag. Ungarn hat schon seit Jahren seine 
„Ornithologische Gentrale‘“ die unter sachkundiger Leitung 
des genialen Otto Herman und unter ausgiebigster Staatsbei- 
hilfe in gradezu mustergiltiger Weise in der Erforschung des 
Vogelzuges und anderer biologischen Momente thätig ist,in Öster- 
reich wurden Beobachtungsstationen aus Staatsmitteln gegründet, 
Bosnien und die Herzegovina haben eine ornithologische 
Centrale, welche die Ergebnisse der Zugbeobachtungen heraus- 
siebt, und verfolgt man die Verhandlungen der im Jahre 1899 
abgehaltenen Ornithologen-Versammlung in Sarajewo, so tritt 
so recht zu Tage, wie von allen Seiten auf Anlegung von Beobacht- 
ungsstationen an besonders günstigen Punkten hingedrängt wurde. 

Die Aufnahme, welche die Gründung der Vogelwarte in 
ornithologischen Kreisen fand, war eine überaus günstige Von 
allen Seiten liefen Beglückwünschungen ein, die dem jungen Institute 
gedeihliche Arbeit wünschten, und es war zu hoffen, dass auch die- 
jenigen Fachleute, welche zunächst noch abwartend sich verhielten, 
im Laufe der Zeit ihr Interesse daran bethätigen würden. 

Das alles aber, so wichtig es auch war, würde dem jungen 
Unternehmen wenig förderlich gewesen sein, wenn nicht in erster 
Linie die Behörden, mit denen es. durch Art und Zweck veran- 
lasst, in Berührung treten musste, ohne Ausnahme das grösste 
Entgegenkommen gezeigt hätten. Es muss dieser Umstand 
besonders hervorgehoben werden, denn die Bedenken, welche der 
Anlage der Station in Rossitten gegenüberstanden, waren nicht 
gering und konnten auch selbst von den wärmsten Freunden der 
Sache nicht geleugnet werden. 

Zunächst hat ein Unternehmen, bei dem die freie Benutzung 
des Schiessgewehres unerlässliche Vorbedingung ist, stets den 
Verdacht missbräuchlicher Anwendung dieser Waffe gegen sich, 
und wenn, wie in diesem Falle, an derselben Örtlichkeit, wenn 
auch bei einer anderen Person, so doch in ähnlicher Sache, trübe 
Erfahrungen vorliegen, wenn ferner die erweiterte Erlaubnis des 
Waffengebrauches,. gerade in einem Bezirke erteilt werden 
soll, der als ein Hauptstandort des Elchwildes gilt und seit Jahr- 


148 J. Thienemann: 


zehnten geschont wird, so gehört ein hohes Mass von Vertrauen 
dazu, sich über diese Bedenken hinwegzusetzen und das Entgegen- 
kommen zu beweisen, welches zu einer gedeihlichen Entwickelung 
der Station nötig war. Trotzdem es sich aber um eine gänzlich 
neue Einrichtung handelte, über deren Zweckmässigkeit noch 
keinerlei Erfahrungen vorlagen, bewies der leider für die Provinz 
Östpreussen zu früh verstorbene Herr Ober-Präsident, Excellenz 
Graf Wilhelm v. Bismarck, das vollste Verständnis für die 
Bedeutung des Unternehmens, ebenso wie auch die Herren 
Regierungs-Präsident von Waldow, Oberforstmeister Boy, 
Regierungs- und Forstrat Bock und Landrat Graf Keyserlingk 
demselben ein auf Interesse an der Sache fussendes Wohlwollen 
entgegenbrachten, wofür an dieser Stelle der ergebenste Dank 
ausgesprochen werden soll. Für die Beseitigung vieler kleiner, 
aber um so drückender empfundenen Schwierigkeiten trat vor 
allem Herr Regierungs- und Forstrat Bock ein, in welchem die 
Station einen verdienstvollen Vorgesetzten dadurch erhalten hat, 
dass derselbe durch das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen 
und Forsten in das Kuratorium der Vogelwarte berufen ist. 

Selbstverständlich vergingen einige Monate, bis alle Forma- 
litäten erledigt waren, und da während dieser Zeit regelmässige 
Beobachtungen auf dem grösstenteils fiskalischen Gelände der 
Nehrung nicht möglich waren, so ist im ersten Jahre vielleicht 
nicht das geleistet worden, was später zu erreichen gehofft 
werden darf. Ich bitte diese Thatsachen bei der Beurteilung des 
in dem ersten Jahresberichte vorgelegten wissenschaftlichen Ma- 
terials freundlichst zu berücksichtigen. 


B. Aufgaben der Station. 


AufderJubiläumsversammlungder Deutschen Ornithologischen 
Gesellschaft im Jahre 1900 in Leipzig hielt der Unterzeichnete 
einen Vortrag „über Zwecke und Ziele einer ornithologischen 
Beobachtungsstation in Rossitten auf der Kurischen Nehrung“ 
(abgedruckt im Journal für Ornithologie 1901 S. 73.) und fand 
mit den dargelegten Plänen den ungeteiten Beifall der versam- 
melten Ornithologen. Er konnte darauf aufmerksam machen, 
dass bereits in den vierziger Jahren von J. F. Naumann und 
Dr. Ludwig Thienemann auf anzulegende ornithologische Be- 
obachtungsstationen als auf ein wichtiges Förderungsmittel der 
biologischen Seite in der ornithologischen Wissenschaft hinge- 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 149 


_ wiesen worden sei und konnte dann die Aufgaben solcher Stationen 
in kurzen Zügen darlegen. Es sei hier folgendes bemerkt, wovon 
manches in dem oben genannten Vortrage bereits ausführlicher 
_ behandelt worden ist, manches sich bei Aufstellung des Stations- 
Arbeitsplanes später ergab. 

In letzter Zeit hat die Systematik durch eifrig betriebenes 
Balgstudium gewaltige Fortschritte gemacht. Die minutiösesten 
Färbungsunterschiede sind klargelegt, und die einzelnen Sub- 
species auf ihr engeres Verbreitungsgebiet beschränkt worden. 
Damit hat man zugleich der Erforschung des Vogelzuges 
vorgearbeitet, und nun kommt es darauf an, die ziehenden 
Vogelscharen einer genaueren Untersuchung zu unterziehen, ihre 
Heimat festzustellen und so Licht über Zugstrassen, Zugrichtung 
etc. zu bringen, alles Fragen, die noch sehr der Aufklärung 
' bedürfen. Dass das dazu nötige Material nur auf exponierten, 
günstig gelegenen Beobachtungspunkten beschafft werden kann, 
liegt auf der Hand. 

Aber auch über die einzelnen Momente des Vogelzuges, über 
Höhe, Schnelligkeit, Zeit, Trennung nach Alter und Geschlecht 
u. s. w. sind noch die eingehendsten Beobachtungen anzustellen, 
da die ornithologische Wissenschaft gerade hierin noch grosse 
Lücken aufweist. Zu solchen Beobachtungen ist aber die leicht 
übersehbare und kontrollierbare Nehrung besonders angethan, die 
ausserdem in ihren so charakteristischen Krähenzügen, ich möchte 
sagen einen leicht zu handhabenden Probierstein besitzt. 

Diese Züge, die meist aus Nebelkrähen, (Corvus cornix), sodann 
noch aus Saatkrähen (0. frugilegus) und Dohlen (Colaeus mone- 
dula) bestehen, müssen schon dem oberflächlichen Beobachter 
durch ihr so oft wechselndes Bild auffallen. Heute eilen die 
schwarzen-Scharen in fast unabsehbarer Höhe, sich nur durch 
ihr Geschrei verratend, ohne Aufenthalt dahin und kümmern sich 
um nichts, was auf der Erde vorgeht, und morgen streichen sie 
ganz niedrig über den Erdboden hinweg, fallen an jeder Fang- 
hütte bei den angepflöckten Lockkrähen und den ausgelegten 
Köderfischen ein und werden eine willkommene Beute der Neh- 
runger, die sie sich für den Winter einpökeln. Dann wieder 
fliegen sie frei über die Baumwipfel dahin, um ein andermal fast 
ängstlich Schutz hinter der Vordüne zu suchen. Sollten sich 
nicht bei fortgesetzter, gewissenhafter Beobachtung unter Berück- 
sichtigung der meteorologischen Verhältnisse und unter Heran- 


150 J. Thienemann: 


ziehung anderer, in bestimmter Entfernung von hier wohnender 
Beobachter wichtige Aufschlüsse über die einzelnen Momente des 
Vogelzuges finden lassen, namentlich auch was dessen Schnellig- 
keit anlangt, da die Vögel von der Nehrung, deren Entfernungen 
man genau kennt, nicht abzuweichen scheinen ? 

Als weitere Aufgaben einer ornithologischen Beobachtungs- 
station wären Untersuchungen überMauserund Verfärbung 
zu nennen, worin auch noch viel Unklarheit herrscht. In dieser 
Hinsicht hat die Vogelwarte bereits einen kleinen Versuch ange- 
stellt, wie aus den angefügten Arbeiten hervorgehen dürfte. 

Untersuchungen über den wirtschaftlichen Wert 
der Vögel, lautet ein weiterer Punkt des Programms. Blättern 
wir die neuste ornithologische Zeitschriftenlitteratur durch, so 
begegnen wir den schärfsten gegensätzlichen Behauptungen in 
dieser Hinsicht. Worüber aber noch gestritten wird, das bedarf 
eben der Aufklärung, die nur durch fortgesetzte Untersuchungen 
geschaffen werden kann, wobei natürlich die Beobachtung in der 
freien Natur nie vernachlässigt werden darf. Für die Land- und 
Forstwirtschaft muss durch solche Massnahmen eine sichere Basis 
für die Beurteilung der einzelnen Vogelarten, mit ‘denen sie zu 
rechnen hat, geschaffen werden. Die Station hat nach dieser 
Richtung hin nicht nur selbst Beobachtungen anzustellen, sondern 
auch an die betreffenden Staatsinstitute das oft schwer zu erlangende 
Material zu liefern. 

Mit dem eben genannten Punkte hängt der folgende eng 
zusammen, nämlich Untersuchuugen über zweckmässigen 
Vogelschutz. Darüber findet sich ein besonderer Abschnitt in 
unserem Jahresberichte vor, auf den ich hier hinweisen kann, 
ebenso wie auf die mannigfachen übrigen Aufgaben der Station, 
die aus dem $ 2 der beigedruckten „Satzungen“ ersichtlich sind. 
Jedenfalls ist durch Gründung der Vogelwarte eine Centralstelle 
geschaffen worden, von wo aus so manchen ornithologischen 
Bedürfnissen Rechnung getragen werden kann. 


C. Mittel der Station. 


Da es zu den Aufgaben der Station gehört, eine Sammlung 
von ausgestopften und gebalgten Vögeln anzulegen, so war es 
notwendig, einen geeigneten Raum zur Unterbringung der Sachen 
zu suchen, der in einem Häuschen gefunden wurde, welches sich 
der verstorbene Tiermaler Krüger hierselbst als Atelier hatte 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 151 


bauen lassen. Dasselbe ist mit seinem Oberlichte und einem nach 
Norden zu gelegnen grossen Fenster zu genanntem Zwecke gut 
geeignet. 

Ein kleiner Grundstock zu einer Vogelsammlung fand sich 
noch von früher her in Gestalt von 92 ausgestopften Exemplaren 
in Rossitten vor. Dieselben wurden von der Vogelwarte über- 
nommen und fanden zunächst in dem Sammlungsraume Auf- 
stellung. Im Laufe des Jahres wurde die Lokalsammlung, die 
sich mit der Zeit zu einer höchst interessanten gestalten dürfte, 
durch eine Anzahl von 43 Vögeln vemehrt, deren Verzeichnis in 
der Anlage 1 einzusehen ist. Es befinden sich darunter verschie- 
denefür dieNehrung neueSpecies,dieamSchlussedes zweitenTeiles des 
Jahresberichtes näher bezeichnet sind. Besonderes Augenmerk 
soll auf Sammeln von Dunen- und Halbdunenkleidern gelegt 
werden, die hier verhältnismässig leicht zu beschaffen sind und 
für die Wissenschaft stets hohen Wert haben, da noch manches 
an ihnen zu erforschen ist. Ein fühlbarer Mangel bestebt darin, 
dass das zu präparierende Material jetzt noch nach auswärts 
geschickt werden muss, da hier noch kein Präparator ansässig ist. 

Das Museum wurde von Fremden sehr zahlreich 
besucht, erregte stets, auch bei dem bescheidenen Materiale, 
was bis jetzt: geboten werden kann, grösstes Interesse und ist 
wohl dazu angethan, die Kenntnis der heimischen Vogelwelt zu 
erweitern, dadurch Interesse für sie zu erwecken und so dem 
Vogelschutze kräftig Vorschub zu leisten, zumal den Besuchern, 
wie weiter unten näher ausgeführt ist, auch das zur Betreibung 
des praktischen Vogelschutzes nötige Material — v. Berlepsch’sche 
Nistkästen, Futterbäume etc. — in natura oder im Bilde vor- 
geführt werden kann. Auch eine Anzahl Vogeleier, unter anderen 
einige Kästen voll abnorm gefärbter und geformter Lachmöven- 
und Flussseeschwalben-Eier, die der hiesige Bruch geliefert hat, 
ferner mehrere biologische Vogelgruppen, sowie das Modell eines 
Krähenherdes, womit hier auf der Nehrung in jedem Jahre Tausende 
dieser Vögel zu Speisezwecken gefangen werden, waren ausgestellt. 

Ein Beweis dafür, dass diese, wenn auch vorläufig noch be- 
scheidene Sammlung doch schon Gutes zu stiften vermag, indem 
sie das Interesse an der Natur erweckt, ist die grosse Zahl der 
Besucher des Museums, von denen sich viele in das ausliegende 
Fremdenbuch eintrugen. Eine kleine Auswahl aus der Besucher- 
liste findet sich im Anhange als Anlage 2 zum Beweise, dass die 


152 J. Thienemann : 


Kunde von der Errichtung der Station schon in die weitesten 
Kreise gedrungen ist. 
An lebenden Vögeln konnten bisher nur wenige Exemplare 


gehalten werden, da der Vogelwarte noch die Mittel zur Anlegung 


der nötigen Vogelhäuser fehlen. Um so grösserer Dank gebührt daher 


dem Direktor des Königsberger zoologischen Gartens, Herrn 


Kommissionsrat Claass, der für die Station mehrere überzählige 
Käfige nach Rossitten schicken liess und seine Unterstützung 
überhaupt nach jeder Richtung hin in Aussicht stellte. Über die 
an mehreren lebend gehaltenen Wildenten-Arten angestellten 
Untersuchungen über Mauser bezw. Verfärbung findet sich Näheres 
weiter unten in einer besonderen Arbeit. Ferner sei noch er- 
wähnt ein lebender Seeadler (Haliaötus albicilia), 1 Rauhfusskauz 
(Nyctala tengmalmi), Steppenweihen (Circus macrourus), 1 Krähen- 
bastard (Kreuzung zwischen Corv. cornix und ©. corone), Eisenten, 
(Nyroca hyemalis) Seetaucher u. a. m. Über die an den gefangen 
gehaltenen Vögeln angestellten Beobachtungen wird später 
berichtet werden. 

Auch Fachornithologen suchten die Vogelwarte, namentlich 
während der Zugzeiten auf, um die schwierige Gruppe der Strand- 
und Wasservögel an Ort und Stelle zu studieren und die Er- 
scheinungen des Vogelzuges durch Augenschein kennen zu lernen. 
In richtiger Würdigung der Interessen, welche die Station vertritt, 
besuchte sie im Auftrage des Präsidenten des Kaiserlichen Gesund- 
heitsamtes, des Herrn Wirklichen Geheimen Ober-Regierungsrates 
Dr. Köhler, der Leiter des zoologischen Laboratoriums an der 
biologischen Abteilung, Herr Regierungsrat Prof. Dr. Rörig, 


um eine Gemeinsamkeit gewisser Arbeiten in die Wege zu leiten 


und sich über die dortigen Einrichtungen zu informieren. 

Zu bemerken ist auch, dass Herr Prof. Dr. Braun in 
Königsberg, welcher der Station stets seine Sympathien entgegen- 
gebracht hat, zuweilen Studierende nach Rossitten schickte und 
an die Vogelwarte wies, damit sie hierselbst Studien über die 
niederen Tiere des Bruches und der übrigen Gewässer anstellen 
sollten. Die Station konnte den genannten Herren den Sammlungs- 
raum, der sich seines Lichtes wegen zu mikroskopischen Studien 
ganz besonders eignet, zur Verfügung stellen und auch sonst sich 
behilflich erweisen. Sehr erfreulich war es, dass die landwirt- 
schaftlichen Kreise der Vogelwarte grosses Interesse entgegen- 
brachten, in der sicheren Voraussicht, dass derartige Anstalten 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 153 


so manchen Vorteil für Land- und Forstwirtschaft bringen können. 
Dem Leiter der Vogelwarte wurde Gelegenheit geboten, sich und 
die Anstalt auf der Jahresversammlung des Ostpreussischen 
landwirtschaftlichen Centralvereins in Königsberg im 
Dezember 1900 durch einen Vortrag: „Die Ornithologie in ihrer 
Beziehung zur Landwirtschaft“ zu legitimieren, woraufhin ihm 
von dem genannten Vereine eine persönliche Beihilfe von 300 M. 
gewährt wurde mit der Bedingung, in dem Vereinsorgane, der 
„Königsberger Land- und forstwirtschaftlichen Zeitung“, 
über einschlägige Fragen und angestellte Untersuchungen zu 
berichten, was öfter geschehen ist. Von dem genannten Vereins- 
Organe bekam die Station durch die Güte des Herrn General- 
sekretär Dr. Böhme ein Freiexemplar zur Verfügung gestellt. 
Ferner wurde der Leiter der Anstalt von dem Vorstande des 
oben genannten angesehenen Vereins für die Wintermonate zu 
Vorträgen innerhalb der landwirtschaftlichen Zweigvereine ver- 
pflichtet, um zur Verbreitung der Kenntnis des heimatlichen Vogel- 
lebens in landwirtschaftlichen Kreisen beizutragen und in Bezug 
auf ornithologische Fragen, namentlich den ökonomischen Wert 
der Vögel betreffend, anregend und aufklärend zu wirken. 
Unserer Station ist damit eine schöne und wichtige Aufgabe zu- 
gefallen, da ja bekannt ist, dass im Allgemeinen die Ornithologie 
in land- und forstwirtschaftlichen Kreisen leider meist noch recht 
stiefmütterlich behandelt wird. 

Herrn Geheimen Regierungsrat Reich, dem Hauptvorsteher 
des Ostpreussischen landwirtschaftlichen Centralvereins, und Herrn 
Generalsekretär Dr. Böhme in Königsberg sei an dieser Stelle 
für freundliches Entgegenkommen wärmster Dank ausgesprochen. 
Auch mit dem „Landwirtschaftlichen Central-Verein für 
Littauen- und Masuren“ trat die Vogelwarte in Verbindung, 
fand reges Interesse, wurde auch um Berichte und Artikel für 
des Vereinsorgan die „Georgine“ gebeten und bekam Beihilfe 
in Aussicht gestellt. 

Schliesslich ist zu berichten, dass die Landwirtschaftskammer 
für die Provinz Ostpreussen den Unterzeichneten zu dem im 
Oktober an der landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin abge- 
haltenen meteorologischen Kursus entsandte, zu dem Vertreter 
von allen deutschen Provinzen geschickt waren. Der Kursus 
wurde von Herrn Prof. Dr. Börnstein geleitet und hatte 
den Zweck, die Kenntnisse in der Wetterkunde zu verbreiten und 

Journ, f. Orn. L. Jahrg. April 1902, 11 


154 J. Thienemani: 


diese Wissenschaft namentlich für die Landwirtschaft mehr dienstbar 
zu machen. Im Anschluss hieran wurde vom Königlichen mete- 
orologischen Institute in Berlin eine meteorologische Station in 
Rossitten errichtet, so dass also mit der Vogelwarte nunmehr 
zugleich eine Wetterwarte verbunden ist. Auch wurde Rossitten 
unter die sofort berichtenden Gewitterstationen aufgenommen. 
Mit Rücksicht darauf, dass bei Beobachtung des Vogelzuges stets 
auch die meteorologischen Verhältnisse in Betracht gezogen 
werden müssen, sind diese Massnahmen im Interesse unserer Anstalt 
mit Freuden zu begrüssen. 

Da ferner bei Erforschung der Wanderzüge der Vögel die 
Beobachtungen nicht auf einen einzelnen Punkt beschränkt werden 
dürfen, so musste die Station ihr Augenmerk darauf richten, in 
den verschiedensten Teilen Deutschlands zuverlässige Beobachter 
als Mitarbeiter zu suchen. Wohl ist es ihr gelungen, bereits 
solche nicht nur hier in der näheren Umgebung, in Ostpreussen, 
sondern auch auf der frischen Nehrung, in Pommern, Mecklenburg 
und an anderen Orten zu finden; ein eigentliches Beobachtungsnetz 
ist freilich noch nicht hergestellt, was bei der grossen Schwierigkeit 
der Sache wohl begreiflich sein wird. Es kann auch hier nur die 
freundliche Bitte um thätige Mithilfe dringend wieder- 
holt werden. Besonders wichtig sind die Verbindungen, welche 
die Vogelwarte mit den Wächtern der nächsten Leuchttürme — 
Pillau, Brüsterort, Nidden und Memel — angeknüpft hat. 
Die Hafen-Bau-Inspektionen haben dabei in dankenswertester 
Weise das grösste Entgegenkommen gezeigt, haben den be- 
treffenden Wärtern die nötigen Anweisungen gegeben, auch das 
Betreten der Leuchttürme gestattet u. s. w. Wir wollen nicht ver- 
fehlen, auch diesen Behörden verbindlichsten Dank abzustatten. 

Mit grosser Freude können wir weiter von der höchst wahr- 
scheinlich bevorstehenden Gründung einer Vogelwarte auf der 
Kronstadter Nehrung im Finnischen Meerbusen bei St. Peters- 
burg berichten. Se. Excellenz Herr Prof. Dr. von Kaygorodoff 
aus Petersburg hatte unserer Vogelwarte seinen Besuch für den 
20. bis 22. August in Aussicht gestellt, um die hiesigen Einrich- 
tungen kennen zu lernen und nach deren Muster die Gründung 
einer Station auf oben genannter Nehrung bei der russischen 
Regierung zu befürworten. Leider kam Se. Excellenz nur bis 
Cranz, wo die Reise krankheitshalber aufgegeben werden musste, 
So konnten die Verhandlungen nur brieflich geführt werden. 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 155 


Sollte die Gründung obiger Station gelingen, so wäre für Rossitten 
eine höchst günstige Correspondenzanstalt geschaffen, da anzu- 
nehmen ist, dass sehr viele Vögel, die die Kurische Nehrung 
passieren, vorher an Petersburg vorbeigezogen sind. Die Ver- 
gleichung der beiderseitigen Beobachtungsdaten würde manche 
interessanten Ergebnisse zu Tage fördern, zumal zu erwarten 
steht, dass auch Prof. Dr. J. A. Palmen in Helsingfors, wie 
er mir unterm 12. September 1901 schreibt, demnächst Musse 
finden wird, der Frage des Vogelzuges wieder seine bewährte 
Kraft zu widmen. 


Der Verkehr unserer Anstalt mit auswärtigen Instituten und 
einzelnen Ornithologen war sehr lebhaft. Von allen Gegenden 
Deutschlands und des Auslandes liefen Bestellungen, Anfragen 
und Erkundigungen verschiedensten Inhalts ein. Material, das 
aus erlegten, teilweise auch lebenden Vögeln, Mäusen, Schädeln, 
Vogelparasiten etc. bestand, konnte unter anderen an das Kaiser- 
liche Gesundheitsamt in Berlin, ferner an die Königlichen zoolo- 
gischen Museen in Berlin und Königsberg und an den zoologischen 
Garten der letztgenannten Stadt gesandt werden. 


Das Bibliotheks- Verzeichnis der Vogelwarte weist 192 
Nummern, zum grössten Teil aus Sonderabdrücken bestehend, auf. 
Folgende Autoren haben Schriften bezw. Werke eingeschickt, wobei 
ich bemerke, dass ich die Namen in der Reihenfolge aufführe, 
wie sie im Verzeichnis, den Eingangsdaten nach, eingetragen sind: 


Dr. F. Henrici — Marienwerder. 
H. Schalow — Berlin. 
Dr. P. L. Selater — London. 
Herluf Winge — Kopenhagen. 
F. Koske — Stettin. 
Dr. Fr. Lindner — Osterwieck a./H. 
Prof. Dr. J. A. Palmen — Helsingfors. 
Prof. Dr. A. Reichenow — Berlin. 
Prof. Dr. Eckstein — Eberswalde. 
Michael Härms — Samhof i. Livl. 
H. Kemke — Königsberg i./Pr. 
Prof. Dr. J. Cabanis — Berlin. 
0. Reiser und Johann Knotek — Sarajewo. 
Dr. P. Speiser — Berlin. 
11* 


156 3. Thienemann: 


Indem wir den genannten Herren für die freundlichen Zu- 
sendungen unsern verbindlichsten Dank aussprechen, geben wir 
zugleich auch hier nochmals der ergebenenen Bitte Ausdruck, 
zur Vergrösserung unserer Bibliothek durch weitere Sendungen 
von einschlägigen Werken und Sonderabdrücken beizutragen, und 
verweisen im übrigen auf den betreffenden Aufruf von H. Schalow 
in den Ornith. Monatsber. 1901 S. 61. 

Schliesslich hat es unserer Station auch nicht an ander- 
weitigen Zuwendungen gefehlt. Eine besondere Auszeichnung 
erfuhr dieselbe dadurch, dass Seine Königliche Hoheit Fürst 
Ferdinand von Bulgarien, Prinz von Sachsen-Koburg- 
Gotha, unterm 19. August 1901 durch Herrn Direktor Dr. Paul 
Leverkühn dem Leiter der Anstalt 200 Mark aus der Privat- 
schatulle zu übersenden geruhte, „behufs Förderung dieser nützlichen 
und für die Klärung vieler Fragen bedeutsamen Institution.“ Die 
Vogelwarte Rossitten verfehlt nicht, auch an dieser Stelle Sr. 
Königlichen Hoheit nochmals ihren unterthänigsten Dank 
auszusprechen. 

Fernere Geldspenden gingen ein von Herrn Rittergutsbesitzer 
Schuhart auf Müggen und Herrn Dr. Peters aus Berlin, und 
schliesslich wurde der Vogelwarte noch gestiftet: 

1 Wärmapparat zur Winterfütterung der Vögel von Herrn 
Freiherrn von Berlepsch. 

1 Insekten-Fanglaterne von Herrn Regierungsrat Prof. _ 
Dr. G. Rörig. 

1 lebender Jagd-Uhu von Herrn Rittmeister z. D. Meier- 
Louisenberg. 

Ein Posten Durchschnitte v. Berlepsch’scher Nistkästen 
zum Aufhängen im Sammlungsraum, nebst 1 Dutzend Futter- 
hölzer zur Winterfütterung der Vögel von der Firma H. und O. 
Scheid in Büren i./W. 

1 Stamm japanische Seidenhühner zur Aufzucht von 
Vögeln von Herrn Apotheker Schemmel in Ludwigsburg i./Württ. 

Auch darf nicht unerwähnt bleiben, dass Herr Zimmer- 
mann aus Danzig der Vogelwarte nicht nur einige ausgestopfte 
Vögel schenkte, sondern sich auch während seines Rossitter 
Aufenthaltes im September dieses Jahres insofern um die Anstalt 
verdient machte, dass er mehrere Vögel für die Sammlung stopfte. 

Allen den freundlichen Gebern sprechen wir im Namen der 
Anstalt unsern verbindlichsten Dank aus. 


1. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 157 


Anlage 1. 


Verzeichnis der von der Vogelwarte für die Sammlung in 
g 8 


Dem Van ae DD 


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Rossitten im Jahre 1901 präparierten Vögel. 


Sylvia simplex, Gartengrasmücke. 
Certhia familiaris, Baumläufer. 
Corvus cornix, Nebelkrähe (Albino.) 
Nyctala tengmalmi, Rauhfusskauz« 
Asio accipitrinus, Sumpfohreule. 
Cerchneis vespertina juv., Rotfussfalk. 
Cerchneis linnuncula 2 juv., Turmfalk. 
Aquila pomarina, Schreiadler. 
Circus cyaneus @ ad., Kornweihe. 
Circus macrourus juv., Steppenweihe. 
Circus macrourus 2 ad., Steppenweihe. 
Fulica atra pull., Blässhuhn. 
Gallinula chloropus pull. und Embryo, Grünfüssiges Teich- 
huhn. 
Limosa lapponica, Pfuhlschnepfe. 
Tringa ferruginea, Bogenschnäblicher Strandläufer. 
Tringa alpina, Alpenstrandläufer. 
Calidris arenaria, Sanderling. 
Phalaropus lobatus, Wassertreter. 
Anas querquedula Dunenkld., Knäkente. 
Anas boschas Dunenkld., Stockente. 
Nyroca ferina Dunenkld., Tafelente. 
Somateria mollissima, Eiderente. 
Sterna hirundo Dunenkld., Flussseeschwalbe. 
Sterna hirundo Halbdunen., Flussseeschwalbe. 
Larus ridibundus Halbdunen., Lachmöve. 
Larus ridibundus ad., Lachmöve. 
Larus fuscus ad., Heringsmöve. 
Stercorarius pomarhinus &, Mittlere Raubmöve. 
Stercorarius parasiticus juv., Schmarotzer-Raubmöve. 
Colymbus eristatus, Haubensteissfuss. 
Urinator septentrionalis, Nordseetaucher. 
Uria grylle 3, Gryliteist. 
Alca torda, Eisalk. 
Zusammen 43 Vögel, 


158 


J. Thienemann: 


Anlage 2. 


Auszug aus der Besucherliste des Museums der Vogelwarte. 


1. 
2. 
3. 
4 


= 


Herr Adam Dr. —- Mohrungen. 


Ballo Gutsbesitzer — Kleinheide. 

Bock Reg. und Forstrat — Königsberg i./Pr. 
Boehme Dr. Generalsekretär vom Ostpr. landwirt- 
schaftlichen Centralverein — Königsberg i./Pr. 
Bunge Dr. Privatdozent für Chirurgie — Königs- 
berg i./Pr. 

Dorner stud. med. — Königsberg i./Pr. 

Flöss Gutsbesitzer — Russland. 

Guthzeit Dr. — Königsberg i./Pr. 

Guthzeit Dr. phil. Hofrat — Leipzig. 

Hilbert Dr. — Sensburg. 

Kemke Bibliothekar der physikl. oekonon. Gesell- 
schaft — Königsberg i./Pr. 

Klien Dr. Arzt — Leipzig. 

Krüger Hptm. z. D. — Recklinghausen i./W. 
Labhardt Dr. prakt. Arzt — Basel. 

Meyer Landesrat — Königsberg i./Pr. 

Mohraum Regierungsrat — Cassel. 

Nay Regierungsrat — Königsberg i./Pr. 

Neckel Öberstabsarzt i. Feld. Art. Reg. — Kö- 
nigsberg i./Pr. 

Peters Dr. Hilfsarbeiter am Kaiserl. Gesundheits- 
amt — Berlin. 

v. Reckow Kadett Lichterfelde — Wiesbaden. 

v. Riesenthal Hauptmann — Bartenstein. 

G. Rörig Regierungsrat Professor Dr. — Berlin. 
Roth Regierungsrat — Königsberg i./Pr. 
Schemmel Apotheker — Ludwigsburg i./Württemb. 
Schmall Dr. Arzt — Königsberg i./Pr. 
Strickstrak Dr. Gymnasiallehrer — Dirschau. 
Symanski Landgerichtsrat — Königsberg i./Pr. 
Symanski Oberlieutnant z. See — Kiel. 

Johannes Trojan — Berlin. 

v. Volkmann Reg. Assessor — Kassel. 

v. Waldow Regierungs-Präsident — Königsber i./Pr. 
W. Weltner cand. jur. — Königsberg i./Pr. 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 159 


33. Herr Ziemann Regierungsrat — Königsberg i./Pr. 
34. ,„ Th. Zimmermann Rentier — Danzig. 


II. Wissenschaftlicher Teil. 


Als Einleitung zum wissenschaftlichen Teile unseres ersten 
Jahresberichtes bringe ich zunächst meine Beobachtungen, die 
ich schon vor der offiziellen Eröffnung der Vogelwarte in Rossitten 
angestellt habe. Dieselben sind noch nicht veröffentlicht und 
wurden nur in einigen Vorträgen benutzt. Ich habe schon vom 
Jahre 1896 an die Kurische Nehrung besucht und zwar immer 
genau um dieselbe Jahreszeit, da mir zur Reise nur die 
stets fast an demselben Datum beginnenden grossen Ferien zur 
Verfügung standen. So ist Gelegenheit geboten, zwischen den 
einzelnen Jahren instruktive Vergleichungen anzustellen. 

Mit Absicht wähle ich zunächst bei meinen Darstellungen 
die mehr tagebuchartige Form, weil sich der Leser so leichter 
ein deutliches Bild von den hiesigen ornithologischen Verhältnissen 
machen kann. Späteren Jahresberichten bleibt es vorbehalten, das 
angesammelte Material nach einem einheitlichen, noch festzu- 
setzenden Plane zu verarbeiten. 


1396. 


Am 18. Juli betrete ich zum ersten Male den Nehrungsstrand. 

19. Juli: Erster Besuch des Bruches, der eine grosse 
Kolonie der Lachmöve (Larus ridibundus) und der Flusssee- 
schwalbe(Sierna hirundo) beherbergt. Beide haben bereits flug- 
bare Junge, die entweder zu Tausenden am Bruchrande sitzend 
dem Beobachter sich von weitem als grosse weisse Flächen 
präsentieren, oder bei ihrem Auffliegen wolkenartig die Luft 
durchschwärmen. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Zuweilen werden 
wir namentlich von den alten Seeschwalben, die uns beinahe an 
den Kopf fliegen, heftig angegriffen. Es geschieht das von solchen 
Pärchen, die sich mit der Brut etwas verspätet haben und deren 
Dunenjunge wir wie Trupps kleiner Federbällchen dem schützendem 
Rohrdickicht schwimmend zueilen sehen. Auf der am Westrande 
des Bruches gelegenen grossen Blänke tummeln sich viel Schwarz- 
halstaucher (Colymbus nigricollis) umher, die kolonieweise im 
Schachtelbalm, oder in nicht zu dichten Schilfpartien nisten. 


160 J. Thienemann: 


Gleich am ersten Tage habe ich auch die Freude, den 


charakteristischen Nehrungsvogel, den Karmingimpel (Carpo- 


dacus erythrinus), zu beobachten. Ein Weibchen badet sich in 
einem Wassergraben am Waldrande. 


20. Juli: Früh nach der Vogelwiese. Mehrere Regen- 


brachvögel (Numenius phaeopus), die sich sehr scheu zeigen, 


und einige kleine Tringen-Flüge beobachtet. 


21. Juli: Den Bruch mit dem Kahne befahren. 1 Actitis 
hypoleucus erlegt. Von Fr. Lindner war ich vor meiner Abreise 


nach Rossitten auf eine besondere Seeschwalbenart aufmerksam 


gemacht. worden, die ausser Sterna hirundo noch auf dem Bruche 


nisten sollte. Sie wäre etwas grösser als die gemeine Seeschwalbe 


und hätte taktmässigere Flügelschläge. Ich glaubte dieselbe 
heute auch wirklich zu beobachten. Nachdem sich aber durch 
die täglichen Besuche des Bruches das Auge an den umher- 
schwirrenden Vogelwirrwarr mehr gewöhnt hatte, so dass einem 
ein fremdes Flugbild sofort auffiel, muss ich sagen, dass ich 
mich in der ersten Zeit sicher geirrt habe. Sterna hirundo hat 
nämlich die Eigentümlichkeit, im Affekt, z. B. wenn sie von Art- 
genossen verfolgt wird, einen andern Flug anzunehmen, wodurch 
man leicht getäuscht werden kann. Ich habe bis jetzt nur die ge- 
wöhnliche Flussseeschwalbe brütend am Bruch konstatieren können. 


22. Juli: Am Haff eine grosse Anzahl Trauersee- 
schwalben (Hydrochelidon nigra), die nicht wie Sterna hirundo 
bei der Nahrungssuche kräftig ins Wasser stossen, sondern nur 
die Insekten von der Oberfläche höchst geschickt wegfischen. 
Ein erlegtes Exemplar hat nur Wasserinsekten im Magen. 

Ich fange 1 flügges Junges von Carpodacus erythrinus, das, 
von mir verfolgt, in ein Getreidefeld einfällt. Das alte Weibchen 
zeigt sich dabei sehr ängstlich und lässt den Warnungsruf, der 
dem von Chloris hortensis sehr ähnlich ist, ununterbrochen hören. 
Das Männchen, welches noch grau ist, kommt nur einmal flüchtig. 
Das Junge nimmt in der Gefangenschaft noch nicht selbständig 
Nahrung auf und stirbt trotz Stopfens. 


23. Juli: Am Bruch 1 Limosa aegocephala $ als neue 
Species für die Nehrung erlegt. Am Haff 6 Trauersee- 
schwalben geschossen, von denen nur eine das ganz schwarze 
Sommerkleid trägt, während die übrigen um den Schnabel herum 
schon das Weiss des Winterkleides bekommen. 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 161 


Das Wetter ist bis jetzt immer furchtbar heiss, so dass mit 
dem Vogelzuge noch nicht viel los ist. Es waren bisher nur 
‚einige Totaniden, (glareola, ochropus, pugnax, hypoleucus), Tringen 
und wenige Limosen zu bemerken. Sehr häufig ist Lanius 
collurio bei Rossitten. 


24. Juli: Am Haff Charadrius curonicus. In den Weiden- 
büschen daselbst treffe ich wieder ein Weibchen von Carpodacus 
erythrinus an, das den Warnungsruf ununterbrochen hören lässt, 
also Junge in der Nähe hat. Der Vogel lässt sich ganz nahe 
ankommen. 


25. Juli: Ciconia alba schwärmt über dem Bruche. Am 
Ufer stehen verschiedene Bekassinen vor mir auf. Erlegt: 1 


Totanus pugnax, 1 Tot. hypoleucus und 1 Tringa subarcuata 9, 


‚letzteres im schönen roten Sommerkleide. In den Kunzener 


ı Büschen junge ausgeflogene Heidelerchen beobachtet. 
Cuculus canorus bei Pillkoppen. Die ziehenden Kuckucke 
‚halten sich hier an Örtlichkeiten auf, wo man sie auf dem Fest- 
'Jande nicht zu beobachten Gelegenheit hat, z. B. mitten im Dorfe 
‚in niedrigen Büschen und Bäumen, oder auf ganz kahlen, mit 
‚spärlichen Weidensträuchern bewachsenen Sandstrecken. 


27. Juli: Der Zug von Fringilla coelebs beginnt. Es sind 
nur Weibchen und Junge zu bemerken, die sich zu grossen Flügen 
zusammengeschlagen haben und in den Büschen umhertreiben. 
Am Bruch viel Bekassinen. 

28. Juli: Totanus pugnax und glareola, Gallinago caelestis 
und major, Tringa minuta, Numenien und Limosen beobachtet 
und teilweise auch erlegt. Die grosse Sumpfschnepfe gehört 
hier zu den seltneren Erscheinungen. Von allen den erwähnten 
Vögeln sind noch sehr wenige Exemplare hier zu bemerken, da 
die unerträgliche Hitze immer noch anhält. 

Wieder ein Pärchen von Carpodacus erythrinus beobachtet. 
Das $ sehr schön rot. Beide lassen den Warnungsruf fortwährend 
hören. Riesige Schwärme von jungen Staren, die abends ins 
Rohr einfallen. 

29. Juli: Die Lachmöven fangen an, sich von ihren Brut- 
plätzen am Bruche nach dem Haff wegzuziehen. 

30. Juli: Gang durch die Felder. 1 Buteo vulgaris schwärmt 
umher. Rehe im Getreide, die mir durch ihre fahlgelbe Färbung 
sehr auffallen. 


162 J. Thienemann: 


31. Juli: Unter den täglich zu beobachtenden Totanus) 
glareola befinden sich heute auch einige Tot. littoreus. Wieder 
1 Pärchen Carpodacus erythrinus gesehen. Männchen rot. | 

1. August: Am Bruch viel Bekassinen, sonst nur die 
gewöhnlich zu beobachtenden Vögel. Die furchtbare Hitze hält 
immer noch an. | 

2. August: Im Walde Coracias garrula, an einem Graben 
Gallinago major. Im Garten viel Fringilla coelebs Q$ und Junge. 
Einige der letzteren versuchen zu schlagen. 

3. August: 1 Totanus fuscus, sehr scheu. Im Garten finde 
ich ein Nest von Sylvia nisoria in Tischhöhe in einem Busche. 
Darin sitzt ein grosser Frosch. Das Nest ist leer. Gegen Abend 
nach dem Bruche zum Enteneinfall.e. 1 Fuchs geschossen. Es 
blitzt und donnert heftig, aber wir bekommen nur wenig Regen. 

4. August: Wetterumschlag. Die Hitze ist glücklich vor- 
über. Starker W. zuweilen mit feinem Regen. Früh nach dem 
Bruche. Hier herrscht gleich regeres Leben. Ziemlich viel 
Totaniden: gloreola, pugnaz, littoreus und fuscus, ebenso einige 
Limosen. 

Nachmittags nach der Vogelwiese: Es war zu beobachten: 
1 kleiner Flug Tringa alpina, Totanus glareola, mehrere Chara- 
drius curonicus, hiaticula und pluvialis, ferner ein grosser Schwarm 
Numenien. Erlegt: 1 Numenius arcuatus $ juv., je 1 Charadrius 
pluvialis und curonicus und 1 Tringa alpina. Die Alpenstrand- 
läufer tragen alle noch das Sommerkleid. Die Brachvögel legen 
grosse Strecken in verhältnismässig kurzer Zeit zu Fuss zurück. 

Mageninhalt von Numenius arcuatus: Fast ausschiesslich 
Riesenohrwürmer (Forficula gigantea), die von den Vögeln mit 
ihrem pinzettenartigen Schnabel aus dem Sande sehr geschickt 
herausgeholt wurden, wie ich aus nächster Nähe beobachten 
konnte. Es wird einem selten vergönnt, die überaus scheuen 
Numenien in ihrem Thun und Treiben genauer zu beobachten. 
Ich hatte mich damals in eine Sandvertiefung platt hingelegt 
und genoss die Freude, die prächtigen Vögel wie eine ausge- 
- schwärmte Schützenlinie auf mich losmarschieren zu sehen, wo- 
bei sie bald links, bald rechts mit dem Schnabel in den Sand fuhren. 

Mageninhalt von Charadrius pluvialis: Würmer und Käferchen, 
die aus feuchtem Sande herausgeholt waren. 

Von Pillkoppeu wird ein erlegter Falco vespertinus juv. 
geschickte Am Hafi- und Seestrande Unmassen von ange- 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 163 


'schwemmten roten Marienkäferchen. So hat der Wetterumschlag 
‚gleich etwas Leben in den Vogelzug gebracht. 

| 5. August: Der W. schwächer als gestern. Ungefähr die- 
selben Vögel wie gestern beobachtet. Wieder eine Limosa aego- 
‚cephala erlegt, die das frühere Exemplar vom 23. Julian Grösse ganz 
bedeutend übertrifft. Überhaupt sind die Grössenunterschiede 
bei den Limosen ganz enorme, so dass man die Vögel von weitem 
leicht für andere Arten halten kann. Ferner 1 Totanus calidris 
beobachtet, der hier zu den seltneren Erscheinungen gehört. Auf 
der Vogelwiese bei weitem nicht mehr soviel Leben wie gestern. 
1 Tringa alpina schinei geschossen. Wir suchen, durch die 
Brachvögel darauf aufmerksam gemacht, die seltenen Riesenohr- 
würmer (Forficula gigantea), die senkrecht in einem kleinen 
Sandkessel sitzen, so dass der Kopf zu sehen ist. Auch unter 
kleinen Sandhäufchen sind sie zuweilen zu finden. 

6. August: Bei einer Fahrt nach Pillkoppen Melvus migrans 
beobachtet. Auf den Telegraphendrähten 20—30 ziehende Falco 
tinnunculus, Weibchen oder Junge. Kein grauköpfiges Männchen 
darunter. Bei Pillkoppen Falco vespertinus juv. 

7. August: Den eigenartigen Pillkopper Kirchhof?) besucht. 
Auf der nassen Pallwe daneben nur einige gewöhnliche Strand- 
vogelarten. Gegen Abend zur Brachvogeljagd, wobei wir einen 
berittenen Treiber benutzen, uns selber aber platt auf die Erde 
legen. Drei Numenius arcuatus geschossen. 

Mageninhalt von Nr. 1: fast ausschliesslich Riesenohr- 
würmer. Nr. 2: zerkleinerte Heuschrecken. Nr. 3: In Schlund 
und Magen grosse Fliegenlarven. 

Auffallend, dass jedes Exemplar, obgleich an ein it derselben 
Örtlichkeit erlegt, nur einerlei im Magen hat. 

Anthus campestris erbeutet. 

8. August: Klares, etwas kühles Wetter. 1 Limicola pla- 
iyrhyncha ad. am Pillkopper Kirchhofe erlegt. 

9. August: Rückfahrt von Pillkoppen nach Rossitten übers 
Haff. Viel Möven unterwegs beobachtet, namentlich L. ridibundus 
und canus, welche letztere seit einigen Tagen häufiger zu sehen 
ist. Nachmittags ziehen viel Numenien über Rossitten. Unter 
den Dachpfannen an manchen Häusern zirpen noch junge Cyp- 
selus apus, der hier ziemlich häufig ist. 


1) Im Jahre 1900 unter der Wanderdüne verschwunden. 


164 J. Thienemann: 


10. August: Wieder ziemlich warmes Wetter. Gallinago: 
major erlegt, Limosa lapponica beobachtet. Gegen Abend sehe: 
ich zum ersten Male Elche in freier Wildbahn. 

11. August: Heisser Tag. Limosa lapponica erlegt; sonst: 
nichts Besonderes. \ 

12. August: Trübes Wetter. Letzter Tag in Rossitten.. 
Am Haff Unmassen von Uferschwalben (Olivieola riparia), die: 
sich zum Zuge zusammengeschart haben. Vom Bruch sind die: 
Lachmöven nun fast ganz verschwunden. Seeschwalben sind. 


noch zahlreicher da. Viel Bekassinen. 5 geschossen. 1 To-- 


tanus calidris gesehen. 
1892. 


Am 17. Juli Ankunft in Rossitten. 
19. Juli: Auf der Vogelwiese reiches Vogelleben. Ein 


Schwarm von ungefähr 20 der seltenen Limicola platyrhyncha, 


vermischt mit einigen Zringa alpina schinzi und temmincki ist 
das Bemerkenswerteste. Die Limicola ist bei einiger Übung 
nicht schwer von den kleinen Zringen zu unterscheiden. Ihr 
Gebaren, namentlich beim Laufen, und ihr: Ruf beim Auffliegen 
sind anders, letzterer trillernder als der von Tr. alpina. Grosse 
Scharen von Brachvögeln stolzieren auf der Wiese umher, 
auch kleine Regenpfeifer sind zu bemerken. Ich erlege 5 
Limicola platyrhyncha, 1 Tringa temmincki, 1 Tringa alpina, ] 
Tr. alpina schinzi und 1 Numenius phaeopus. 

Die Tage vorher waren regnerisch. 

20. Juli: Auf der Vogelwiese ist alles verschwunden, ein 
Beweis dafür, wie regelmässig man auf einer Vogelraststation 
wie hier beobachten muss. Heute wimmelt es von einer Vogel- 
species, morgen ist alles weg. So ist es oft. 

Am Bruch 1 Limose beobachtet, eine Anas querquedula, 
1 Oolymbus nigricollis juv. erlegt. Letzterer sehr fett. Der 
Magen ganz voll Federn, sonst wenig andere Stoffe darin zu finden. 

21. Juli: Eine einzelne Limicola platyrhyncha, ebenso 1 
Charadrius pluvialis mit noch schöner schwarzer Unterseite erlegt. 

Unter den Ziegeln eines ganz niedrigen Fischerhauses brütet 
Oypselus apus, ich möchte sagen kolonieweise. 5—6 Nester dicht 
nebeneinander. Die darin befindlichen flüggen Jungen schreien 
beim Herannahen der Alteu ganz wie diese und sperren dabei 
den Schnabel weit auf. Ich kann die Nester mit dem Spazier- 
stocke erreichen. 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 165 


Es gelangen ferner zur Beobachtung Charadrius curonicus, 


23. Juli: 1 Oolymbus eristatus juv. und 1 Col. nigricollis 
'& erlegt. Der Mageninhalt des letzteren besteht zum grössten 
Teile aus Federn und einigen wenigen Insektenüberresten. Die 
Federn stammen meist vom Taucher selbst, einige scheinen auch 
einem anderen Vogel (Möwe oder Seeschwalbe) anzugehören. 
Ferner fällt auf, dass manche Federn an der oberen Spitze wie 
mit der Schere abgeschnitten erscheinen. Viele sind ganz und 
gar zerknickt und haben abgeriebene Fahnen, da sie anscheinend 
schon sehr lange im Magen sich befunden haben. Auch einige 
| Holzstückchen und kleine, grüne Pflanzenteilchen und Fasern sind 
| vorhanden. Steinchen garnicht. Der Inhalt riecht stark thranig. 
26. Juli: Am Haff Hydrochelidon nigra. Totanus ochropus, 
‘der hier weit seltner ist als glareola, erlegt. 

27. Juli: Beim Enteneinfall auf dem Bruche werden erlegt: 
Fuligula ferina, der die Schwungfedern gerade fehlen, ebenso 
“ein Dunenjunges derselben Species, ferner Anas boschas und A. 
clypeata. Acrocephalus phragmitis singend. Bisher immer ruhiges, 
heiteres, oft heisses Wetter mit schwachem Westwinde. 

28. Juli: Wetterumschlag. Regen, heftiger Wind aus N. 
Im Walde viel Laubsänger und Buchfinkenweibchen auf 
dem Zuge. 

29. Juli: Regen und Ostwind. Auf der Vogelwiese wenige 
Tringen. Eine alpina schinzi erlegt. Am Hafistrande Larus fuscus. 

30. Juli: Der Ostwind bringt diesmal nichts Besonderes. 
Nur Schwalben und junge Stare sind in grossen Schwärmen 
zu beobachten. Im Garten wird ein junger Carpodacus erythrinus 
von den Alten gefüttert. 

2. August: Der Steppenweihenzug beginnt. Sonst ausser 
den gewöhnlichen Totaniden und Charadrien nichts Besonderes. 

3. August: Nordwind. Lanius minor erlegt, aber leider 
nicht gefunden. Dasselbe Missgeschick passiert mir an dem Tage 
noch mit Circus macrurus und Totanus pugnax. Saxicola oenan- 
the auf dem Zuge. Ich bemerke lauter braune Kleider, keine 
alten Männchen, die demnach getrennt zu ziehen scheinen. Im 
Walde viel Laubsänger. 3 Tadorna damiatıca von Herrn 
Tiermaler Krüger beobachtet. 


166 J. Thienemann: 


Am Nachmittag 2 Circus macrurus erlegt. Ferner erbeute 
ich ein prächtiges Männchen von Hirundo rustica pagorum mit 
schöner gelber Unterseite und sehr dunkler Kehle als neu für 
die Nehrung. Der Vogel hat jedenfalls hier gebrütet. Die 
Testikel sind sehr stark entwickelt. Masse: Länge: 20,4 cm, 
Fittich: 13 cm, Schwanz: 12 cm. Schwanz ragt über Flügel- 
spitzen: 4,2 cm. 

4. August: Man beobachtet jetzt namentlich an durch- 
ziehenden Vögeln: riesige Schwärme von Sturnus vulgaris (nur 
Junge), ferner von Herundo rustica und namentlich Chelidonaria 
urbica. Dann Fringilla coelebs Q$ und Junge und Phylloscopus- 
Arten; Zrochilus hört man einzeln singen. Es sind das wahr- 
scheinlich auch junge Männchen, wie die jetzt zuweilen leise 
schlagenden Buchfinken, Oueulus canorus und Oriolus galbula. 
Auch Upupa epops wird gesehen. 

5. August: Das Wetter immer schön und still. Bei Pill- 
koppen 1 Flug Brachvögel. Im Dorfe selbst treiben sich Picus 
maior und der hier seltenere Prceus medius umher, die in Er- 
mangelung von geeigneten Bäumen an Bretterzäunen und Wäsche- 
pfählen umherklettern und sich sehr vertraut zeigen. Überall 
schwärmen Steppenweihen umher. Der Strandvogelzug ist 
bei dem schönen Wetter ganz ins Stocken geraten. 

7. August: Eine durch Anfliegen an den Telegraphendraht 
getötete Ortygometra porzana wird mir gebracht. Es ist ganz 
auffallend, wie oft gerade dieser Vogel auf solche Weise sein 
Ende findet. Man kann nur annehmen, dass er genau in der 
den Drähten entsprechenden Höhe seinen Zug in der Nacht unter- 
nimmt und nicht von dieser Regel abweicht. Mageninhalt: 
Sämereien und Steinchen. Am Bruch ein einzelner Totanus calidris. 

9. August: An der Pelk grosse Schwärme von COliwvicola 
riparia, die sich auf dem Durchzuge befinden. Am Bruch Limosa 
lapponica. Falco vespertinus juv. wieder auf dem Zuge. 1 Exem- 
plar erlegt. 

10. August: Der Zug von Sazwicola oenanthe setzt sich fort, 
ebenso von Clivicola riparia. 

11. August: Früh Regenschauer bei SW. dann klärt es auf. 
Überall Steppenweihen zu beobachten. 

12. August: Letzter Tag in Rossitten. NO. Caprimulgus 
europaeus auf dem Zuge. Auf dem Haff ganze Schwärme von 
Larus minutus. Von den erlegten Exemplaren befinden sich 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 167 


‚mehrere schon im Übergangskleide. Herr Krüger beobachtet 
einen Anthus cervinus. 

1898. 
16. Juli: Ankunft in Rossitten. 
17. Juli: Einen echten Albino von Hirundo urbica juv. aus 
einem Schwarm normal gefärbter Schwalben herausgeschossen. 

13 Juli: Wetter sehr unbeständig und kühl. Viel Nieder- 
schläge, so dass in diesem Jahre die hiesigen Wiesen viel nasser 
‚sind wie früher. 

Auf dem Bruche heuer aussergewöhnlich viel Taucher, 
namentlich Colymbus nigricollis, zu beobachten, dafür aber noch 
keine Strandvögel. Auf der Vogelwiese 2 Kraniche. 

19. Juli: Wetter trübe, W. Gegen Mittag ein heftiger Regen. 
Auf der Vogelwiese Numenien- und kleine Zringen-Schwärme, 
ebenso die üblichen Totaniden und Charadrien. Am Haff Larus 
minutus. 

21. Juli: Starker SW. Motacilla melanope als neu für 
die Nehrung erlegt. Carpodacus erythrinus häufig in den 
Büschen am Haff. Auf der Vogelwiese 6 Limicola platyrhyncha 
(cfr. den vorjährigen Teımin!), 2 Tringa subarcuata, 2 Tringa 
alpina und 1 Tringa alpina schinzi gesammelt. Die Limicolae 
sind genau an derselben Stelle zu beobachten, wie im vorigen 
Jahre am 19. Juli, nur benehmen sie sich insofern etwas anders, 
als sie sich diesmal im Sumpfe niederducken, während sie sonst 
frei umherliefen. 

22. Juli: Der Wind aus SW. hat nachgelassen. Die Limi- 
cola ist von der Vogelwiese verschwunden. Der Tringen-Schwarm, 
(bestehend aus subarcuata, schinzt und alpina) noch zu beobachten. 
Schinzi scheint also jetzt garnicht selten zu sein. Totaniden und 
Larus minutus zu beobachten. 1 erlegter Totanus glareola 
trägt sehr braunes Colorit. 

23. Juli: Das Wetter ist klar und warm geworden. Leichter 
SO. Schwärme von Numenius phaeopus. Totanus ochropus im 
Walde beobachtet. 

25. Juli: Heftiger Sturm aus SW. mit Regen. Juuge 
weisse Bachstelzen sind auf dem Zuge. 

26. Juli: Der heftige SW. hält an. Regen. Die üblichen 
Totaniden und Tringen. 

27. Juli: Früh Regen, zu Mittag hellt sichs auf. Beim 
Enteneinfall 4 Fuligula ferina geschossen. 


168 J. Thienemann: 


28. Juli: Schönes, sonniges Wetter, Auf dem Felde im 
unreifen Getreide ziemlich viel Corpodacus erythrinus zu be-- 
obachten. Unreife Sämereien werden von diesen Vögeln sehr: 
geliebt. Einige Limosen gesehen. | 

29. Juli: Fahrt nach Pillkoppen. Falco peregrinus auf 
den Dünen. Lanius excubitor beobachtet. | 

30. Juli: Feuchter Nebel mit Regen und W. Wind. Auf! 
der Entenjagd 3 Anas crecca, 1 A. boschas und 1 Fuligula cris-: 
tata &, letztere als neue Species fur die Nehrung erlegt.. 
Die Reiherente hat im Magen ausschliesslich Sämereien und zwar 
dreieckige von Polygonum. 3 Tringa alpina, darunter 1 schinzi' 
erlegt. | 
31. Juli: W. Abends Regen. Zum ersten Male Totanus 
litioreus in diesem Jahre beobachtet. 

1. August: Weststurm. Bei der Entenjagd auf dem Bruch, 
wobei ich 5 Anas querquedula, 3 Anas crecca, 1 A. boschas, und 
1 Fuligula ferina erbeute, treffe ich auch eine kleine Rohr- 
dommel (Ardetta minuta) an, die bisher noch nicht für die 
Nehrung nachgewiesen war. 

2 August: W. Ich fahre mit dem Dampfer nach Nidden, 
um von da aus zu Fuss über die Nehrung zunächst nach Pill- 
koppen zurückzuwandern. An den Niddener Lachen ist ausser 
Numenien und Totaniden nichts von Bedeutung. Auf der Pallwe 
erlege ich 1 Alauda arvensis g, über die ich bereits in den Orn. 
Monatsber. IX. Jahrgang Nr. 5 berichtet habe. Das Exemplar, 
das ausgeprägte fahle Sandfarbe trägt, ist viel heller wie die 
mitteldeutschen Stücke. Es bildet unter den hier beobachteten 
3 Feldlerchenfärbungen das Extrem in hell. 

An den Lachen am Pillkopper Kirchhofe ein grosser Schwarm 
Tringen (meist alpina). Ich habe Gelegenheit, die eigenartigen 
Flugübungen anzusehen, welche diese Vögel, in dicht geschlossenem 
Schwarme pfeilschnell dahinsausend, ausführen. Jetzt jagen sie 
an mir vorbei, dass man ein Brausen vernimmt; da plötzlich wie 
auf Kommando eine kleine Schwenkung, und sämtliche schwarzen 
Bäuche mit den weissen Federteilen sind dem Beschauer wie 
eine grosse weissbunte Scheibe zugekehrt, die sich im nächsten 
Augenblicke wieder wendet, so dass die andere Seite, die dunkeln 
Rücken, sichtbar werden. Dann sind die Vögel plötzlich wie 
mit einem Zauberschlage aus der Luft verschwunden. Was ist’s? 
Der schmale nur schwer sichtbare Querschnitt der dicht gedrängten 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 169 


genau in einer Ebene fliegenden Vogelmasse, den unser Auge 
erst aufsuchen muss, war uns zugekehrt. Es gewährt einen eigen- 
artigen Anblick, diese eleganten Schwenkungen bei Abend- 
beleuchtung, mit den hohen Dünen im Hintergrunde, anzusehen. 

Spät in der Dunkelheit komme ich in dem einfachen Dorf- 
wirtshause in Pillkoppen an. Nach dem Abendessen führt mich 
der Wirt in die „Logierstube,“ wo bereits zwei mir ganz fremde 
Männer in den Betten schnarchen, und hängt dem einen mein 
Gewehr recht handlich über sein Lager. Dann schliesst er von 
aussen die Thüre zu. Jedenfalls ein etwas eigentümliches Ver- 
fahren, aber hier auf der Nehrung ist man harmlos. Ich schlafe 
wie gewiegt, um am nächsten Tage, am 

3. August zeitig wieder aufzubrechen. Die Sonne brennt 
heiss, der Wind weht leicht aus SW. In den niedrigen Erlen- 
büschen treiben sich mehrere auf dem Zuge befindliche Ku ckucke 
umher. Auf den Telegraphendrähten Lanius excubitor. Ein 
Pieper, den ich für Anthus cervinus halte, läuft vor mir her. 
Leider bekomme ich ihn nicht. Ich erreiche den Wald. 
Plötzlich fliegen zwei winzige, mir fremdartig erscheinende 
Vögelchen auf und wollen in den Baumkronen verschwinden. 
Ich schiesse sie schnell hintereinander und erkenne sie zu meiner 
srossen Freude als ein Pärchen von Muscicapa parva, das sicher 
hier bei Rossitten gebrütet hat, was bisher noch nicht nachge- 
wiesen war. Die Vögel sind in der Mauser. Das Männchen 
hat einen grossen Schmetterling im Magen. Auf der Vogel- 
wiese ein Schwarm von 10 Limicola platyrhyncha, die sich dies- 
mal in Gesellschaft von mehreren Bruchwasserläufern und kleinen 
Regenpfeifern befinden und darum ziemlich scheu sind. Sie 
trippeln vor mir emsig am Wasser entlang, zuweilen bis an den 
Bauch hineinwatend, oder schnell ein Bad nehmend. Plötzlich 
stieben sie ab auf Nimmerwiedersehen. 

4. August: S. Wetter seit gestern schön warm. Nach- 
mittags schlägt der Wind nach O., gegen Abend wieder nach 
W. um. 1 Parus cristatus, die man hier selten sieht, im Walde. 

5. August: W. Zwei Enten, die ich schiesse, Anas boscas 
g& und A. crecca $ sind in der Mauser und zeigen Spuren des 
Hochzeitskleides, erstere an der Brust und am Kopfe, letztere auf 
dem Rücken. 

6. August: An der See wird eine Larus marinus ad. 
erlegt. 
Journ, f. Orn. L. Jahrg. April 1902, 12 


170 J. Thienemann: 


8. August: Sehr heiss, leichter W. ZTotanus littoreus ist 
in einigen Exemplaren am Bruch angekommen. 

9. August: Furchtbar heisser Tag. Gegen Abend ein 
starkes Gewitter. Nach Pillkoppen geritten. Auf der Pallwe 
viel ziehende Saxzcola oenanthe, alle in braunen Kleidern. Diese 
Vögel treiben sich an guten Zugtagen oft massenweise auf den 
Triften umher und sind dann mit einem Schlage wieder ver- 
schwunden. Auch der Zug von Falco vespertinus hat begonnen. 
Auf den Telegraphendrähten 10—12 Stück, alle im Jugendkleide. 
Sie stehen öfter förmlich in der Luft, aber anders wie Falco 
tinnunculus, der in mehr senkrechter Stellung rüttelt. Flügel 
und Schwanz bilden eine Fläche. Die Fänge sind am Leibe 
sichtbar. Dann stossen die Vögel zur Erde nieder. 


10. August: Wetter etwas trübe, leichter W. sSazicola 
oenanthe vom vorhergehenden Tage ist wieder verschwunden. 
3 Falco vespertinus juv. geschossen, deren Magen von Libellen- 
resten, einigen Käfern und Sand vollgepfropft sind. Am Haf- 
strande zwei Tringa minuta. Auf der Vogelwiese ziemlich viel 
Totaniden und 1 Limicola platyrhyncha. Ami Bruch Ortygometra 
porzana geschossen. In den Gärten beobachtet man jetzt viel 
Muscicapa atricapilla, auf den Feldern riesige Starschwärme, 
lauter Junge. 

11. August: Dicht an der Dorfstrasse steht auf einer 
kleinen Birke in Stubenhöhe ein Nest von Acanthis linaria, der 
Brutvogel hier ist. Die Jungen sind eben ausgeflogen und 
locken umher. Einen schiesse ich. 

Unter 6 auf der Vogelwiese gesammelten Tringa alpina 
befinden sich 2 schinzi. Eine junge Lachmöwe fängt auf der 
Wiese Insekten und zeigt sich sehr vertraut. Sie hat im und am 
After griessartige Auswüchse. Am Haffstrande 6 Stierna minuta. 
Am Bruch 4 Fuligula ferina und 4 Anas querquedula erlegt, 
ferner Ardetta minuta ganz aus der Nähe beobachtet. Schwärme 
von Hirurda rustica und Sturnus vulgaris. Die Lachmöwen 
und Seeschwalben sind von ihren Brutplätzen am Bruch fast 
alle verschwunden. Auch die Schwarzhalstaucher, (Col. 
nigricollis), von denen vor 3 Wochen so viele da waren, sind zum 
grössten Teile schon weg. 

12. August: SW, heiss. Auf der Vogelwiese ein grosser 
Flug Totaniden. 1 T. kitioreus erlegt. 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 171 


13. August: Abreise von Rossitten. Ich nehme 2 lebende 
 Carpodacus erythrinus mit. 


1899. 
7. Juli: Grosse Schwärme von Numenius phaeopus auf der 
 Vogelwiese. Wetter schön warm. 

8. Juli: Die Zahl der Brachvögel hat etwas abge- 
nommen. Ein Schwarm Larus minutus im Haff. Mehrere junge 
Alpenstrandläufer beobachtet. Grosse Schwärme von jungen 
Staren, darunter auch ein semmelgelber. 

9. Juli: Es sind wieder weniger Brachvögel geworden. 
2 N. phaeopus erlegt. 

11. Juli: Mehrere Coracias garrula im Walde, ebenso 1 
Oiconia nigra. Die furchtbare Hitze hält an. 

17. Juli: Die Reiherkolonie im Schwarzorter Walde be- 
sucht. Dieselbe ist nicht mehr stark bevölkert. Es mögen viel- 
leicht noch 10 Paare da horsten. Die Jungen sind bereits aus- 
geflogen, hocken auf den umstehenden Bäumen und schwärmen 
bei unserer Ankunft umher. Auch eine Anzahl Paare von Mil- 
vus ater hat sich innerhalb der Kolonie angesiedelt. 

19. Juli: heisses Wetter. 1 Erithacus titis (grau) im 
Garten. Hier äusserst selten. Wohl erst einmal bei Cranz be- 
obachtet. 

20. Juli: Mehrere Bekassinen am Bruch. 

22. Juli: Bei der Entenjagd 4 Anas boscas, 1 A. clype- 
ata geschossen. 

24. Juli: Wetter immer noch heiss. Diese heisse Periode 
währt schon seit meiner Ankunft in Rossitten. Auf der Vogel- 
wiese nur.noch ein kleiner Schwarm Brachvögel. Zwei Tringa 
alpina schinzi und 1 Tr. subarcuata geschossen. Sonst noch 
wenig los. Die Schwärme von jungen Staren, die jetzt in der 
Mauser sind, nehmen immer noch zu. 

27. Juli: Wetterumschlag. Die grosse Hitze scheint vor- 
über. Es droht zu regnen. W. Sturmwarnung eingetroffen. 
1 Totanus glareola juv. geschossen. Die meisten dieser Vögel, 
die man im Juli und August hier sammelt, sind junge Exem- 
plare, nur selten ist einmal ein alter in mehr grauem abge- 
nutzten Gefieder darunter. So scheinen also die Jungen sich 
früher wie die Alten auf die Wanderschaft zu begeben. 

12* 


172 J. Thienemann: 


29. Juli: W. Regen. Nichts Besonderes. Der Westwind 
hält noch mehrere Tage an. 

2. August: Am Bruch ist zum ersten Male etwas von 
ziehenden Strandvögeln zu bemerken. Bis jetzt war recht wenig 
zu sehen. Die grosse Hitze ist dem Vogelzuge stets hinderlich. 

4. August: Das erste Mal Ostwind seit meinem Hiersein. 
Auf der Vogelwiese ein kleiner Schwarm Tringen mit einigen 
Limosen vermischt. Im Garten viel SQ von Fringilla coelebs 
und Laubvögel. Diese Vögelarten treffen mit grosser Pünkt- 
lichkeit zu der bestimmten Jahreszeit hier ein. 

6. August: Fahrt nach Nidden mit dem Wagen, von da 
per Kahn nach Minge am jenseitigen litauischen Haffufer. Bei 
der mehrstündigen Fahrt durch die riesigen Rohrwälder, in denen 
man sich ohne Führer verirren würde, gelangen sehr viel Rohr- 
weihen zur Beobachtung, von denen ich mehrere junge Exem- 
plare schiesse. Dieselben haben Vogelüberreste, von Enten und 
Rohrhühnern herrührend, im Magen, wieder ein Beweis, wie schäd- 
lich diese Vögel dem brütenden Wassergeflügel werden können. 

Vor allem habe ich jetzt einmal Gelegenheit, die argen 
Verwüstungen anzusehen, die von den zum Trocknen 
aufgehängten Fischreusen unter der Vogelwelt an- 
gerichtet werden, indem die Vögel durch die Schlupf- 
löcher in die Garnsäcke hineinkriechen, Sich nicht 
wiederherausfinden und verhungern. Ich nahm aus diesen 
Netzen heraus 5Drosselrohrsänger (Acrocephalus arundinaceus) 
und 5 Schilfrohrsänger(Aer. schoenobaenus), die bereits veren- 
det waren, und 6 dieser Vögel bekomme ich lebend. Einer 
davon ist allerdings schon so ermattet, dass er ins Wasser fällt 
und ertrinkt. Ferner sehe ich noch in einer am Ufer aufgestellten 
grossen Reuse, zu der ich leider nicht hingelangen kann, 2 Stare, 
2 junge weisse Bachstelzen und einen kleinen Laub- oder 
Rohrsänger So sind das 21 Vögel, die einem trauri- 
gen Hungertode geweiht waren. In einer Reuse befanden 
sich allein 4 tote Vögel; eine andere war erst vor einer halben 
Stunde aus dem Wasser genommen und zeigte sich noch ganz nass, 
aber trotzdem waren bereits zwei lebende Schilfrohrsänger drin. Die 
Fischer sagten mir, dass diese zarten Vögel schon nach einer in einer 
Reuse verbrachten Nacht tot wären. Man bedenke nun, dass ich zu 
diesen betrübenden Funden nur ganz gelegentlich bei einer Morgen- 
fahrt gelangt bin, ohne dass ich etwa die sämtlichen dort aufgehängten 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 173 


' Reusen systematisch aufgesucht hätte, man rechne ferner die 
Nestjungen und Eier dazu, die durch Wegfangen der Alten 
während der Brutzeit verloren gehen — dann wird man mir 
recht geben, wenn ich sage, dass Tausende und Abertausende 
von Vögeln jährlich auf diese Weise zu Grunde gerichtet werden. 
Hier muss meiner Meinung nach zur Abhilfe etwas geschehen, zumal 
leider nur solche Vögel von dem traurigen Missgeschick getroffen 
werden, bei denen von einem Schaden, den sie anrichten, keine 
Rede sein kann. Was? das ist nicht leicht zu sagen. Ich 
habe unter den Fischern bereits aufklärend zu wirken gesucht, 
aber die Leute sind viel zu bequem und indifferent, um sich bei 
Ausübung des Berufes irgend eine Unbequemlichkeit im Interesse der 
Vogelwelt aufzuerlegen. Es müsste vielleicht an den Netzen 
eine Vorrichtung getroffen werden, durch die das erste Schlupf- 
loch leicht verschlossen werden könnte, oder die Garnsäcke 
dürften nicht lang gestreckt, sondern vorn geknickt aufgehängt 
werden, und derartige Massnahmen müssten etwa von den Fisch- 
meistern überwacht werden, wie ja auch im Interesse der Fische 
die Weite der Netzmaschen kontrolliert wird. Diese Ange- 
legenheit sei den Vogelschutzvereinen angelegent- 
lichst empfohlen, zumal ich mich nicht entsinne, 
dass sie schon einmal nachdrücklich hervorgehoben 
worden ist. 

8. August: In der Nacht Sturm. Früh wieder ruhig und 
schön warm. 

9. August: Fahrt nach Sarkau. Am Seestrande 10 Tringa 
alpina schinzi erlegt. Der ganze Schwarm scheint diese Sub- 
species, die früher wie die typischen Alpenstrandläufer zieht, 
zu enthalten. 

10. August: Rückfahrt von Sarkau. Am Seestrande 1 Ca- 
lidris arenaria juv. erlegt. Abends beim Enteneinfall am Bruch 
1 Anas boscas, 1 A. crecca, 2 A. querquedulo und 1 Fuligula 
ferina erbeutet. 

13. August: Bis jetzt war mit dem Vogelzuge noch gar 
nichts los. Das Wetter war meist schön warm und sehr trocken 
mit häufigen Westwinden. Es hat sehr lange nicht geregnet. In 
früheren Jahren konnte man um diese Zeit schon mehr Zugvögel 
beobachten. 

14. August: Eine ganze Anzahl Bekassinen am Bruche. 
Auch die nächsten Tage, die wieder sehr heiss sind, bringen 


174 J. Thienemann: 


noch nichts Besonderes bis auf einige wenige Totanus littoreus' 
und fuscus. Da erfolgt am 

17. August: Wetterumschlag : Gewitter, W. Sturm, Regen. 
die Temparatur kühlt sich ab. 

Am Bruch ein Ardetta minuta erlegt, aber leider nicht ge- 
funden. Im Vorjahre beobachtete ich denselben Vogel am 1. und 
11. August. Gegen Abend ziehen bei dem heftigen Sturm die 
Enten am Bruch in solchen Scharen, wie ichs bisher noch nicht 
beobachtet habe. Die Lachmöven sind vom Bruche verschwunden. 

15. August: Am Haff viel Larus ridibundus, die ihre 
braune Kopffärbung schon verloren haben. Dieser Wechsel 
scheint sehr schnell vor sich zu gehen, denn vor ungefähr 14 Tagen 
trugen sie noch das ausgeprägte Sommerkleid. Dem Federwechsel 
der Mövenarten wird die Station besondere Aufmerksamkeit zu- 
zuwenden haben. Es wird, glaube ich, dabei noch manches 
Bemerkenswerte zu Tage kommen. Am Bruch nur noch wenige 
Paare Sterna hirundo, die ihre verspäteten Jungen zu füttern haben. 


20. August: Wetter schön. W. Längs der Wanderdüne 
10 Buteo vulgaris ziehend. 1 Milvus ictinus, der hier selten ist, 
beobachtet. Eine Anzahl Pratincola rubetra auf der Vogelwiese. 
Auf den Telegraphendrähten viel Clivicola riparia. Abends ein 
starker Regenguss. 

21. August: Das Wetter hat sich abgekühlt. W, der nach- 
mittags nach NW umschlägt. Ich hoffe, dass nach den vorauf- 
gegangenen Regengüssen, Gewittern, Stürmen der Vogelzug nun 
in Gang kommt. Am Bruch mehrere Limicola platyrhyncha und 
zwar an den sumpfigen Stellen im niedrigen Fieberklee, wo die 
Bekassinen liegen. Sie stehen nach Art der kleinen Sumpf- 
schnepfen, aber mit dem charakteristischen trillernden Rufe vor 
mir auf und müssen aus der Luft herabgeschossen werden. Oft 
fallen sie nicht weit entfernt schon wieder ein, was Gallinago 
gallinula nicht thut. Alles sind junge Exemplare. Auch mehrere 
Tringa temmincki und 1 Gallinago major gelangen zur Beob- 
achtung. Im Garten jetzt öfter Coccothraustes vulgaris, der seine 
ausgeflogenen Jungen füttert. Derselbe ist also Brutvogel hierselbst. 

22. August: Limicola platyrhyncha sind noch am Bruche. 
Auch Pratincola rubetra in kleinen Gesellschaften auf dem Zuge. 

23. August: Im Garten viel Fringilla coelebs 22, die schon 
längere Zeit hier sind. 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 175 


24. August: Am Bruche ist nur noch eine Limicola pla- 
_ tyrhyncha, die ein zerschossenes Bein hat, was jedenfalls von 
' unserer Jagd am 21. herstammt. Also ist dieses Exemplar der 
Verletzung wegen zurückgeblieben, während die übrigen nach 
mehrtägiger Rast abgezogen sind. 

26. August: Sturm aus N. Viel Motacilla alba auf dem 
Zuge. 

27. August: Der Sturm lässt im Laufe des Tages etwas 
nach. Trüber und kühler, wie gestern, zuweilen etwas Regen. 
Junge Rotkehlchen auf dem Zuge. 

Von jetzt ab muss ich meine Beobachtungen mehr zu- 
sammenfassen, da ich durch anderweitige Beschäftigungen oft 
verhindert war, im Freien draussen gründliche Beobachtungen 
anzustellen. Ich halte es für notwendig, dies zu erwähnen, um 
bei dem Leser nicht die Meinung aufkommen zu lassen, als ob 
etwa an den Tagen, an denen von mir nichts oder wenig aufge- 
zeichnet ist, draussen nichts zu beobachten gewesen wäre. 

Im Allgemeinen ist zu bemerken, dass sich der Herbst 1899 
durch häufige und sehr starke Stürme auszeichnete, wie sie hier 
kaum jemals beobachtet worden sind. An der Vordüne, namentlich 
nach Cranz zu, wurden arge Verwüstungen angerichtet, die durch 
die Zeitungen genugsam bekannt geworden sind. Auch mehrere 
Schiffe scheiterten hier an der Küste. 

28. August: Sturm hat sich gelegt, etwas N, 1 Ardetia 
minuta auf dem Bruch. Dieselbe kann man also doch öfter auf 
der Nehrung beobachten, als nach früheren Berichten anzunehmen 
war. Die umliegenden Felder werden von zahlreichen Budytes 
flavus belebt. 

Was die Strandvögel anlangt, so wird der Zug noch 
durch die Totaniden charakterisiert. Am 29. August sah ich in 
diesem Jahre den ersten Ziegenmelker (Oaprimulgus europaeus). 
Von nun an hat man öfter Gelegenheit, diese Vögel zu beobachten. 
Ich habe sie zwischen den niedrigen Bergkiefern auf den fest- 
gelegten Dünen, oder im nicht zu dichten Weidengestrüpp am 
Haffstrande aufgescheucht, zuweilen auf verhältnismässig kleinem 
Gelände 2 auch 3 Stück. So zieht dieser sonst ungesellige Vogel 
nicht ganz einzeln, sondern in kleinen Gesellschaften, wenn auch 
die Fühlung der einzelnen Individuen untereinander, so weit man 
wenigstens am Tage beobachten kann, eine sehr lose ist. 

2. Sept.: Tringa subarcuata im Winterkleide erhalten. 


176 J. Thienemann: 


Muscicapa grisola jetzt sehr häufig auf dem Zuge. In den 
nächsten Tagen meist W. Wind. 

10. Sept : Trübe, zuweilen etwas Regen. Viel Raubvögel 
schwärmen in der Luft umher. Auf der Bruch-Blänke liegen 
massenhaft Enten, wie ich es noch nie gesehen habe, auch ein 
Fischreiher zu beobachten. 

11. Sept.: Steifer N, der nachmittags nach NO umschlägt 
und etwas nachlässt. Reges Kleinvogelleben: Buchfinken, 
graue Fliegenfänger, Schwalben, Steinschmätzer. Am 
Bruch 1 Locustella naevia auf freier Trift erlegt. 

15. Sept.: Pandion haliaetus fischt über dem Bruche. Man 
kann deutlich beobachten, wie sich der Vogel nach jedem Stosse 
ins Wasser das Gefieder in der Luft abschüttelt. 


16. Sept : Am Dorfteiche grosser Tringen-Schwarm, bestehend 
aus minuta und alpina, die letzteren im Übergangskleide. Der- 
artige Züge sind jetzt Öfter zu beobachten. 

17. Sept.: Trübe, SW. Zug von Anthus pratensis, der von 
jetzt ab anhält. Diese Vögel treiben sich in Gesellschaften bis 
zu 50 Stück auf den Feldern und Wiesen umher. 


24. Sept.: S. Über den Feldern Falco tinnunculus. Im 
Dohnenstieg fangen sich jetzt meist Turdus musicus und Sylvia 
atricapilla 33 und 29. Von diesen letzteren scheinen also die 
Geschlechter gemeinschaftlich zu ziehen. Zurdus pilaris wenig. 

26. Sept.: S., der gegen Abend nach SO umschläst. Auf 
der Pallwe viel Saxicola oenanthe, meist in braunen Kleidern, 
aber auch einige Männchen darunter. Früher zogen nur braune. 
FernervielweisseBachstelzen und@artenrotschwänzchen. 

27. Sept.: Steinschmätzer sind weniger geworden wie 
gestern. Schwalben ziehen noch. 

2. Okt.: SO. Starker Zug von Turdus musicus, Erithacus 
rubeculus und phoenicurus, Sylvia atricapilla.. Am Dorfteiche 
ein grosser Schwarm Zringa alpina. Unter 17 erlegten befindet 
sich kein schinzi mehr, diese scheinen bereits durch zu sein. 

Am 3 Okt.: Die ersten Nucifraga caryocatactes, die von 
jetzt ab öfter zur Beobachtung gelangen. 

6. Okt.: Zug von Asio accipitrinus. 

12. Okt.: Die Krähenzüge haben ihren Anfang genommen. 
In Gesellschaft der Krähen (meist ©. cornix) ziehen viel Buch- 
finken (Fringilla caelebs) und zwar nur Männchen, die Weibchen 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 177 


zogen früher. Der Zug geht ungefähr in Haushöhe vor sich. 
Krähen und Finken fliegen oft dicht nebeneinander. 

15. Okt : starker NW. Regenschauer. Guter Krähenzug. 

16. Okt: NW. Krähenzug. 

Pyrrhula rubicilla in den Dohnen, Männchen und Weibchen. 

18. Okt: Männchen von Fringilla coelebs auf dem Zuge. 

19. Okt.: SW. Krähen ziehen wenig und hoch. 

20. Okt.: 3 kebhühner geschossen. Das eine, ein Hahn, 
hat einen monströsen Oberschnabel. Derselbe ragt in einem nach 
oben gekrümmten Bogen 1,3 cm. über den Unterschnabel hinaus. 
Der Kropf meist mit Gerste, aber auch mit anderen und zwar 
sehr kleinen Sämereien stark angefüllt. Auch etwas Gras findet 
sich vor. Der Magen enthält zerkleinerte Sämereien, Gras und 
Steinchen. Es ist unbegreiflich, wie der Hahn, der gut bei Wildbret 
ist, die kleinen Sämereien und Steinchen mit dem langen Ober- 
schnabel hat aufnehmen können. Das Schild des Hahnes besteht aus 
sehr dunkelbraunen, mit schwarzen Säumchen versehenen Federn. 


21. Okt.: Die ersten Archibuteo lagopus beobachtet. 


22. Okt.: SW, der nachmittags nach W. umschlägt. Krähen 
ziehen sehr hoch. Ein Krähenfänger bringt mir einen lebenden 
Haliaötus albiceilla und 1 Larus argentatus juv., die in den 
Krähennetzen gefangen worden sind. 


26. Okt.: Starker NNW. (Gestern war NW Sturm). Viel 
Krähen ziehen. Ein Cinclus merula, der bisher noch nicht 
auf der Nehrung beobachtet worden ist, fliegt dicht über 
mich weg. Nucifraga caryocatactes erlegt. 

27. Okt: Trübe regnerisch. S., abends SSO. Krähen 
ziehen gar nicht. 

Am 28. 29. und 30. Okt. herrschten S und SW Winde 
bei trübem, zuweilen regnerischen Wetter. Von Krähenzug war 
nichts zu bemerken. 


31. Okt.: W. Vormittags hell und Sonnenschein: Krähen- 
zug. Nachmittags wird es trüber, und der Krähenzug lässt nach. 
Einen kleinen Flug Turdus viscivorus beobachtet. Lanius excu- 
bitor erlegt. 


Nach einem starken W.-Sturm am 1. Nov. folgt eine Periode 
mit schönem, warmem, sonnigem Wetter bei schwachen, meist 
südwestlichen Winden. Wenig Zug zu beobachten. Am 9. Nov. 
erlege ich 1 Nucifraga caryocatactes. 


178 J. Thienemann: 


Am 10. Nov. S. mit Regen- und Graupelschauern. 1 Wild-| 
sans treibt sich auf den Feldern umher. Die Krähen ziehen! 
plötzlich ganz niedrig, jedenfalls weil ihnen durch das Unwetten! 
die Aussicht genommen wird. | 

14. Nov.: 1 Schwarm Acanthis linaria beobachtet. 

16. Nov.: Starker N. Krähen ziehen sehr hoch. Amı 
Bruch noch eine Gallinago caelestis. | 

18. Nov.: Schönes, sonniges, warmes Wetter. Der Sturmı 
hat sich vollständig gelegt. 1 Lozia curvirostra, 1 Acredulaı 
caudata (weissköpfig), 1 Lanius excubitor erlegt. Alle hier von! 
mir gesammelten Raubwürger gehören der einspiegeligen östlichen ı) 
Form an. Nur ein nicht von mir geschossenes, sehr helles] 
Exemplar steht mir noch in Erinnerung. Dasselbe ist mir aber ‘| 
nicht zur Hand. Zur Zugzeit sind diese Vögel gar nicht selten. | 

21 Nov.: Früh liegt die erste leichte Schneedecke, die | 
aber bald wieder wegthaut. Sturm aus S$. 

23. Nov.: Kalter NW. Es hat gefroren, helles Wetter, | 
gegen Abend Regen. Einige Krähen ziehen. | 

25. Nov.: Starker NW., hell, gegen -Abend Schneesturm. 
Krähen ziehen hoch. | 

26. Nov.: Wind hat sich gelegt, Frost, leichte Schneedecke, 
schönes helles Wetter. Gegen Abend erhebt sich der Wind wieder 
aus W. Krähen ziehen ziemlich niedrig. 

27. Nov.: Regnerisch, starker Sturm aus W. 1 Bekassine 
beobachtet. 

29. Nov.: schönes helles Wetter. Viel Krähen ziehen. 
Sie scheinen das gute Wetter zu bevorzugen. 2Schwäne auf 
dem Bruche. Auf den Feldern ein Schwarm Calcarius nivalis, 
die von jetzt ab öfter zu beobachten sind. 

1. Dez.: Trübe. SW. Wenig Krähen ziehen ganz niedrig 
an der Vordüne entlang. 

5. Dez.: Nach einer etwas ruhigeren Periode mit meist 
leichten West- oder Südwestwinden, erhebt sich wieder ein 
furchtbarer Sturm aus NW mit Schnee und Graupeln. Das Haff 
friert am Rande schon zu. Man sieht draussen auf dem Wasser 
viel Enten und Gänsesäger (M. merganser). 

10. Dez.: Bei starkem Frost 1 Alauda arvensis, 1 Anithus 
pratensis und 2 Otocorys alpestris erlegt. Von letzteren sind 5 
zu beobachten. Der starke Frost mit schneidendem Ostwinde 
hält längere Zeit an, so dass das Haff am 13. Dezember für 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 179 


'Fuhrwerk passierbar ist. Am 15. Dezember 2 Lanius excubitor 
"beobachtet, am 16. wird mir 1 Fulica atra gebracht. Von jetzt 
'an sind am Bruchrande und auf den Triften immer Flüge von 
Turdus pilaris zu bemerken, die, wie geschossene Exemplare 
‘zeigen, nach und nach sehr abmagern. Warum ziehen die Vögel 
nicht weiter? 1 Milvus ater über den Bruchbergen. Gegen Ende 
des Monats tritt etwas mildere Witterung ein. Am 30. beob- 
achte ich bei einer Fahrt zwischen Preil und Nidden einen 
Birkhahn (Teirao ietrix) als neu für die Nehrung. Derselbe 
war von Forstbeamten schon öfter gesehen worden. An demselben 
Tage fliegt 1 Galerita arborea über mich hinweg. 


1900. 


Im Jahre 1900 habe ich mich nur mit grossen Unterbre- 
chungen in Rossitten aufgehalten. An bemerkenswerten Beob- 
achtungen wäre folgendes zu erwähnen. 

Am 3. Januar stand ein Asio accipitrinus vor mir auf, die 
auf einer Graskufe in einem richtigen „Lager“ gesessen hatte. 
Man hätte dasselbe unbedingt für ein Karnikellager gehalten 
wenn diese Wildart hier vorkäme. 

Am 5. Januar erlegte ich bei —4° R und leichtem Ost 
3 ÖOtocorys alpestris, deren Masse folgende sind: 

Länge Breite Fittich 


Nr.1. g@ 18,1 31,4 11 cm. 
Nr. 2. 8 18 31 105 „ 
Nr. 3. @ 16 29 a 


Auffallend war, dass trotz des strengen Winters öfters kleine 
Schwärme von Galerita arborea hierselbst bemerkt wurden. Am 
5. 9. 16. und sogar noch am 19. Januar wurden die Vögel auf 
den Feldern, am Bruchrande, ja auf den Höfen beobachtet, zum 
Teil auch erbeutet. 

Am 19. Februar findet nach einerlange andauernden strengen 
Frostperiode Wetterumschlag statt. Der Wind weht aus S, es 
taut, und am 21. treffen die ersten Vögel auf dem Frühjahrszuge 
hier ein, nämlich Feldlerchen (Alauda arvensis), die von jetzt 
an oft zu beobachten sind. Gleich zu Beginn des wärmeren 
Wetters findet auch schon Rückzug der Krähen von S nach N 
statt. Wenn man in Betracht zieht, dass noch gegen Weihnachten 
Wanderungen dieser Vögel nach S. stattfanden, so ist der Auf- 
enthalt in den Winterquartieren sehr kurz gewesen. 


180 J. Thienemann: 


Interessant war es, die Störungen zu beobachten, welche: 
durch abnorme Witterung unter den Krähenzügen zuweilen! 
hervorgebracht wurden. So trat in der zweiten Hälfte des März; 
nach voraufgegangener milder Periode wieder kaltes Wetter bei 
strengen N. und NO. Winden ein. Man bemerkte dann sowohl 
nach Norden, als auch nach Süden ziehende Krähenscharen. 
Wenn sich derartige Schwärme begegneten, konnte man den nach 
Norden ziehenden Vögeln ordentlich die Unsicherheit ansehen, 
ob sie sich ihren dem wärmeren Süden zu ziehenden Genossen 
anschliessen sollten oder nicht. Sie kreisten dann gewöhnlich 
eine Zeit lang unstät umher, und viele kehrten wirklich wieder 
um, der kalten Witterung ausweichend. Ebenso bot der Früh- 
jahrskrähenzug öfters Gelegenheit zu beobachten, wie die Höhe 
des Wanderfluges dieser Vögel von der Witterung beeinflusst 
wurde. So war es am 26sten März früh trübe und fast windstill, 
dazu schneite es; da zogen die Krähen ganz niedrig, nachmittags 
klarte es auf, und die Sonne brach durch: da ging der Zug in 
grosser Höhe vor sich. 

Am 1. April beobachtete ich zwei Elst-ern (Pica rustica), 
die hier sehr selten sind. 

Ein guter Zugtag war der 7. April. Viel Finken (Frin- 
gilla caelebs) zogen an mir vorüber, während ich auf dem Felde 
stand. Es waren lauter Männchen. Ein Schwarm folgte dem 
andern dicht über die Erde hin. Wenn man derartiges mit 
ansieht, wird man an der Theorie Gätke’s etwas irre, dass aller 
Vogelzug in Regionen vor sich gehen soll, die für die menschlichen 
Sinne unerreichbar sind. 

Während des Herbstzuges waren, wie alljährlich, grosse 
Schwärme von jungen Staren hierselbst zu beobachten. Ich 
schoss mehrere derselben, um über die Mauser einige Unter- 
suchungen anzustellen. Dabei war zu konstatieren, dass in den 
Flügeln die Schwungfedern sich ganz symmetrisch erneuerten, und 
zwar war es entweder die dritte oder vierte Schwungfeder, die sich 
zuerst neu bildete, im Schwanz die beiden mittelsten Steuerfedern. 

Am 11. Sept. wurde in dem benachbarten Dorfe Kunzen 
ein Wellensittich gefangen. (cfr. darüber Orn. Monatsber. Nr. 
6. 1901.) 

Am 22. Oktober, also an demselben Tage wie im Vorjahre, 
brachten mir Krähenfänger einen lebenden Seeadler (Haliaetus 
albicilla). Es war ein jüngeres Exemplar. 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 181 


Anfang November trug sich im Sarkauer Walde ein höchst 
merkwürdiges Ereignis mit einem Steinadler zu. Von Herrn 
Dünenaufseher Seddig wurde ein solcher Vogel mit dem Peitschen- 
tiele totgeschlagen, während er den neben dem Wagen her- 
laufenden Dachshund in einem Busche schlug. Ich habe den aus- 
gestopften Adler selbst gesehen. 

1901. 

Der Januar begann mit einer ziemlich strengen Frost- 
periode bei kalten Ostwinden. In der zweiten Hälfte des Monats 
war das Wetter etwas milder. 

Am 13. Januar beobachtete ich einen Coccothraustes vulgaris. 

Am 28. Januar trieben sich bei leichtem Frost und etwas 
Schnee 4 Alauda arvensis auf einem Stoppelfelde umher, die 
mir durch ihre abweichende Färbung schon aus der Ferne auf- 
fielen. Ein Exemplar wurde erlegt. Das Braun des ganzen Ge- 
fieders ist viel dunkler als bei der typischen Feldlerche und 
reicht auf der Brust viel weiter herunter als gewöhnlich. Die 
Kehle, die bei mitteldeutschen Stücken weisslich ist, zeigt sich 
ebenfalls braun mit dunklen Schaftstrichen. Ferner zeichnet sich 
das Exemplar durch ganz besonders langen Sporn aus, der eine 
Länge von 2 cm. aufweist. Weiteres darüber, sowie über die 
sonst noch beobachteten Feldlerchenfärbungen der Nehrung_ cfr. 
Orn. Mntsber. 1901 p. 72. 

Auch die erste Hälfte des Februar war noch ziemlich mild. 
Am 11. fand furchtbares Schneetreiben bei starkem W. statt, 
worauf eine sehr kalte Frostperiode folgte.e Am 13. zeigte das 
Thermometer schon —18° R., am 15. —23°. 

Am 12. sah man, nachdem sich der Schneesturm gelegt 
hatte, Nebelkrähen von N. nach S. die Nehrung entlang ziehen. 
Im Allgemeinen ist über den Krähenzug zu bemerken, dass 
derselbe im Oktober seinen Höhepunkt erreicht. Dann findet 
gewöhnlich eine Pause statt, worauf der Zug, wenn um Weih- 
nachten herum und noch später Schneefälle eintreten, noch einmal 
einsetzt. Wenn man nun bedenkt, dass schon in den ersten 
warmen Tagen, im Jahre 1900 z. B. bereits am 22. 2., 1901 am 
6. 3., schon wieder die ersten Krähen auf dem Rückzuge nach 
Norden zu beobachten waren, so findet also den ganzen Winter 
hindurch kein eigentlicher Stillstand im Krähenzuge statt, und 
der Aufenthalt in den Winterquartieren ist ein sehr kurzer zu 
nennen. Auch der erwähnte, um Weihnachten herum stattfindende 


182 J. Thienemann: 


Nachschubnach S wird von den hiesigen Krähenfängern, die mit ihren ı 


Netzen wieder hinausziehen, ausgenutzt. Wie weit diese einfachen 


Leute, die allerdings aus praktischen Gründen ein grosses Inter- 


esse daran haben, die eigenartigen Nehrungs-Krähenzüge genau 
zu beobachten, mit ihren Ansichten Recht haben, dass diese 
zuletzt ziehenden Nebelkrähen, die sogenannten „Frostkrähen“, 
alles alte Vögel seien, dass die Jungen, die sie am roten Rachen 
erkennen wollen, viel eher zögen und sich viel leichter fangen 
liessen, müssen weitere sorgfältige Beobachtungen ergeben. Ge- 
wöhnlich ist aber an solchen praktischen Beobachtungen, die 
sich vom Vater auf den Sohn weiter vererben, etwas Wahres daran. 

Der März begann mit mildem Wetter. Am 3. beobachtete 
ich bei Tauwetter den ersten Flug von Siurnus vulgaris. Frl. 
Epha-Rossitten beschreibt mir eine Eule, die sie vor einigen 
Tagen im Garten beobachtet hat. Ich kann sie danach nur als 
die seltene Sperbereule (Nyciea ulula) ansprechen, die schon 
früher einmal hier erlegt worden ist. 

Am 6. März bei S und mildem Wetter den ersten Schwarm 
Feldlerchen (Alauda arvensis) mit einigen Schneeammern 
darunter beobachtet. Von da ab waren immer Lerchen zu be- 
merken. Das Vogelleben fängt schon an rege zu werden. 


Der 7. März (schwacher SSO, bedeckter Himmel, in der 
Nacht ein klein wenig Frost) war der erste bessere Zugtag. Viel 


Krähen zogen und strichen auf den Feldern umher, und zwar 


waren es meist Oorvus frugilegus und sehr viel Oolaeus monedula, 
weniger C©. cornix. Auch kleine Star- und Lerchenflüge waren 
zu bemerken. Es war kein eiliger Zug nach Norden, sondern 
alles trieb sich mehr auf den Feldern umher. 

8. März: In der Nacht donnert es. Leichter Frost. 

Saatkrähen, Dohlen, Lerchen, Stare sind weiter zu 
beobachten. 

9 März: Leichter Frost gegen Abend und in der Nacht. 
Die ersten Vanellus capella am Bruche, 3 Stück. 

11. März: Leichter OÖ. Etwas Frost gegen Abend und in 
der Nacht. Krähen treiben sich umher und zwar immer noch 
meist Corvus frugilegus und C. monedula. Wenig C. cornix. 

14. März: Vormittags Himmel bedeckt, nachmittags klar, 
Sonnenschein. N. Viel Lerchen singend über den Äckern. 
Mehrere Kiebitze am Bruche. | 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 183 


15. März: Bedeckt. O. Die ganze Luft ist voll Lerchen. 
Viel Grünlinge (Chloris horiensis) auf den Feldern. Scharen 
von Turdus pilaris mit Staren untermischt. 
| 16. und 17. März: Dichter Nebel. SO. Keine bemerkens- 
{werten Veränderungen. Nur sieht man trotz des Nebels starke 
!Züge von Corvus cornix nach Norden ziehen. Die auf dem Boden 
sitzenden Nebelkrähen sind sehr vertraut und lassen Wagen und 
Hund bis auf 10 Schritt ankommen, setzen sich, wenn aufge- 
Sscheucht, auch sofort wieder. Corvus frugilegus sehr vereinzelt. 
| 13. März: Der dichte Nebel hält bei SW. an. Die Felder 
"mit Corvus cornix wie übersät, auch einige CO. frugilegus darunter. 
Gänse ziehen. 
ı 19. März: Der Nebel ist vorüber. WSW. Von Krähen 
nichts zu bemerken. Jedenfalls geht der Zug jetzt bei klarem 
"Wetter in grösseren Höhen vor sich. Scharen von Oolumba oenas 
"auf den Feldern. 
Wildgänse fallen, nachdem sie ungefär 2 Stunden lang 
‚über der Saat gekreist haben, ein. Ein Männchen von Fuligula 
hyemalis auf dem Bruche. 
Am 21. und 22. März findet bei bedecktem Himmel NO 
Sturm statt, dabei herrscht Frost bis —3° R. Von Vogelzug 
ist nichts zu bemerken, nur die Hohltauben treiben sich noch 
‚in Scharen umher. Dieselben sind auch noch am nächsten Tage 
zu sehen. Am 23. beobachte ich einen Schwarm Galerita arborea. 
In den folgenden Tagen tritt eine für diese Jahreszeit unge- 
wöhnlich kalte Periode ein, die bis Ende des Monats anhält. 
Ds Thermometer zeigt bis —8° R. Der Wind ist sehr ver- 
'änderlich. Ausser Krähenzügen, die wiederum meist aus C. 
frugilegus bestehen, ist nichts Besonderes zu beobachten. Die 
Krähen bewegen sich öfter in der Weise nach N. zu vorwärts, 
dass sie fortwährend Kreise in der Luft beschreiben. Am 31. 3. 
sehe ich bei O.S.O. und Sonnenschein die Saatkrähen direkt 
gegen den Wind in Haushöhe schräg über die Nehrung weg ziehen. 
Ich habe diese Richtung noch nie beobachtet, denn sonst bewegt 
sich der Zug immer die Nehrung entlang nach N bezw. S zu. 
Nachmittags bedeckt sich der Himmel, der Wind geht mehr nach 
S herum, es sind keine Krähenzüge mehr zu bemerken. 

Am 2. April beobachte ich die erste Moiacilla alba, nach- 
dem die Frostperiode seit gestern aufgehört hat und heute bei 
SW mildes Wetter eingetreten ist. Es folgen jetzt einige heftige 


184 J. Thienemann: 


Weststürme. Durch die abnorm kalte Witterung war der Vogel-: 
zug ganz ins Stocken geraten, jetzt bei der milderen Temperatur! 
ist sofort wieder etwas davon zu bemerken. Es entsteht nun: 
aber die Frage, ob die Vögel während der kalten Tage unbe-- 
merkt über uns hinweggezogen sind und durch die darauf folgenden 
Weststürme veranlasst worden sind, sich niederzulassen, oder ob: 
sie den Zug ganz eingestellt hatten? 

Am 5. April bemerkt man viel ziehende Singdrosseln,, 
Buchfinken, Heidelerchen und Kiebitze, auch kleine Flüge: 
von Charadrius curonicus. 

8. April: Leichter S. Sonnenschein, schöner Tag. Reiches: 
Vogelleben. Fringilla coelebs truppweise in Haushöhe zugleich 
mit den Krähen nach N ziehend. Ziemlich viel Raubvögel,, 
wohl Astur nisus, zu bemerken, welche die Kleinvögel zu begleiten: 
scheinen. Der eine stösst in einen Finkenschwarm. Die Lach-- 
möven sind seit dem 3. April auf dem Bruch an ihren Brut-- 
plätzen angelangt. 

9. April: Bedeckter Himmel, regnerisch. Nachmittags Ge- 
witter in der Ferne mit etwas Regen, leichter W. | 

Sehr viel Corvus cornix ziehen in Haushöhe die Nehrund 
nach N zu entlang. Ich habe schon öfter bemerkt, dass gerade‘ 
bei regnerischer Witterung sehr guter Krähenzug in erreichbarer 
Höhe stattfindet. Zwei ziehende Kraniche beobachtet. 

10. April: SW. hell, Sonnenschein. 

Vier Schwäne nach N. ziehend. 

11. April: W. Regenschauer nachmittags. Ein angefangenes 
Nest von Vanellus capella gefunden. 

13. April: Hell W. Von Mittag an starker Nebel. 

Im Dorfe sieht man viel Fringella coelebs, meist Männchen, 
nur einzelne Weibchen darunter, ferner viel Rotkehlchen. 

14. April: Trübe. W. Wind, kühl. 

Ein Serinus hortulanus $ wird gefangen, als neue Species 
für die Nehrung. Es ist dies der nördlichste Punkt für Deutsch- 
land, an den: dieser von Süden aus vorrückende Vogel bisher 
beobachtet worden ist. Näheres darüber, vergleiche Ornith. 
Monatsber. Juni 1901. 

17. April: Von Fischern ein prächtiges Männchen von 
Somateria mollissima als neue Art für die Nehrung er- 
halten. Fringilla coelebs auf dem Zuge, worunter auch viele 
Weibchen sind. 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 185 


26. April: O. Sonnenschein, etwas kühl. Auf den Feldern 
viel Fringilla coelebs beobachtet und zwar fast ausschliesslich 
"Weibchen. Solche werden auch an den folgenden Tagen häufig 
bemerkt. Sie scheinen also im Frühjahr später zu ziehen, als 
‚die Männchen. Im Walde einen Fringilla montifringilla beob- 
achtet. Auch am 12. Mai sah ich noch einen solchen. Ferner wurde 
mir von einem zuverlässigen Beobachter erzählt, dass während 
der Brutzeit im Jahre 1900 fortwährend ein Pärchen dieser 
Vögel an ein und derselben Stelle im Rossitter Walde, am sogen. 
Notstandsdamm, zur Beobachtung gelangte. Ich hoffe, dass es mir 
noch gelingen wird, den Bergfinken als Brutvogel hierselbst sicher 
zu konstatieren, zumal ich aus eigner Erfahrung noch folgende 
für diese Species auffallende Beobachtungsdatum notierte: 10. 
Oktober 1900 und 18. September 1901. 

27. April: N.O. Sonnenschein, warm, schöner Frühlingstag. 

Auf einem bestellten Felde treiben sich viel Motacilla 
alba und Budytes flavus umher. 
| 28. April: Wetter ebenso wie gestern. Leichter N. O. 

Auf den Feldern zahlreiche Saxicola oenanthe, worunter 
sich kein ausgefärbtes Männchen befindet. 

29. April: Bei anhaltend schönem Wetter die ersten 
Schwalben (Hirundo rustica) beobachtet; 4 Stück fliegen über 
dem Dorfe umher. 

5. Mai: In der Lachmövenkolonie auf dem Bruche liegen 
die ersten Eier. 

An der Pelk sehe ich die ersten Totanus glareola. 

9. Mai: Bedeckter Himmel. O., der gegen Abend nach 
S. herumgeht, wobei es sehr mild und still wird. Den ersten 
Ouculus canorus beobachtet, ebenso zwei Coracias garrula. Über 
das Dorf ziehen mehrere Schwärme Wildgänse und ungefähr 
60 Kraniche. Gänsezüge werden auch noch an den folgenden 
Tagen beobachtet. 

12. Mai: Im Garten noch einen Fringilla montifringilla 
beobachtet. 

13. Mai: Das Wetter ist jetzt immer sehr schön warm, 
manchmal fast heiss. 

Ein Pärchen von Larus minutus fliegt unter den Tausenden 
von Lachmöven über dem Bruche umher. Die Vögel sind durch 
ein ganz anderes Geschrei und durch anderen Flug, eine Art 
Balzflug, wobei die Flügel für einige Augenblicke ruhig gehalten 

Journ, f, Orn. L. Jahrg. April 1%2. 13 


186 J. Thienemann: 


werden, aus dem Vogelwirrwarr herauszufinden. Also hat diese: 
seltene Art jedenfalls wieder hier gebrütet. Das Nest habe ichı 
nicht gefunden. 1 

14. Mai: Zwei Dudytes flavus borealis als neue Species; 
für die Nehrung aus einem grossen Schwarme heraus erlegt.. 
Gelbe Bachstelzen treiben sich noch bis Ende Mai auf hiesiger ' 
Flur oft in Schwärmen bis zu 100 Stück umher und übernachten ı 
in dem ausgedehnten Rohrdickichtte am Haff. (cfr. Ornith., 
Mntsber. 1901. p. 151). 

Über die Lachmövenkolonie, die ich jetzt fast täglich 
besuche, habe ich folgendes zu berichten. Am 5. Mai lagen, 
wie oben bereits bemerkt, die ersten Eier. Das fertige Gelege 
bestand normaler Weise aus 3 Stück. Zuweilen fand man auch 
vier, selten 5 und 6 Eier. In letzteren Fällen ist anzunehmen, 
dass zwei Weibchen in ein Nest gelegt haben. Ein regel- 
mässiges, ruhiges Brüten bei vollständiger Ruhe konnte man bei 
diesen Vögeln nie beobachten. Bis in die Nacht hinein fand ein 
fortwährendes Lärmen und Umherschwärmen statt, woraus man 
erkennen kann, dass die Eier recht wenig intensive Brutwärme 
zu ihrer Entwickelung brauchen. Übrigens wurde auch während 
der Brutzeit fortwährend noch an den Nestern weiter gebaut. 
Es war nämlich durch anhaltende Regengüsse in diesem Jahre 
ein ungewöhnlich hoher Wasserstand des Bruches hervorgerufen 
worden, so dass die Möven ihre auf den Rohrinseln stehenden . 
Brutstätten immer mehr erhöhen mussten. Als Material ver- 
wendeten sie dazu mit Vorliebe Quecken, aber auch halb getrockneten 
Klee, den sie, man darf sagen, fuderweise von den benachbarten 
Feldern aus den Schwaden weghoiten, wodurch sie sich bei den 
Landwirten recht missliebig machten. Das aus getrockneten Quecken 
bestehende Dach meiner Krähenhütte deckten sie mir vollständig 
ab. Es fiel mir auf, dass ich in den Nestern neben den Eiern 
öfter Erdklümpchen vorfand, von denen manche die! Grösse einer 
doppelten welschen Nuss aufwiesen und ganz glatt gerutscht 
waren. Dieselben stammten von den umliegenden Äckern. Es 
muss doch den Vögeln ein angenehmes Gefühl sein, auf denselben 
vielleicht zur Abkühlung zu brüten, sonst hätten sie diese Fremd- 
körper mit Leichtigkeit über Bord werfen können. Dabei habe 
ich aber nie eine Lachmöve etwas zu Neste tragen sehen und nehme 
an, dass sie dieses Geschäft fast ausschliesslich im ersten Morgen- 
grauen verrichten. Am 27. Juni waren die ersten jungen Möven 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 187 


flugbar. So waren also seit dem 5. Mai, an dem die ersten Eier 
lagen, 53 Tage oder 7!/, Woche vergangen. 

Die fast ausschliesslich aus jungen Vögeln bestehenden 
Starschwärme zeigten sich von Anfang Juli an in diesem Jahre 
von einer Mächtigkeit, wie sie wohl selten zu beobachten sind. 
Das hatte seinen Grund darin, dass heuer die sogenannten 
Haffmücken in ganz unbeschreiblichen Massen auftraten. Näheres 
darüber findet sich in meinem weiter unten folgenden Entenar- 
tikel. Es war nun höchst interessant zu beobachten, wie sich 
Mücken und Stare immer genau die Wage hielten. Gab’s viel 
Insekten, so waren auch viel Vögel da, liessen die ersteren nach, 
so fehlten auch sofort die letzteren. Die Stare, die sonst den 
Tag über auf Feldern und Wiesen Futter suchend umher streiften, 
verliessen schliesslich das Dorf garnicht mehr, weil sie sich von 
Jen an Büschen und Bäumen sitzenden Mücken vollständig 
sättigen konnten. Sie lebten in der Zeit, wie auch andere Vogel- 
arten, überhaupt von weiter nichts, als von Haffmücken. Es war 
das ein auffallendes Beispiel für die vielbesprochene Frage der 
Vogelansammlung bei Insektenkalamitäten. 

Zu berichten habe ich ferner von zwei ausgedehnten Raub- 
vogelzügen, die im Spätsommer und Herbste stattfanden. Es 
betrifft die Steppenweihe (Circus macrurus) und die Sumpf- 
ohreule (Asio accipitrinus). Über erstere habe ich in den 
Orn. Mntsber. 1901 No. 10 und in der „Deutschen Jägerzeitung‘“ 
Neudamm Bd. 38 No. 20 und 21 eingehend berichtet und darf 
hier darauf hinweisen. Bemerken will ich nur hier, dass es mir 
in diesem Jahre gelungen ist, die erste alte Steppenweihe, ein 
Weibchen, zu erlegen. Alle die übrigen, so ungemein zahlreich 
in fast allen Teilen Deutschlands beobachteten Vögel trugen das 
braune Jugendkleid. (Vergl. darüber Orn. Mntsbr. 1901 No. 11). 

Die ersten Sumpfohreulen waren in der ersten Hälfte 
des August zu bemerken, die letzten sah ich noch Ende September. 
In der Zwischenzeit hatte man fortwährend Gelegenheit, diese 
nützlichen Vögel oft am hellen, lichten Tage auf den Feldern 
der Mäusejagd obliegen zu sehen. Ein bemerkenswertes Erlebnis 
hatte ich mit ihnen am 16ten September auf der Krähenhütte. 
Schon auf dem Hinwege zur Hütte, nachmittags gegen !/,5 Uhr, sahen 
wir viele dieser Vögel sich umhertreiben, wobei sie öfter zu zweien 
senkrecht in die Luft stiegen und harmlose Spielereien ausführten. 
Kaum hatten wir den lebenden Uhu herausgesetzt, so begann 

13* 


188 J. Thienemann: 


draussen ein eigenartiges Manöver. Sofort kamen die Eulen 
angeschwärmt und attakierten, zuweilen gleich fünf auf einmal) 
mit grösster Heftigkeit den Uhu, wobei sie ein heiseres Geschrei: 
hören liessen. Manchmal berührten sie beim Stossen fast dem 
Kopf des Aufs. Ich beschränkte mich darauf, zwei Stück zw 
schiessen und zwar eine sehr helle und eine sehr dunkelbraune.: 
Die Vögel variieren nämlich ganz bedeutend. Über den dies-- 
jährigen Zug von Nucifraga caryocatactes siehe Orn. Mntsber.. 
1901 No. 10. | 

In Bezug auf hiesige Brutvögel kann ich berichten, dass ich 
am 24. Juli bei Pillkoppen am Fusse einer festgelegten Wander-- 
düne, wo sich ausgedehnte Erlenbrüche befinden, zwei Wald-- 
schnepfen (Scolopax rusticula) in der Dämmerung an mir: 
vorüberstreichen sah, sodass anzunehmen ist, dass die Vögel hier‘ 
auf der Nehrung genistet haben. 

Die ersten Ansammlungen von Chelidonaria urbica, vermischt! 
mit Olivicola riparia waren am 27. Juli zu bemerken. 

Am 5. August wurde mir eine mittlere Raubmöve (S£er-: 
corarius pomatorhinus $) eingeliefert. Bis dahin war nur S%., 
parasiticus für die Nehrung nachgewiesen. Eine solche erhielt 
ich am 29. August. 

Während der diesjährigen Haupt- Herbstzugzeit, im Oktober, 
war ich, wie schon erwähnt, in Berlin zum meteorologischen 
Cursus, kann also nicht viel darüber berichten. Zu erwähnen ist, : 
dass ich am 4. September einen Phalaropus hyperboreus für 
die Localsammlung eriegte. Derselbe war früher fast regel- 
mässiger Durchzugsvogel, hatte sich aber in den letzten Jahren 
nicht gezeigt. 

Im September fand wieder ein Zug von Falco vespertinus 
im Jugendkleide statt. 

Am 13. September wurde mir gemeldet, dass ein Dryo- 
copus martius im hiesigen Walde beobachtet sei. 

Am 20. September erhielt ich eine Uria grylie $ im 
Übergangskleide, die in den Eingeweiden 54 Bandwürmer hatte. 

Zwei bemerkenswerte Sendungen und Berichte gingen mir 
von Herrn Leuchtfeuerwärter Meller in Pillau zu: Vor dem 
19. September hatten lange Zeit N. und NO. Winde geherrscht. 
Da trat an dem genannten Tage bei Westwind trübes, nebliges 
Wetter mit feinem Regen ein, und ich bekam von genanntem 
Herrn einen Muscicapa atricapilla und 2 Sylvia hortensis zuge- 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 189 


schickt mit dem Bemerken, dass am 19. September nachts 12 Uhr 
‚ein starker Zug dieser Vögel von Norden her an den Leucht- 


[ Die Magen der geschickten Exemplare waren vollständig leer. 
‚Am Tage darauf bemerkte ich viele der genannten Species in 
‚meinem Garten. Ferner erhielt ich vom 9. Oktober von dem- 
‚selben Herrn wiederum drei Vögel, nämlich 1 Erithacus rubeculus, 
1 Sylvia hortensis und 1 Alauda arvensis. Die beifolgende Notiz 
‚lautete, dass nachts gegen 11), Uhr bei Nebel annährend 100 
dieser Vögel von NO. nach SW. angezogen kamen. Der Wind 
‚stand aus NO. Auch die Magen dieser Wanderer enthielten 
absolut nichts, so dass man auf eine lange, voraufgegangene 
"Wanderung schliessen kann. Auffallend war mir die Färbung 
der Feldlerche, die sich sehr dunkel zeigte, wobei das Braun auf 
_ der Brust sehr weit herunter reichte. Ich habe derartige dunkle, 
‚auf der Nehrung erbeutete Feldlerchen schon an anderer Stelle 
genauer beschrieben (cfr. Orn. Mntsber. 1901 Nr. 5). Die Mafse 
des Pillauer Exemplares sind folgende: Länge 18,5 cm. Breite 
34,8 cm. Fittich 11,4 cm. Tarsus 2,5 cm. Hinterzehe mit 
Nagel 3 cm. Nagel 1,8 cm. 

Über das Eintreffen der ersten nordischen Wintergäste 
hierselbst habe ich bereits in den Orn. Mntsber. 1901 Nr. 12 
eingehend Bericht erstattet. 

Die ersten Alpenlerchen (Otocorys alpesiris) waren am 
27. Oktober bei schönem Herbstwetter zu beobachten. Es waren 
ungefähr 15 Stück. Einen zweiten Flug von 3 Exemplaren sah 
ich am 29. November bei Regen, Schnee und heftigem W. 

Seidenschwänze (Dombycilla garrula) zeigten sich zuerst 
am 28. Oktober bei SW. und regnerischem Wetter. Höchst 
auffallend ist, dass in diesem Winter bis jetzt noch keine Berg- 
finken (Fringilla montifringilla) eingetroffen sind. 

Auch über Erbeutung eines Krähenbastards, (Kreuzung 
zwischen Corvus cornixz und C. corone), der hier ganz besondere 
Beachtung verdient, ist an der citierten Stelle nachzulesen. 

Die ersten Schneeammern (Calcarius nivalis) sah ich 
am 29. November und hatte ferner am 11. Dezember Gelegenheit, 
einen 50—60 Köpfe zählenden Schwarm dieser Vögel recht genau 
bei ihrer Nahrungsaufnahme zu beobachten. Ich hatte mir schon 
oft, wenn ich diese munteren nordischen Gäste auf dem spiegel- 
blanken Eise umhertrippeln sah, die Frage vorgelegt: „was finden 


190 J. Thienemann: 


und fressen diese Tiere nur eigentlich”‘ An genanntem Tage: 
kam ich hinter das Geheimnis. Ich bemerkte, während ich auf 
dem Anstande sass, wie die Vögel auf dem schneefreien Bruch-- 
eise, fortwährend nach Nahrung pickend, immer gegen den Wind! 
liefen und zwar auf ein grosses mit Unkraut durchwachsenes‘ 
Rohrdickicht sowie auf die Waldlisiere, die aus Erlen bestand, zu.. 
Sobald sie an der Grenze dieser Gewächse angekommen waren,, 
machten sie sofort Kehrt, flogen an ihren Ausgangspunkt zurück,, 
um das Suchen von neuem zu beginnen. So wiederholte sichı 
das Manöver eine ganze Zeit lang bis in die Dämmerung hinein., 
Jetzt wurde mir das Rätsel gelöst: Der scharfe West trieb denı 
schlauen Vögeln von Bäumen, Rohr und Unkraut die Sämereien . 
zu, die sie auf dem blanken Eise viel leichter auffinden konnten, , 
wie etwa auf rauhem Schnee, oder gar auf der dunkeln Erde. 
So erklärte sichs auch, dass die Vögel ein eben durchlaufenes , 
Gebiet immer wieder absuchen konnten. In dieser Weise werden 
sich wohliauch andere Vögel nähren, z. B. unsere zu früh heim- 
gekehrten Feldlerchen, die oft noch von Schnee und Eis über- 
rascht werden und doch so leicht nicht zu Grunde gehen, auch 
wenn sie nicht zum Erdboden gelangen können. 

Zum Schluss lasse ich die bisher von mir als neu für die 
Nehrung konstatierten Vogelarten im Zusammenhange folgen: 

1) 23./7. 96. Limosa wegocephola, Schwarzschwänzige Ufer- 
schnepfe. 
2) 3./8. 97. Hirundo rustica pagorum, östl. Rauchschwalbe. 
3) 21./7. 98. Motacilla melarope, graue Bachstelze. 
4) 30./7. 98. Fuligula crisiata, Reiherente. 
5) Aug. 98. Ardetta minuta, Zwergrohrdommel. 
6) 26./10. 99. Oinclus merula, Wasserschmätzer. 
7) 29./12. 99. Tetrao tetrix, Birkhuhn. 
8) 14./4. 01. Serinus hortulanus, Girlitz. 
9) 17./4. 01. Somateria mollissima, Eiderente. 
10) 14./5. O1. Budytes flavus borealis, Nordische Kuhstelze. 
11) 5./8. 01. Stercorarius pomatorhinus, Mittlere Raubmöve. 

Das Vorkommen von Nr. 1; 4 und 5 wurde schon früher 
vermutet, aber es fehlte noch der sichere Nachweis durch Be- 
schaffung eines Belegexemplares. 

Füge ich noch hinzu, dass in dem Lindner’schen Ver- 
zeichnisse vom Frühjahr 1898 Oidemia fusca, die Sammetente, 
die bereits in Rossitten erlegt war, ausgelassen ist, so beläuft 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 191 


'A. Untersuchungen und Beobachtungen über das Auf- 
wachsen und die Befiederung einiger Entenarten: 

| Anas boschas, Anas querquedula, Anas elypeata und 

Puligula ferina. 

Im Jahre 1901 war der Vogelwarte Gelegenheit geboten, 
eingehende Beobachtungen über das Aufwachsen und den Feder- 
‚ wechsel verschiedener Entenarten anzustellen. Es gab nämlich heuer 
ı sehr viel späte Entenbruten, und merkwürdigerweise hatten die 
Vögel für ihre Nester die Felder bevorzugt, während sie sonst 
mehr auf dem hiesigen grossen Bruche zu brüten pflegen. Beim 
_ Klee- und Grashauen wurden dann sehr viele Nester ausgemäht, 
_ deren Inhalt, der teilweise noch aus ganz frischen Eiern bestand, 
mir zum grössten Teile gebracht wurde. So erhielt ich Gelege 
der März-, Knäk- und Tafelente (Anas boschas, Anas querque- 
dula und Fuligula ferina, letztere vom Bruche) am 11. 12. und 
20. Juni, der Löffelente (Anas clypeata) am 3. Juli, alles sehr 
späte Termine, namentlich für die Märzente, die ja davon ihren 
Namen trägt, dass sie oft schon im März Anstalt zum Brüten 
macht. Ich möchte annehmen, dass diese Eier alle einem zweiten 
Gelege angehört haben, nachdem das erste durch den diesjährigen 
ungewöhnlich hohen Wasserstand des Bruches zerstört worden 
war. So schien es geraten, die Entenjagd in diesem Jahre nicht 
gleich am 1. Juli auszuüben, weil man sich sonst leicht die alten 
Brutenten von den Eiern oder hilflosen Jungen hätte wegschiessen 
können. Ich begann den Abschuss erst nach dem 20. Juli. Im 
Ganzen würden 101 Eier ausgemäht, worunter sich auch einige 
Gelege vom Wachtelkönig (Crex pratensis) befanden. Man erkennt 
daraus wieder einmal die Verwüstungen, welche die Heu- und Klee- 
ernte, die gerade in die Brutperiode fällt, unter den Erdbrütern 
anrichtet. Und was das Bedauerliche dabei ist: es lässt sich 
schwer Abhilfe schaffen. Mag man auch den Schnittern unter 
Geldversprechungen den Auftrag geben, um ein gefundenes Nest 
herum einen kleinen Trupp Klee stehen zu lassen, wie ichs in 
diesem Jahre mehrfach gethan habe, so ist damit doch wenig 
gewonnen, denn erstens wird die Brutstellegewöhnlich erst gefunden, 
wenn die Sense oft unter Verletzung des sitzenden Weibchens 


192 J. Thienemann: 


darüber hinweggesaust ist, und ferner verrät ein solches stehen-- 
gebliebenes Fleckchen Gras den umherlungernden Krähen nur‘ 
zu deutlich die darunter versteckten Leckerbissen, die alsbald. 
hervorgeholt und ausgetrunken werden. Ich habe dieser wegen. 
nichts vor dem Verderben retten können. Im nächsten Jahre‘ 
will ich versuchen, die gefährdeten Pläne (die gefundenen 101 
Eier verteilen sich auf nur 3 Feldstücke) mit dem Hunde abzu-. 
suchen und überhaupt möglichst oft zu beunruhigen, damit sich 
die Vögel daraus wegziehen und sich sichere Brutstätten auf- 
suchen. Man kann auf diese Weise der Niederjagd emporhelfen 
und auch die kleinen Erdbrüter noch am ersten vor dem Ver- 
derben retten. 

Zur Zeit, da mir die Enteneier gebracht wurden, hatte ich 
gerade Glucken zur Verfügung, denen ich einen Teil derselben 
zum Ausbrüten unterlegte und ganz hübsche Resultate erzielte. 
Den ausgeschlüpften jungen Entchen konnte ich auf meinem 
teilweise eingezäunten Teiche günstige Lebensbedingungen bieten, 
wobei mir noch ein Umstand zu statten kam, das war das dies- 
Jährige massenhafte Auftreten der sogenannten Haffmücken. Dieses 
Insekt erscheint hier im Juli und August stets, aber solche un- 
geheuren Schwärme, wie in diesem Jahre, habe ich noch nie be- 
obachtet. Wenn die kleinen Tiere, die übrigens nicht stechen, 
an schwülen Sommerabenden über Büschen oder Häusern 
schwärmten, so sah es von weitem aus, als ob das Dorf oder der 
Wald brannte, und es kam vor, dass beim Fahren oder Reiten 
die Pferde durch einen solchen dichten Schwarm nicht hindurch- 
gehen wollten. Man konnte diese ganze Erscheinung als wunder- 
bares Naturschauspiel bezeichnen, wenn es auch nur etwas für 
„Kenner“ war, denn die meisten der hiesigen Badegäste konnten 
der Sache keinen grossen Reiz abgewinnen und hielten sich 
gsrollend Mund und Nase zu. Ich habe auch manche Mücke ver- 
schluckt, aber im Interesse meiner jungen Entchen freute ich 
mich doch, denn schichtenweise fielen die Insekten in den Teich 
ein, oder konnten von den umstehenden Büschen, deren Zweige 
sich unter der Last der am Tage still sitzenden Mücken förmlich 
bogen, mit dem untergehaltenen Netze leicht gesammelt und den 
Enten vorgeworfen werden. Auf dem Erdboden lagen die kleinen 
Plagegeister an manchen Stellen schichtenweise, so dass die 
Fliegen ihre Eier in diese faulende Masse legten, wo es dann 
wieder von Maden wimmelte — auch ein willkommenes Futter 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 193 


für die frei umherlaufenden Dorfhühner und Enten, denen in 
solch fetter Zeit von den glücklichen Besitzern überhaupt kein 
‚ Futter vorgeworfen zu werden brauchte. Man kann sich vielleicht 
' einen Begriff von der Menge der Insekten machen, wenn ich 
‚sage, dass meine Entenschar mit ihrem beneidenswerten Appetite 
ungefähr 14 Tage lang fast von weiter nichts als von Haffmücken 
gelebt hat. Ausserdem fütterte ich noch Wasserlinsen und gebrühte 
Fische, die auch jeden Tag hier leicht zu haben sind, und meine 
Entchen gediehen prächtig dabei. Zunächst werde ich über 
Anas boschas berichten. 

Am 22. Juni kamen die ersten Märzentchen aus, am 6. 
Juli ein zweites Gelege. Alle trugen das bekannte Dunenkleid. 
Es besteht aus den zwei Farben Gelb und Olivengraugrün, die 
stets bei allen Individuen gleich über den Körper verteilt sind, 
wodurch sich junge Wildentchen leicht von ihren gleichalterigen 
zahmen Geschwistern, die ganz verschiedenartig aussehen, unter- 
scheiden. Aus dem schönen Gelb wird dann nach und nach ein 
schmutziges Weissgrau; die Olivenfarbe bekommt einen Schein 
ins Bräunliche, und die wolligen, weichen Dunen verwandeln sich 
in straffere borstenartige Gebilde. Schön sahen dann meine 
Entchen nicht aus, aber munter waren sie immer. Um ihnen 
gleich von Anfang an etwas Raison beizubringen und ihnen das 
mäuseartige Verkriechen abzugewöhnen, gab ich ihnen gleich nach 
dem Ausschlüpfen einige gleichalterige Hausentchen bei, die durch 
ihr vertrautes Wesen ihre wilden Schwestern bald kirre machten 
und an den Menschen gewöhnten, so dass sie ziemlich aus der 
Hand frassen. Erstaunt war ich, wie bösartig junge Märzenten 
seien können. Als ich das zu zweit ausgeschlüpfte Gehecke zu 
den bereits vierzehn Tage alten Stammesgenossen auf den Teich 
brachte, stürzten diese letzteren sofort auf die wehrlosen kleinen 
Tierchen los und hätten sie ohne Frage abgewürgt und unter dem 
Wasser erstickt, wenn ich nicht schnell zugesprungen wäre. Es 
ist dieser Vorgang leicht auf Futterneid und Selbsterhaltungs- 
trieb zurückzuführen, denn es könnte sonst draussen in der freien 
Natur, wo die Wildentenpaare zuweilen nicht allzuweit von ein- 
ander brüten, leicht passieren, dass plötzlich eine alte Enten- 
mutter noch ein zweites Schoof junger Enten um sich versammelt 
sähe, was der Erhaltung der Art hinderlich wäre. Die Fremd- 
linge müssen abgekämpft werden. Besonders hatten die anderen 
Entenarten, Knäk- und Löffelenten, unter den Angriffen der 


194 J. Thienemann: 


kleinen Raufbolde zu leiden, am meisten aber die Tafelenten, 
die zu einer ganz anderen Gattung, den Tauchenten (Fuligula), 


gehören. Die letzteren wussten sich allerdings in den meisten 
Fällen recht geschickt zu helfen, das heisst, sie tauchten im ent- 
scheidenden Augenblicke mit unglaublicher Geschicklichkeit unter 
und streckten den verblüfften Angreifern zwei zappelnde Ruder 


entgegen, was sehr drollig wirkte. Trotzdem war ich gezwungen, 
die schwächeren und jüngeren Enten erst in einer besonderen 
Abteilung des Teiches erstarken zu lassen, ehe ich sie in den 
allgemeinen „Familiensalon‘ brachte Die Feindschaft nahm 


übrigens mit zunehmendem Alter immer mehr ab und verlor sich 


nach dem Flüggewerden der Enten fast ganz. 

Am 17. Juli, also nach 25 Tagen, bekamen meine Märzenten 
vom ersten Gehecke die ersten braunen Federn des Jugendkleides, 
während die vom zweiten Gelege dieselbe Erscheinung am 3. 
August, also nach 28 Tagen, zeigten, und zwar beidemal zunächst 
auf den Schultern. Es ist das nicht bei allen Entenarten gleich, 
wie wir weiter unten sehen werden. Am 26. Juli konnte ich 
über meine Entenschar, die ich täglich genau beobachtete und 
kontrollierte, folgendes in das Stationstagebuch eintragen: Die 
sieben Anas boschas vom 22. Juni sind heute 34 Tage alt und 
ziemlich befiedert. Die ersten Federn zeigten sich auf den Schultern, 
dann an den Seiten, an der Unterseite und am Schwanze, dann 
am Bürzel. Zuletzt befiedert sich der Rücken, der jetzt noch 
mit Dunen bedeckt ist. Flügelfedern zeigen sich noch nicht. — 
Diese letzteren fingen aber in den nächsten Tagen an, hkervorzu- 
spriessen, so dass am 3. August, also nach 42 Tagen, schon lange 
Kiele zu sehen waren. Die Vögel waren jetzt, was das Klein- 
gefider anlangt, fast vollständig befiedert. In den Tagen um den 
29. August herum, also nach ungefähr 68 Tagen, hörte ich von 
meinen Märzenten das erste Mal das laute Quaken, während sie 
bis dahin noch den piepsenden Jugendton vernehmen liessen. 

So trugen also meine Märzenten nunmehr das braune erste 
Jugendkleid, das dem der alten Weibchen und auch dem 
Sommerkleide der Männchen sehr ähnlich ist. Man bekommt in 
diesen drei Kleidern auf der Jagd die meisten Enten in die 
Hände und muss sie genau und oft betrachtet haben, um sie alle 
drei leicht von einander unterscheiden zu können. Ihre genaue 
Beschreibung mit den oft subtilen Unterschieden kann ich unter- 
lassen, da man sie in jeder Naturgeschichte nachlesen kann. Bei 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 195 


meinen Märzenten konnte ich keinen Geschlechtsunterschied er- 
kennen. Sie sahen alle gleich aus. Da, am 3. September, also 
nach 73 Tagen, bemerkte ich, dass das eine Exemplar einen 
grünen Schnabel trug, während diese Körperteile bis dahin ein 
rotgelbes Kolorit gezeigt hatten, wobei sich auf dem Schnabel- 
rücken unregelmässige, schwarze Flecken befanden. Ich nahm 
an, dass diese grüngelbe Farbe nach und nach aufgetreten sei, 
und ärgerte mich schon, dass ich den Vorgang nicht vom ersten 
Augenblicke an beobachtet hatte, aber siehe da, am 5. September 
also zwei Tage später, zeigte ein zweites Exemplar dieselbe 
' Veränderung. So muss ich nach meinen Beobachtungen annehmen, 
_ dass das Verfärben des Männchenschnabels, denn Männchen waren 
es, fast plötzlich vor sich geht, was, soviel ich weiss, bisher noch 
nicht festgestellt worden ist. 

Anfang Oktober traten meine Enten in ihre erste Mauser 
(nicht Verfärbung) ein. Wenn wir bedenken, dass dieselben sehr 
späten Bruten angehörten, indem sie erst am 22. Juni bezw. 6. 
Juli ausgefallen waren, während es unter normalen Verhältnissen 
Ende April oder Anfang Mai schon junge Enten giebt, so müssen 
wir konstatieren, dass meine Enten das fertige, erste Jugendkleid 
nur ganz kurze Zeit, nicht einmal zwei Monate, getragen 
haben. Der Termin für Ablegen dieses Kleides ist also nicht an 
eine bestimmte, voraufgegangene Dauer des Tragens gebunden, 
sondern die Mauser tritt ein, wenn der Oktober naht, mögen nun 
die Enten früh oder spät ausgeschlüpft sein. Die Weibchen 
legten das vom Jugendkleide nicht sehr abweichende, ausgefärbte 
Gewand der alten Weibchen an und waren Ende Oktober mit dem 
Mauserprozess ziemlich fertig. Die Schwanz- und Flügelfedern 
wechselten sie jetzt nicht. Darum sind die jungen Enten auch noch 
im nächsten Frühjahre an den etwas abgestossenen Schwanzfedern 
zu erkennen. Dieselbe Erscheinung findet auch bei anderen Vögeln, 
ich nenne z. B. die Krähen, statt. Auch da kann man die ein- 
jährigen Vögel, da sie Flügel- und Schwanzfedern noch vom ersten 
Jugendkleidehertragen,an deren schäbigem, abgetragenem Aussehen 
sehr gut als solche feststellen. Die entsprechenden Federn haben 
bei den Krähen auch noch einen Schein ins Braune. 

Die Erpel erhielten jetzt, im Oktober, zum erstenmal ihr 
herrliches Prachtkleid mit dem schönen, grünen Kopfe und den 
aufgerollten mittelsten Schwanzfedern. Am 6. November liess 
ich mir einige Exemplare, Männchen und Weibchen, vom Teiche 


196 J. Thienemann: 


einfangen, um sie noch einmal einer gründlichen Untersuchung 
zu unterziehen, da mich ein von anderer Seite für Anas boschas 
in Anspruch genommener Verfärbungsprozess stutzig ge- 
macht hatte. Das eine Männchen, das, äusserlich betrachtet, 
ganz fertig vermausert erschien, zeigte, wenn man die Federn 
auseinanderstrich, auf dem schwarzgrünen Unterrücken und auf 
der grauen Unterseite noch wenige unfertige Mauserfedern, die 

noch mit Blut angefüllt waren. Die meisten derartigen Federn 

befanden sich im grünen Kopfe, wo auch noch, wie auf den 

Schultern, einige wenige braune Federn des Jugendkleides sicht- 

bar waren. Das andere Männchen war in der Mauser noch viel 

weiter zurück und sah ziemlich ruppig und unscheinbar aus. 

Dazu will ich bemerken, dass ein am 12. September dieses Jahres 

am Bruche von mir erlegtes Männchen von Anas bosches sich 

ebenfalls in der Mauser befand, was besonders an den unfertigen 

braunen Brustfedern zu sehen war. Man untersuche die Ende 

September oder Anfang Oktober geschossenen Märzerpel nur 

einmal genauer, dann wird man leicht den Mauserprozess fest- 

stellen können, aber man suche dabei immer gegen den Strich, 

dann treten die unfertigen Federn leicht zu Tage. Die am 6. 

November untersuchten Weibchen zeigten nur noch ganz ver- 

einzelte Federn mit Blutkielen, da sie bekanntlich mit der Mauser 

etwas eher fertig werden, als die Männchen. i 

Die Beobachtung der Frühjahrs- und Herbstmauser von A. 
boschas im Altersstadium steht noch aus. Ich hoffe im nächsten 
Jahre darüber berichten zu können. Gespannt bin ich, ob ich 
bei Anas boschas in irgend einem Stadium eine Verfärbung werde 
feststellen können, wie es zuweilen von anderer Seite behauptet 
wird. Ich zweifle daran. Man hätte dann doch bei den vielen 
Enten, die man als Jäger in der Hand gehabt hat, diesen Prozess 
einmal beobachten müssen. 

Es folgt Anas querquedula. Am 6. Juli kamen die Knäk- 
entchen aus. Ich habe sämtliche Wildentchen nach dem Aus- 
schlüpfen noch 24 Stunden ungestört unter der Glucke gelassen, 
sie dann am nächsten Morgen sofort aufs Wasser gebracht, und 
ihnen zum ersten Male Nahrung angeboten. Die Tierchen waren 
dann schon etwas erstarkt und nahmen das oben bei den März- 
enten erwähnte Futter, namentlich die Haffmücken, sehr bereit- 
willig an. So habe ich auch mit den äusserst zarten, allerliebsten 
Knäkentchen sehr gute Resultate erzielt. Als ich einmal den 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 197 


Versuch machte, ein ausgeschlüpftes Gehecke in einer trockenen 
kleinen Voliere bei hingesetzter Wasserschüssel aufzuziehen, hatte 
ich rechte Verluste. Die Entchen purzelten in das Bassin hinein, 
wurden nass und starben wie die Fliegen. Ein nasses Wildentchen 
kann man ebenso wie einen dick aufgeplustert sitzenden Stieglitz 
für sicheren Todeskandidaten ansprechen. Auf dem freien Teiche 
dagegen schwammen die zierlichen Entchen wie kleine Feder- 
bällchen umher; von Nässe am Gefieder keine Spur! Die Glucken 
von den verschiedenen Gehecken gab ich mit in das Gehege 
hinein. Nun wäre es aber zwischen den um ihre schwimmenden 
Kinder besorgten und am Rande umherirrenden Müttern leicht 
zu argen Raufereien gekommen. Um dem vorzubeugen, wandte 
ich eine sehr probate Methode an, die ich erst hier auf der 
Nehrung kennen lernte und über die ich zunächst lachen musste: 
ich pflöckte die Glucken an langen Bindfäden an. Wir in Mittel- 
deutschland hatten komplizierte Hühnerkörbe und abgeteilte 
Gehege, um die verschiedenen Hühner- und Enten-Gehecke ausein- 
ander zu halten; hier macht man das einfacher. Hier wird überhaupt 
alles „angedietert“: Pferde, Kühe, Ochsen, Hühner, Krähen ete. 

Gewundert habe ich mich immer, wie die kleinen Entchen 
stets ihre zugehörenden Mütter herausfanden, zumal für diese 
Wildlinge, bei denen von Domestizierung keine Rede sein kann, 
ein grosser Unterschied zwischen dem Aussehen und Benehmen 
einer alten wilden Entenmutter und einer glucksenden Haushenne 
bestehen muss. Die jungen Tiere hörten ganz entschieden auf 
den Lockrufihrer Führerinnen und sassen gegen Abend wohlgeord- 
net unter ihren entsprechenden Müttern. Am 26. Juli, also nach 
20 Tagen, waren bei den Knäkentchen noch keine Federn sicht- 
bar, sie trugen noch das vollständige Dunenkleid. Von gleich- 
alterigen Märzenten unterschieden sie sich dadurch, dass der dunkle 
Augenstreif nicht von der Schnabelwurzel aus anfing, sondern 
erst hinter dem Auge begann. Dieses Merkmal und ferner die viel 
schlankere, namentlich nach hinten zugespitzte Gestalt unterschieden 
sie auch noch von Anas boschas, als beide Entenarten sonst von 
gleicher Grösse waren. Ich kann daher Naumann nicht recht 
geben, wenn er in seiner „Naturgeschichte der Vögel Deutschlands“ 
Band 11. p. 680. (alte Ausgabe) sagt, dass die jungen Knäkenten 
„ganz die Farben und Zeichnungen der jungen Märzenten trügen.“ 
Gleich hier will ich bemerken, dass ziemliche Übung dazu gehört, 
Wildenten im Dunenkleide auseinander zu halten. 


198 J. Thienemann: | 


Am 28. Juli, also nach 22 Tagen, bekamen die Knäk-” 
entchen die ersten braunen Federn und zwar genau so wie Anas 
boschas auf beiden Schultern. Von da an ging die Befiederung 
der Knäkenten sehr schnell vor sich, so dass ich die Tiere bereits 
am 5. August, also nach 30 Tagen stutzen musste, um sie am 
Fortfliegen zu verhindern. Ich habe diese Operation stets so 
ausgeführt, dass ich den scharfen Nickfänger im Handgelenk 
aufsetzte und mit einem Holzklöppel darauf schlug, wodurch das | 
Glied im Nu abgetrennt war. Naumann giebt an, man solle | 
den Flügelknochen zunächst mit einer stumpfen Zange knicken | 
und dann an der Stelle mit einem gewichsten Faden unterbinden, 
um Verblutung zu verhindern. Ich habe gefunden, dass man gar 
nicht so penibel zu sein braucht. Meine sämtlichen Enten nahmen 
von der vorgenommenen Operation garnicht viel Notiz und gingen 
sofort wieder auf’s Fressen, obgleich ich bei manchen Exemplaren 
die Methode jenes Bäuerleins einschlagen musste, das den Hunde- 
schwanz stückweise abhackte, wenn ich nämlich sah, dass die 
Vögel bei zu kurzem Stutzen sich noch vom Erdboden erheben 
konnten. Über eine etwaige Herbstmauser ‘der Knäkente kann 
ich aus eigener Beobachtung leider nichts Bestimmtes berichten, 
da ich zu der fraglichen Zeit, im Oktober, zum meteorologischen 
Cursus nach Berlin verreist war und keinen zuverlässigen Beob- 
achter hier zur Verfügung hatte. Als ich Ende Oktober heim- 
kehrte, sahen die Knäkenten genau noch so aus, wie ich sie 
verlassen hatte. Ich möchte annehmen, dass sie nicht gemausert 
haben. 

Es folgt die Löffelente (Anas clypeata): Am 3. Juli fand 
mein Hund auf einer Wiese ein Löffelentennest mit 9 Eiern, von 
dem das alte Weibchen abflog. Da die Grasmäher schon am 
nächsten Tage darüber hinweggehen mussten, nahm ich 5 Eier 
mit nach Hause und traf Anordnung, dass um das Nest herum 
ein Trupp Gras stehen bleiben sollte, wodurch allerdings das 
Gelege, wie schon oben angedeutet, nicht gerettet wurde Ehe 
ich die 5 erbeuteten Eier einer Glucke unterlegte, wollte ich den 
Grad ihrer Bebrütung prüfen und brach bei dem einen mit der 
Messerspitze am stumpfen Ende ein erbsengrosses Loch ein, das 
ich nachher mit englischen Heftpflaster doppelt verklebte. Trotz- 
dem fielen am 17. Juli, also nach 14 Tagen fünf gesunde Entchen 
aus, die auch alle gross wurden. Ich hatte dasselbe Experiment 
schon vorher an einem Ei der Tafelente mit gleich günstigem 


1. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 199 


Erfolge angestellt. In dem Falle war das Loch am il. Juni 
geschlagen, und die Jungen kamen am 27. Juni, also nach 16 Tagen 
aus. Eine solche Verstümmelung schadet also nichts. 


Bei den Löffelenten war ich besonders auf die Schnabelbildung 
im ersten Jugendstadium gespannt, musste aber konstatieren, dass 
‚dieser Körperteil, der beim ausgewachsenen Vogel solche unförm- 
lichen Dimensionen annimmt, an den eben ausgefallenen Jungen 
‚sich in keiner Weise durch besondere Grösse auszeichnete Am 
Schnabel sind also ganz junge Löffelenten von anderen 
Anatiden absolut nicht zu unterscheiden. Erst nach 11 
Tagen fingen die Schnäbel an im Verhältnis zur übrigen Körper- 
grösse auffallendere Dimensionen anzunehmen und wuchsen nun 
allerdings erstaunlich schnell. Es fiel mir auf, dass die jungen 
Löffelenten sehr oft an ihren Schnäbeln gegenseitig berumspielten 
und besondere Bewegungen damit ausführten, als ob sie dieses 
für sie so wichtige Instrument einer besonderen Übung unter- 
ziehen wollten. 

Am 3. August, also nach 17 Tagen, erhielten die Löffel- 
enten die ersten Federn und zwar ebenso wie Anas boschas und 
querquedula auf den Schultern. So befiedern sich also Knäk- 
und Löffelenten viel zeitiger und schneller als die Märzenten und 
werden auch viel eher flugbar. Die Schwingen waren schon längst 
komplett, ehe noch der Rücken die vollständige Befiederung er- 
halten hatte. 

Auch das Benehmen der jungen Löffelenten, die mit ihren 
unförmlichen Schnäbeln einen wenig graziösen, ich möchte sagen 
mehr komischen Eindruck machten, zeigte manche Besonderheiten. 
So konnte ich an ihnen das eigenartige Kopfnicken im Aflekt, 
womit sie sich z. B. zu begrüssen pflegten, viel öfter beobachten, 
wie bei den andern Entenarten. Die Stimme war sehr heiser. 
In Bezug auf Futter und Abwartung waren die Löffelenten am 
penibelsten und zartesten. Bei ihnen liegt in Folge ihrer Schnabel- 
formation vffenbar das Bedürfnis vor, die Nahrung nicht aus 
einem künstlichen Futtertroge zu entnehmen, sondern auf natür- 
liche Weise aus dem Wasser und Schlamm. 


Auch über die Herbstmauser dieser Entenart kann ich 
aus den oben angeführten Gründen leider noch nichts Bestimmtes 
angeben, hoffe dasselbe aber durch spätere Versuche nachholen 
zu Können. 


200 J. Thienemann: 


Fuligula ferina. Junge Tafelenten bekam ich am 27. Juni: 
Ausserlich waren dieselben an den anders gestalteten und an- 
gewachsenen Beinen von den gleichalterigen Schwimmenten wohl 


zu erkennen, wenn auch der Unterschied nicht allzusehr in die 
Augen sprang. Mehr war das mit der anders gearteten Zeichnung 
der Fall. Den Dunenjungen der Tafelenten fehlen nähmlich die 


dunklen Augenstreifen, so dass die Backen einfarbig gelb aus- 
sehen. Dadurch sind diese Vögel leicht aus einer ganzen Herde 
Schwimmenten herauszufinden. Naumann sagt, dass das Dunen- 


kleid von Fuligula ferina am Kopfe schon roströtlich, oder matt 
rostbraun sei. Das ist meinen Beobachtungen nach das Halb- 


dunenkleid, das ich weiter unten beschreiben werde. Am eigent- 
lichen Dunenkleide ist von Rot keine Spur. Im Allgemeinen will 


ich bemerken, dass es sich bei den ersten Dunenkleidern aller 


vorbeschriebenen Entenarten nur immer um die zwei Farben Gelb 
und Olivengrün handelt mit dem geringen Unterschiede, dass 
einmal diese Farben mehr intensiv, dann wieder mit mehr Grau 
vermischt sind. 

Die kleinen Tafelenten benahmen sich gleich von Anfang 
an etwas dreister, indem sie sich viel weiter aufs Wasser hinaus- 
wagten, dafür aber auch viel scheuer als ihre Verwandten waren. 
Sie frassen nicht so gern gebrühte Fische wie diese und hatten 
es am liebsten, wenn man ihnen aufgeweichtes Weissbrot aufs 
Wasser warf. Dabei gediehen sie gut. Von den Angehörigen 
der anderen Entenarten wurden die kleinen anders gestalteten 
Dinger übrigens wie von guten Systematikern sofort als etwas 
ihnen fern stehendes erkannt und sehr feindselig behandelt. Auf 
welche Weise sich die schlauen Tauchentchen zu schützen suchten, 
ist bereits oben bemerkt worden. Übrigens war das Tauchen an 
den jungen Tafelenten nicht gleich von Anfang an zu beobachten, 
und erst am 18. Juli, also nach 21 Tagen, sah ich es zum ersten 
Male. In der freien Natur wird es wohl zeitiger vorkommen, 
denke ich. 

Nach ungefähr 27 Tagen zeigten die Tafelenten die ersten 
Spuren der Befiederung und zwar nicht wie die Schwimmenten 
auf den Schultern, sondern am Kopfe und an den Seiten. Ersterer 
nahm dadurch eine schmutzig bräunliche Färbung an. In diesem 
Halbdunenkleide habe ich Fuligula ferina auch zuweilen auf dem 
Bruche erlegt. Sie zeigten sich dann schon als höchst geschickte 
Tauchkünstler. 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 201 


Die Töne, die man um diese Zeit von den Tafelenten, die 
mit zunehmendem Alter immer stummer wurden, hörte, waren 
viel höher, piepender, kläglicher wie die der Märzenten. 

Am 3. August notierte ich folgendes über meine Entenschar: 
Die kleinen ferina sind heute, also nach 37 Tagen, abgesehen 
vom Rücken ziemlich befiedert. Die Schwungfedern sind aller- 
dings noch nicht gewachsen, während die nur 5 Tage älteren 
Märzenten schon lange Kiele in den Flügeln haben und fast voll- 
ständig ausgefiedert sind. Die Schwungfedern wachsen bei den 
fast ausschliesslich ans Wasser gebundenen Tafelenten langsam. 
| Im Oktober trat die Tafelente (ich hatte zum Schluss nur 
noch eine behalten) in die Mauser ein und zeigte sich am 4. No- 
vember bei näherer Untersuchung ziemlich ausgefärbt. Es war ein 
Männchen. In der schwarzen Brust und auch an einigen anderen 
Stellen befanden sich noch einige braune Federn des vorigen Kleides. 

Leider musste ich für den Winter meine Entenschar bis 
auf einige dauerhafte Märzenten abschaffen, da es der Vogel- 
warte vorläufig noch an Mitteln fehlt, die nötigen Gelasse her- 
zustellen und das Futter zu beschaffen. Sollte uns beides erst 
zur Verfügung stehen, so würde es sehr lohnend sein, noch 
weitere Versuche und Beobachtungen über Verfärbung und Mauser, 
namentlich von Strand- und Wasservögeln anzustellen, da in dieser 
Hinsicht noch so manche Lücke auszufüllen ist. Gerade hier 
hat man Gelegenheit, derartige seltenere Vögel verhältnismässig 
leicht zu bekommen. 


Tabelle über Aufwachsen und Befiedern von Wildenten. 


Aus- Erste Erste Färbung des 
Art. | gefallen | Befiederung | Befiederung | Männchen- 
x am? wann? wo? schnabels. 
Märzente. la2. Juni| nach 25 lauf beiden nach 
(Anas boschas) | bezw. | bezw. | Schultern. | 73 Tagen. 
6. Juli. | 28 Tagen. 
Knäkente. 6. Juli. nach a 
(Anas querquedula) 22 Tagen. 
Löffelente. 17. Juli. nach n 
(Anas clypeata) 17 Tagen. 
Tafelente. rl. van) nach ca. | Am Kon 


(Fuligula ferina) 27 Tagen. | und an 
| den Seiten. 
Journ, f. Orn, L. Jahrg. April 1902. 14 


202 J. Thienemann: 


Einige vorläufge Bemerkungen über Tringa alpina 
und Tringa alpina schinki. 

Zunächst lasse ich einige Masse der beiden strittigen Vogel- 
formen folgen. Die gemessenen Exemplare stammen sämtlich aus 
Rossitten, nur Nr. 19 und 20 sind bei Veckenstedt a./Harz 
gesammelt. | 

Tringa alpina. 


Nr. | | Datum. | a rostrum. | tarsus 

1 4./9. 01. 19,6 3,1 3 | 2,5 

2 & 18,6 3,2 3,1 2,7 

3 A 18,5 3,4 3,3 2,7 
4. s 18 3,1 3 2,6 
5. 1 18 3 2,9 2,5 

6 | e 19,6 | 3,3 3,2 2,6 

7 " 18,6 3,1 3 2,8 
8. ; 17,7 2,9 2,7 2,4 
9. N 18,5 3 2,9 2,7 
10. ” 18,7 3,6 3,D 2,7 
11. + 18 2,9 2,8 2,5 
12. 16./9. 01. 18,9 3,3 3,1 2,6 
13. nr 19,1 3,3 3,1 2,4 
14. 17,/9. 01. 18,7 3,3 3,1 2,5 
15. 21./9. 01. 18,8 3,4 3,2 2,5 
16. 5 3,5 2,3 
17. 9./10. 1888. Sl 2,3 
18. $ || 3./9. 1890. 3,1 2,3 
19. © 1/9./10. 1899. 3,05 2,3 
20. g B 3,5 2,3 
21. g 3,5 2,4 
22.9 3,9 2,6 
23. juv. 3,8 2,6 
24.2 juv 3,7 2,7 
25. Juv | 3,8 2,4 
26. juv. 3,2 2,4 
27. 1./9. 93. 3,4 2,3 
28. 19./7. 95. 3,4 2,3 
29. 3,6 2,3 
30. @ || 19./7. 97. 3,5 2,3 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 203 

Nr. | | Datum. | l eu | rostrum. Di tarsus. 
Sl. & | 29.77. 97. | 3,6 2,3 
32. 5 5./8. 98. 3,4 232 
33. juv. || 19./7. 97. 2.5 2,3 
34. juv. || 29./7. 98. 2,8 2,2 
35. Juv. || 30./7. 98. 3,1 2,3 
36. 2 || 29./8. 94. 3,4 2,3 
37. Q 2./8. 95. | 3,9 | 2,4 


Tringa alpina schinzi. 


Nr. | | Datum. | rostrum. tarsus. 
1. 3 ||21./7. 1898 3,2 2,3 
2.5 3,1 2,4 
3. 9 29./7. 97. 39 2,3 
4.d 25./7. 98. 3 2,3 
Deo 31.02.98: 3,1 22 
6. 11./8. 98. 3,1 2,3 
1.g 23./7. 96. 3,2 2,4 


Wie die Tabellen zeigen, findet auch unter den typischen 
Alpenstrandläufern ein deutliches Variieren in den Schnabel- und 
Tarsenmassen, die als massgebende Unterscheidungsmerkmale 
zwischen den beiden Formen hingestellt werden, statt, so dass 
man gewiss oft irre gehen würde, wenn man sich nur nach diesen 
plastischen Unterschieden richten wollte Mir war bei der Be- 
stimmung mehr das viele Rostrot massgebend, das Zringa alpina 
schingzi im Rückengefieder hat und das oft sehr in die Augen fällt. 

In biologischer Beziehung kann ich berichten, dass ich den 
Schinz’schen Strandläufer als früher ziehend beobachtet habe, 
als seinen typischen Verwandten. Solche frühe Wanderzüge be- 
standen öfter ausschliesslich aus Tringa alpina schinzi, waren 
allerdings zuweilen auch mit echten Alpenstrandläufern gemischt. 
In vorgerückter Jahreszeit habe ich bis jetzt noch nie geschlossene 
Züge von kleinen Alpenstrandläufern gefunden. Die wenigen 
Rossitter Brutvögel, die ich bisher in Händen hatte, gehörten 
alle der kleinen Form an. 


14* 


204 J. Thienemann: 


III. Vogelschutz. 


Auch den in das Arbeitsgebiet der Vogelwarte fallenden 
vogelschützlerischen Bestrebungen suchte die Anstalt nach Mög- 
lichkeit gerecht zu werden und hat, wenn man die Kürze der 
Zeit und die geringen Mittel in Betracht zieht, schon ganz hübsche 
Erfolge zu verzeichnen. 


Auf Ansuchen des Herrn Freiherrn v. Berlepsch in Cassel 
stellte die Fabrik von Gebr. H. und O0. Scheid in Büren i,/W. 
der Vogelwarte im Frühjahre 1901 gegen 100 der bewährten 
v. Berlepsch’schen Nistkästen zur Verfügung, wofür an dieser 
Stelle der verbindlichste Dank gesagt werden soll. Obgleich die 
Sendung erst bei ziemlich vorgerückter Jahreszeit eintraf, und 
obgleich vorläufig nur mein Privatgrundstück zu Verfügung stand, 
so war doch das Resultat, ich muss sagen, geradezu überraschend. 
Allerdings habe ich das Anbringen der Kästen zum grössten 
Teile selbst besorgt, oder wenigstens genau überwacht, damit das 
Einfüllen von Müllerde, das richtige feste Annageln und Richten 
der Kästen u. s. w. peinlichst genau nach Vorschrift vorgenommen 
wurde, was eine grosse Hauptsache ist. Schon am nächsten 
Tage nach dem Aufhängen waren einige Kästen von Staren 
und Kohlmeisen besetzt; und nun bitte ich die verehrten Leser 
damit die Resultate zu vergleichen, die mit den früher üblichen 
zusammengenagelten Bretterkästen, die zum Ärger der Besitzer 
jahrelang unbesetzt an den Bäumen hingen, erzielt worden sind, 
und bitte weiter zu berücksichtigen, dass hier auf der abge- 
schlossenen Rossittener Oase wegen fast gänzlichen Fehlens von 
alten hohlen Bäumen bisher fast keine Höhlenbrüter nisten konnten. 
So ist zu konstatieren, dass Stare, Kohl- und Blaumeisen 
und Trauerfliegenfänger, die in diesem Jahre meine Kästen 
besetzt hatten, bei ihren Frühjahrs-Streifereien sofort an einer 
ihnen sonst unbekannten Örtlichkeit Halt machten und sich an- 
siedelten, sobald sie Brutstätten vorfanden. Die Vögel behan- 
delten die Kästen nicht als etwas ihnen künstlich Gebotenes, 
sondern einfach als natürliche Baumhöhlen. Ich kann nur wünschen, 
dass der Vogelwarte recht bald Gelegenheit geboten werde, die 
Versuche im Grossen fortzusetzen. Der ganze Rossitter fiska- 
lische Wald müsste mit Hunderten von Kästen jeder Grösse 
besetzt werden, dann würde es meiner festen Überzeugung nach 
nicht lange dauern, bis alle unsere so nützlichen Höhlenbrüter, 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 205 


darunter auch die grossen, Blaurake, Wiedehopf und Hohltaube, 
die jetzt nur Durchzügler sind, hier heimisch geworden wären. 
Dass dann die Schwammspinner-Epidemien und andere Insekten- 
 Kalamitäten, von denen die hiesigen Waldbestände und Dünen- 
befestigungen jetzt öfter heimgesucht werden, nach und nach 
abnehmen würden, darf man wohl dreist behaupten. Überhaupt 
eignet sich das hiesige abgeschlossene Gebiet sehr gut zu solchen 
und auch anderen derartigen Versuchen, weil bei der leichteren 
Übersehbarkeit die Kontrolle sich besser durchführen lässt, wie 
anderwärts. Dass in diesem Jahre die Obsternte in meinem 
mit Nistkästen besetzten Garten recht gut war, obgleich die 
Bäume, was Ausschneiden, Düngen etc. anbetrifit, von früheren 
Pächtern sehr vernachlässigt waren, ist vielleicht auch schon 
teilweise den vielen anwesenden Meisenpärchen zu verdanken. 
Bemerken will ich noch, dass man meinen Beobachtungen 
nach beim Aufhängen der Kästen durchaus nicht zu ängstlich 
zu sein braucht, wenn man durch beschränkte Verhältnisse etwa 
gezwungen sein sollte, die Nistgelegenheiten etwas nahe anein- 
ander anzubringen. Ich habe z. B. in diesem Jahre beobachtet, dass 
Blaumeisen und Baumsperlinge, von welchen letzteren auch ein Pär- 
chen anwesend war, nur wenige Schritt von einander entfernt nisteten, 
ohne dass man etwas von gegenseitigen Friedseligkeiten bemerkt 
hätte. Es mag das ein Wink für die Besitzer kleinerer Gärten sein. 
Über das Bevorzugen und Verschmähen mancher Kästen 
von Seiten der Vögel kann man oft die wunderlichsten Beob- 
achtungen machen. Da hängt z. B. ein Nistkasten in einer stillen 
Gartenecke an einem lauschigen Plätzchen, nach allen Regeln 
der Kunst angebracht, — kein Bewohner will sich finden. Und 
nicht weit davon befindet sich ein solcher an einem belebten 
Wege, den Blicken aller Vorübergehenden ausgesetzt, vor Wind 
und Wetter nicht geschützt — er wird sofort von einem Meisen- 
pärchen ‚angenommen. Wir Menschen stehen und wundern uns. 
Was sollen wir aber daraus lernen? Dass wir noch lange nicht 
weit genug in die intimsten Geheimnisse der Natur, der wir 
künstlich nachhelfen wollen, eingedrungen sind, und sollen uns 
dadurch zu weiterem Forschen und Beobachten anspornen lassen. 
Der Firma Gebr. H. und OÖ. Scheid verdankt die Vogel- 
warte auch mehrere Durchschnitte der v. Berlepsch’schen Nist- 
kästen, welche neben den fertigen Fabrikaten an den Wänden 
des Museums mit entsprechenden Schildern versehen Platz ge- 


206 J. Thienemann: 


funden haben. So können sich die Besucher mit Leichtigkeit 
über den innern Bau der Kästen informieren, und die darauf in 
naturgetreuer Weise angebrachten Vögel machen sie gleich mit 


den zugehörenden befiederten Bewohnern bekannt. Diese hübschen 
Gruppen werden stets mit grösstem Interesse betrachtet, und so 


steht zu hoffen, dass von hier aus manche vogelschützlerische 


Anregung mit hinaus in unsere Provinz und weitere Heimat ge- 
nommen wird. 

Bezogen sich die eben ausgeführten vogelschützlerischen 
Bestrebungen mehr auf Frühjahr und Sommer, so wurde 
auch während der kalten Jahreszeit der zweite Punkt des 
praktischen Vogelschutzes, nämlich die Anlegung von natur- 
gemässen Winterfütterungen nicht versäumt. Der Zweck 
dabei war, nicht nur den hier anwesenden Vögeln Schutz zu ge- 
währen, sondern auch eingehende und gewissenhafte Versuche 
in dieser noch mancher Aufklärung bedürftigen Frage anzustellen. 
Zunächst hielt man sich wieder an die v. Berlepsch’sche 
Methode der Futterbäume. Das nötige Material bekam die Vogel- 
warte wiederum durch die Güte des Herrn Freiherrn v.Berlepsch 
sowie der Firma H. und O. Scheid geliefert. Es bestand in 
einem Posten Futtersteinen und zugehörendem Wärmeapparate 
nebst Briketts. 

Die ganze Methode beruht, um das kurz zu erwähnen, 
darauf, dass das Futter nicht auf die Erde, wo es dem Verschneien 
und Verderben ausgesetzt ist, geworfen wird, sondern in ge- 
schmolzenem Rindertalg auf den Ästen eines Nadelbäumchens 
seinen Platz findet. Die ersten Futterbäume konnte ich hier in 
Rossitten am 13. Februar 1901 aufstellen. Sie waren also den 
hiesigen Vögeln vollständig unbekannt, und trotzdem wurden sie 
von Meisen sofort, von anderen Vögeln nach ein bis zwei 
Tagen angenommen. Am 12. Dezember richtete ich einen solchen 
Baum auf einem etwas ungewöhnlichen Platze, nämlich auf einem 
freien Dache unmittelbar vor meinem Fenster ein. Trotzdem 
wurde auch dieser sofort von Meisen und Amseln, später auch 
von Dompfaffen und Buchfinken besucht. Es mag das eine An- 
regung für die Stadtbewohner sein, die ihren präparierten Christ- 
baum getrost an geeigneter Stelle vor ihrem Fenster anbringen 
mögen. Sie werden Erfolge haben. 

Es ist mir bei Besprechung dieser Fütterungsmethode zu- 
weilen eingewendet worden, dass das Futter auf den schmalen 


1. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 207 


'Tannen- oder Fichtenästchen nicht genügend Platz fände. Darauf ist 
zu erwidern, dass man sich, wenn einem nur kümmerliche Bäumchen 
‚zur Verfügung stehen, dadurch helfen kann, dass man mehrere 
Ästehen zusammenbindet, um so eine breite Unterlage zu schaffen. 
Ferner habe ich den Versuch gemacht, die flüssige Masse auch 
auf andere Gegenstände in der Nähe des Futterbaumes z. B. auf 
Stakete oder Pfähle oder stehengebliebene, hohe Blumengewächse 
und namentlich Sonnenrosenscheiben zu giessen, und die Vögel 
nahmen das Futter auch von solchen vor Verschneien geschützten 
Stellen sehr gern. Das Bäumchen sowie die Sonnenrosen dienten 
dabei als Anziehungsmittel. Ich möchte zu weiteren Versuchen 
in dieser Hinsicht anregen. 

Auch von anderen Punkten der Nehrung, wo ich im vorigen 
Winter die Fütterung mittelst Bäumchen angeregt hatte, wurde 
mir kürzlich gemeldet, dass sich diese Methode sehr gut bewähre. 

Lästig waren mir immer die vielen Sperlinge, die meine 
Futterbäume oft, scharenweise aufsuchten und in verhältnismässig 
kurzer Zeit plünderten. Ich sinne noch auf Mittel, diese Schma- 
rotzer fern zu halten. 

Auch mit den neueingeführten sogenannten Futterhölzern 
war der Station Gelegenheit geboten, eingehende Versuche an- 
zustellen. Es sind das runde, ungefähr 20 cm. lange und 4—5 
cm. starke Naturhölzer, an deren einer Seite sich sechs bis sieben 
Bohrlöcher befinden, die mit dem oben erwähnten Talgfutter 
vollgegossen werden. Ich hatte diese Hölzer an jungen Bäumen 
meines Gartens angebunden und fand sie sehr bald von den 
Meisen angenommen; die am meisten in Büschen versteckten zuerst. 

Der Fütterung des Wildgeflügels konnten wir unsere Auf- 
merksamkeit leider noch nicht in dem Masse zuwenden, wie wir 
gewünscht "hätten, da diese Sache immerhin mit einigen Kosten 
verknüpft ist. Ich musste mich darauf beschränken, sogenannte 
„Gelegenheitsplätze“ an Grabenrändern, Feldrainen etc. anzu- 
legen, die von den Hühnern sehr gern angenommen wurden. 
Ich kann nur immer wieder betonen, wie ichs schon in der 
„deutschen Jägerzeitung“, in der „ornithol. Monatsschrift“ und 
an anderen Orten gethan habe, dass man zur Rebhühner-Winter- 
fütterung möglichst wenig, oder gar kein Getreide verwenden 
soll, sondern Unkrautsämereien, die beim Getreidereinigen ab- 
fallen. Das Rebhuhn ist kein leidenschaftlicher Getreidefresser, 
wie durch die von G. Rörig und mir angestellten Magenunter- 


208 J. Thienemann: 


suchungen wiederum bewiesen worden ist. Wie gesagt, ich werde: 
der Fütterung des Wildgeflügels später meine ganz besondere‘ 
Fürsorge angedeihen lassen, da meiner Meinung nach die Station. 
eine Ehre darin suchen muss, nicht nur den hiesigen Wildbestand. 
in jeder Weise zu heben, sondern auch, was Wildpflege anlangt, 
nach Möglichkeit in massgebenden Kreisen aufklärend zu wirken. 
Bezüglich der Hebung des Hasenbestandes ist, wenn ich das, 
erwähnen darf, hier bereits ein Erfolg zu verzeichnen, und zwar 
weniger durch Fütterung, als durch Vertilgung von Raubzeug, 
namentlich von Füchsen. Ich widmete mich mit aller Energie 
diesem zwar oft reizvollen, wenn auch sehr mühsamen Zweige 
der Jagd und konnte in einem Winter allein 18 Füchse erbeuten. 
Der Erfolg war überraschend und wird am deutlichsten, wenn 
ich die hiesigen Treibjagd-Resultate der letzten drei Jahre angebe. 

1899: 5 Hasen, 1 Fuchs. 

1900: 10 Hasen, 1 Fuchs. 

1901: 30 Hasen. 
Ähnliche Resultate möchte ich auch mit den hiesigen Rebhühnern 
erreichen, zumal sie für den Forscher ihrer Färbung wegen von 
ganz besonderem Interesse sind. 

Auch die Anlegung von Vogelschutzgehölzen musste des 
Geldpunktes wegen vorläufig noch unterbleiben, dagegen konnte 
den in $ 2. 5c. der Satzungen erwähnten Massnahmen zur Er- 
zielung gesetzlicher Bestimmungen zum Schutze der Vogelwelt- 
insofern Rechnung getragen werden, als der Leiter der Vogel- 
warte von verschiedenen Körperschaften um Gutachten gebeten 
wurde. So holte sich z. B. der Ostpreussische landwirt- 
schaftliche Centralverein Auskunft über Schaden und Nutzen 
des Kiebitzes, woraufhin die Landwirtschaftskammer der Provinz 
ÖOstpreussen an massgebender Stelle um Verlängerung der Schon- 
zeit dieses nützlichen Vogels vorstellig wurde. 


Veröffentlichungen des Leiters der Vogelwarte Rossitten 
während des Jahres 1901. 


1) Über Zwecke und Ziele einer ornithologischen 
Beobachtungsstation in Rossitten auf der Kurischen 
Nehrung. (Journ. f. Orn. Januarheft 1901). 


2) Die Ornithologie in ihrer Beziehung zur Land- 
wirtschaft. Vortrag, gehalten auf der Jahresversammlung des 


I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 209 


Jostpr. landwirtschaftlichen Centra!vereins in Königsberg. (Königs- 
“berger land- und forstwirtschaftliche Zeitung Nr. 11; 1901). 

3) Über Geruchs- und Geschmacksvermögen der 
Vögel. (Königsberger land- und forstwirtschaftliche Zeitung 
'Nr. 26; 1901). 

4) Zerstörte Vogelbruten. (Königsberger land- und forst- 
wirtschaftliche Zeitung Nr. 30; 1901). 

5) Über das Vorkommen von Falco vespertinus. 
(Deutsche Jägerzeitung, Neudamm Nr. 37. Bd. 37). 

6) Die Hohltaube (Columba oenas) als Bewohnerin 
künstlicher Niststätten. (Monatsschr. D. Ver. z. Schutze d. 
Vogelw. Nov. 1901). 

7) Vogelwarte Rossitten. (Alauda arvensis). (Orn. 
Montsber. 1901 Nr. 5). 

8) Vogelwarte Rossitten. (Serinus hortulanus, Somateria 
mollissima, Oedemia fusca). (Orn. Montsber. 1901. Nr. 6). 

9) Vogelwarte Rossitten. (Vorkommen von Budytes 
flavus borealis, Stercorarius pomatorhinus. Zug von Nueifraga 
caryocatactes, Circus macrurus). (Orn. Monatsber. 1901 Nr. 10)- 

10) Vogelwarte Rossitten. (Circus macrurus 9 ad. 
erlegt). (Orn. Monatsber. 1901. Nr. 11). 

11) Vogelwarte Rossitten. (Königsberger land- und forst- 
wirtschaftliche Zeitung Nr. 37. 1901). 

12) Vogelwarte Rossitten. (Eintreffen von Odocorys 
alpestris u. Dombycilla garrula; Vorkommen von Nyctala tengmalmi 
und Corvus cornix X CO. corone. (Orn. Monatsb. 1901. Nr. 12). 

13) Zur Naturgeschichte des Dachses. (Deutsche 
Jägerzeitung, Neudamm. Nr. 18. Bd. 38). 

14) Über das Aufwachsen und den Federwechsel 
der Märzente. (Anas boschas). (Deutsche Jägerzeitung, 
Neudamm Bd. 38. Nr. 16 und 17). 

15) Über das Baumen des Iltis. (Deutsche Jägerzeitung, 
Neudamm Bd. 38. Nr. 17). 

16) Zu „Plötzliches Eingehen von Federwild.“ (Deut- 
sche Jägerzeitung, Neudamm Bd. 38. Nr. 20). 

17) Einiges über die Steppenweihe (Circus macrurus). 
(Deutsche Jägerzeitung, Neudamm Bd. 38. Nr. 20 und 21). 

18) Plauderei über das Rephuhn. (Monatsschr. D. 
Ver. z. Schutze d. Vogelw. 1901. Nr. 4). 


210 


Übersicht der von Dr. A. Penther in Siidafrika 
gesammelten Vögel. 


Von C. E. Hellmayr. 


Obwohl das Gebiet, in welchem die Sammlung angelegt 
wurde, durch die Arbeiten englischer Ornithologen ziemlich gut 
durchforscht ist, dürfte eine Liste der erbeuteten Formen 
doch nicht ganz ohne Interesse sein, da alle Exemplare von ge- 
nauen Daten, den Fundort und die Färbung der nackten Teile 
betreffend, begleitet sind. Zudem stammt ein Teil der Objekte 
aus den östlichen Bezirken des „Landes der 1000 Vleys“, das in 
ornithologischer Beziehung noch nicht genau bekannt ist. Leider 
war Herr Dr. Penther nicht in der Lage, in diesem interessanten 
Gebiete grössere Sammlungen zu veranstalten. Immerhin dürfte 
der Nachweis von Parus fülleborni und Melierax mechowi der 
Beachtung wert sein. Auffallend ist auch das Vorkommen von 
Accipiter ovampensis in Transvaal. 

Die Angaben Dr. Penthers über die Färbung der nackten 
Körperteile, Vorkommen etc. habe ich durch eckige Klammern 
gekennzeichnet. Nachfolgend gebe ich die Lage der Fundorte, 
wie mir dieselben von Dr. Penther freundlichst mitgeteilt wurden. 

Pienaarsriverbridge, ungefähr 35 engl. Meilen nördlich von 
Pretoria. 

Krantzkop, bei Nylstroom Y 

Whitklip, nördl. von Pietersburg nördl. Transvaal. 

Limpopo-River (bedeutet:) Südufer des Flusses nördl. von 
Pietersburg an der Grenze von Transvaal. 

Fort Tuli, am Schaschi, Nebenfluss des Limpopo im süd- 
lichen Matabeleland. 

Pourri-Pourri 

Amanze Inyama, Fluss 

Gwanda am Amanze Inyama 

Matoppe-Hills, Matabeleland. 


| zwischen Tuli und Buluwayo 
im Matabeleland. 


Buluwayo 
Kami-River Matabeleland (auf jeder grösseren Karte 
Gway-River zu finden). 


Susumbe-River 
Kululu’s Dorf 
Mkoza’s Dorf westw. von Buluwayo in den nordwest- 


Tenguani-River lichen Ausläufern der Matoppe-Hills. 
Meno’s Kraal 


Über Vögel aus Südafrika. 211 


Nata-River (Sabanini) 
Belumbeti (=Bolongeti) 
Wacha 
Serua 
Tamafupe U östl. „Land des 1000 Vleys.* 
Tamasetse 
Daka 
Panda me Tenka 
Ligombwe 
Howisons Port 
Fernkloof 
Zwartkops, bei Port Elizabeth, Capcolonie. 
Manleys Flats 
Alicedale 
Erwähnt sei, dass auch einige Exemplare mit in die Liste 
‚eingeschlossen werden, die Dr. Penther an das Albany Museum in 
Grahamstown abgab;; über diese enthielt jedoch der die Sammlung 
begleitende Catalog genaue Auskunft. — In der systematischen 
Anordnung folgte ich Shelley (B. Africa 1.). 

Schliesslich habe ich noch Herrn Prof. Reichenow für die 
freundliche Determinierung einiger mir zweifelhaft gebliebener 
Arten meinen ergebenen Dank auszudrücken. 


Wien, 6. November 1901. 


bei Grahamstown, Capcolonie. 


bei Grahamstown. 


1. Cinnyris afer (L.) 
247. & 8. VI. 1896, Howisons Port. 
269. $ 18. VI. 1896, Manley’s Flats. 


2. Chalcomitra gutturalis (L.) 


163. 9 30. VII. 1895, Gway-River. 
[Iris dunkelbraun, Füsse und Schnabel schwarz. Die Spitzen 
der Kinnfedern blau und violett glänzend]. 


3. Chalcomitra amethystina (Shaw). 


3. d 1. IV. 1895, Pienaarsriver-Bridge. 
[Iris graubraun, Schnabel und Füsse schwarz]. 


4. Parus fülleborni Rchw. 


Orn. Monber. 1900, p. 5. — Undis, Niassagebiet. 
194. 5 11. August 1895, bei Meno’s Kraal. 


212 C. E. Hellmayr: 


[Iris dunkelbraun, Schnabel und Krallen schwarz, Füsse 
dunkelgrau. Mageninhalt: Insecten)]. 

Das zweite, bekannte Exemplar. Prof. Reichenow verglich! 
es mit dem Typus und fand es ganz übereinstimmend. Das Vor-- 
kommen an einem so weit im Süden gelegenen Orte ist auffallend) 
und möglicher Weise bezieht sich P. fülleborni nur auf ein 
jüngeres Individuum von P. niger. 

Masse: a. im. 81, c. 76 mm. 


5. Parus niger Bonn. und Vieill. 
No. 135. &© 5, Juli 1895, Pour-Pouri. 
[Iris braun, Schnabel und Füsse schwarz]. 
No. 159. $ 25. Juli 1895, Buluwayo. 
[Iris dunkelbraun]. 
Mageninhalt nach Dr. Penther Samen. 


6. Anthus pyrrhonotus Vieill. 

144. $ 14. VII. 95, Gwanda. 

[Iris braun, Schnabel graubraun, Unterkiefer am Grunde! 
gelblich, Krallen dunkelocker, Füsse ockergelb. Mageninhalt:' 
Insecten). . 

7. Tephrocorys cinerea cinerea (Gm.) 

262. © 14. VI. 1896, Zwartkops. 


8. Teiraenura regia (L.) 
235. & 27. Febr. 1896, Pienaarsriver. 
[Iris dunkelbraun, Schnabel und Füsse orange]. 


9. Vidua prineipalis (L.) 

166. 2? Gway-River 30. VII. 95. 

[Iris dunkelbraun, Schnabel, Füsse und Krallen fleischfarbig 
letztere dunkler, lachs farbig. Mageninhalt: Samen]. 

Nach Reichenow wohl @ juv. dieser Art, wenngleich auf- 
fallend hell. 

10. Quelea lathami (A. Smith). 
162. ©? 28. VII. 95, Kami-Fluss. 


[Iris braun, Schnabel zinnober, Füsse und Krallen blasslila. 
Mageninhalt: Samen]. 


11. Lagonosticta brunneiceps Sharpe. 
10. & 3. IV. 95, Pienaarsriverbridge. 
[Iris orangerot]. 


Über Vögel aus Südafrika. 213 


12. Sporopipes squamifrons (Smith). 

82. $ 7. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 

[Iris rotbraun. Oberschnabel hellrosa mit einem Stich ins 
armin, Unterschnabel schmutzigweiss. Krallen braun, Füsse 
unkelocker mit einem Stich ins Violette. Mageninhalt: Samen- 
körner und Sandkörner]. 


13. Ploceipasser mahali Smith. 
98. 5 16. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris graubraun, Schnabel dunkelbraun, Füsse rötlichbraun]. 
83. & 7. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris rotbraun, Schnabel schmutzigocker mit einem Stich ins 
Rosa, Krallen dunkelrosa mit einem bräunlichen Tone, Füsse 
violettbraun. Häufig]. 


14. Oriolus larvatus Leht. 


145. 3 ad. 15. VII. 1895, Matoppe-hills. 

155. @ 18. VII. 1895, Matoppe-hills. 

181. (2?) 6. VIII. 1895, Kululu’s Dorf. 

237. © 4. VI. 1896, Howisons Port bei Grahamstown. 

[3: Iris carmin, Schnabel ziegelrot, Füsse grauschwarz]. 

[Q: Iris braungelb, Schnabel und Füsse schwarz. Magen- 
inhalt: „Insecten und erbsengrosse Früchte‘). 


15. Chalcopsar australis (Smith). 
„Lehöli“ Sesuto-dialect. 
57. & 25. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
68. @ 29. IV. 1895, a 
[Iris braun, Schnabel und Füsse schwarz]. 
91. & 9. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris sehr dunkelrotbraun. Mageninhalt: Samenkörner]. 
126. $ 9. VI. 1895, Limpopo. 
[Iris braun. Mageninhalt: Ameisen und Steinfrüchte]. 


16. Lamprocolius phoenicopterus bispecularis (Strickl). 
„Lehöli“ Sesuto. 

2. g 30. III. 1895, Pienaarsriverbridge. 

[Iris hellorange, Schnabel und Füsse schwarz. 

118. $ 19. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 


214 C. E. Hellmayr: 


[Iris orangerot. Mageninhalt: Samen. Häufig in Gesell! 
schaften bis ca. 12 Stück]. 

Unsere Stücke messen 130—133 mm (Flügel) und sind sc 
aufiallend kleiner als vier Vögel von der Capcolonie, dass die 
Subspecies bispecularis wohl aufrecht bleiben muss. 


17. Amydrus morio (L.) 


270. & (juv.) 18. 6. 1896, Manley’s Flats. 
274. O? 18. 6. 1896, Manley’s Flats. 


18. Perissornis!) carunculatus (Wagl.) 
49. g 16. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 


94. & 10. V. 1895, 5 
95. & 10. V. 1895, y 
96. d 10. V. 1895, y 


97. g 10. V. 1895, ” 

[(No. 94) Iris sehr dunkelbraun, Schnabel schmutzig rosa-- 
violett, am Grunde bräunlich, Krallen schwarzbraun, Füsse sehrı 
dunkel sepiabraun, Augenring gelb mit einem Stich ins Grüne.. 
Mageninhalt: Heuschrecken. — Sehr gesellig, bis zu 30 Stück: 
vereinigt]. 

19. Corvus scapulatus Daud. 

157. @ 20. VII. 95, Buluwayo. 

[Iris braun, Füsse und Schnabel schwarz]. 


20. Buchanga assimilis Bechst. 
17. © 11. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris lichtindischrot, Füsse und Schnabel schwarz]. 
39. g 11. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris orangerot]. 
67. ©? 29. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris braunrot. Mageninhalt: Heuschrecken]. 
138. © 11. IV. 1895, Amanze Inyama. 
[Iris ziegelrot. Nahrung: Insecten. Häufig]. 


21. Prionops talacoma Smith. 


147. $? 16. VII. 1895, Matoppe-hills. 
158. 9 25. VII. 1895, Buluwayo. 


1) Oberholser, Proc. Ac. Philad. 1899, p. 216. 


Über Vögel aus Südafrika. 215 


169. @ 1. VIII. 1895, Amanze Inyama. 

[Iris hellgelb, Schnabel schwarz, Krallen dunkelorange, an 
der Spitze schwärzlich, Füsse orange oder blass ziegelrot, Augen- 
ring hellgelb. Mageninhalt: Heuschrecken und Insecten]. 

Ausserdem sammelte Dr. Penther noch zwei Vögel, die an 
das Albany Museum abgegeben wurden: 

167. $ 1. VIII. 1895, Susumbe River. 

168. @ 1. VIII. 1895, Amanze Inyama. 


22. Campophaga nigra (Vieill.) 
183. (3) 6. VIII. 1896, Kululu’s Dorf. 
[Iris dunkelbraun, Schnabel und Füsse schwarz]. 
276. 2 24. VI. 1896, Howisons Port bei Grahamstown. 
[Iris hellbraun]. 


23. Eurocephalus anguitimens Smith. 
226. 3 23. VI. 1895, Daka. 
[Iris dunkelbraun, Schnabel und Krallen schwarz, Füsse 
dunkelbraun. Mageninhalt: Heuschrecken, Insecten]. 


24. Urolestes melanoleucus (Jard. u. Selby). 

„Ihla thla molüpe“ Sesuto-Dialect. 

5. g 22. III. 1895, Pienaärsriverbridge. 

[Iris dunkelindischrot, Schnabel und Füsse schwarz. Magen- 
inhalt: Heuschrecken]. 

19. © 5. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 

[Iris braun]. 

[Haltung aufrecht; häufig]. 


25. Nilaus brubru?(Lath.) 
7. 8 1. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Auge schwarzbraun, Schnabel und Krallen schwarz, Füsse 
grauschwarz. 
Nicht sehr selten. Mageninhalt: fein zerstückelte Insecten]. 


26. Laniarius atrococcineus (Burch.) 
„Ntsöku“ Sesuto-Dialect. 
85. © 7. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 
207. ad. 25. VIII. 1895, Serua, Land der 1000 Vleys. 
[Iris dunkelgrau mit einem Stich ins Blaue, Füsse und 
Schnabel schwarz. . Mageninhalt Heuschrecken]. 


216 C. E. Hellmayr: 


27. Laniarius ferrugineus (Gm). 
125. 9 Krokodilriver, 23. VI. 1895. 
Iris braun, Schnabel und lüsse grauschwarz |. 


28. Dryoscopus eubla (Lath.) 
238. 3 4. Vl. 1896, Howison’s Port. 


Iris weisslichgelb, Schnabel und Füsse schwarz |. 
(2.) — llowisons Port. 


29. Orateropus jardinei Smith. 
63. 9 28. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
Iris orange, Schnabel schwarz, Küsse viollettbraun, Krallen 
dunkelbraun. Mageninhalt: Insectenteile]. 
136, 2 11. VII. 1895, Amanze Inyama. 
[Iris carmin, nach innen mehr orange, Schnabel und lMüsse 
grauschwarz]. 
30. Orateropus bieolor Jard. 
„Iauku tscu* Sesuto-Dialect. 
15. & 4. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris orangerot, nach aussen mehr gelb, Schnabel und Nüsse 
schwarz]. 
16. @ A. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris orange]. 
206. 2 25. VIll. 1895, Serun, Land der 1000 Vleys. 
[Häufig in grösserer Gesellschaft unter Geschrei von Baum 
zu Baum fliegend. Im Magen Insectenteile]. 


31. Pyenonotus lagardı Gurney. 

Ibis 1879. p. 390. 

148. @ 16. VIl. 1895, Matoppe-Hlills. 

Iris dunkelbraun]. 

271. Sg 18. VI. 1896, Manley’s-Wlats. 

272. @ 18. Vl. 1896, Manley’s-Flats. 

273. @ 18. Vl. 1896, Manley’s-Klats. 

[Iris liehtbraun (271—275)]. 


33. Andropadus imporlunus (Vieill.). 
239. ad. 4. VI. 1896, Howisons Port. 
240. ad. 4. VI. 1896, Ilowisons Port. 


Über Vögel aus Südafrika. 217 


248. ad. 8. VI. 1896, Howisons Port. 
und ein Exemplar ohne Etikette, 


33. Ewprinodes florisuga [Leht.| Behw. 
J. f. Orn. 1898, p. 314. 
246. 3 8. 6. 96, Howisons Port, 
Von Reichenow mit dem Typus verglichen, 


34. Oryptolopho ruficapilla (Sund.). 
245. 3 8. 6. 96, Howisons Port. 


35. Oisticolo subruficopillo (Smith). 
251. 3? 12. 6. 96, Howisons Port, 
259. 2 14. 6. 96, Zwartkops. 


36. Cistieola fulwicapilla (Vieill.). 
266. 3 18. 6. 96, Manley’s Flats [Iris dunkelocker|]. 
267. 3 18. 6. 96, Manley’s Flats [Iris dunkelocker]. 
278. 3 24. 6. 96, Howisonsport. 
279. 5 24. 6. 96, Howisonsport. 
Die Bestimmung dieser Art verdanke ich Herrn Prof, 
Beichenow. 


37. Erythropygio coryphoca, (1.ess.) 
256. 2 13. 6. 96, Zwartkops. 
257. 3 13. 6. 96, Zwartkops. 
„Iris braun.“ 


38, Turdus ohwaceus 1,. 
249. 2 12. VL 1896, Howisons Port bei Grahamstown. 


39. Turdus hbonyanus (Smith). 

176. © 5. VIII 1895, Kululu’s Dorf, Land der tausend Vleys,. 

[Iris braun, Schnabel orange, Krallen und Füsse ockergelb, 
erstere dunkler]. 

Ich benutze die Gelegenheit, um in Kürze eine Übersicht 
über die afrikanische Drosselgruppe Pehoecichla Cab. zu geben, 
die ich vor einiger Zeit an der Hand ziemlich umfangreichen 
Materials studierte. Eine Anzahl von Formen, die bisher als 
„Arten“ ihr Unwesen trieben, sind auf „Subspecies“ zurückzuführen, 

Journ. 1, Orn. L. Jahrg. April 19%, 15 


218 C. E. Hellmayr: 


1. T. tephronotus Cab. 

Kennzeichnet sich vor allen verwandten Arten sofort durch) 
die nackten Hautstellen in der Umgebung des Auges. 

Ostafrika, etwa vom 2° nördl. Br. bis 6° südl. Br. Teita,, 
Witu, Kilima Ndscharo, Pangani (Mkaramo), der nördlichste, bis-- 
her bekannte Fundort ist Barawa, der südlichste Mantangesi inı 
Ugogo (Emin). | 

2. T. olivaceus L. 

Kehle weiss, Vorderbrust schmutzig grau, übriger Unter-. 
körper orange. Oberseite olivengrau. 

Kapkolonie, Natal und das östl. Transvaal. 


3. T. milanjensis Shell. 

Vorderbrust und Körperseiten olivenbraungrau. Oberseite : 
dunkler als bei 7. olövaceus, olivenbraun. 

Nyassaland: Milandji Berge, Zomba, M’losa und Nyika Plateau. 


4. T. cabanisi Bp. | 
Brust und Seiten aschgrau, bloss die Mitte des Unter- 
körpers orange. 
Oranje-Freistaat, Transvaal, östl. Damaraland (Seengebiet). 


5. T. deckeni Cab. 

Kinn und Kehle ungestreift und gleich der übrigen Unter- 
seite hellolivenbraun, nur Brustmitte schmutzigorange. Oberseite 
dunkelbraun. 

Kilima-Ndscharo und Naiwascha-See. 

Fischers 7. olivacinus juv. vom Naiwascha-See gehört hierher 
und nicht zu T. elgonensis Sharpe (vgl. Orn. Mntsber. 1901, p. 54). 


6. T. elgonensis (Sharpe). 
Brust und Kehle schiefergrau, diese nur undeutlich dunkel 
gestreift. Oberseite schiefergrau, Unterkörper tieforangegelb. 
Ostafrika: Loita Berge, Miansini, Mau, Kikuyu, Mt. Elgon, 
Ravine, Nandi. 
7. T. abyssinicus Gm. 
Kehle und Brust bräunlichgrau, erstere deutlich schwärz- 
lich gestrichelt. Oberseite olivenbraun. 
Hochland von Abyssinien und Schoa.!) 


1) Einige der besprochenen Arten dürften bloss als Subspecies 
haltbar sein. 


Über Vögel aus Südafrika. 219 


8. T. libonyanus (A. Smith). 
Kehle weiss mit starker, schwärzlicher Strichelung, Mitte 
des Unterkörpers weiss, nur die Seiten orange. 
Die Art zerfällt in 4 Unterarten: 


a. T. libonyanus libonyanus (A. Smith). 

Oberseite aschgrau, mit leichtem, olivenfarbigem Anfluge. 
Vorderbrust hellbräunlichgrau. 

Südafrika von Sulu- und Swaziland durch das östliche 
Transvaal, Mashona- und Matabeleland. Auch in Uhehe (Deutsch- 
ostafrika) gefunden, während in den angrenzenden Gebieten 
tropicalis vorkommt. 


b. T. libonyanus cinerascens Rchw. 
Oberseite heller grau, ohne fremden Ton. Ohrfedern mit 
deutlichen, weissen Spitzenflecken sonst wie a. 
Inneres von Ostafrika: Kakoma, Tabora. 
Wahrscheinlich gehören auch die Vögel von Ugogo (,Zurdus 
Iibonyanus“ Shelley, P. zool. Soc. Lond. 1881. p. 574) hierher. 


c. T. libonyanus tropicalis Ptrs. 

Oberseite bräunlicher, die grauliche Vorderbrust orange 
überwaschen. 

Bewohnt hauptsächlich die Küstengegenden vom südl. Mozam- 
bique bis Tanga: Inhambane, Tette (Sambesi), Nyassaland (Zomba), 
Usagara, Useguha, Mambojo, Unguru, Maurui (Pangani), Lindi. 

Die von Whyte erbeuteten Vögel von Zomba etc. gehören 
zu dieser Form und nicht zu kbonyanus, wohin sie Shelley stellt. 
(Ibis 1893, p. 12; 1894, p. 9; 1896, p. 231.) Fülleborn wies sie 
vor Kurzem auch für das nördl. Nyassagebiet nach (vgl. Reiche- 
now, Orn. Mntsber. 1900, p. 4). 


d. T. kibonyanus verreauxi Boc. 

Oberseite braungrau; grosser Teil der Brust graubräunlich, 
Weiss auf dem Unterkörper mehr ausgedehnt, Körperseiten grau- 
bräunlich, nur die Brustseiten blassorange. 

S.W.-Afrika: Angola, Benguela und nördl. Damaraland 
(Ombongo). 


9. T. pelios By. 
Kehle weiss mit wenig scharfer, brauner Strichelung, sonst 
ähnlich 7. kbonyanus (Smith). Achselfedern orange. 
Die Art zerfällt in vier Formen: 
15* 


220 C. E. Hellmayr: 


a. T. pelios pelios Bp. 

Vorderbrust blass bräunlichgrau, Körperseiten orange. 

Nordostafrika: Bogosländer, Abyssinien, Schoa, Sennar,, 
Kordofan, Nilquellen, südwärts bis Uganda und das Gebiet des; 
Viktoria Nyansa (Kagehi). 

[Die von Heuglin aus Bongo erwähnten Vögel dürften auch ı 
hierher gehören]. 

b. 7. pelios saturatus (Cab.). 

Vorderbrust wesentlich dunkler grau, Weiss der Mitte der’ 
Unterseite mehr ausgedehnt. 

Westafrika von der Goldküste, Voltafluss und Togoland 
durch das untere Niger- und Benoä@gebiet, Kamerun, Gabun, 
Loango- und Kongogebiet ostwärts bis Uganda (Unjoro), wo man 
Übergänge einerseits zu pelios, anderseits zu bocages findet. 

[Die von Reichenow (J. Orn. 1897, p. 51) als chiguancoides 
angeführten Exemplare aus Togo gehören zu saturatus, ebenso 
Harterts Z. erypiopyrrhus vom Niger und Beno& (). Dan, 1886, 
p. 577)]. 

c. T. pelios bocagei (Cab.) 

Graue Vorderbrust lebhaft mit Orange überwaschen; Orange 
der Seiten weiter gegen die Mitte, und oftmals bis auf die Unter- 
schwanzdecken ausgedehnt. 

Angola ostwärts bis Uganda (Bukoba am Viktoria Nyansa) 
und Marungu (westl. des Tanganjika Sees). 

Zweifellos bezieht sich auch Z. stormsi Hartl. auf diese Form. 

[Die von Emin bei Bukoba gesammelten Vögel vermitteln 
den Übergang zu saturatus; in Uganda treffen die Verbreitungs- 
gebiete aller drei behandelten Formen zusammen und es ist oft 
schwer, einzelne Exemplare zu determinieren.] 

d. T. pelios chiguancoides Seeb. 

Vorderbrust und Körperseiten bräunlichgrau, ohne jedes 
Orange, oder nur ein schwacher Anflug davon an den Brustseiten. 
Achselfedern orange. 

Senegambien über Liberia bis ins Hinterland der Goldküste 
(Gambaga). 

[Vögel von Gambia und Bissao (Coll. Fea, Mus. Turin.!) 
zeigen die oben angeführten Charakter sehr ausgeprägt, mit 


1) Für die Gelegenheit, dieselben untersuchen zu können, bin ich | 
Prof. Graf Salvadori zum Danke verpflichtet. 


Über Vögel aus Südafrika. 221 


ihnen stimmen die Bälge von Liberia fast überein; die Stücke 
aus Gambaga nähern sich jedoch schon beträchtlich sazwratus, 
Findem das Rostgelb sich mehr gegen die Bauchseiten herabzieht, 
Ö allein die hellbräunlichgraue Brust weist ihnen ihren Platz bei 
chiguancoides an. Die Vögel aus der Küstengegend der Gold- 
küste und von Togo gehören hingegen zweifellos zu saturatus]. 


10. Turdus nigrilorum Rchw. 
Eine ganz verschiedene Art, sofort durch die graulichbraunen 
Achselfedern und die olivenbraune Oberseite gekennzeichnet. 
Kamerungebirge (Buea). 


40. Monticola explorator (Vieill.) 
265. @ juv. 18. VI. 1896, Manleys Flats bei Grahamstown. 


41. Myrmecocichla bifasciata (Temm). 


277. ©? 24. VII. 96, Howisons Port. 
Ein @ oder junger Vogel. 


42. Saxicola sp. 

122. 2 23. VI. 1895, Südufer des Limpopo. 

[Iris braun, Schnabel und Füsse schwarz, Mageninhalt: 
Insecten]. 

Prof. Reichenow schreibt mir über diesen Vogel: „Steht 
zwischen galtoni und falkensteini. Hat die Grösse des letzteren, 
auch genau die Schwanzzeichnung wie dieser, aber die Oberseite 
etwas heller, Unterseite viel brauner. 8. galtoni ist viel grösser, 
dunkler und hat andere Schwanzzeichnung, breitere, dunkle 
Endbinde. Vielleicht liegt eine neue Art vor.“ 

Leider wurde nur das einzige, weibliche Exemplar erbeutet. 

Flügel 80, Schwanz 58 mm. 


43. Saxicola pileata (Gm.) 


156. © 19. VII. 1895, Matoppe-hills. 
Zwei Vögel von Tanga (O.-Afrika) unterscheiden sich in 


keiner Beziehung. 


44. Pratincola torquata (L.) 


76. & 2. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 
255. g 13. VI. 1896, Zwartkops. 


222 C. E. Hellmayr: 


958. & 13. VI. 1896, Zwartkops, ferner ein anscheinend 
Slicher Vogel ohne Etikette. 
[Iris dunkelbraun, Füsse und Schnabel schwarz]. 


45. Batis capensis (L.) 


241. $ 7. VI. 1896, Fernkloof, Grahamstown. 
252. (&) 12. VI. 1896, Howisons Port, Grahamstown. 


46. Batis molitor (Hahn). 
23. (3) 6. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris gelb, Schnabel und Füsse schwarz]. 
Die geringe Grösse (Fl. 64 mm) kennzeichnet das zweifel- 
los männliche Exemplar als zu dieser Art gehörig. 


47. Coracias garrula L. 


233. d 10. 1. 1896, Buluwayo. 
[Iris graubraun). 


48. Coracias caudata L. 

50. & 16. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 

[Iris braun, nach aussen mehr ziegelrot, Schnabel und 
Klauen schwarz, Füsse dunkelockerbraungrau]. 

115. © 18. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 

[Iris hellbraun. Füsse hellolivengrün; Mageninhalt: Heu- 
schrecken, Käfer und drei 8 cm lange Scolopender]. 

143. ad. 14. VII. 1895, Gwanda. 

[Iris dunkelbraun, Füsse braungrau; im Magen Termiten 
und Heuschrecken]. 


49. Coracias mossambicus Dress.t) 
Ibis 1890, p. 386. 
134. $ 5. VII. 1895, Pouri-Pouri. 
[Iris graubraun, Schnabel schwarz, Füsse braungrau. 
Nahrung: Heuschrecken]. 


50. Merops nubicoides Des Murs und Puch. 
232. g 7. I. 1896, Nata-River. 


t) Dieser Name hat die Priorität. 


Über Vögel aus Südafrika. 223 


5l. Merops persicus Pall. 
22. ad. 6. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 


[Iris carmin, Schnabel und Klauen schwarz, Füsse schmutzig 
braungrau. 


52. Melittophagus pusilus meridionalis Sharpe. 
No. 108. $ 15. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 


[Iris dunkelcarmin, Schnabel und Klauen schwarz, Füsse 
sehr dunkel rotbraun]. 

109. $ 15. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 

110. & 15. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 

191. & 10. VIII 1895, Meno’s Kraal, Land der tausend Vleys. 

[Mageninhalt: Insecten]. 


53. Upupa africana Bechst. 
133. @ 4. VII. 1895, Pourri-Pourri. 
[Iris braun, Schnabel schwarz, Klauen schwarz, Füsse grau]. 


54. Irrisor viridis (H. Licht). 
150-290, 151. 8 juv., 152: 8?, 153::8 16. VII. 1895, 
Matoppe-Hills. 
[Iris dunkelbraun, Füsse zinnober, Schnabel beim ad. zinnober, 
beim juv. (151) schwarz. Mageninhalt: Insecten]. 


55. Rhinopomastus eyanomelas (Vieill.) 
11. 9? 3. IV. 1895, Pienaasriverbridge. 
177. & 5. VIII. 1895, Kululu’s Dorf. 
193. $ 11. VIII. 1895, Meno’s Kraal. 
[Iris dunkelsepiabraun, Schnabel und Füsse schwarz. 
Mageninhalt: Insecten]. 


56. Lophoceros melanoleucus (Licht). 
275. & 20. VI. 96, Alicedale. 
[Iris strohgelb]. Von Dr. Schönland erhalten. Ausserdem 
noch ein Stück ohne Zettel. 


57. Lophoceros flavirostris leucomelas (Leht.) 
54 ? © 18. IV. 95, Pienaarsriverbridge. 
[Iris hellgelb, Schnabel gelb, an den Innenrändern schwärzlich, 
gegen die Spitze mehr carmin, der oberste Teil etwas durch- 


224 C. E. Hellmayr: 


scheinend dunkelocker, Füsse schwarz; Mageninhalt: Termiten 
und Heuschrecken]. 

Ein zweites Exemplar: 203. $ 23. VIII. 95 Wacha, wurde 
ans Albany Museum abgegeben. 


58. Lophoceros erythrorhynchus (Temm.) 

84. © 7. V. 95, Pienaaarsriverbridge 

[Iris hellgelb, Schnabel hellcarmin, unten schwarz, Füsse 
schwarz. Mageninhalt: Samenkörner]. 

123. @ juv. 23. VI. 95, Südufer des Limpopo nördl. von 
Pietersburg. 

[Iris dunkelocker, Schnabel zinnober, am Grunde gelblich, 
Füsse schwarz, hinten grau, Krallen grauschwarz. Mageninhalt: 
Samen]. 

192. $ ad. 10. VIII. 95, Meno’s Kraal. 

[Iris hellocker, Schnabel, fleischrot mit schwarzen Keil- 
strichen im Unterkiefer, Krallen schwarz, Füsse vorne schwarz, 
hinten grau, nackte Haut in der Augengegend schmutzig weiss- 
gelb. Mageninhalt: Samenkörner]. 


59. Lophoceros nasutus epirhinus (Sundev.) 

114. 18. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 

[Schnabel schwarz, am oberen Teile ein weisser Streifen, 
der an der Wurzel breit beginnt und etwa bis zur Mitte reicht, 
Iris hellbraun, Krallen schwarz, Füsse schwärzlich. Mageninhalt: 
Heuschrecken, und ein Chamaeleon]. 

160. © 25. VII. 1895, Buluwayo. 

[Iris vandykbraun, nach innen dunkelocker, Schnabel dunkel- 
braun, am Grunde oben weiss, Unterkiefer am Grunde weisse 
Striche, Krallen schwarz, Füsse vorn schwarz, hinten grau. Ma- 
geninhalt: Insecten und Körner]. 

Ein drittes Exemplar: 

139. $ 11. VII. 1895, Amanze Inyama, wurde ans Albany 
Museum abgegeben. 


60. Ceryle rudis (L.) 


170—172. @93 2. VIII. 1895, Amanze Inyama. 

[Iris dunkelbraun, Schnabel und Füsse schwarz. Nahrung: 
Fische und Krebstiere]. 

199. $ 20. VIII. 1895. Bellumbeti (= Bolongeti). 


Über Vögel aus Südafrika. 225 


61. Oeryle maxima (Pall.) 
127—129. 25% 28. VI. 1895, Tuli, Limpopo-River. 
[Iris braun, Schnabel schwarz, beim @ grauschwarz, Füsse 
dunkelgrau]. 


62. Corythornis eyanostigma (Rüpp.) subsp. ? 


33. © 7. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris dunkelbraun, Schnabel rot, gegen die Wurzel schwärzlich, 
Füsse rot]. 

Dimensionen: a. im. 60, c. 33 mm. 

Die südafrikan. Stücke sind, wie auch Sharpe (Cat. 17, p. 
165) bemerkt, grösser als die von Nordostafrika und sollten 
vielleicht subspecifisch getrennt werden. 


63. Halcyon senegalensis cyanoleucus (Vieill.) 

26. & 7. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 

[Iris dunkelrotbraun, Schnabel rot, gegen die Spitze dunkler, 
Füsse schmutzigbraun, Krallen schwarz. Mageninhalt: eine Raupe, 
Heuschrecke, Spinne und Libelle]. 

229. $ 4. I. 1896, Nata River (Land der 1000 Vleys). 

[Iris dunkelbraun, Schnabel ziegelrot, untere Mandibel 
schwarz, Füsse schwarz]. 


64. Halcyon albwentris (Scop.) 


24. © 6. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 

[Iris wie der Oberkopf, Schnabel an der Wurzel rot, gegen 
die Spitze hin dunkler bis schmutzigbraun, Krallen schwarz, 
Füsse sehr dunkelbraun]. 

74, 75. 82 1. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 

[Iris braun, Schnabel dunkelcarmin, an der Wurzel und 
gegen die Spitze braun, Krallen sehr dunkelbraun, Füsse carmin- 
braun, an der Rückseite rot. Mageninhalt: Heuschrecken]. 


65. OColius striatus Gm. 


242. © 8. VI. 1896, Howisons Port. 
243. @ 8. VI. 1896, Howisons Port. 


66. Turacus corythaix Wagl. 


236. @ 4. VI. 1896, Howisons Port bei Grahamstown. 
244. 5 8. VI. 1896, Howisons Port. 


226 C. E. Hellmayr: 


[Iris hellbraun, Schnabel dunkelcarmin, Füsse schwarz, 
Augenring carmin)]. 


67. Schizorhis concolor (Smith.) 
Mokö& Sesuto. 
14. $ 4. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
20. & 9. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 

[Iris dunkelgrau, Schnabel und Füsse schwarz. Mageninhalt: 
Samenkörner]. 
68. Centropus monachus Rüpp. 

45. 3? 14. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 

38. d 10. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 

[Einzeln im dichten Busch, sehr scheu. Iris dunkelcarmin, 
Schnabel schwarz, Krallen etwas heller, Füsse dunkelblaugrau]. 


69. Ooceystes cafer (H. Licht.) 
228. © 21. XII. 1895, Ligombwe. 
[Iris vandykbraun, Schnabel schwarzbraun, unten gelblich, 
Füsse dunkelgraubraun. Mageninhalt: Insektenlarven]. 


70. Coccystes glandarius (L.) 
62. 3 28. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris dunkelbraun, Schnabel und Krallen schwarz, Füsse 
bläulichgrau. Mageninhalt: Heuschrecken]. 


71. Melanobucco torquatus (Dum.) 
146. 3 16. VII. 1895, Matoppe Hills. 
180. © 6. VIII. 1895, Kululu’s Dorf. 
[Iris rot, mit einem Stich ins Braune, Füsse und Schnabel 
grauschwarz. Mageninhalt: Früchte und Samen]. 


72. Trachyphonus cafer (Vieill). 

77. & 3. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 

124. $ 23. VI. 1895, Limpopo-River. 

137. 2 11, VII. 1895, Amanze Inyama. 

[Iris braun, nach aussen carminrot, Schnabel heilgelblichgrün, 
gegen die Spitze schwarz, Krallen schwarz, Füsse dunkelviolett- 
schwarz, Augenring schwärzlich. Mageninhalt: Samenkörner. Oft 
spechtartig auf Bäumen sitzend]. 


Über Vögel aus Südafrika. 227 


73. Thripias namaquus (H. Licht.) 


130. @ 29. VI. 1895, Tuli, Limpoporiver. 

[Iris braun, Schnabel und Füsse grauschwarz]. 
182. 3 6. VIII. 1895, Kululu’s Dorf. 

[Iris blutrot, Schnabel und Füsse dunkelgrau.] 


74. Mesopicus griseocephalus (Bodd.). 
250. $ 12. VI. 1896, Howisons Port. 


75. Oena capensis L. 


154. $ 18. VII. 1895, Matoppe Hills. 
[Iris braun, Schnabel orange, an der Basis dunkler, Füsse 
rotbraun]. 


76. Poicephalus meyeri transvualensis O. Neum. 
Orn. Monber. 1899, p. 25. 
141. 9 12. VII. 1895, Gwanda am Amanze Inzama. 


197. © 19. VIII. 1895, Nata-River bei Sabanini, Land der 
1000 Vleys. 
198. $ 19. VIII. 1895, Nata-River bei Sabanini, Land der 


1000 Vleys. 
209. 2? 25. VIII. 1895, Serua, Land der tausend Vleys. 
210. $ 25. VIII. 1895, Serua, N 
[211. @ 25. VIII. 1895, Serua, N (ans 


Albany Museum abgegeben)]. 
212. 3 25. VIII. 1895, Serua, s 
213. $ 25. VIII. 1895, Serua, ” 
214. 9 25. VIII. 1895, Serua, en 


[$ (141.) Iris orange, Schnabel und Fusse grauschwarz]. 

[$ (197.) Iris braun, Schnabel und Füsse dunkelgrau]. 

Die hübsche Suite von 8 Exemplaren besitzt durchgehend 
bläulich meergrünen Bürzel und unterscheidet sich dadurch recht 
gut von den typischen meyeri, von welchem mir 3 Stücke aus 
Sennar und Abyssinien vorliegen. Letzterer scheint auch etwas 
‚kleiner zu sein, Flügel 145 mm, während die oben aufgeführten 
südlichen Vögel 146—158 mm lange Flügel zeigen. Damarensis 
und matschiei liegen mir leider nicht zum Vergleich vor. 

Die zwei Vögel vom Nata River zeigen viel stärkeren oliven- 
farbigen Anflug auf der Oberseite als die übrigen. 


228 C. E. Hellmayr: 


77. Strix flammea subsp. 

121. 30. V. 1895, Krantzkop. 

202. $ 23. VII. 1895, Wacha, Land der tausend Vleys. 

[Auge dunkelbraun, Schnabel wachsgelb, Füsse hellbraun]. . 

Die südafrikanischen Schleiereulen stimmen nicht mit der' 
typischen, zentraleuropäischen Form überein, besitzen aber dunkle, , 
rostgelbe Unterseite. Eine gründliche Untersuchung der Strix : 
flammea in ihrer gesamten geographischen Variation wäre sehr ' 
interessant (vgl. Hartert’s, Nov. Zool. 1900, p. 531 ff.)1) 


78. Asio capensis (Smith). 
21. &? 6. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris braun, Schnabel u. Füsse schwarz]. 
47. 15. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris hellbraun, Schnabel schwarz, Krallen schwärzlich, Füsse 
braun]. 
79. Glaucidium perlatum (Vieill.). 
4. © 21. III. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris hellgelb, Schnabel und Füsse schmutziggelb]. 
78. 5 4. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris hellgelb, Schnabel schmutziggelb, Krallen braun, gegen 
die Spitze schwärzlich, Füsse gelb]. 
173. @ 2. VIII. 1895, Amanze Inyama. 
[165. ©? 30 .VII. 1895, Gway-River. An das Albany Museum 
abgegeben]. 
[Haltung: aufrecht; Vorkommen: vereinzelt]. 


80. Glaucidium capense (Smith). 

179. O2 5. VIII 1895, Kululu’s Dorf. 

[Iris hellgelb, Schnabel grünlichgelb, Wachshaut grünlich- 
grau, Füsse und Krallen schmutziggrünlichgrau.] 

205. $ 23. VIII. 1895, Wacha, Land der tausend Vleys. 

[Iris hellgelb, Schnabel wachsgelb, an der Basis dunkel- 
graulich, Krallen hellbraun, an der Spitze schwarz, Füsse grau, 
Wachshaut dunkelgraulich.] 

[200. $ 20. VIII. 1895, Belumbeti (= Bolongeti) an das 
Albany Museum abgegeben.] 


1) Vergl. Reichenow Vögel Afrikas I. S. 676. 


Über Vögel aus Südafrika. 229 


81. Pisorhina leucotis (Temm.) 
38. Q 10. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 


[Iris hellgelb, Schnabel graulich gegen die Spitze hin, Krallen 
‚graubraun, Füsse gelblichgrau]. 


82. Bubo capensis Smith. 
58. @ 25. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris gelb, Schnabel und Füsse schwarz, Mageninhalt:: Heu- 
schrecken.] 
80. @ 4. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 
89. @ 8. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Mageninhalt: Insektenteile und einige Sandkörner)]. 
184. $ 7. VIII. 1895, Mkoza’s Dorf. 
[Mageninhalt: Heuschrecken und Käfer (Longicornia)]. 
186. @ 8. VIII. 1895, Tenguani. 
[Mageninhalt: Insektenteile, Maushaare und Knochen.] 


83. Bubo lacteus (Temm.). 
174. @ 175. $ 3 VIII. 1895, Amanze Inyama. 
[Iris dunkelbraun, Schnabel wachsgelb, Wachshaut hellgrau, 
Krallen hellgrau, gegen die Spitze dunkler, Füsse hellgrau.] 


84. Falco biarmicus Temm. 
164. $ jun. 31. 7. 95, Susumbe-River. 
[Iris dunkelbraun, Schnabel an der Spitze dunkelgrau, am 
Grunde wachsgelb, Krallen und Füsse hellgelb, Wachshaut und 
Augenring hellgelb.] 


85. Cerchneis dickinsoni (Scl.). 
Ibis 1864, p. 305, t. 8. 
215. d 25. Ill. 95, Serua, Land der tausend Vleys. 
[Iris dunkelbraun, Füsse, Wachshaut und Augenring sattgelb, 
Schnabel schwarz, gegen die Wurzel gelb. Mageninhalt: Taran- 
teln und Scolopender.] 


86. Cerchneis rupicola (Daud.). 
42. © 11. 4. 95, Pienaarsriverbridge. 
[Iris Farbe des Oberkopfes, Schnabel schmutziggelb, gegen 
die Spitze schwarz, Krallen schwarz, Füsse rötlichgelb.] 


230 C. E. Hellmayr: 


88. 5 8. V. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris graubraun, Schnabel dunkelblauschwarz, gegen die 
Wurzel hellgelb, Wachshaut dunkelgelb, Krallen schwarz, Füsse: 
dunkelgelb. Mageninhalt: Heuschrecken]. 

111. © 16. 5. 95, Pienaarsriverbridge. | 

[Iris dunkelbraun, Schnabel blauschwarz, gegen die Wurzel| 
hellgelb, Wachshaut gelb, Krallen schwarz, Füsse gelb]. 

227. 2 21. 12. 95, Ligombwe. 

[Iris dunkelbraun, Schnabel grau, gegen die Spitze dunkel,, 
Krallen schwarz, Füsse hellgelb. Augenlid und Wachshaut hell-- 
elb]. 
N 87. Cerchneis rupicoloides (Smith.) 

41. & 11. 4. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris gelb, Schnabel schmutziggelb, gegen die Spitze schwarz, , 
Krallen schwarz, Füsse schmutziggelb.] 

[87. 9 8. 5. 95, Pienaarsriverbridge, an das Albany Museum ı 
abgegeben. 

Die nackten Teile sind verzeichnet: 

Iris blaugrau, Schnabel bläulichschwarz, gegen die Wurzel! 
hin ockergelb, Wachshaut dunkelgelb, Krallen schwarz, Füsse ı 
gelb. Mageninhalt: Heuschrecken. ] 


88. Elanus caeruleus (Dest.) 


37. @ 9. 4. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris carmin, Schnabel schwarz, Wachshaut rötlichgelb, 
Krallen schwarz, Füsse dunkelgelb. ] 

46. © 15. 4. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Füsse hellgelb, sonst wie bei 37]. 

52. & 17. 4. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Wie bei 46]. 

61. & 28. 4. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Füsse orangegelb, Wachshaut orange, übrige Teile wie bei 37.] 

101. & 11. V. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris carmin, Schnabel schwarz, Wachshaut dunkelgelb mit 
einem Stich ins Orange, Krallen schwarz, Füsse dunkelgelb, ins 
orangefarbige ziehend]. 


89. Milvus aegyptius (Gm.). 


218. © 11. 9. 95, /Tamasetse (= Tammasetja), Land der 
tausend Vleys. 


Über Vögel aus Südafrika. 231 


[Iris indischrot, Schnabel sattgelb, Krallen schwarz, Füsse 
'sattgelb gleich der Wachshaut.] 
| 219. & 13. 9. 95, Daka, Land der tausend Vleys. 
| [Wie bei Nr. 218. Mageninhalt: Heuschrecken. Häufig im 
Seengebiete.] 


90. Haliaetus vocifer (Daud.) 

102. $ 13. V. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris vandykbraun, Schnabel schwarz mit blaugrünlichen 
Schimmer, Wachshaut sattgelb, Krallen grauschwarz, Füsse 
schmutzigweiss mit einem Stich ins Grauliche. Mageninhalt: 
Fische (Barben)]. 

112. © 16. V. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Wie bei No. 102]. 

[Nur paarweise am Flusse beobachtet, sehr scheu]. 


91. Aquila rapax (Temm),. 
161. & juv. 27. VII. 95, Farm Montesvalley bei Buluwayo. 
[Iris vandykbraun, Schnabel schwarz, am Grunde heller, 
Wachshaut hellgelb, Krallen schwarz, Füsse hellgelb. Magen- 
inhalt: 1 Chamaeleon und 1 Vogel]. 


92. Nisaetus spilogaster (Bp.) 
106. @ 13. V. 95. Pienaarsriverbridge. 
[Iris dunkelocker, Schnabel blauschwarz, Wachshaut hell- 
gelb mit einem Stich ins Grünliche, Krallen schwarz, Füsse hell- 
gelb mit grünlichem Tone). 


93. Buieo jakal (Daud). 
Ein jüngerer Vogel ohne näheren Fundort. 


94° Ciraötus cinereus pectoralis Smith. 


81. © 6. V. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris dunkelschwefelgelb, Schnabel schwarz, gegen die 
Wurzel dunkeltaubengrau mit etwas bläulichem Tone, Wachshaut 
bläulichgrün, Krallen schwarz, Füsse schmutzigweiss. Magen- 
inhalt: Schlangen. ] 

Von C. cinereus cinereus gewiss nur subspecifisch trennbar. 


232 C. E. Hellmayr: 


95. Melierax gabar (Daud). 

105. @ 13. V. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris carmin, Schnabel schwarz, Wachshaut ziegelrot mit! 
einem Stich ins Orange, Krallen schwarz, Füsse ziegelrot, stark: 
ins Carminfarbige ziehend. Mageninhalt: 1 Maus]. 

[51. & 16. IV. 95, Pienaarsriverbridge, ans Albany Museum! 
abgegeben]. 

[Iris hellocker, Schnabel und Krallen schwarz, Füsse ziegel-- 
zinnoberrot, Wachshaut orangerot]. 

185. g juv. 8. VIII. 95, Tenguani-River. 

[Iris hellgelb, Schnabel schwarz, an der Basis ziegelrot,, 
Krallen schwarz, Füsse ziegelrot, Wachshaut ebenso]. 

201. $ juv. 23. VII. 95, Wacha, Land der tausend Vleys.. 

[Iris hellgelb, Schnabel schwarz, gegen die Basis orange, 
Krallen schwarz, Füsse und Wachshaut orange]. 


96. Melierax mechowi Cab. 

190. $ juv. 9. VIII. 95. Tenguani-River. 

[Iris hellgelb, Schnabel schwarz, am Grunde bläulich, 
Wachshaut schmutzigziegelrot, Krallen schwarz, Füsse ziegelrot. 
Mageninhalt: Knochen und Schuppen]. 

187. 5 ad. 8. VIII. 95, Tenguani River. 

[Iris dunkelbraun, Schnabel und Krallen schwarz, ersterer 
am Grunde zinnoberrot, Füsse zinnober, Wachshaut zinnoberrot.] 

[189. 5 9. VIII. 95, Tenguani, wurde ans Albany Museum 
abgegeben]. 

No. 187 ist ein alter Vogel mit schiefergrauer Oberseite, 
hat die Oberschwanzdecken weiss mit schiefergrauer Quer- 
bänderung und die Armschwingen auf der Aussenfahne einfarbig 
grau, gehört also zu M. mechowi.. Wohl der südlichste, bisher 
bekannt gewordene Fundort. 


97. Astur polyzonoides (Smith). 

92. & 9. V. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris hellcarmin, Schnabel schwarz, Wachshaut dunkelgelb, 
Krallen schwarz, Füsse dunkelgelb mit einem Stich ins Orange. 
Mageninhalt: Maus und Heuschrecken]. 

93. @ 9. V. 95, Pienaarsriverbridge. 

|Iris carmin, übrige Teile wie bei No. 92. Mageninhalt: 
Maus, 1 Frosch, 1 kleine Eidechse und Heuschrecken]. 


Über Vögel aus Südafrika. 238 


| 195. $ 19. VIII. 95, Nata-River bei Sabanini. 
Ä [Iris carmin, Schnabel schwarz, an der Basis hellocker, 
Krallen schwarz, Füsse und Wachshaut hellocker. Mageninhalt: 
Heuschrecken]. 

71. juv. © 30. IV. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris gelb, Schnabel schwarz, Wachshaut orangegelb, Krallen 
schwarz, Füsse orange. Mageninhalt: Heuschrecken und 1 Eidechse]. 

60. 2 28. IV. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris orangegelb, Schnabel schwarz, an der Wurzel orange, 
Krallen schwarz, Füsse orange. Mageninhalt : Heuschrecken]. 

70. & 30. IV. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris gelb, Schnabel schwarz, an der Wurzel orange, Krallen 
schwarz, Füsse orange]. 


98. Accipiter ovampensis Gurney. 

Ibiss1815,.p. 367, t. 6. 

55. © juv. 25. IV. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris graulichgelb, Schnabel schwarz, an der Wurzel orange, 
Krallen schwarz, Füsse orange, nackte Hautstellen gelb. Magen- 
inhalt: Vogelreste]. 

107. 5 juv. 15. V. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris hellbraun, Schnabel schwarz, Wachshaut ziegelrot, 
Krallen schwarz, Füsse sehr hell ziegelrot, nackte Hautstellen 
gelb. Mageninhalt: kleiner Vogel]. 

Es ist vielleicht nicht uninteressant, über diese noch wenig 
bekannte Art einiges mitzuteilen. Beschrieben wurde dieselbe 
vom River Okavango, Ovampo Land, vom Elephants Vley, Da- 
maraland. 

Meine beiden Vögel unterscheiden sich von einer Serie von 
10 Stück des Astur polyzonoides sofort durch die ausserordentlich 
lange Mittelzehe, (6,8 cm) und durch die Färbung der Schäfte 
der Schwanzfedern. Letztere sind nämlich abwechselnd graubraun 
und schwarzbraun gebändert (auf der Oberseite sind fünf dunkle 
und vier hellere Bänder wahrzunehmen) und die Schäfte der 
helleren Querbänder erscheinen weiss im Gegensatze zu den 
schwarzbraun gefärbten in den dunklen Feldern. Bei polyzonosdes 
sind die Schäfte einfarbig dunkelbraun oder die Teile in den 
helleren Bändern erscheinen nur ein wenig heller braun. Überdies 
sei erwähnt, dass die Bänderung bei polyzonosdes weniger breit 
und die Differenz in der Färbung zwischen den dunklen und 

Journ, f, Orn. L. Jahrg. April 1902, 16 


| 


234 | C. E. Hellmayr: 


hellen Teilen bei weitem nicht so auffallend ist, als bei ovamper-- 
sis. Ein weiterer sehr guter Charakter für letztere Art ist die» 
Zeichnung der Schwanzdecken, welche alle in der Mitte ihrer’ 
Länge einen grossen weissen Fleck besitzen, der auf der Aussen- 
fahne bis an den Rand reicht, auf der Innenfahne dagegen bloss 
die Hälfte oder zwei Drittel der Breite einnimmt. Bei polyzono- 
ides sind die Schwanzdecken einfarbig, wie der Rücken, nur an 

der Basis zeigt sich hie und da ein undeutlicher, weisser Fleck. 

Endlich sind die zwei vorliegenden Stücke auch wesentlich grösser 

als polyzonoides, was auch Gurney in der Ursprungsbeschreibung 
hervorhebt. 


Ich lasse die Beschreibung derselben nunmehr folgen: 


55, als „Q“ bezeichnet, ist offenbar ein noch nicht völlig 
erwachsener Vogel, wie der Vergleich mit ungefähr ebenso alten 
Stücken des A. polyzonoides lehrt. 

Oberseite ziemlich dunkelbraun, auf dem Unterrücken kommen 
einzelne, dunkelgraue Federn zum Vorschein, den Übergang zum 
Alterskleid anzeigend, die Federn des Oberkopfes sind breit weiss 
gesäumt, diese hellen Ränder schwach rostfarbig überwaschen. 
Oberschwanzdecken wie der Rücken gefärbt, in der Mitte mit 
einem breiten, weissen Fleck. Flügel braun wie der Rücken; die 
kleineren Flügeldecken mit schmalen, blass rostfarbigen Rändern, 
die grossen Deckfedern mit breiteren, weisslichen Säumen an der . 
Spitze, solche finden sich auch an den Enden der Hand- und 
deutlicher an denen der Armschwingen. Innerste Armschwingen 
grösstenteils weiss, längs der Aussenfahne dunkelbraun eingefasst 
und von einigen, ebensolchen, über die ganze Breite der Federn 
reichenden Querbändern geteilt. Innenfahnen aller Schwingen mit 
einer Reihe dunkelbrauner Querbänder und im basalen Teile weiss 
gefärbt, wovon dann die Bänderung natürlich viel stärker sich 
abhebt. Schwanzfedern wie der Rücken gefärbt und von fünf 
breiten, schwarzbraunen Querbändern unterbrochen, in denen die 
Schäfte weiss gefärbt erscheinen. Unterseite der Schwanzfedern 
hellgraulichweiss. Kopfseiten weisslich, dunkel gestrichelt. Ganze 
Unterseite weiss und mit Ausnahme der einfarbigen Unterschwanz- 
decken mit dichter, nicht sehr: breiter, dunkelbrauner Quer- 
bänderung bedeckt, die ebenso deutlich auf der Unterseite des 
Flügels hervortritt. 

a. im. 240, c. 180 mm. 


Über Vögel aus Südafrika. 235 
| 107. „g“ ist im Allgemeinen ebenso gefärbt, scheint aber 
etwas jünger zu sein, da die rostfarbigen Ränder auf den kleineren 
Flügeldecken stärker entwickelt sind. Auch sind die Halsseiten 
und die Vorderbrust deutlich rostfarbig überwaschen und einzelne 
Federn der Unterseite zeigen ebensolche Spitzenflecken, Charak- 
tere, die alle auf das jüngere Alter des Vogels hinweisen. 

a. im. 220, c. 165 mm. 


99. Polyboroides typicus Smith. 


„Legotsuane‘‘ Sesuto-Dialekt. 

73. 2 adult. 1. 5. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris sehr dunkel, Schnabel schwarz, Wachshaut hellrosa, 
Krallen schwarz, Füsse schmutziggelb, mit einem Stich ins Orange, 
Zehen schmutziggelb, Augenring gelblichweiss. Mageninhalt: 
1 Maus und 1 Frosch.] 

18. © juv. 5. 4. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris dunkelocker, Schnabel und Krallen schwarz, Füsse 
gelb. Mageninhalt: Maus und Frosch.] 

[(ad. 73) „Nur den einen in der Gegend beobachtet.“] 


100. Herodias garzetta (L.). 


253. @ 13. VI. 96, Zwartkops bei Port Elizabeth. 
[Iris hellgelb.] 


101. Herodias lucidus (Rafın.). 


231. © 5. I. 96, Nata-River. 
[Iris hellgelb, Schnabel und Tarsus ockergelb, Krallen grau, 
Füsse ockergelbgrau. Mageninhalt: Frösche. | 


102. Ardea rufwentris Sund. 


30. © 7. IV. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris grellgelb, Schnabel schmutziggraugelb, gegen die Spitze 
schwärzlich, Krallen bräunlich, Füsse gelb. Mageninhalt: Heu- 
schrecken]. 

31. g 7. IV. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Wie No. 30. Mageninhalt: Heuschrecken und Odonaten- 
larven. ] 

[Häufig in kleineren und grösseren Gesellschaften. ] 

16* 


236 C. E. Hellmayr: 


103. Butorides atricapilla (Afzel.) 


59. d 25. IV. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris gelb, Schnabel schwarz, Unterschnabel gelb, Krallen: 
braun, Füsse graubraun, an der Rückseite gelb, nackte Haut in. 
der Augengegend grünlichgelb. Mageninhalt: Heuschrecken]. 

72. @ 1. V. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris hellgelb, Schnabel schwarzbraun, unten gelb, Krallen 
dunkelbraun, Füsse an der Rückseite schmutzigockergelb, vorne 
dunkelbraun]. 

[53. $ 18. IV. 95, Pienaarsriverbridge; kam ans Albany 
Museum.] 


104. Scopus umbretta Gm. 


13. © 4. IV. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris wie die Farbe des Rückens, nur etwas dunkler, Schnabel 
und Füsse schwarz. Mageninhalt: Heuschrecken.] | 

[Wird von den Eingeborenen „Machanöka“ (das „ch“ wie 
sch, das „ö“ wie u gesprochen) genannt. Häufig, Haltung fast 
wagerecht, mit eingezogenem Kopfe. Oftmals mit Schmarotzern 
(Mallophagen)]. 


105. Phalacrocorax africanus (Gm.) 


29. & 7. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 

(Iris schön carmin, Schnabel rötlichocker und mit bräun- . 
lichen Streifen, Krallen braun, Füsse schwarz, nackte Hautstellen 
am Kopfe fleischrot. Mageninhalt: 3 Barben und Heuschrecken.] 

Nicht allzuselten. 

Ferner ein jüngerer Vogel ohne Zettel. 


106. Phalacrocorax capensis (Sparrm.). 
263. © juv. 14. VI. 96, Zwartkops. 
264. $ ad. 14. VI. 96, Zwartkops. 
[Iris hellgelb]. 


107. Thalassornis leuconota (Smith). 


27. 28. 5 2 7. IV. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris von der Farbe des Oberkopfes, Schnabel schwarz mit 
lichtocker Flecken gegen die Wurzel, Füsse dunkelgrünlichgrau, 
Krallen fast schwarz. Mageninhalt: Gras, Samen.| 

[Nicht sehr häufig.] 


Über Vögel aus Südafrika. 237 


108. Nettapus auritus (Bodd.). 
196. (@) 19. VIII. 95, Nata-River bei Sabanini. 
[Iris dunkelbraun, Schnabel dunkelocker, Oberkiefer bräun- 
‚lich, Füsse schwarz]. 
109. Francolinus natalensis Smith. 

116. @ 19. V. 95, Pienaarsriverbridge. 

[Iris dunkelbraun, Schnabel schmutzigrot, gegen die Wurzel 
bräunlichgelbgrün, Krallen rotbraun, Füsse rot, gegen die Zehen 
ins Braune ziehend. Mageninhalt: Samen und Larven]. 


110. Frrancolinus cogui (Smith). 
64. © juv. 29. IV. 95, Pienaarsriverbridge. 
[Iris hellbraun, Schnabel sehr dunkelbraun, fast schwarz, 
Füsse und Krallen braun. Mageninhalt: Samenkörner]. 


111. Hoplopterus speciosus (Wag!.) 
103. ©, 104. $ 13. V. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris dunkelcarmin, innen mit einem Stich ins Braune, Schnabel 
und Füsse schwarz. Mageninhalt:Sandkörner, Schneckenschalen ete.]. 


112. Stephanibyx coronatus (Bodd.) 
35. 36. 3 9. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris gelb, Schnabel rot, an der Spitze schwarz, Krallen 
schwarz, Füsse rot. Mageninhalt: Termiten und Sandkörner]. 


113. Charadrius hiaticula (L.) 
20. © 5. IV. 1895, Pienaarsriverbridge. 
[Iris dunkelocker, Schnabel dunkelocker, gegen die Spitze 
schwarz, Krallen schwarz, Füsse dunkelocker]. 
254. 5? 13. VI. 1896, Zwartkops. 
260. @ 14. VI. 1896, Zwartkops. 
261. & 14. VI. 1896, Zwartkops. 


114. Oedicnemus capensis Licht. 

142. $ 13. VII. 1895, Gwanda. 

[Iris gelb, Schnabel hellocker, die Spitze schwarz, Krallen 
schwarz, Füsse vorn schwarz, hinten ocker. Mageninhalt: Knochen 
und Insekten]. 

Ausserdem noch ein Exemplar ohne Etikette. 


238 


Der Vogelzug in Mecklenburg. 
Von GC, Wüstnei. 


Über den Vogelzug in Mecklenburg sind in den Schriften 
der einheimischen Ornithologen gelegentlich der Besprechung der 
hiesigen Fauna manche Beobachtungen veröffentlicht worden, diese 
sind aber so zerstreut, dass ein richtiges Bild über die Gesamt- 
heit der Zugverhältnisse, namentlich für den auswärtigen Orni- 
thologen, nicht gewonnen werden kann. Es muss ferner zuge- 
geben werden, dass die Nachbarprovinzen in dieser Beziehung 
besser beobachtet sind und daher auf der Küstenstrecke zwischen 
Pommern und Schleswig-Holstein gewissermassen noch eine Lücke 
auszufüllen ist. Da im Osten für die preussische Küste in der 
Vogelwarte Rossitten als Beobachtungsstation ein guter Abschluss 
gewonnen ist, und die Insel Helgoland den Westen beherrscht, so 
dürfte Alles, was sich auf den Zug in den Küstenländern der 
Ostsee bezieht, von besonderer Wichtigkeit sein, um die Zug- 
phänomene in diesem nördlichen Gebiete mehr und mehr aufzu- 
klären. Eine auffallende Erscheinung an unserer Küste, nämlich 
dass ein Teil des Frühjahrszuges daselbst sich nicht in der ge- 
wohnten Richtung von Südwest nach Nordost bewegt, sondern fast 
eine entgegengesetzte Richtung von Nordosten nach Südwesten 
einschlägt, hat es mir wünschenswert erscheinen lassen, das We- 
nige, was über die hiesigen Zugverhältnisse bekannt ist, zusam- 
menzustellen. Es kann ja auch nur durch Aneinanderfügung der 
Beobachtungen aus den benachbarten Ländern ein richtiges Ge- 
samtbild des Vogelzuges nach und nach gewonnen werden. Ein 
einzelner Beobachter kann jahraus, jahrein aus dem Gesamtver- 
lauf des Vogelzuges nur verschwindend wenige Daten sammeln 
und das nur in einem sehr beschränkten Gebiet, wenn man nicht, 
z. B. wie Gätke auf Helgoland, auf eine besonders günstige Po- 
sition gestellt war. Ich möchte hier nur ein Beispiel aus dem 
Kranichzuge anführen. Nur um eine Zahl zu nennen, nehme ich 
an, es gingen während einer Zugperiode, die etwa 20 Tage dauern 
mag, durch eine Zugfront von einer deutschen Meile Breite, etwa 
40 Kranichzüge, gewiss schon eine erkleckliche Zahl, dann ist 
meiner Ansicht nach die Wahrscheinlichkeit für einen in dieser 
Zugfront stationierten Beobachter, auch nur einen dieser Züge zu 
Gesicht zu bekommen, eine äusserst geringe, wenn man bedenkt, 


Der Vogelzug in Mecklenburg. 239 


‚dass durchschnittlich auf den Tag nur 2 Züge entfallen, und die 
Wahrscheinlichkeit, im Verlauf von 24 Stunden zufällig in den 
 Gesichtsbereich oder die Gehörsweite dieser Züge zu kommen, 
ist selbst, wenn man viel unterwegs ist, eine sehr geringe, da 
man noch in Betracht ziehen muss, dass man von den betreffenden 
Zügen nichts wahrnimmt, wenn dieselben mehr als !/, km. seit- 
wärts von dem zufälligen Standpunkte des Beobachters vorüber- 
ziehen und der Beobachter doch nur einen Teil des Tages im 
Freien zubringen kann. Nun mögen ja an einzelnen Tagen die 
Züge sich häufen, aber selbst wenn an einem Tage 10 Züge 
durchpassieren, ist es immer noch ein Zufall, einen dieser Züge 
zu sehen. Wenn ich trotzdem fast in jeder Zugperiode 1 bis 3 
solcher Kranichszüge zu Gesicht bekomme, so glaube ich mit 
Bestimmtheit annehmen zu können, dass mehr als 40 Kranichzüge 
über eine Meile Zugfront hinwegziehen. Hierbei ist noch zu 
bemerken, dass Kraniche sich durch ihre Grösse und namentlich 
durch ihr weitvernehmbares Geschrei vor allen anderen Vögeln, 
mit Ausnahme vielleicht der wilden Gänse, bemerklich zu machen 
wissen. Weit weniger noch wird man von dem geräuschlos vor 
sich gehenden Zuge anderer Vögel, namentlich der kleinen, die in 
hoher Luft oder von Busch zu Busch ziehen, wahrnehmen können. 

Die meisten Länder haben gewisse Punkte, an denen der 
Vogelzug ein besonders intensiver ist, wo noch am leichtesten Zug- 
daten gesammelt werden können. Dies sind einzelne besonders 
begünstigte Sammel- und Raststationen, auf denen das Ankommen, 
Verweilen und Weiterziehen der Vogelscharen noch am leichtesten 
zu beobachten ist. Wenn man diese Stellen während der Zug- 
zeit häufiger besucht und die eigenen Beobachtungen ergänzt 
werden können durch zuverlässige praktische Beobachter und 
Jäger, die vermöge ihrer Beschäftigung Tag für Tag ihren Auf- 
enthalt an solchen Orten haben, so ist dies eine wesentliche 
Unterstützung und Hülfe. Solche zur Beobachtung geeignete 
Orte sind flache Stellen an der Seeküste oder in deren Buchten 
und die hier angrenzenden Wiesen, auf denen während der Zug- 
zeit oft ein reiches Vogelleben sich entfaltet, da hier viele der 
durchziehenden Vögel Aufenthalt nehmen. Auch die Sammelplätze 
der einheimischen Zugvögel bieten oft Stoff zu Beobachtungen. 

Was nun die kleinen Singvögel anbelangt, so wird dem 
Beobachter das Schauspiel grösserer wandernder Scharen, mit 
Ausnahme von Drosseln und Staren, in unseren Breiten nur selten 


240 C. Wüstnei: 


geboten. Es kann sich hier in den meisten Fällen nur darum 
handeln, in einem Gebiete die Zeiten der Ankunft im Frühjahr 
und des Abzuges im Herbst zu ermitteln. Was die genaue Er- 
mittelung dieser Zeitpunkte betrifft, so ist es jedenfalls bei Weitem 
leichter, die Ankunftszeiten richtig festzustellen als den Abzug. 


Der Vogel, der in seiner Heimat, also in seinem Brutrevier wieder 
eintrifft, denkt in den meisten Fällen sogleich daran, Vorkehrungen 


zu seinem Brutgeschäft zu treffen, er lockt und ruft sein Weibchen 
und lässt seine Lieder erschallen, mit einem Worte, er giebt seine 


Anwesenheit in seiner Umgebung sofort kund, und auch der 


Beobachter, der seine zurückkehrenden Lieblinge erwartet, ist mit 
Auge und Ohr sofort geschärft, sich von ihrem Eintreffen zu 
überzeugen. Anders im Herbst vor ihrem Wegzuge, die Lieder 
sind längst verstummt, die meisten Brutpaare mit ihren Jungen 


haben schon die Niststätte lange vorher verlassen und streichen 


umher, bis sie geräuschlos und unbemerkt von dannen ziehen. 
Hier kann der Beobachter niemals wissen, ob der letzte Vogel, 
den er gesehen oder gehört hat, auch wirklich der letzte ist. 
Erschwert werden diese Beobachtungen noch dadurch, dass auch 
Vögel derselben Art von Norden durchwandern und es meist 
überhaupt nicht möglich ist, die fremden Durchzügler von den 
Eingebornen zu unterscheiden, wennnicht Rasseneigentümlichkeiten 
vorhanden sind, die eine Unterscheidung erleichtern. 

Zug nach der geographischen Lage. Nach einem Blick 
auf die Karte zu schliessen, ist nicht zu erwarten, dass Mecklen- 
burg in dem Zuge grosser Heerstrassen liegt, wie etwa die 
Schleswig-Jütische Halbinsel, die eine direkte Verbindung zwischen 
dem Süden und dem skandinavischen Norden herstellt, oder auch 
nicht wie die Nachbarprovinz Pommern, welche durch die nach 
Norden weit vorgeschobene Insel Rügen einen bequemen Über- 
gang nach dem südlichen Schweden bildet. Beide Nachbarpro- 
vinzen haben daher einen starken Strom nordischer Wanderer 
durchzuleiten, welche teils westlich, teils östlich an unserem 
Lande vorbeipassieren müssen. 

Aber trotzdem hat Mecklenburg während der Zugzeiten ein 
reiches Vogelleben aufzuweisen, da viele der auf Rügen und dem 
Darsser Ort eintreffenden Vögel auf südwestlichem Wege unser 
Land durchziehen, auch wohl die nach Südwest verlaufende Küste 
verfolgen. Vor allen Dingen sind es aber die Wanderer der 
Strand- und Wasservögel aus dem nördlichen Russland, Lappland 


Der Vogelzug in Mecklenburg. 241 


‚und Finnland, welche die Ostseeküste entlang ziehen, oder alsHerbst- 
und Wintergäste die Küstengewässer und Buchten der Ostsee 
und auch die vielen Landseen beleben, wenigstens so lange hier 
noch nicht die Gewässer mit Eis bedeckt sind. Ferner kommen 
auch über die dänischen Inseln nordische Wanderer an unsere 
Küste, verfolgen entweder ihren Weg weiter durchs Inland nach 
Südwesten oder sie vermischen sich mit den übrigen Wintergästen. 
Ausser diesen nordischen Vögeln sieht man zu gewissen Jahres- 
zeiten und auch in den Herbstmonaten Vogelscharen direkt nach 
Norden ziehen, dies sind Inlandsvögel, welche der Ostsee zustreben. 

Aus dem Vorstehenden erhellt, dass Mecklenburg eine ge- 
wisse Compliziertheit des Vogelzuges aufweist, welche eben durch 
die geographische Lage und durch den Verlauf der Ostseeküste 
bedingt ist. Man braucht nicht gerade ein Anhänger der Zug- 
strassentheorie zu sein, denn unzweifelhaft zieht die grosse Masse 
der Vögel, soweit sie nicht an Meere und Flussläufe gebunden 
ist, gleichmässig über das ganze Land hin, aber ebenso unzweifel- 
haft ist durch Beobachtungen nachgewiesen, dass die Strandvögel, 
welche also auch am Strande ihren Unterhalt zu suchen haben, 
hier zum bei Weitem überwiegenden Theil der Ostseeküste folgen, 
und nur ein geringer Teil verfliegt sich ins Innere des Landes, 
um an den grösseren Landseen zu rasten und dann nach Südwest 
weiter zu ziehen. Ich habe diesem Teil des Vogelzuges meine be- 
sondere Aufmerksamkeit gewidmet, wozu ich hier am Schweriner 
See und der nahe gelegenen Ostseeküste die beste Gelegenheit 
habe; die Wechselbeziehungen zwischen den Küstengewässern und 
den Landseen sind bei einzelnen Arten vorhanden, bei den 
meisten aber durchaus nicht. Man sollte erwarten, dass die 
Wismarsche Bucht, von der nach einer Unterbrechung von 12 km. 
der Schweriner See gleichsam die Fortsetzung bildet und auch 
durch einen Wasserlauf mit vielen Rohrteichen in Verbindung 
steht, als Einfallsthor in das Binnenland für die Wasser- und 
Strandvögel benutzt werden würde, aber dies ist nur bei wenigen 
Arten der Fall, eher kommt dies noch bei dem weiter von der 
Küste entfernten grossen Müritzsee vor, welcher in der von 
Rügen und dem Darss nach Südwesten verlaufenden Zugstrasse 
liest. Nördlich von Wismar gelangt der grosse Strom der Strandvögel 
aus Nordost über die Halbinsel Wustrow nach dem langen Werder 
und der Nordküste von Poel, streift diese und setzt von hier über die 
Wismarsche Bucht nach dem Tarnewitzer Ort, der Nordwestecke 


242 C. Wüstnei: 


des Wohlenberger Wieks über. Hier versammeln sich auf den‘ 
flachen Sandbänken, die weit ins Meer hinauslaufen und bei süd- 
lichen Winden frei von Wasser werden, oft grosse Scharen von. 
allerhand Strand- und Schwimmvögeln. Von hier geht der Haupt- 
zug weiter nach Westen an der Küste entlang. Der Zug folgt 
also dem Gesamtverlauf der Küste, ohne die Binnengewässer 
wahrzunehmen. Flache, wenig in das Land einschneidende Buchten 
werden nicht in der geraden Linie, der Sehne, überflogen, sondern 
die Vogelscharen der Strandvögel fliegen parallei der Küste, 
etwa 50 bis 200 m von derselben entfernt. | 

Ich habe an den Tagen, an welchen auf Poel ein starker 
Zug herrschte und viele Strandvögel sich längere Zeit aufhielten, 
wiederholt den nördlichen Teil des Schweriner Sees besucht, 
welcher auf seiner östlichen Seite flache, rohrfreie und einsame 
Ufer hat, die den Strandvögeln sehr passenden Aufenthalt gewähren 
können. Ich habe hier in den meisten Fällen gar kein Strand- 
geflügel gesehen oder nur einige wenige Vögel aus der Gattung 
Totanus, Actitis und einmal eine kleine Schar von Tringa minuta. 
Tringa alpina ist mir, obgleich dieselbe vor 50 Jahren am 
Schweriner See brütete, also günstige Lebensbedingungen haben 
muss, überhaupt noch nicht zu Gesicht gekommen, während ich 
sie nördlich von hier auf Poel während der Zugzeit immer in 
kleinen und grossen Scharen angetroffen habe. Es ist dies wohl 
ein sicheres Zeichen, dass diese Vögel hier der Küste folgen. Am 
Müritzsee ist jedoch Tringa alpina während der Zugzeit öfter 
beobachtet, auch am Goldleger See wurden in den Herbstmonaten 
öfter Alpenstrandläufer erlegt, die mir vorgelegen haben. Auch 
noch weiter nach Süden sind Strandläufer beobachtet, z. B. am 
Eisleber Salzsee, am Rhein, in Bayern und den Schweizer Seen, 
doch nirgends in so grosser Anzahl wie an der Ost- und Nord- 
seeküste. Ein Teil dieser Vögel zieht also auch durchs Binnen- 
land, während die grosse Masse den Küsten folgt. 

Die Warnow, unser grösste Fluss, welcher das Land von 
Südwesten nach Nordosten durchfliesst und bei Warnemünde in 
die Ostsee austritt, ist nicht von solcher Bedeutung, dass er 
irgend welchen Einfluss auf die Zugverhältnisse ausüben kann, 
nur das seeartige Becken vor seiner Mündung, der sogenannte 
Breitling, versammelt in der Zugzeit eine grosse Zahl von Wasser- 
seflügel. Zu erwähnen ist ferner noch die Elbe, die Mecklenburg 
an seiner südwestlichsten Ecke auf zwei ganz kurze Strecken 


Der Vogelzug in Mecklenburg. 243 


berührt, welche eine Rolle bei dem Entenzuge spielt. Es scheint, 
' dass hier die Pfeifente und Löffelente, die Knäckente und die 
Spiessente sich während des Zuges häufiger finden als im übrigen 
Mecklenburg. Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass diese 
Enten, die auf dem Zuge die Westküste von Schleswig-Holstein 
in grossen Scharen besuchen, dann teilweise von der Elbmündung 
aus einen Weg ins Inland finden. 

Richtung des Zuges. Abgesehen von den Wanderungen 
der Strandvögel, welche wie schon oben bemerkt, zum grossen Teil 
der Küste folgen, ist die allgemeine Richtung des Vogelzuges 
hier wie im mittleren und westlichen Deutschland während des 
Herbstzuges eine von Nordost nach Südwest verlaufende und 
während des Frühjahrszuges eine in entgegengesetzter Richtung 
sehende, wenigstens soweit dies aus den wandernden Vogel- 
scharen, namentlich der grösseren Vögel wie Kraniche und wilden 
Gänse, zu entnehmen ist. Auch Entenscharen, die nach Zufrieren 
der Seen gezwungen wurden, weiter zu ziehen, sahen wir diese 
Richtung einschlagen, ferner auch die langsam in losem Verbande 
über die Felder dahin ziehenden Lerchen. Dieser im Herbst 
südwestlich und im Frühjahr nordöstlich gehende Zug wird jedoch 
nicht von allen Vogelscharen genau inne gehalten, oft ist die 
Richtung im Herbst eine mehr westliche, zuweilen auch eine mehr 
südliche, und im Frühjahr beobachtet man im entgegengesetzten 
Sinne Abweichungen. Ausser solchen geringen Abweichungen 
von der allgemeinen Zugrichtung giebt es hier auch noch während 
beider Zugperioden grössere Abweichungen, welche selbst in die 
ganz entgegengesetzte Richtung umschlagen und teilweise noch 
der Erklärung harren, auf die ich später noch ausführlich zurück- 
kommen werde. 

Wie schon erwähnt, sieht man auch gegen den Herbst Vögel 
direct nach Norden ziehen, oder hört während des Nachtzuges 
deren Stimmen nach dieser Richtung hin verhallen. Dies sind 
Sumpfvögel, namentlich grosse Brachvögel (Numenius arquatus), 
die in grösseren Scharen Dreieckszüge bilden und aus den südlich 
und südwestlich gelegenen Brutrevieren kommen und der Ostsee- 
küste zustreben, um hier mit ihren nordischen Verwandten zu- 
sammen einen längeren Aufenthalt zu nehmen, bevor sie sich in 
südliche Gegenden begeben. Die nordischen Brachvögel sieht 
man schon um dieselbe Zeit an der Küste entlang in kleinen 
Trupps von Nordosten her anrücken, welche dann namentlich 


244 6. Wüstnei: 


auf der Insel Poel und Umgebung sich einige Wochen auf-. 
halten, wo sie eifrig gejagt werden. Ferner sieht man im Juni, 
wenn der allgemeine Zug beendet ist, öfter Scharen von Grau-- 
gänsen direct nach Norden auf die Ostsee zusteuern, ebenfalls: 
in der bekannten Winkelform geordnet. Auch hier ist die Erklärung: 
nicht schwer, es sind einheimische Graugänse, die von den Seen 
des Binnenlandes kommen, um auf der Ostsee ihre Mauser durch-- 
zumachen, was thatsächlich sehr viele Graugänse thun, da sie: 
im Sommer vielfach im flugunfähigen Zustande auf der Ostsee’ 
gefangen und erlegt werden, auch von mir grössere Scharen 
dort beobachtet wurden. 

Eine bis um einen rechten Winkel abweichende Zugrichtung 
beim Kranichzuge beobachtete ich am 17. October 1897. An 
diesem Tage nachmittags um 4!/, Uhr hörte ich an der West- 
küste des nördlichen Teils vom Schweriner See Kranichgeschrei 
und sah dann auch bald einen starken Kranichzug, es mögen 
70 bis 100 Vögel gewesen sein, welcher direct aus Nordwesten 
kam und seinen Weg in gerader Linie nach Südosten über den 
See hin fortsetzte. Dieser Kranichzug war nicht etwa vorher 
in kreisender Bewegung gewesen, wie die Kraniche es oft machen, 
wenn sie anscheinend unschlüssig über die Richtung sind, nein 
sie kamen schon, soweit zu sehen war, im wohlgeordneten Dreiecks- 
zuge und verfolgten ihren Weg in unverrückt gerader Linie nach 
Südosten über den See. Da diese Stelle nur etwa 15 km von 
der Ostsee entfernt ist, so kann man wohl nicht annehmen, dass 
diese Schar vorher die allgemeine, nach Südwesten gehende Zug- 
richtung befolgt hatte und dann plötzlich in eine südöstliche 
umgewendet war, sondern es werden Kraniche sein, die diese 
Richtung schon längere Zeit vorher inne gehabt haben und dem- 
gemäss die jütisch-schleswigsche Halbinsel aus dem scandi- 
navischen Norden als Zugstrasse benutzt haben werden, während 
die meisten hier durchziehenden Kraniche aus dem Nordosten 
kommen. In diesem Falle ist jedoch schwer eine Erklärung da- 
für zu finden, weshalb diese Vögel, nachdem sie die cimbrische 
Halbinsel überflogen hatten, auf dem Continent nicht auch eine 
südwestliche, sondern eine südöstliche Richtung einschlugen. 
Da der Zug schon ziemlich niedrig ging, so schienen die Vögel 
die Absicht zu haben, sich auf den einsamen Gefilden am jenseitigen 
östlichen Ufer des SchwerinerSee niederzulassen,um dortfür dieNacht 
zu rasten, wie es an dieser Stelle die Kranichscharen vielfach thun. 


Der Vogelzug in Mecklenburg. 245 


Ich komme jetzt zu der auffallendsten Erscheinung, welche 
mir in den letzten Jahren bei der Beobachtung des Vogelzuges 
‚an unserer Ostseeküste und zwar wiederholt vorgekommen ist. 
‚Hier habe ich während des Frühjahrszuges in den Monaten April 
und Mai auf der Nordostküste der Insel Poel mehrfach die Ge- 
‚legenheit gehabt, festzustellen, dass der Frühjahrszug verschiedener 
Vögel nicht die allgemeine Richtung aus Südwest nach Nordost 
innehält, sondern wunderbarer Weise in entgegengesetzter 
Richtung von Nordost nach Südwest oder nach Westen entlang 
stattfindet. Schon vor einigen Jahren beobachtete ich Mitte Mai, 
dass Scharen von Kampfläufern in eiligem Fluge nach Südwesten 
wanderten, auch im nächsten Jahre wiederholte sich diese Er- 
scheinung. Ich habe damals dieser Beobachtung keinen grossen 
Wert beigelegt, weil ich bei der Richtung ihres Fluges nicht an 
ein Zugphänomen, sondern an ein planloses Hin- und Herfliegen 
dachte. Später jedoch, im Frühjahr 1900, bin ich zu der Einsicht 
sekommen, dass es wirklich wandernde Scharen waren. Am 22. 
April beobachtete ich bald nach einander zwei Storchzüge, von 
denen der eine wohl 60 bis 70 Stück, der andere etwa 11 Stück 
enthielt; auch diese Züge kamen an der Küste entlang aus Nordost 
und bewegten sich in der Richtung Südwest weiter. Als ich 
meinem Begleiter, einem alten Strandjäger, der sich nach dem 
Fischfang hauptsächlich von der Jagd auf Seevögel ernährt und 
jeden Vogel mustert, meine Verwunderung äusserte, bemerkte er, 
dass alle Störche im Frühjahre stets in derselben Weise ziehen, 
sie kommen alle aus Nordost über die Halbinsel Wustrow und 
ziehen dann über Poel und die Wismarsche Bucht nach Südwesten 
ins Binnenland weiter. In diesem Jahre (1900) sei der Zug ein 
besonders-starker, denn seit dem 4. April, also seit 18 Tagen, 
habe er wohl an hundert solcher Züge beobachtet, die Tag für 
Tag dort durchgezogen seien, aber stets von Nordost nach Süd- 
west, auch halten diese Züge ziemlich genau dieselbe Strasse inne 
und zwar über das Dorf Gollwitz hinweg. Auf meinen Vorhalt, 
dass anderswo der Wegzug des Storches nach dem Süden dieselbe 
Richtung einschlüge wie hier im Frühjahr, wurde mir geantwortet, 
dass im Herbst oder vielmehr im August auf Poel überhaupt 
keine wandernden Storchzüge gesehen würden. Ich habe diese 
Sache weiter verfolgt, im folgenden Jahre (1901) war der Zug 
nicht so stark, es sind etwa 24 Züge, ebenfalls alle aus Nordost 
kommend, beobachtet worden, davon der erste in den letzten 


642 C. Wüstnei: 


Tagen des März, der letzte am 15. Mai. Ferner habe ich per-- 
sönlich beim Leuchtturm in Warnemünde etwa 50 km östlich von! 
dieser Stelle Erkundigungen eingezogen, auch hier sind Storch-- 
züge, wenn auch nur vereinzelt, beobachtet worden, ebenfalls anı 
der Küste entlang, aus Nordost kommend, wie mir sogleich, ohne: 
diese Frage zu stellen, erklärt wurde. 

Die bereits oben erwähnten Kampfläufer, die während des; 
Frühjahrszuges im Mai Poel in grosser Masse berühren, kommen. 
ebenfalls alle aus Nordost oder Ost und ziehen nach Westen oder 
Südwesten weiter. Der betreffende Fischer will auch noch andere 
Vögel, namentlich Lerchen, ausdieser Richtung haben kommen sehen. 

Es handelt sich hier also nicht um einzelne Zugerschei- 
nungen, sondern um einen Zug in grösserem Masse, der sich all- 
jährlich mit grosser Regelmässigkeit abspielt und wohl die 
Bezeichnung einer Küstenwanderung verdient. Selbstverständlich 
sind die vielen auf Poel beobachteten Storchzüge nicht die ein- 
zigen, sondern wahrscheinlich nur ein kleiner Teil der wirklich 
durchziehenden Züge, da von einem Beobachter immer nur ein 
Teil gesehen werden kann. Unwillkürlich drängt sich bei dieser 
Beobachtung die Frage auf: Wo liegen die Winterquartiere dieser 
aus Nordosten kommenden Schareu und auf welchem Wege be- 
werkstelligen dieselben ihren Rückzug in die Brutheimat? Wenn 
es nun auch müssig ist, durch Vermutungen und Hypothesen 
das Fehlende ergänzen zu wollen, so steht doch soviel fest, dass 
alle diese Vögel nicht auf längerem direktem Wege aus nord- 
östlichen Ländern kommen können, weil es dort eben keine 
passenden Winterquartiere giebt, und auch dieselben Störche, die 
soeben aus Nordosten in ihrer Heimat eintrafen, im vorigen 
Herbst auf südwestlichem Wege in die Winterquartiere gewandert 
sind. Nun ist ja bekannt, dass viele Vögel für den Hin- und 
Rückweg verschiedene Strassen ziehen, aber dies giebt immerhin 
noch keine Erklärung dafür, dass gewisse Vögel in einem und 
demselben Lande für den Frühjahrs- und Herbstzug dieselbe 
Richtung nach Südwest einschlagen. Die Störche z. B., die beim 
Fortzuge nach Südwesten ziehen, können wohl nicht anders als 
das Mittelländische Meer im westlichen Teile überschreiten, um 
nach Afrika zu gelangen, während sie wohl unmöglich bei der 
hier beobachteten Zugrichtung aus dem Westen von Afrika ihre 
Rückreise wieder antreten können. Sie müssen also wohl während 
des Winters langsam quer durch Afrika von Westen nach Osten 


Der Vogelzug in Mecklenburg. 247 


wandern, um dann aus dem östlichen Afrika die Rückreise über 
Kleinasien und das schwarze Meer anzutreten, bis sie durch 
‚Südrussland an die Ostseeküste gelangen. Sodann werden sie 
derselben solange folgen, bis die Nähe ihrer Brutheimat sie ver- 
‚anlasst, seitwärts abzubiegen. Auffallend hierbei ist allerdings, 
dass diese Vögel auf dem Frühjahrszuge, wo sie es eilig haben, 
einen so grossen Umweg machen. Beobachtungen über der- 
artige Storchzüge in den übrigen Ostseeprovinzen würden von 
grossem Interesse sein und diese auffallenden Erscheinungen 
aufklären helfen, wobei noch zu beachten bleibt, dass auch noch 
andere Vögel, wie Kampfläufer und Lerchen, auch Bussarde, die- 
selbe Richtung einschlagen. Ich wollte hier ferner noch bemerken, 
dass im Frühjahr 1901, der Termin ist mir nicht bekannt, in der 
Nähe von Schwerin grössere Storchzüge beobachtet sind, die aus 
Südosten kamen und nach Nordwesten weiter wanderten. Auch 
diese Züge deuten darauf hin, dass die Störche aus dem Osten 
von Afrika ihre Rückwanderung antreten. 

Wenn nun auch sichere Beobachtungen darüber vorliegen, 
dass beim Fortzuge, also in den letzten Tagen des Augusts, die 
Störche in grossen Scharen südwestlich wandern, so war mir 
bisher aus sicheren Beobachtungen etwas Bestimmtes über die 
Richtung des Frühjahrszuges hier in Mecklenburg nicht bekannt, 
ich konnte auch in der Litteratur Aufzeichnungen hierüber nicht 
finden, bis ich in den letzten Jahren diese auffallende Erscheinung 
sah. Man sieht auch im Frühjahre wandernde Storchscharen; 
aber bei ihnen ist es in den meisten Fällen nicht leicht die Zug- 
richtung festzustellen, weil dieselben nicht in einer geraden 
Linie wandern, sondern grosse kreisende Bewegungen beschreiben, 
aus denen.die genaue Richtung schwer zu entnehmen ist. Trotz 
der Häufigkeit des Vogels ist meist über die Ankunft weiter 
nichts zu ermitteln, als dass er plötzlich auf seinem Nest sitzt 
und sich dort sofort heimisch und vertraut zeigt. Nur in ganz 
seltenen Fällen ist gesehen worden, wie der Storch aus einer 
sehr hohen Luftschicht sich in einer Spirallinie auf sein Nest herab- 
lässt, ohne dass man vorher hat feststellen können, aus welcher 
Richtung die Ankunft erfolgte, so wurde noch am 7. IV. 1901 
gesehen, wie das hier in Schwerin nistende Paar aus einer Schar 
von 20 Stück sich ablöste und sein Nest bezog. 

Es sind mir nach diesen Wahrnehmungen noch weitere Er- 
scheinungen in dem Zuge der Störche aufgefallen, welche bisher 


ee 


z48 C. Wüstnei: 


noch nicht eine genügende Erklärung gefunden haben. Während | 
der Herbstzug sowohl in Nord- wie auch in Süddeutschland 
ziemlich gleichmässig einsetzt, der Abzug erfolgt überall in der 
Zeit vom 23. bis 28. August, treten im Frühjahr bei den Ankunfts- \ 
zeiten so grosse Zeitunterschiede auf, dass diese nicht durch die 
geringe Entfernung zwischen Mittel- und Norddeutschland, auch 
nicht durch klimatische Unterschiede erklärt werden können. 
In Süd- und Mitteldeutschland, kommen die Störche schon Ende 
Februar oder Anfang März zurück, während hier in Mecklen- 
burg die erste Hälfte des April diejenige Zeit ist, in welcher sich 
der Storch bei uns einstellt, nur ausnahmsweise lässt sich bei 
gelindem Wetter einer oder der andere in den letzten Tagen des 
März sehen. Es fällt also hier in Norddeutschland die durch- 
schnittliche Ankunftszeit um 4 bis 5 Wochen später, dieser Zeit- 
unterschied kann nicht durch die Dauer des Weiterzugs von 
Süddeutschland bis hier und auch nicht durch klimatische Ein- 
flüsse erklärt werden. Da nun wohl nicht anzunehmen ist, dass 
die Störche in Süd- und Mitteldeutschland bei ihrer Rückkehr 
aus den Winterquartieren den grossen Umweg über die Ostsee 
machen werden, sondern mehr auf direkt südlichem Wege zurück- 
kehren mögen, so möchten die oben erwähnten grossen Zeitunter- 
schiede eher durch verschiedene Zugstrassen erklärt werden können, 
sodass die südlichen Störche auf kürzerem Wege bei weitem 
früher in ihrer Brutheimat eintreffen. Vielleicht mögen auch - 
ähnliche Verhältnisse bei anderen Zugvögeln vorliegen, z. B. beim 
Kuckuck, der hier in der ersten Woche des Mai eintrifft, während 
derselbe sich in Süddeutschland schon einige Wochen früher 
hören lässt. Ich wiederhole hier nochmal, dass es sich bei den 
Störchen nicht um einzelne Zugerscheinungen handelt, sondern 
um eine sich alljährlich wiederholende Thatsache, dass auf Poel 
den ganzen April hindurch die Züge fast Tag für Tag in grosser 
Zahl immer genau aus derselben nordöstlichen Richtung eintreffen 
und nach Südwesten zu ins Binnenland weiter wandern. Man 
würde vielleicht über den Frühjahrszug des Storches interessante 
Aufklärungen erhalten können, wenn einmal die von Middendorff 
besprochenen Linien gleicher Ankunftszeiten, die sogenannten Ise- 
pipthesen, für das mittlere Europa festgelegt würden. Aus diesen 
Linien, namentlich aus den sprungweisen Absätzen derselben, 
würde sich vielleicht ergeben, bis zu welcher nördlichen Breite 
die Störche direkt aus südlicher Richtung sich einstellen, und 


Der Vogelzug in Mecklenburg. 249 


wieweit die Zone Norddeutschlands reicht, welche von Osten her 
ihren Zuzug erhält. 

Ich kann nicht umhin, bei Besprechung der Richtung des 
Vogelzuges der Gätkeschen Beobachtungen zu gedenken. Wie 
erklärt es sich, dass die ungeheuren Scharen wandernder Vögel, 
die im Herbste von Osten nach Westen über Helgoland dahin- 
ziehen, die also auch auf diesen Zuge Schleswig-Holstein, Mecklen- 
burg und die übrigen Ostseeländer berühren müssen, hier so 
wenig bemerkt werden? Es sind z. B. in Pommern und auch 
auf Poel im October wandernde Krähen bemerkt, die zuerst in 
kleinen Gesellschaften von etwa 6 Stück, nach und nach etwas mehr 
bis zu 100 Stück, der Küste entlang hintereinander herziehen, 
aber wo bleiben die Myriaden, die über Helgoland dahinziehen. 
Ein Gleiches gilt auch für die Goldhähnchen, von denen einzelne, 
auch an unserem Bastorfer Leuchtturm in dunklen October- und 
Novembernächten gefangen wurden. Es ist einmal auch Phyllo- 
pneuste superciliosa angeflogen, auch vereinzelte asiatische Drosseln 
haben sich hier in Dohnen gefangen, aber was bedeutet dies 
gegen die grosse Masse in Helgoland. Auch von Schleswig- 
Holstein, welches diese gewaltigen Massen quer überfliegen müssen, 
ist nicht bekannt, dass viel von dem Helgoländer Zuge bemerkt 
wird. Wollte man anführen, der Zug ginge in einer solche Höhe 
über die Länder hinweg, dass nichts bemerkt werden könnte, so 
würde wiederum die Frage schwer zu beantworten sein, weshalb 
die Vögel gerade über Helgoland sich in niedrigen Regionen 
bewegen und vielfach dort auch längeren Aufenthalt nehmen. 
Sollte Ruhe und Erholung nach einer langen Reise über das 
Meer die Ursache sein, so würde diese Ursache ebenso gut für 
die Küsten der Ostsee zutreffend sein. 

Sammel- und Raststationen. Behufs Erforschung des 
Vogelzuges ist es von grosser Wichtigkeit in seinem Beobach- 
tungsgebiet die Sammelstationen der von uns fortziehenden Brut- 
vögel sowie auch die Raststationen der durchziehenden Vögel 
zu kennen. An diesen Plätzen entfaltet sich zeitweise ein reiches 
Vogelleben und hier vereinigen sich auch die einheimischen Brut- 
vögel mit den aus Norden durchziehenden Vögel gleicher Art. 

Wie bekannt, haben die weissen Störche gewisse Plätze, auf 
denen sie sich vor der Abreise nach Süden zu versammeln pflegen. 
Derartige Plätze bieten die einige Meilen südlich von Schwerin 
gelegenen Lewitzwiesen, hier versammeln sich dieselben in grosser 

Journ. f. Orn. L. Jahrg. April 1%2, 17 


250 C. Wüstnei: 


Masse, in der Mitte des August wurden schon viele Hunderte 
gezählt und diese Zahl vergrösserte sich bis zur Abreise noch 
täglich. Auch im Übrigen bieten diese Wiesen Interesse für den 
Vogelzug, gegen den Winter sammeln sich die Saatgänse in 
zahllosen Scharen, auch nordische Enten, ferner stellen sich all- 


winterlich mehrere Seeadler ein, die diese ergiebigen Jagdgründe 
auszunutzen wissen. 

Die bereits oben erwähnte Einbruchsstrasse von der Ostsee 
über die Wismarsche Bucht und den Schweriner See findet durch 


das aus dem südlichen Teil des Sees sich fortsetzende Störthal 


ihren weiteren Verlauf nach den Lewitzwiesen und dem Elbe- 
thal. Gewisse Arten von nordischen Enten und Saatgänse halten 
sich hier in grosser Zahl auf. Aber auch nordische Raubvögel, 
welche im Herbst und in den ersten Wintermonaten zuerst an 
der Ostseeküste erscheinen, trifft man später auf dem Schweriner 


See und den Lewitzwiesen an, namentlich Seeadler, die hier dem 


Wassergeflügel nachstellen. Ferner ist der Zwergfalke, Hypotrior- 
chis aesalon, auf der Strecke von Poel über den Schweriner See 
bis nach Gralow hin verhältnismässig häufig erlegt und beobachtet 
worden, ich selbst sah ihn mehrfach über den Schweriner See 
an den Rohrwaldungen entlang von Norden nach Süden streichen. 

Auf grösseren Gewässern versammelt sich das fortziehende 
Wassergeflügel oft in grossen Scharen, was man hier auf dem 
Schweriner See beobachten kann. Sierna hirundo und Hydroche- 
lidon nigra kamen in den letzten Tagen des August und der 
ersten Woche des Septembers an gewissen Stellen des Sees in 
grosser Zahl zusammen, welche Scharen sich durch ein sehr 
lärmendes Wesen auszeichnen, bis dieselben plötzlich verschwun- 
den sind. Ebenso macht es Larus ridibundus, deren Scharen 
bis Ende Oktober verweilen, auch bleibt eine ziemliche Anzahl 
davon zurück, solange es offenes Wasser giebt. Das Wasserhuhn, 
Fulica aira, sammelt sich schon Ende September ebenfalls in 
grossen Scharen zu Tausenden, ohne dass diese sich beeilen, die 
Reise nach dem Süden anzutreten. Es wird überall als Zugvogel 
angeführt, aber hier halten diese Scharen sich auf, bis die Seen 
zufrieren, und noch im Januar sieht man bei offenem Wasser 
Unmassen dieser Vögel, und selbst in strengen Wintern bleiben 
immer kleinere Gesellschaften hier. Der grosse Haubentaucher, 
Podiceps cristatus, der sonst eben nicht sehr gesellig ist, sammelt 
sich vor dem Fortzuge ebenfalls in grösseren Scharen, so be- 


Der Vogelzug in Mecklenburg. 251 


‚merkte ich noch am 5. Okt. 1900 auf dem südlichen Teil des 
‚Schweriner Sees in der Nähe der Insel Kaninchenwerder Scharen, 
die ich auf 400 bis 500 Stück veranschlagen konnte, bis diese 
‚dann bald verschwanden. Es sind alljährlich meist dieselben 
Stellen des Sees, wo diese Versammlungen stattfinden. Einzelne 
dieser Taucher findet man noch später und selbst in den Winter- 
monaten, aber dies sind Junge aus verspäteten Bruten, die im 
Oktober noch nicht reisefähig sind und die dann in strengen 
Wintern umkommen müssen. Ich bemerkte einmal noch Anfang 
Oktober junge Vögel in der Färbung des Dunenkleides. 

Die Sägerarten, Mergus, schlagen sich ebenfalls zu grösseren 
Vereinen zusammen, wenn auch nicht in dem Masse, wie Podiceps 
und Fulica, da sie als Brutvögel nicht so häufig sind. Anfang 
Oktober sieht man auf dem Schweriner See Mergus serrator oft 
in Gesellschaften, einmal am 4. Oct. 1900 sogar eine von ca. 100 
Stück. Da die nordischen Säger hier so früh noch nicht erscheinen, 
so muss man annehmen, dass es ebenfalls hiesige Brutvögel sind. 

Von Mergus merganser sieht man auf dem Pinnower See zu 
derselben Zeit ebenfalls grössere Gesellschaften, die aus den 
dortigen Brutrevieren stammen. Einmal sah ich sogar eine Schar 
von 100 Stück, aber erst im Januar, dies mögen vielleicht 
nordische Vögel gewesen sein. 

Als Raststationen für wandernde Strandvögel kommen an 
unserer Küste solche Stellen in Betracht, welche flache sandige 
Uferstrecken haben, die zeitweise frei von Wasser und nicht 
durch starken Wellenschlag beunruhigt sind. Vor allen Dingen 
sind hier zu nennen der lange Werder bei Poel und der Tarne- 
witzer Ort an der Westecke des Wohlenberger Wieks, auf diesen 
beiden Stellen ist während der Zugzeit fast immer ein bunt 
bewegtes Leben, denn nicht allein die Strand-, sondern auch 
allerhand Wasservögel halten sich hier mit Vorliebe auf. Dies 
wissen die Jäger, die an diesen Stellen oft reiche Beute machen. 
Für solche Vögel, die sich auf Strandwiesen aufhalten, bieten 
die weitläufigen Wiesen des Fischlandes beim Kirchdorf Wustrow 
zwischen der Ostsee und dem Ribnitzer Binnensee beliebte Ver- 
sammlungs- und Rastplätze. 

Wie schon bemerkt, werden der Schweriner See und eben- 
so die übrigen im westlichen Mecklenburg gelegenen Seen, obgleich 
der Ostküste so nahe, von dem Zuge der Seestrandsvögel wenig 
oder garnicht berührt. Anders ist dies jedoch bei unserem 

17* 


252 C. Wüstnei: 


grössten Landsee, dem im Südosten von Mecklenburg Schwerin 


belegenen Müritzsee. Auch hier rasten derartige Vögel während 
der Zugzeit. So sind der Alpen- und der Zwergstrandläufer 
oft nicht selten und auch in kleineren Trupps vertreten, ferner 
auch der sonst als hartnäckiger Küstenvogel bekannte Regen- 


brachvogel, auch einzelne Austernfischer zeigen sich daselbst, 
um an den einsamen Uferstrecken zu rasten. Diese Vögel mögen 
von Rügen oder dem Dars direct auf südwestlichem Wege dorthin 


gelangen, um dann ihren weiteren Weg durch das Binnenland zu 
nehmen. Andere Rastplätze auf ihrem weiteren Wege dürften 
die Eisleber Seen, der Rhein und die Schweizer Seen abgeben. 


Eine frühere Zusammenstellung der von Just am Eisleber See 


beobachteten Vögel führt alle diese Vögel, auf zum Teil als nicht 
selten vorkommend. Sollte nicht das Verschwinden der Eisleber 


Seen einen ungünstigen Einfluss auf den Zug der Wasser- und 
Strandvögel ausüben oder wenigstens diesen Zug nach einer 
anderen Richtung ablenken? Auch andere Seen im östlichen 
Mecklenburg werden von Seestrandvögeln besucht, so ist Zringa 
alpina am Goldberger See während des Herbstzuges öfter erlegt 
worden. 

Stare und Schwalben versammelm sich vor ihrem Fortzuge 
in sehr grossen Scharen, die Stare an den rohrbewachsenen 
Ufern der Landseen, die Schwalben gern auf den in der Nähe 
der Ostsee gelegenen Feldern. So bemerkte ich schon im 
August auf der Halbinsel Wustrow grosse Gesellschaften, und 
in der ersten Hälfte des Septembers war der lange Werder bei 
Poel ganz mit Schwalben von allen drei Arten zu vielen 
Tausenden bedeckt. Auch während des Frühjahrszuges werden 
die Küstenstrecken vor der Weiterwanderung über das Meer als 
Raststationen benutzt, so wurden am 1. Mai d. J. (1901) in allen 
Gärten und überall im Gebüsch auf der Insel Poel kleine Vögel 
verschiedener Art in grosser Anzahl beobachtet, die Tags darauf 
alle verschwunden waren. Soweit die Ermittelungen als sicher 
angesehen werden konnten, waren es hauptsächlich Trauerflieger- 
fänger, Muscicapa luctuosa, und Gartenrotschwänze, Ruticilla 
phoenicura. Es waren jedoch noch andere Arten dabei, die aber 
nicht sicher festgestellt werden konnten. 

Zugvögel, Wanderer, Irrgäste: Die hiesigen Zugvögel 
sind entweder solche Arten, welche hier brüten und den Winter 
in wärmeren Ländern zubringen, oder es sind nordische Arten, 


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Der Vogelzug in Mecklenburg. 253 


‚die regelmässig im Herbst und Winter sich hier einfinden, um 
in unseren Breiten längeren Aufenthalt zu nehmen oder ebenfalls 
noch weiter nach Süden zu wandern. Selbstverständlich passieren 
auch solche nordische Arten auf dem Zuge unser Land, welche 
auch bei uns brüten und daher meist nicht von unseren Vögeln 
gleicher Art zu unterscheiden sind. 

Ausser diesen Vögeln, die regelmässig alle Jahre ihren Zug 
nach dem Süden antreten, giebt es noch Wandervögel, oft aus 
sehr entlegenen Ländern, welche nicht regelmässig alle Jahre 
unser Land besuchen. Da sind zunächst diejenigen Vögel, welche 
von Zeit zu Zeit in unregelmässigen Perioden, dann aber oft in 
grosser Zahl bei uns erscheinen, wie Tannenhäher, Seidenschwänze, 
 Hakengimpel, Steppenweihen, Steppenhühner. Diese Vögel kommen 
meist aus nordöstlichen oder östlichen Ländern, oft aus weiter 
Entfernung und in einzelnen Jahren in grosser Anzahl zu uns. 
Was diese Vögel zur Auswanderung zwingt, ob Nahrungsmangel 
oder irgend eine andere Ursache, ist noch nicht aufgeklärt. 
Ein grosser Teil dieser Auswanderer scheint nicht wieder in die 
_ ursprüngliche Heimat zurückzukehren, sie scheinen aber auch 
nicht in den westlichen Ländern eine bleibende Stätte zu finden, 
sondern dem ihnen ungewohnten Klima oder einer nicht passenden 
Nahrung zu erliegen. 

Ferner kommen noch einzelne seltene Vögel meist aus süd- 
östlichen oder südlichen Ländern zu uns, welche man als Irrgäste 
oder verirrte Wanderer bezeichnen kann, dies sind z. B. die 
südeuropäischen Geier, Kragen- und Zwergtrappen, Rennvogel, 
Girlitz, Sichler, einige der südöstlichen Reiherarten und andere. 
Alle diese Erscheinungen kann man aber als grosse Ausnahmen 
betrachten, die durch irgend welche Umstände sich in nördliche 
Gegenden verirrt haben. Schliesslich sind noch solche Vögel zu 
erwähnen, welche durch Stürme meist aus nordwestlichen Gegenden 
zu uns verschlagen worden sind, wie der Basstölpel, der kleine 
_Sturmvogel und einige Raubmöven. (Schluss folgt.) 


RR In 


254 


Deutsche Ornithologische Gesellschaft. 
Bericht über die Januarsitzung. 


Verhandelt Berlin, Montag den 5. Januar 1902, Abends 
8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92 11. | 

Anwesend die Herren Reichenow, Deditius, Grunack, 
Jacobi, Haase, Gottschlag, Matschie und Heck. | 

Von auswärtigen Mitgliedern Herr Bünger (Potsdam). 

Als Gäste die Herren: Höpfner, Lusche aus Berlin und 
C. Falz-Fein (Cherson). | 

Vorsitzender: Herr Reichenow. Schriftführer: Herr 
Matschie. 

Herr Reichenow legt eine Anzahl von neu eingegangenen 
Schriften vor und bespricht dieselben. 

Herr Heck setzt alsdaun seine in der letzten Sitzung des 
Jahres 1901 angefangenen Mitteilungen über seine Beobach- 
tungen in Taurien fort. 

Herr Matschie macht in der Besprechung dieses Vortrages 
auf die Wichtigkeit genauer Untersuchungen der Zugvögel von 
Südrussland, namentlich der dort gefangenen Sprosser und Nach- 
tigallen aufmerksam, weil nur durch sichere Bestimmung der dort 
durchziehenden Vögel genaue Schlüsse auf die Richtung des 
Vogelzuges möglich seien. 

Herr Reichenow bezweifelt das Brutvorkommen von Ca- . 
dris in Südrussland und glaubt, dass das Fehlen von Tetrao 
tetrix kein endgiltiges zu sein brauche, da das Birkhuhn als 
Zigeunervogel häufig seine Wohnorte wechsle. 

Die Herren Reichenow und Matschie machen einige 
Bemerkungen über Zugrephühner. 

Herr Reichenow spricht über Muscicapa riisi Hartl. und 
begründet auf diesen eigentümlichen Fliegenfänger die neue 
Gattung Oreomyias. 

Derselbe legt zum Schluss einige Vögel von Nauru vor. 
Der Sammler Herr L. Kaiser auf Nauru, hat dazu folgende 
Bemerkungen geschickt: 


+ Fregata ariel (J. Gd.) 
l. Augen: schwarzbraun, Schnabel und Füsse: blaugrau, 
Schnabelspitze weisslichgrau. Länge: 71 cm, Fl./Schw. 41cm. 
(Geschlecht anscheinend männlich. — 2. Entspricht in Färbung 


Bericht über die Januarsitzung. 255 


‚ und Kleid genau der No. 1. Länge: 78 cm, Spannweite 1,82 m, 
 Fl./Schw. —2 cm, Gewicht 11/, Pfd. (engl.), Geschlecht unbestimmt. 
- — 3. Lebte einige Monate in Gefangenschaft. Soll beim Einfangen 
ein helleres, braunes Federkleid getragen haben. Augen, Schnabel 
und Füsse ähnlich wie bei No. 1 und 2 gefärbt. Nackte Haut 
am Halse zur Zeit des Einfangens angeblich blutrot. Länge 
72 cm, Spannweite 1,78 m, Fl./Schw. +1 cm, Gewicht 11/, Pfd. 
(engl.), Geschlecht unbestimmt. 

Die Fregattvögel brüten hier nicht. Sie treffen ab und zu 
einzeln oder auch in kleineren Gesellschaften ein und werden — 
durch gezähmte Vögel angelockt — von den Eingeborenen mittelst 
Wurfschlingen im Fluge gefangen. Sie dienen Jahre lang zu 
Gespielen der Eingeborenen und werden hauptsächlich mit flie- 
genden Fischen gefüttert. Der Sendung ist eine Wurfschlinge 
beigefügt. Die Schnur wird durch den Ring am kleinen Finger 
der linken Hand befestigt, die Wurfkugel mit der Rechten im 
Kreise vertikal geschwungen und mit fast unfehlbarer Sicherheit 
oft 100 Fuss hoch und darüber zum Fange geschleudert. 


Sterna media Horst. 

4. Von den Eingeborenen „Manuje“ genannt. Fliegt einzeln, 
aber sehr selten, hier zu. Augen schwarzblau, Schnabel gelblich 
braun, Füsse braun. Länge 49 cm, Spannweite 95 cm, Fl./Schw. 
—-5 cm, Gewicht !/, Pfd. (engl.), Geschlecht unbestimmt. 


+Sula piscator (L.) 

5. Von engl. Seeleuten „Booby“, von deutschen „Döskopp“ 
genannt. Fliegt ab und zu einzeln hier zu und lässt sich leicht 
mit der Hand gefangen nehmen. 

Augen hellbraun, Schnabel fleischfarbig, Füsse grau. Länge 
66 cm, Spannweite 1,45 m, Fl./Schw. 44 cm. Gewicht 1 Pfd. 9 
Unzen (engl.), Geschlecht anscheinend männlich. 


+@ygis microrhyncha Saund. 
6. Jung. In Gefangenschaft aufgebracht. Augen schwarz, 
Schnabel und Füsse dunkelblau. Länge 34 cm, Spannweite 63 
em, Fl./Schw. +4 cm. Geschlecht unbestimmt. 


"Anous stolidus (L.) 
7. Augen und Schnabel schwarz, Füsse dunkelbraun. Länge 
41 cm, Spannweite 66!/, cm, Fl./Schw. 0, Gewicht 6 engl. Unzen, 
&eschlecht weiblich. 


256 Bericht über die Januarsitzung. 


-Anous leucocapillus J. Gd. 

8. Augen und Schnabel schwarz, Füsse gelblich braun, Länge 

36 cm, Spannweite 661/, cm, Gewicht 31/, Unzen (engl.), Geschlecht 
unbestimmt. | 
Die Tölpel brüten hier (namentlich No. 7 und 8) in grösserer 
Anzahl (kolonienweise). 


} Arenaria interpres (L.) 
9a. Von Eingeborenen „Tigitiba“ genannt. Augen dunkel- 
braun, Schnabel dunkelgrau, Füsse gelblich. Länge 24 cm, 
Spannweite 48 cm, Fl./Schw. —1/, em, Gewicht !/, Pfd. (engl.), 
Geschlecht weiblich. — 9b. Länge 22 cm, Spannweite 40 cm, 
Fl./Schw. —+1!/, em, Gewicht !/, Pfd. (engl.),Geschlecht unbestimmt. 


+-Totanus incanus (Gm.) 


9e. Bezeichnung der Eingeb. „Kirir“. Augen schwarz, Schnabel 
dunkelgrau, Füsse oliven, Länge 28cm, Spannweite 51 cm, Fl./Schw. 
—-1 cm, Gewicht 1/, Pfd. (engl.), Geschlecht unbestimmt. 


—-Oharadrius fulvus Gm. 


9d. Bezeichnung der Eingeb. „Wui“. Augen braun, Schnabel 
dunkelgrau, Füsse grau, Länge 30 cm, Spannweite 54 cm, Fl./Schw. 
—-11/, em, Gewicht !/, Pfd. (engl.), Geschlecht weiblich. 


Numenius veriegatus (Scop.) 


9e. Bezeichnung der Eingeb. „Kiwoi“ (Kiwoi, d. i. „Komm mit“, 
ist der Ruf dieses Vogels, vor dem die Eingeborenen eine aber- 
gläubische Scheu haben, da er die Seelen der Leute mit diesem 
Rufe abrufen soll). Augen braun, Schnabel dunkelgrau, unten 
an der Wurzel fleischfarbig, Füsse schiefergrau, Länge 45 cm, 
Spannweite 80 cm, Fl./Schw. 0, Gewicht !/, Pfd. (engl.), Geschlecht 
männlich. 

(Es giebt noch eine, der No. 9e. ähnliche Strandschnepfe 
mit geradem Schnabel, der ich nicht habhaft werden konnte). 

Die Schnepfen kommen und gehen. Gewöhnlich halten sie 
sich einige Wochen hier auf. Niemand will sie hier brüten ge- 
sehen haben. 

7-Puffinus obscurus (Gm.) 


10. Von englischen Seeleuten „Muttonbird‘ genannt. Nistet 
in tiefen Felsenlöchern und Spalten. Augen schwarz, Schnabel 


Bericht über die Märzsitzung. 257 


' dunkelgrau, Füsse aussen dunkelgrau, innen fleischfarbig. Länge 
32 cm, Spannweite 60 cm, Fl./Schw. +1 cm, Gewicht 61/, Unzen 
_(engl.), Geschlecht unbestimmt. 


Tatare rehsii Finsch. 


11. Augen schwarz, Schnabel dunkelgrau, unten fleischfarbig, 
Füsse schiefergrau. Länge 16 cm, Spannweite 22 cm, Fl./Schw. 


4 cm, Gewicht ?/,;, Unze (engl.), Geschlecht unbestimmt. — 


Nisten hier und sollen in den benachbarten Inselgruppen nicht 
vorkommen. Erinnert in seinem Gesange an den Kanarien- 
vogel. Lässt seine schönen Weisen gern in der Nacht — 
namentlich gegen den Morgen hin ertönen. Gilt auch als 
Insektenvertilger. Matschie. 


Bericht über die Märzsitzung. 


Verhandelt Berlin, Montag, den 3. März 1902 im Biblio- 
thekzimmer des Architekten-Vereinshauses, Wilhelmstr. 92 II. 

Anwesend die Herren Schalow, Reichenow, Grunack, 
von Treskow, Heinroth, Paeske, Haase, Matschie, Heck, 
Neumann, von Lucanus, Deditius, Jacobi, Gottschlag. 

Als Gäste die Herren Kothe, Wagner (Berlin) und Amts- 
richter Spener (Woldenburg). 

Vorsitzender: Herr Schalow. Schriftf.: Herr Matschie. 

Nachdem der Bericht über die Januarsitzung verlesen und 
angenommen war, (an Stelle der Februarsitzung war ein Vortrag 
des Herrn Dr. Heinroth über seine Reise nach den Bismarck- 
inseln getreten), teilte der Vorsitzende mit, dass ein früher 
sehr thätiges Mitglied, Herr Baumeister Sachse (Altenkirchen), 
gestorben ist. 

Herr Reichenow gab alsdann eine kurze Übersicht über 
die in den letzten Wochen erschienenen ornithologischen Schriften. 
Auch die Herren Schalow und Matschie legten einige Arbeiten 
vor und besprachen sie. 

Herr von Lucanus hielt einen Vortrag über Schutzfärbung, 
der ausführlich mitgeteilt werden wird. 

An der Besprechung dieser bedeutsamen Ausführungen be- 
teiligen sich die Herren Schalow, Reichenow, Heinroth und 
Neumann. 

Herr Reichenow legte einige neue Arten vor: 


258 Bericht über die Märzsitzung. 


Campephaga ignea. Sehr ähnlich der ©. phoenicea, aber 
das Rot der kleinen und mitteleren Flügeldecken viel heller, 
feuerrot. Fl. 94—100 mm. Das Weibchen gleicht dem von (C.. 
phoenicea. Njangabo (Emin). — Pomatorhynchus australis; 
congener. Dem P. australis ussheri sehr ähnlich, aber die» 
Körperseiten und Unterschwanzdecken fahlgraubräunlich verwa-- 
schen. Niassagebiet. Diesem sehr ähnlich ist der Pomatorhynchus 
von Unterguinea, Kamerun bis Loango, der nicht der P. australis; 
ussheri ist. Die Oberseite ist etwas dunkler als bei P. a. congener 
und zieht mehr ins Rotbräunliche. Der Vortragende unterscheidet ; 
diese Form vorläufig als P. a. frater. — Lanius humeralis congi- 
cus. Von L. humeralis durch die Färbung der äussersten Schwanz- 
federn unterschieden, bei denen in der Regel nur die Spitze in 
10—20 mm Breite und die Aussenfahne oder deren Saum weiss 
sind, während die Innenfahne zum grössten Teil schwarz ist. 
Angola bis zum Seengebiet. — Der von Böhm als Lanius schalowi 
beschriebene Würger aus Afrika ist von L. excubitorius aus dem 
Nordosten durch graue, nicht weisse, Oberschwanzdecken und 
längere Flügel ‚unterschieden. Leider kann der Name nicht be- 
stehen bleiben, weil L. schalowi bereits Synonym von L. cepha- 
lomelas Bp. ist. Herr Reichenow schlägt dafür den Namen 
L. böhmi vor. 

Von Herrn Freiherrn v. Erlanger liegt die Beschreibung 
eines neuen Spechtes vor. Dendropicus hemprichi albicans. Dem . 
D. hemprichi sehr ähnlich, aber kleiner und oberseits viel weisser; 
die weissen Querbinden sind viel breiter. Fl. 76—80 mm. Djuba. 

Herr Heinroth teilt mit, dass er beim $ des Centropus 
ateralbus stets nur einen und zwar den rechten Hoden entwickelt 
gefunden habe. 

Herr Schalow sprach zum Schlusse über die Sonderung 
des Nordpolargebietes als selbstständige zoologische Region. 

Die Besprechung dieses Vortrages wurde wegen vorge- 
rückter Zeit auf die nächste Sitzung verschoben. Matschie. 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


American Ornithology fore the home and school. publ. by Ch. K. 
Reed. Worcester, Mass. Vol. II. No. 1 Jan. 1902. 


The Annals of Scottish Natural History. A Quarterly Magazine. 
Edinburgh. No. 41. 1902. 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 259 


| Aquila. Zeitschrift für Ornithologie. Heft 3—4 1901. 


The Auk. A Quarterly Journal of Ornithology. Vol. XVII. 
Nos1. 1902. 


Bulletin de la Societe Philomathique de Paris, 19. ser. Tome 
II. No. III et IV. 1900-1901. Paris 1901. 


Bulletin of the British Ornithologists’ Club. No. LXXXIV— 
LXXXVI Dec. 1901—Febr. 1902. 

The Ibis. A Quarterly Journal of Ornithology. (8.) Il. 1902. 
Heft 1. 

Ornithologisches Jahrbuch. Organ für das palaearktische Faunen- 
gebiet. Herausgegeben von Victor Ritter von Tschusi zu 
Schmidhoffen. XlII. Jahrg. 1902. Heft 1u.2. 


Ornithologische Monatsschrift des deutschen Vereins zum Schutze 
der Vogelweit XXVI. No. 1—4. 1902. 


Der Ornithologische Beobachter. Wochenschrift für Vogellieb- 
haber und Vogelschutz. Herausgegeben von C. Daut. Bern. 
Jahre 1. Heft 4 u. 5. 

Records of the Australian Museum. Vol. IV. No. 5. Sydney 1902. 


Yearbook of the United States Department of Agriculture 1900. 
Washington 1901. 

O. Bangs, On a collection of birds from the Liukiu Islands. 
(Abdruck aus: Bull. Mus. Comp. Zool. Harvard College 
XXXVI No. 8). 

A. Bonomi, Il quinto Congresso Zoologico internazionale di 
Berlino e l’escursione dei congressisti sul mar del nord. 
(Abdruck aus: Atti Acc. Sc. Lett. Arti d. Agiati in Rovereto 
Ser. III. Vol. VII. Fasc. IIT-IV. Anno 1901). 


A. Boucard, Les oiseaux utiles et nuisibles.. (Abdruck aus: 
Ornis XI. 1901). 


R. Burckhardt, Das Problem des antarktischen Schöpfungs- 
centrums vom Standpunkt der Ornithologie. (Abdruck aus: 
Zool. Jahrg. XV. 1902). 


S. A. Buturlin, Synoptische Tabelle der Jagdvögel des Russischen 
Reichs. St. Petersburg 1901. (In russischer Sprache). 

S. A. Buturlin, Die Wild-Gänse des Russischen Reiches mit 
Beschreibung neuer Formen. Tula. (In russischer Sprache). 

St. Chernel von Chernelhäza, Über Nisten der Wachholder- 
drosselin Ungarn. Vögel mit difformen Schnäbeln. (Abdruck 
aus: Aquila VIII. 1901). 

St. Chernel v. Chernelhäza, Vom Schutze der Thiere, ins- 


besondere vom Schutze der nützlichen Vögel. Herausgegeben 
vom Landes-Thierschutzverein). ' Köszeg. 


260 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


L. 


K. 


F. 


Döderlein, Über die Beziehungen nahe verwandter „Tier- 
formen‘‘ zu einander. (Abdruck aus: Zeitschr. f. Morph. u. 
Anthrop. Bd. IV. Heft II. S. 394—442). 


Eckstein, Aus dem Vogelleben. (Abdruck aus: Deutsche 
Jägerzeitung. Bd. 38. No. VI). | 


Finn, On the Specific Validity of Ploceus megarhynchus 
Hume. (Abdruck aus: The Ibis. Jan. 1901). 


. Finsch, Über eine neue Art Haarvogel aus Central-Borneo. 


(Abdruck aus: Notes Leyden Mus. XXIII. S. 95—96). 


. Finsch, Zur Catalogisirung der Ornithologischen Abtheilung. 


VIII. Certhiidae. (Abdruck aus: Notes Leyden Mus. XXI. 
S. 58—862). 


. Finsch, Zur Catalogisirung der Ornithologischen Abtheilung 


IX. Cuculi. (Abdruck aus: Notes Leyden Mus. XXI. 
S. 97—110). 


. Friedländer u. Sohn, Bücher-Verzeichnis No. 436. Abt. 


Örnithologie. Berlin. 


. Friedländer u. Sohn, Naturae Novitates. Bibliographie 


neuer Erscheinungen aller Länder auf dem Gebiete der 
Naturgeschichte und der exacten Wissenschaften. No. 1— 
24. 1901. 


. Friedländer u. Sohn, Bericht über die Verlagsthätigkeit. 


No. XLV. Jan. bis Juni. 1901. 


. Gaal de Gyula, Der Phalaropus lobatus (L.) in der Vogel- 


fauna des Balaton-See. (Abdruck aus: Aquila VII. 1901). 


.Hatert, On an overlooked indian swift. (Abdruck aus: Ornis 


x7 1901). 


. Hartert and C. E. Hellmayr, On two new Thrushes from 


Western Colombia. (Abdruck aus: Novit. Zool. VIII. Dec. 1901). 


. Häcker und G. Meyer, Die blaue Farbe der Vogelfedern. 


(Abdruck aus: Zool. Jahrb. XV. 1901). 


G. Hagmann, Der zoologische Garten des Museums Goeldi in 


= 


C. 


(ep) 


Ö. 


Parä (Brasilien), mit besonderer Berücksichtig der Tierbe- 
schaffung. Frankfurt a. M. 1901. 

E. Hellmayr, Über einige Arten des Genus Tihryophilus. 
(Abdruck aus: Verhandl. zool. bot. Ges. Wien 1901. S. 
167 —776). 

E. Hellmayr, Beschreibung von zwei neuen brasilianischen 
Vögeln. (Abdruck aus: Verhandl. zool. bot. Ges. Wien 1902. 
S. 95—98). 


.E. Hellmayr, Zur Revision der Gattung Poloptila. (Abdruck 


aus: Novit. Zool. VIIL. Oct. 1901). 
Herman, Vogelschutz. (Abdruck aus: Aquila VIIl. 1901). 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 261 


.‚ Herman, Vom Nutzen und Schaden der Vögel. Im Auf- 
trage des kgl. ungarischen Ministers für Ackerbau, Dr. J. 
Daränyi, verfasst. (Abdruck aus: Aquila VIII. 1901). 


.Janda, Weitere Berichte über den Röthelfalken in Süd-Mähren. 
(Abdruck aus: Orn. Jahrb. VIII. Heft 1 u. 2. 1902). 


. Jablonowski, Die landwirtschaftliche Bedeutung der Krähen. 
(Abdruck aus: Aquila VIIL 1901). 


. Th. Klatt, Über den Bastard von Stieglitz und Kanarienvogel. 
(Abdruck aus: Archiv f. Entwicklungsmechanik der Organismen 
XIM. 3. u. 4. Heft 1901). 


F. Lin dner, Zum Vorkommen der Steppenweihe (Circus macrurus) 
in Mitteleuropa während der letzten 12 Jahre, mit besonderer 
Berücksichtigung der diesjährigen Invasion. (Abdruck aus: 
Mntsschr. D. Ver. z. Schutze d. Vogelw. XX VII. 1902. 8.51 —59). 


F. Lindner, Kreuzschnabelmissbildungen. (Abdruckaus: Mntsschr. 
D. Ver. z. Schutze der Vogelw. XXVII. 1902. 8. 59—62). 


Macoun, Catalogue of Canadian Birds. Part. I. Water 
Birds, Gallinaceous Birds, and Pigeons. (Geol. Survey of 
Canada). Ottawa 1900. 


J. v. Madaräsz, Magyarorszäg Madarai. A Hazai Madärviläg 
Megismeresenek Vezerfonala. VIIL.—IX. Füzet. Budapest 1902. 


Martorelli, Ulteriori osservazioni sull’ Athene chiaradiae. 
(Abdruck aus: Atti Soc. It. Sc. Nat. Vol. XL 1902). 


. C. Oberholser, Description of a new Amazilia. (Abdruck 
aus: The Auk XV. No. 1. Jan. 1898). 


H. C. Oberholser, Descriptio nof a new North American Thrush. 
(Abdruck aus: The Auk XV. No. 4. Oct. 1898). 


H. C. Oberhoiser, Description of a new Geothlypis. (Abdruck 
aus: The Auk XVI. No. 3. July 1899). 


. C. Oberholser, A Synopsis of the Blue Honey-Creepers of 
Tropical America. (Abdruck aus: The Auk XVI. No. 1. 
Jan. 1899). 


H. C. Oberholser, The Authority from the Combination Oyp- 
seloides niger borealis. (Abdruck aus: The Auk XVI. No. 1. 
Jan. 1899). 


H. C. Oberholser, Some Untenable Names in Ornithology, 
(Abdruck aus: Proc. Acad. Natural Sc. Philadelphia March 1899), 


H. C. Oberholser, The Specific Name of Falco regulus. (Abdruck 
aus: The Auk XVI. No. 2. April 1399). 


H. C. Oberholser, Gallinago maior versus Gallinago media. 
(Abdruck aus: The Auk XVI. No. 2. April 1899). 


Een = 


jun) 


262 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


H. C. Oberholser, The Names of the Song Sparrows. (Abdruck 
aus: The Auk XVI. No. 2. April 1899). 


H. C. Oberholser, Piranga rubra and Carpodacus mexicanus 
frontalis preoccupied? (Abdruck aus: The Auk XVI. No. 2. 
April 1899). 

H. C. Oberholser, Certhia familiaris americana, not Oerthia 
f. fusca! (Abdruck aus: The Auk XVI. No. 2. April 1899). 


.C.Oberholser, Oliwicola versus Riparia. (Abdruck aus: The 
Auk XVI. 1899 S. 281). 


H. C. Oberholser, Family and Subfamily Names based on Sub- 
genera. (Abdruck aus: The Auk XVI. 1899 S. 285—286), 


H. C. Oberholser, A further Note on the Specific Name of Falco 
regulus. (Abdruck aus: The Auk XVII. No. 2. April 1900). 


H. C. Oberholser, A new Wren from Alaska. (Abdruck aus: 
The Auk XV. No. 1. Jan. 1900). 


H. C. Oberholser, Melvulus versus Muscivora. (Abdruck aus: 
The Auk XVIII. April 1901 S. 193—194). 


H. C. Oberholser, The flammulated Schreech Owls, Megascops 
flammeolus (Kaup) and Megascops flammeolus idahoensis Merr. 
(Abdruck aus: Ornis. Bull. Coın. Ornith. Intern. Bd.? Jahr.?). 


H. C. Oberholser, Seven new birds from Paraguay. (Abdruck 
aus: Proc. Biol. Soc. Washington XIV. 1901. S. 178—188). 


Oustalet et J. de Claybrooke, III. Congres Ornitholo- 
gique International. Paris 26—30. Juni 1900. Compte rendu 
des seances. Paris 1901. 


C. Parrot, I. Jahresbericht des Ornithologischen Vereins München 
für 1899 und 1900. Müchen 1901. 


as! 


= 


X. Raspail, Les legendes sur le Coucou. (Abdruck aus: Ornis 
x17 190]). 
R. Ridway, The Birds of North and Middle America. A. Des- 


criptive Catalogue of the higher groups, genera, species, and 
subspecies of birds known to occur in North America, from 
the Arctic Lands to the Isthmus of Panama, the West Indies 
and other islands of the Caribbean Sea, and the Galapagos 
Archipelago. Part I. Fam. Fringillidae Washington 1901. 
(Bull. Un. St. Nat. Mus. No. 50). 


R. C. Robbins, Bird-Killing as a Method in Ornithology. Cam- 
bridge Mass. 

W. Rothschild, Über die beiden Fregattvögel. (Abdruck aus: 
Mntschr. D. Ver. z. Schutze d. Vogelw. XXVL 1901. S. 
412—413. 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 263 


K. Russ, Der Kanarienvogel. Seine Naturgeschichte, Pflege und 
Zucht. Zehnte Auflage. Bearbeitet von R. Hoffschildt. 
Magdeburg 1901. 


T. Salvadori, Due nuove specie di uccelli dell’ Isola di S. Thome 
e dell’ isola del Principe raccolte dal sig. Leonardo Fea. 
(Abdruck aus: Boll. Mus. Zool. Anat. Torino XVI. No 414. 
Dies 1901). 


H. Schalow, Über geographische Verbreitung der afrikanischen 
Struthioniden und über ein Hilfsmittel zu deren Erforschung. 
(Abdruck aus: Ornis XI. 1901). 


F. E. Schulze, Nomenclaturfragen. 4. Subspecies und Varietas. 
(Abdruck aus: Zool. Anz. XXV. No. 663 1902). 


B.Shitkow und S. Buturlin, In Nord-Russland. Anthropologie, 
| Ethnographie etc. des Gouv. Archangel, der Insel Kolgujew 
| u. Nowajasemlja. Moskau 1901. [In russischer Sprache]. 


P. L. Sclater, On two recently discovered Additions to the genus 
Calliste. (Abdruck aus: The Ibis October 1901). 


G. E. Shelley, On a Collection of Birds from Nyasaland. 
(Abdruck aus: The Ibis October 1901). 


P.M. Silloway, Summer Birds of Flathead Lake. [Bull. Univ. 
Montana. Bull. No. 3 Biol. Ser. No. 1. Montana 1901.] 


L. Stejneger, The generie name Coccystes untenable. (Abdruck 
aus: Biol. Soc. Washington XV. March 1902. 8. 37). 


J. Thienemann, Über das Aufwachsen und den Federwechsel 
der Märzente (Anas boscas). (Abdruck aus: Deutsche Jäger- 
zeitung Bd. 38 No. 16 u. 17). 


V. v. Tschusi-Schmidhoffen, Der schlankschnäblige Tannen- 
heher in Österreich im Herbste 1900. (Abdruck aus: Schwalbe 
Neue Folge II. 1901). 


V. v. Tschusi-Schmidhoffen, Ornithologische Notizen. Otis 
tetrax im Marchfelde brütend. Aberration von Corvus corone. 
(Abdruck aus: Orn. Jahrb. XIII. Heft 1 u. 2. 1902). 


V. v. Tschusi-Schmidhoffen, Über paläarktische Formen. 
(Abdruck aus: Orn. Jahrb. XII. Heft 1 u. 2. 1902). 


H. F. Witherby, Bird Hunting on the White Nile. A Natura- 
lists Experiences in the Soudan. London 1902. 


Im Verlage von J. Neumann in Neudamm ist erschienen und| 
durch alle Buchhandlungen zu beziehen: 


Qie Kennzeichen 
Vögel Qeutschlands. 


Schlüssel zum Bestimmen, 
deutsche und wissenschaftliche Benennungen, geographische 
Verbreitung, Brut- und Zugzeiten der deutschen Vögel 


von 


Prof. Dr. Ant. Reichenow. 


Mit’ erläuternden Abbildungen. 
Preis geheftet 3 Mark, geschmackvoll gebunden 4 Mark. 


Das Buch ist in erster Linie für weitere, nicht fachmännische ı 
Kreise bestimmt. In gemeinverständlicher Darstellung und unter Beigabe ı 
erläuternder Abbildungen enthält es Anleitungen zum Bestimmen der 
Familien und Arten, führt den allgemein gebräuchlichen deutschen Namen. 
jeder Art und daneben den wissenschaftlichen, ferner auch die wichtigeren, , 
örtlich gebräuchlichen Bezeichnungen auf, lehrt die allgemeine Verbreitung 
der einzelnen Arten und deren besonderes Vorkommen in Deutschland 
kennen und giebt die Brut- und Zugzeiten an. Da das Buch aber auf’ 
streng wissenschaftlicher Grundlage gearbeitet ist, auch die erst in neuerer 
Zeit von den Ornithologen unterschiedenen Abarten berücksichtigt, in der 
Wahl der wissenschaftlichen Namen genau den herrschenden Regeln für 
die Benennung der Tiere folgt und somit zum ersten Male eine den 
wissenschaftlichen Anforderungen der Gegenwart entsprechende Übersicht 
der deutschen Vögel liefert, so wird es auch für den Ornithologen von 
Fach ein nützliches Handbuch sein. 


Druck von Otto Dornblüth in Bernburg, 


JOURNAL 


ORNITHOLOGIE. 


Fünfzigster Jahrgang. 


No. 3. Juli 1902. 


Der Vogelzug in Mecklenburg. 
Von C. Wüstnei. 
(Schluss.) 


Specielle Zugverhältnisse: Nach den dargelegten Er- 
wägungen (vergl. vorher S. 238 u. 253) sollen nachfolgende auf 
Mecklenburg bezügliche Beobachtungen und Zugdaten für die 
hiesigen Zug- und Wandervögel geliefert werden, derartige 
Zusammenstellungen haben immerhin einiges Interesse beim Ver- 
gleiche mit anderen Ländern und Provinzen. 

1. Raubvögel. Milvus regalis: kehrt zurück im März, 
zuerst beobachtet am 5. III; 11. III; am 17. III; überall auf den 
Feldern einzeln. Verlässt uns im October nach Zander in grossen 
Scharen, von mir sind jedoch solche Scharen nicht beobachtet. 
Milvus ater: Ähnlich wie beim vorigen, zuerst gesehen am 6. III, 
am 12. III. mehrfach auf dem Zuge. Cerchneis tinnunculus: 
März bis October. Einzelne, sowohl $ wie @, wurden auch in den 
Monaten December, Januar und Februar beobachtet und erlegt. 
Erythropus vespertinus: Am 23. IX. 1901 3 juv. bei Sternberg 
erlegt. Hypotriorchis aesalon: Vom September bis April in allen 
Monaten erlegt und beobachtet, die meisten im September, alte 
Vögel jedoch selten. Falco subbuteo: April bis October, noch 
am 20. X. ein Ex. erlegt. Falco peregrinus das ganze Jahr 
hindurch, am 10. III. 1900 war das Paar im Buchholze bei 
Schwerin beim Horst eingetroffen. Pandion haliaetos April bis 
October, erlegt z. B. schon am 11. IV. 1900 und noch 30. X. 1901. 
Aquila naevia: April bis October. A. clanga @ am 26. V. 1898, 
d am 28. 8. 1898 im südöstlichen Mecklenburg erlegt. A. fulva 

Journ, f, Orn. L. Jahrg. Juli 1902, 18 


266 C. Wüstnei: 


früher Brutvogel, in letzter Zeit einzelne Gäste, wahrscheinlich ı 
aus dem Norden, Erlegungsdaten sind 10. XI. 1899 (fulva) 15.1.. 
1879 (chrysaetos) 30. I. 1856 (chrysaetos). Haliaetos albieilla:: 
Nicht seltener Wintergast aus dem Norden vom October bis; 
März. Einzelne Brutpaare. Pernis apivorus April bis September, , 
am 30. VIII 1901 etwa 10 Bussarde nach Südwesten ziehend,, 
dürften des frühen Termins wegen Wespenbussarde gewesen sein., 
Archibuteo lagopus October bis April, zuerst am 9. X. auf Poel. 
beobachtet, einmal bei Malchin als Brutvogel festgestellt. Buteo 
vulgaris: Zugvogel, doch in allen Wintermonaten häufig anzu- 
treffen, die Form B. albidus im Sommer und Winter nicht selten. 
Am 14. II. in Menge auf dem Zuge beobachtet, am 17. IL. 
überall auf den Feldern, am 2. IV. 1901 25 Stück von Lübke 
bei Schwerin von Nordosten nach Südwesten ziehend beobachtet. 
Circus aeruginosus: März bis October. CO. cyanmeus: März 
bis November, einzelne ebenfalls in den Wintermonaten darunter 
auch alte d. C. pallidus: In einzelnen Jahren recht häufig aus 
dem Osten kommend, aber fast nur Vögel im Jugendkleid, alte 
Vögel sind Ausnahmen, der Zug beginnt im August. Zander erhielt 
sie 1841. Im August 1858 wurden sie mehrfach erlegt, einzelne 
auch 1859. 1862 wiederum mehrfach im September und October 
erlegt, darunter einige alte Vögel. Anfang der neunziger Jahre 
wurde ein altes $ bei Bützow erlegt. 1897 war sie im östlichen 
Deutschland häufig, in Mecklenburg jedoch nicht bemerkt, dagegen 
1901 sehr zahlreich, es wurden eine ganze Anzahl zum Ausstopfen 
aus allen Teilen Mecklenburgs eingeliefert, davon 23 Ex. in der 
2. Hälfte des August, je 2 im September und October und 
1 Ex. nach Ende November an der Grenze im Lauenburgischen, 
alles Vögel im Jugendkleide. Nyctea nivea, Surnia nisoria und 
Nyctale tengmalmi kommen höchst einzeln oder ausnahmsweise 
in den Wintermonaten zu uns. Brachyotus palustris: Einzelne 
Paare brüten, als Durchzugsvogel nicht selten, zuweilen in 
grösseren Trupps. Herbstzug im September und October, Früh- 
jahrszug im März und April, auch in den Wintermonaten 
mehrfach erlegt, z. B. am 20. I. 1900. Im September 1901 
während des Zuges der Steppenweihe war auch diese Eule häufig. 
2) Spaltschnäbler. Caprimulgus europaeus Ende April 
bis September. Oypselus apus Ankunft in den ersten Tagen des 
Mai, Abzug im August. Hirundo rustica: Mitte April bis Mitte 
October. A. urbica: Ende April bis Ende September. A. rivaria: 


Der Vogelzug in Mecklenburg. 267 


‚Ende April bis Ende September. Anfang September 1901 bedeckten 
alle drei Arten den langen Werder bei Poel in ungeheuren 
‚Scharen. 

3) Sitzfüssler: Cuculus canorus: Kommt in der ersten 
Woche des Mai, zuweilen schon in den letzten Tagen des April. 
Zieht im August und September. Merops apiaster: April 1898 
wurde ein Ex. bei Malchin erlegt. Coracias garrula: Ende April 
bis August, ein Ex. auf dem Zuge wurde am 15. VIII. 1900 
erlegt. 

4) Krähenartige Vögel. Oriolus galbula: Anfang Mai 
bis August. Sturnus vulgaris: Ende Februar bis October. Pastor 
roseus: 1836 und 1875 einzelne in Mecklenburg beobachtet. Corvus 
cornixz: In Mecklenburg überwiegt die Nebelkrähe schon als Brut- 
vogel. Wie an der preussischen und pommerschen Küste, findet 
auch an unserer Küste während des Monats October ein Krähen- 
zug von Osten nach Westen statt, im Anfang des Monats in 
kleinen Vereinen von 6 bis 10 Stück, in der Mitte des Monats 
vom 11. bis 15. October dagegen grössere Gesellschaften bis über 
100 Stück, die sich später wieder abschwächen. Von diesen 
Gesellschaften wurden an einzelnen Tagen 2 bis 3 Züge von 
einem Beobachter bemerkt. Die Anzahl der hier durchziehenden 
Krähen steht also in keinem Verhältnisse zu den Unmassen, 
welche über Helgoland dahinziehen. Corvus frugilegus: Die 
Saatkrähe überwintert oft in grosser Anzahl. Garrulus glando- 
rius: Im Winter öfter in grösseren Gesellschaften beobachtet, 
wohl nordische Gäste. Nucifraga caryocatactes: In neuerer Zeit 
sind Tannenhäherzüge beobachtet in den Jahren 1885, 1887, 
1888, 1893, 1899 und 1900, in letzteren Jahren besonders massen- 
haft. Soweit die Beobachtungen reichen, bestanden diese Züge 
alle aus Schlankschnäbeln. Im Herbst 1900 begann der Zug 
Mitte August, war am stärksten im October und November, 
und einzelne gab es noch im December und Januar. Im darauf- 
folgenden Frühjahr gab es nur wenige, es soll aber das Brüten 
eines Paares bei Neustrelitz beobachtet sein, auch wurde ein Ex. 
bei Rostock erlegt. 

5) Klettervögel. Die Spechte sind hier Strichvögel. 
Iynz torquilla: zweite Hälfte des April bis Ende August. Upupa 
epops: Wie der vorige, zuerst beobachtet am 15. IV. 

6) Fänger. Lanius excubitor: Als Brutvogel selten, im 
Herbst und Winter jedoch nicht selten, darunter auch die Form 

18* 


268 C. Wüstnei: 


major, letztere z. B. am 17. X. und 20. XI. 1900 erlegt. Lanius 
minor und collurio: Mai bis September. Lanius rufus: Früher 
Brutvogel, ist in den letzten Jahren in Mecklenburg nicht mehr 
beobachtet. Muscicapa grisola: Mai bis August und September. 
Muscicapa luctuosa: kommt Ende April und Anfang Mai, bleibt 
bis August und September. In den ersten Tagen des Mai sieht 
man ihn hier am häufigsten, dürften nordische Durchzügler sein, 
so auch am I. V. 1901 in grosser Anzahl in den Gärten auf Poel, 
die in den nächsten Tagen verschwunden waren. Muscicapa 
albicollis: Präparandenlehrer Schröder will ihn einmal im Früh- 
jahr 1901 bei Neukloster beobachtet haben, sonst noch nicht in 
Mecklenburg beobachtet. Bombycilla garrula: November bis März, 
auch in den Wintermonaten, doch nicht alle Jahre. _Accentor 
modularis: März bis October, einzelne überwintern. Oinclus 
aquaticus: Nur vereinzelt in den Wintermonaten und dann aus- 
schliesslich die Form melanogaster. Die Meisen und Goldhähnchen 
sind Strichvögel, da aber Parus caudatus und Begulus cristatus 
im Herbst und Winter gar zuviel häufiger sind als im Sommer, 
so müssen viele nordische und nordöstliche Vögel hier durch- 
ziehen. Letzteres im October verschiedener Jahre beim Bastorfer 
Leuchtturm öfter angeflogen. 

7) Sänger. Phyllopneuste rufa: Anfang April bis Mitte 
October. Phyliopneuste trochilus: Mitte April bis September, am 
12. September beim Bastorfer Leuchtturm angeflogen. Phyllo- 
pneuste sibilatrix: Mai bis September. Pyllopneuste superciliosa: 
Am 7. IX. 1885 einmal beim Bastorfer Leuchtturm angeflogen. 
Hypolais salicaria: Anfang Mai bis Ende August. Acrocephalus 
Zurdoides: Aufang Mai bis August. Acrocephalus arundınacea 
und palustris: wie der vorige. Calamoherpe phragmitis: Anfang 
Mai bis September. Calamoherpe aquatica: Wie der vorige. 
Locustella naevia: Anfang Mai bis Anfang September. Sylvia 
atricapila: Ende April bis Ende September oder Anfang 
October. Sylvia hortensis: Anfang Mai bis Ende September. 
Sylvia cinerea: Ende April bis Anfang September. Sylvia curruca: 
Mitte April bis Anfang September. Sylvia nisoria: Anfang Mai 
bis Ende August. Merula vulgaris: März bis October, viele 
bleiben im Winter hier. Merula torguata: Auf dem Herbstzuge 
fast alljährlich in geringer Anzahl von September bis Anfang 
November. In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts 
wurden in den Lewitzwaldungen an einem Morgen fast 200 Stück 


Der Vogelzug in Mecklenburg. 269 


in Dohnen gefangen (v. Preen). Auf dem Frühjahrszuge wird 
sie nur selten bemerkt, nach Zander im März, nach Clodius im 
April und einmal noch am 25. V. 1892 bei Parchim beobachtet. 
Turdus musicus: März oder Anfang April bis Ende October. Der 
Krammetsvogelfang liefert sie im October in grösster Menge. 
Turdus iliacus: Frühjahrszug Ende März bis Ende April. Herbst- 
zug October bis Anfang November. Sie zieht in grossen Scharen 
und fängt sich etwas später als die Singdrossel. Turdus visci- 
vorus: Nach Zander bleibt sie im Winter mitunter hier. Turdus 
pilaris: Im October kommt sie in grossen Scharen aus dem 
Norden, kleinere Gesellschaften bleiben im Winter hier und im 
April bis Mitte Mai erfolgt der Durchzug nach Norden. Stellen- 
weise auch Brutvogel in Mecklenburg. Turdus atrigularis: Nach 
Zander bei Wismar und Penzlin gefangen, 1857 von Struck in 
Ludwigslust gesehen. Ein Ex. befindet sich im Warenschen 
Museum. Turdus sibirieus: Einmal im Herbst 1884 im Jvendorfer 
Revier bei Doberan gefangen. Das Ex., welches Clodius besitzt, 
trägt das Jugendkleid. Luscinia minor: Ankunft 20. bis 26. 
April, Abzug August und September. Luscinia philomela: Wie 
die vorige. Cyanecula leucocyanea und suecica: Im Süden an der 
Elbe und Elde ist das weisssternige und im Norden an der 
Warnow das braunsternige Blaukehlchen Brutvogel. April bis 
September. Dandalus rubecula: Mitte März bis October und 
November, einzelne überwintern. Ruticilla tithys: Anfang April 
bis October, von Clodius einmal am 4. I. ein überwinterndes g 
angetroffen. Zuticilla phoenicura: Mitte April bis September. 
Sazicola oenanthe: Mitte April bis Ende September. Pratincola 
rubetra: Anfang Mai bis August und September. Pratincola 
rubicola: ein $ Anfang März 1891 bei Sternberg erlegt, jeden- 
falls auf dem Zuge befindlich. Einmal im Juli 1863 ein Brut- 
pärchen bei Kösterbeck in der Nähe von Rostock erlegt. Mota- 
cilla alba: Anfang März bis October, einzelne überwintern aus- 
nahmsweise. Budytes flavus: Ende April bis Sept. die Form 
borealis am 20. V. 93 von Olodius beobachtet. Anthus arboreus: 
April bis Sept. Anthus pratensis: März April bis Sept. November, 
auf dem Zuge in Flügen von 10 bis 50 Stück. Anthus rupestris: 
Auf dem Zuge einige Male meist an der Küste beobachtet und 
erlegt, so am 20. I. 69 3 Stück auf Poel, dort auch noch mehr- 
fach beobachtet, ferner im Sept. und December 1886 bei Warne- 
münde, ferner am 4. XI. 56 am Sternberger See und sogar im 


270 C. Wüstnei: 


Sommer 87 ein Pärchen am steilen Ufer bei Warnemünde, welches 
dort gebrütet haben mag. Agrodroma campestris: Ende April bis 
August. Alauda arvensis: Ende Februarund Anfang März bis October- 
November. Schon am 9. X. 1900 bemerkte ich grössere Gesellschaften 
in losem Verbande langsam nach Südwesten ziehend. Im Frühjahr 
an der Küste auch aus Nordosten kommend. Laullula arborea: Ende 
Februar bis October. Galerida ceristata: Auch im Winter auf den 
Landstrassen. Phileremos alpestris: Im December und Januar einige 
Male bei Rostock und auch von mir bei Schwerin 2 Ex. beobachtet. 
8. Dickschnäbler. Mikaria europaea: Bleibt teilweise 
im Winter hier. Emberiza hortulana: Mai bis Ende August. 
Schoenicola schoeniclus: März bis October. Plectrophanes nivalıs: 
In strengen Wintern von November bis Anfang März in einzelnen 
Jahren zahlreich, so z. B. 1891/92 und 1894/95. Plectrophanes 
lapponicus: 2 Ex. stehen im Waren’schen Museum, in früherer 
Zeit bei Tessin erlegt. Fring:lla coelebs: Die meisten ziehen fort, 
viele Männchen bleiben hier, doch auch einige Weibchen. Die 
Hauptmasse kehrt im März und Anfang April zurück, die Weibchen 
gewöhnlich 14 Tage später als die Männchen. Fringilla monti- 
fringilla: Von October bis März und April oft in grossen Scharen 
hier, kommt auch in die Dörfer und Stadtgärten. Cannabina 
flavirostris: In manchen Jahren vom October bis Mitte April in 
Menge auf Feldern. Linaria alnorum: Von Ende October bis 
März oft in Menge. Chrysomitris spinus: Vom October bis zum -: 
März dort, wo es Erlensamen giebt, in grossen Scharen und Gesell- 
schaften, es sind wohl nordische Vögel, da der Zeisig als Brut- 
vogel in Mecklenburg nur ganz ausnahmsweise vorkommt. sSerinus 
hortulanus: Nur erst einmal in Meckl. von Clodius beobachtet 
und zwar am 24. V. 1890. Coccothraustes vulgaris: Vom März 
bis November, doch bleiben auch manche hier. Pyrrhula vulgaris: 
Vom November bis Ende April trifft man hier die nordische Form 
mujor, von Ende März ab bis in den Sommer auch die südliche 
Form europaea, die wenigen hiesigen Brutvögel scheinen nach 
Clodius zu europaea zu gehören. Corythus enucleator: Wird nur 
in einzelnen Jahren bemerkt, so 1832 in Unmenge, ferner im 
October bis December 1890 im nordöstlichen Mecklenburg. 
Loxia curvirostra: In letzter Zeit waren 1885, 1888 und 1894 
Haupteinwanderungsjahre, 1892 und 1897 weniger zahlreich, die 
Scharen kommen gewöhnlich Anfang Juli und treiben sich dann 
den Winter hindurch in den Fichtenrevieren umher, woselbst auch 


Der Vogelzug in Mecklenburg. 271 


, einige Paare brüten mögen. Loxia pityopsitiacus: Seltener als 
_ der vorige, nach Zander mitunter in der Wooster Heide sehr häufig. 
| 9. Tauben. Columba palumbus: Ende Februar, März bis 

October, November. Columba oenas: Ende Februar und März bis 
_ September, October. Oolumba turtur: April bis September. 

10. Scharrvögel. Tetrao bonasia: Nicht heimisch, jedoch 
1856 bei Dobbertin und am 20. X. 1875 bei Güstrow erlegt. 
Coturnix dactylisonans: Mai bis Ende September, so z. B. am 
23. IX. 1900 ein Stück in der Stadt Schwerin angeflogen. 
Syrrhaptes paradoxus: Im Jahre 1863 als eine grössere Einwan- 
derung in Europa stattfand, in Mecklenburg nur ein Stück auf 
Poel erlegt, 1888 dagegen recht häufig. 

11. Stelzvögel. Otis terax: Irrgast aus dem Süden oder 
Südosten, etwa ein halbes Dutzend Mal in Mecklenburg erlegt, 
davon eins aus einer Gesellschaft von 4 Stück am 18. XII 77, 
ein Stück am 3. X. 97 und ein Stück Anfang Februar 1898, 
soweit ermittelt werden kann, lauter Weibchen. Otis macqueeni: 
1 Ex. 1847. Cursorius europaeus: ein Ex. am 10. X. 1892. 
Oedicnemus crepitans April bis October, Mitte April und Ende 
‚Sept. noch erlegt. Charadrius squatarola: Auf dem Herbstzuge, 
August bis October, häufig an der Küste, auf dem Frühjahrszuge 
im April selten, im Binnenlande nur ausnahmsweise. Churadrius 
plwvialis: August bis November zahlreich in Scharen auf Brach- 
äckern, auf dem Frühjahrszuge im April seltener, nach Zander 
dann vielleicht zahlreicher an der Küste. Ich sah sie auch an 
den Ufern der Landseen, wo sie nach Art der kleinen Regenpfeifer 
in das Wasser hineintrippelten. Eudromias morinellus: In einzelnen 
Jahren ist er höchst selten auf dem Herbstzuge bemerkt, ich er- 
hielt ihn im October 1899 vom langen Werder bei Poel. Aegia- 
Iites hiaticula: April bis Anfang October an der Seeküste, auf 
dem Frühjahrszuge im April ist er auch am Schweriner See er- 
legt. Aegialites minor: April bis Ende September. Vanellus 
cristatus: Anfang und Mitte März bis Mitte October, im Herbst 
streift er in Scharen umher. Sirepsilas interpres: Schon im August 
eine kleine Gesellschaft an der Küste beobachtet. Aaematopus 
ostralegus: März bis September, auf dem Zuge auch zuweilen an 
den Landseen, namentlich am Müritzsee. Grus cinerea: Früh- 
jahrszug 15. März bis 12. April, Herbstzug 6. bis 23. October, 
einzelne Züge noch bis zum 30. October. Über die Richtung 
des Kranichzuges siehe die Einleitung. 


272 6. Wüstnei: 


12. Reiherartige Vögel. Ciconia alba: Der Zug des 
weissen Storches ist bereits ausführlicher in der Einleitung be- 
sprochen. Ciconia nigra: Ankunft- und Abzugszeiten etwa wie 
beim weissen Storche. Platalea leucorodia: Am 28. V. 1874 wurden 
7 Stück auf Poel beobachtet und einer davon erlegt, ferner hat 
sich ebendaselbst im Frühjahr 1877 u. 79 je ein solcher Vogel 
gezeigt. Falcinellus igneus: Im August 1837 und 42 bei 
Rostock und Warnemünde erlegt. Ardea cinerea: April bis 
October, einzelne überwintern. Ardea egretta: Im Herbst 1853 
1 Ex. bei Schwerin erlegt, auch soll er sich vor ca. 20 Jahren 
auf Poel zwischen anderen Reihern gezeigt haben. Arden 
ralloides: Im Frühjahr 1844 bei Doberan und am 5. VII. 1863 
bei Schwerin erlegt. Nycticorax griseus: Mehrfach Verirrte 
erlegt in den Monaten April bis September. Ardetta minuta: 
Mai bis October. Botaurus stellaris: März bis November, einzelne 
auch im Winter. ZBallus aquaticus: April bis October, auch in 
den Wintermonaten mehrfach beobachtet. Crex pratensis: April 
bis October. Gallinula porzana: Mai bis September. Gallinula 
minuta: Einige Male im März und April erlegt. Gallinula chlo- 
ropus: März bis October, auch in den Wintermonaten selbst bei 
strenger Kälte öfter bemerkt. Fulica atra: Bei offenem Wasser 
das ganze Jahr hindurch, sonst im März Zurückkunft. 

13. Schnepfenvögel. Numenius arquatus: Frühjahrszug 
im April, Herbstzug im August bis Ende September sowohl an 
der Ostsee wie auch an den Landseen, an der Küste jedoch 
weit häufiger. Die im Lande brütenden ziehen im August an 
die Küste und vereinigen sich mit den nordischen. Numenius 
phaeopus: August und September an der Küste, jedoch seltener 
als der grosse, auf dem Frühjahrszuge im April seltner. Im 
Binnenlande nur am Müritzsee öfter beobachtet. Limosa lappo- 
nica: August bis October an der Küste häufig, im Frühjahr je- 
doch nur ausnahmsweise. Limosa aegocephala: Auf dem Früh- 
jahrszuge Ende April und Anfang Mai am Schweriner See 
beobachtet und erlegt, sie ist zu dieser Zeit auf den Lewitzwiesen 
jedoch schon beim Brutgeschäfte. Im October auf Poel beobachtet. 
Scolopax rusticola: Frühjahrszug Mitte März bis Anfang April. 
Herbstzug im October, einzelne überwintern. Gallinago scolopa- 
cea: Kommt Ende März und Anfang April, geht im October. 
Gallinago major: August bis October, einzelne Paare brüten. 
Grallinago gallinula: Frühjahrszug im April, Herbstzug im October. 


Der Vogelzug in Mecklenburg. 273 


 Totanus fuscus: Herbstzug im August und September einzeln 
und in kleinen Gesellschaften, an der Küste regelmässig alle Jahre, 
im Binnenland selten. Auf dem Frühjahrszuge z. B. am 9. V. 
1900 erlegt, ferner noch am 26. Juni 1900 ein ausgefärbtes recht 
dunkles Ex., hier eine grosse Seltenheit. Vielleicht war dieser 
Vogel schon ein Herbstzügler. Totanus calidris: Ende März und 
Anfang April bis September. Totanus glottis: Zieht meist einzeln im 
August bis October an der Küste regelmässig, an den Landseen sehr 
selten. Totanus ochropus: August und September sowohl am 
Seestrande wie an Binnengewässern. Totanus glareola: Früh- 
Jahrszug im April, Herbstzug im August-September, auch an der 
Seeküste. Actitis hypoleucos: Zweite Hälfte des April und von 
Ende Juli bis Anfang September, an den Ufern der Seen, Flüsse, 
auch an den Küstengewässern. Machetes pugnax: Der Frühjahrs- 
zug erfolgt in der letzten Hälfte des April und der ersten Hälfte 
des Mai, an der Küste in grosser Zahl und zwar in Gesellschaften 
von 15 bis 30 Stück. Alle diese Züge kommen, wie bereits in 
der Einleitung erwähnt, aus Nordosten und gehen nach Südwesten 
oder Westen weiter, verfolgen also eine der allgemeinen Früh- 
jahrsrichtung entgegengesetzte Richtung. Der Herbstzug kommt 
merkwürdiger Weise ebenfalls aus derselben nordöstlichen 
Richtung, ist aber lange nicht so stark als der Fühjahrszug. 
Tringa maritima: Kommt in den Wintermonaten hin und wieder 
an steinigen Stellen der Ostseeküste vor, meist einzeln, doch auch 
5 Stück zusammen beobachtet. Das früheste Datum ist der 2. 
November und das späteste des Erlegens der 3. März. Tringa 
cinerea: Auf dem Herbstzuge August bis October nicht selten an 
der Küste, im Frühjahr seltener, doch noch Anfang Juni in kleinen 
Gesellschaften bemerkt. Tringa alpina: Der häufigste Strandläufer 
auf dem Zuge, auch brütend nicht selten an der Küste, früher 
auch im Binnenlande. Die hiesigen Brutvögel gehören soweit 
sicheres Material vorliegt, nach den Untersuchungen von Prof. 
Reichenow zur Form Tr. schinzii, auf dem Zuge auch die echte 
alpina zahlreich. Auf dem Herbstzuge von Anfang August bis 
Ende October oft in grossen Scharen an der Küste. Schon in den 
ersten Tagen des August beobachtete ich grosse Scharen, die alle aus 
alten Vögeln im Sommerkleid bestanden, während die Jungen erst 
im September ziehen. Der Zug folgt zum grössten Teil dem Verlauf 
der Küste, an dem nahe gelegenen Schweriner See sind von mir 
keine wandernden Alpenstrandläufer beobachtet, jedoch soll er an 


274 C. Wüstnei: 


dem im östlichen Mecklenburg belegenen grossen Müritzsee auf 
dem Herbstzuge nicht selten sein, sodass ein Teil wohl von 
Rügen oder dem Dars nach Südwesten zu wandern scheint. 
Tringa subarquata: Kommt ebenfalls schon in der ersten Hälfte 
des August an unsere Küste, dann im Alterskleide und zieht 
bis Mitte October, im Sept. und Oct. im Jugendkleide. Auf dem 
Frühjahrszuge selten. Tringa temminkiü: Einige Male erlegt, 
doch selten, auch sind die Zugzeiten bisher nicht festgelegt 
worden. Einmal auch ein Pärchen im Juli bei Warnemünde 
erlegt. Tringa minuta: Nach Tr. alpina ist er der häufigste 
Strandläufer auf dem Zuge von Ende August bis October, oft in 
grösseren Gesellschaften. Einmal auch eine Schar am Schweriner 
See beobachtet, am Müritzsee zeigt er sich öfter. Limicola pla- 
tyrhyncha: Ist öfter beobachtet und erlegt, sowohl an der Küste 
wie auch im Binnenlande, meist im August. Caldris arenaria: 
Auf dem Herbstzuge regelmässig an der Küste, meist einzeln 
im August und September. Himantopus rufipes: Früher auf 
Poel und am Strande bei Doberan erlegt, dort einmal auch eine 
Schar von 8 bis 10 Stück. Recurvirostra avocetta: Früher auf 
Poel Brutvogel, ist er in der letzten Zeit nur bin und wieder 
auf dem Frühjahrszuge daselbst beobachtet. Einmal von mir 
auch im Juli bei Warnemünde beobachtet. Phalaropus hyper- 
boreus: Einige Male in den Monaten August bis November auf 
Poel und Umgebung erlegt, vom Präparator Knuth wurde am 
21. IX. 1901 ein kleiner Schnepfenvogel auf dem Schweriner 
See schwimmend angetroffen, welcher nur dieser Vogel sein 
konnte. Phalaropus fulicarius: Nur einmal im October 1856 
auf der Insel Lieps bei Wismar erlegt. 

14. Entenartige Vögel. Bernicla torgquata: Vom October 
bis Ende Mai an unserer Küste sehr häufig, meist in Scharen 
oder grossen Gesellschaften. Kurz vor dem Wegzuge im Mai 
versammeln sie sich auf offener See in sehr grossen Scharen. 
Bernicla leucopsis: Nur sehr selten auf Poel, am 1. IV. 1899 dort 
eine Schar von 17 Stück, später ist sie noch einmal auf dem 
Frühjahrs- und Herbstzuge dort beobachtet. Früher auch einige 
Male im Binnenlande bei Bützow und Goldberg erlegt worden. 
Bernicla ruficollis: Einmal am 6. V. 1879 bei Poel erlegt. Anser 
cinereus: Vom Ende Februar und Anfang Mai bis October. Im 
August bis October versammelt sie sich in grossen Scharen an 
der Ostseeküste und an den grösseren Landseen, bald nach Mitte 


Der Vogelzug in Mecklenburg. 275 


October verlassen uns diese Gänse und ziehen südwestlich ab. 
Anser segetum: Sobald die Graugänse im October sich zur Abreise 
rüsten, stellen sich die Saatgänse an der Küste ein, die im 
- November und December nach Südwesten ziehen und wohl zum 
Teil im Binnenlande auf Wiesen und Feldern überwintern, aber 
_ sich auch den ganzen Winter in Scharen auf der Ostsee aufhalten. 
Am 10. 11. und 12. November sind Hauptzugtage. Zumeist trifft 
man hier die Form arvensis. Anser albifrons: Selten vom August 
ab, namentlich in letzter Zeit kaum noch erlegt, früher nach den 
Aussagen der Pöler weniger selten. Im Museum zu Waren 
befindet sich ein sehr kleines Ex., wohl A. minutus. Cygnus olor: 
Auf mehreren Seen Brutvogel, im Herbst und Winter an der 
Küste nicht selten, meist Gäste aus dem Norden. Üygnus musi- 
cus: Im Spätherbst und Winter an der Seeküste häufiger als der 
vorige, oft in grossen Gesellschaften, wird auch im Binnenlande 
dann nicht selten erlegt. Der Zwergschwan, ©. bewickii, auf Rügen 
erlegt, dürfte auch an unserer Küste vorkommen. Tadorna 
cornuta: Die alten Vögel verlassen die Brutplätze auf Poel gleich 
nach der Brut, die Jungen erst später im October und November. 
Im Februar treffen sie bereits wieder bei ihren Brutplätzen ein. 
Casarca rutila: Im Juli 1898 wurden 2 Ex. aus einer Schar 
von 9 Stück bei Neubrandenburg erlegt, sonst bisher noch nicht 
bemerkt. Spatula clypeata: Im Herbst und Frühjahr an der 
Seeküste nicht selten, doch nicht in grösseren Scharen, auch 
auf der Elbe beim Zuge. Anas boschas: Eine nicht unbedeutende 
Anzahl überwintert an offenen Stellen, die sich den ganzen Winter 
meist paarweise zusammenhalten. Geht im Herbst auch scharen- 
weise auf die Ostsee und überwintert auch dort. Anas acuia: 
Als Brutyogel selten, kommt sie auf dem Zuge im Herbst und 
Frühjahr an der Küste in Scharen vor, im Binnenlande wird 
sie selten bemerkt. Anas strepera: Im westlichen Mecklenburg 
ist sie auf dem Herbstzuge nur sehr vereinzelt erlegt. Anas 
querquedula: Nur Sommervogel, über die Zugverhältnisse liegen 
Beobachtungen nicht vor. Anas crecca: Im Herbst und Früh- 
jahr in grösseren Gesellschaften an der Seeküste, in kleineren 
Flügen auch auf Binnengewässern, meist im September und März. 
Anas penelope: Ebenfalls an der Küste in Scharen, auf Landseen 
in kleinen Gesellschaften, Ende September und October. Fuligula 
rufina: Brutvogel aufdem Krakower See, ferner ist sie imWinter ein- 
mal bei Grevismühlen und einmal bei Warnemünde erlegt worden, 


276 C. Wüstnei: 


Fuligula ferina: Diese auf vielen Landseen häufige Brutente, | 
verlässt uns im October und kehrt meist erst Ende März zurück, 
einmal beobachtete ich schon am 10. März 1900 eine Schar von 


40 Stück auf dem hiesigen Burgsee, die aus lauter Männchen 


bestand, überhaupt bin ich darüber nicht im Klaren, ob der 


Zug dieser Ente nach dem Süden geht oder nur auf die Ostsee, 
da dort den ganzen Winter hindurch Tafelenten sich aufhalten, 
im Anfang März Tausende Fuligula maria: Von Ende October 
bis Anfang April in grossen Scharen auf der Ostsee, auf den 


Landseen jedoch selten. Fuligula cristata: Von Ende August 


und September zuerst in kleineren Gesellschaften, später im No- 
vember und den Wintermonaten zu vielen Tausenden auf Land- 
seen, namentlich auf dem Schweriner See, auch auf der Ostsee. 
Auf dem grossen Müritzsee merkwürdiger Weise nur selten auf 
dem Zuge. Bleibt bis Ende April. Auf dem Krakower und 
Schweriner See Brutvogel. COlangula glaucion: An der Seeküste 
und den grösseren Landseen ebenfalls ein sehr häufiger Zug- und 
Wintervogel, oft zu grösseren Scharen vereint, vom October bis 
Anfang April. Sie ist in Mecklenburg-Strelitz Brutvogel. Harelda 
glaeialis: Nur an der Seeküste in grossen Scharen vom October 
bis zum Mai. Oedemia nigra: Im Herbst und Winter an der 
Ostseeküste nicht selten, einige verweilen bis zum April, auch 
sind einzelne Verirrte auf Landseen erlegt worden. Oedemia 


fusca: Ebenfalls im Winter von Ende October ab an der Küste 


nicht selten, einmal am 4. November 1900 auf dem Schweriner 
See 3 Ex. beobachtet, die sich dort längere Zeit aufhielten. 
Einzelne noch spät im Frühjahr, so erhielt ich noch am 23. \V. 
1896 ein Ex. von Poel. Somateria mollissima: Auf der Ostsee 
in einzelnen Wintern nicht selten, jedoch nur im Jugendkleid, 
die meisten im December. Mergus merganser: Brutvogel, im 
Winter und in den Zugzeiten an der Küste und auf Landseen in 
kleineren Gesellschaften bis zu 100 Stück. Mergus serrator : 
Wie der vorige. Mergus albellus: Vom December bis März an 
der Küste und auf Landseen in kleinen Gesellschaften bis zu 30 
Stück. Mergus analarius: Ein Männchen Ende Februar 1865 bei 
Poel erlegt. 

15. Tauchervögel. DUria troie: Früher zur Winterszeit 
öfter bei Poel, in letzter Zeit dort nicht mehr beobachtet. Uria 
hringvia: Ein Ex. am 19. Vl. 1884 bei Poel erlegt. Uria grylle: 
December bis Ende März auf der Ostsee nicht selten, auch in 


Der Vogelzug in Mecklenburg. 277 
' den Sommermonaten einige Male bei Poel im Jugendkleid 
gefangen. Alca torda: In den Wintermonaten an der Ostsee 
nicht selten, einzelne sind auch ins Binnenland verirrt. Mormon 
‚ fratercula: Vor Jahren einmal am Seestrande bei Doberan gefangen. 
Colymbus glacialis: Ein Ex. in den fünfziger Jahren bei Rostock 
erlegt, ein zweites bei starkem Nordostwinde am 1. V. 1859 am 
Tarnewitzer Ort. Colymbus arcticus: In den Wintermonaten hin 
und wieder an der Ostseeküste, auch schon am 24. X. erlegt. 
Colymbus septentrionalis: Auf der Ostsee von Anfang November 
bis Ende März nicht selten, verirrte Vögel auch im Binnenlande. 
Podiceps cristatus: Von Ende März bis Mitte October, vereinzelt 
bleibt er im Winter hier und wird auch noch öfter um Weih- 
nachten auf der Ostsee gefangen. Podiceps rubricollis: Als Brut- 
vogel vom April bis October selten, auf dem Herbst- und Früh- 
jahrszuge und selbst in allen Wintermonaten wird er auf der 
Ostsee nicht selten gefangen. Podiceps cornutus: Wird ebenso 
wie der vorige auf dem Zuge und auch in den Wintermonaten 
auf der Ostsee nicht selten gefangen. Vögel im Sommerkleid 
sind nur erst zweimal in Mecklenburg erlegt. Podiceps nigricollis: 
Als Brutvogel sehr selten, als Zugvogel auf Landseen und auf 
der Ostsee, wird ebenfalls auch in den Wintermonaten gefangen. 
Podiceps minor: Mitte März bis Ende October, einzelne über- 
wintern. Carbo cormoranus, verlässt uns im Winter, doch sind 
die Zugdaten noch nicht ermittelt. Sula bassana: Im vorigen 
Jahrhundert sind einige Ex. nach starken Nordweststürmen meist 
in den Herbst- und Wintermonaten hierher verschlagen und erlegt. 
Thalassidroma pelagica: Wie der vorige, die meisten Vögel sind 
in der Nähe der Ostsee erlegt und daher wohl von dieser aus 
in unser Land gelangt. 

16. Mövenartige Vögel. Die 4 Lesiris-Arten sind alle 
vereinzelt an der Küste und im Binnenlande, meistens in den 
Herbstmonaten, einzelne auch im Frühjahr vorgekommen. Larus 
marinus: Im Herbst und Winter häufig, im Sommer einzeln auf 
der Ostsee in allen Kleidern. Zarus fuscus: Wie die vorige, 
doch seltener. Larus argentatus: Wie die Mantelmöve, im 
Frühjahre 1901 zuerst von mir nistend für Mecklenburg nachge- 
wiesen. Larus canus: An der Ostseeküste nistend, im Herbst 
und Winter in zahlreichen Scharen auch im Binnenlande. Larus 
glaucus: In früheren Jahren wurden einige Ex. in den Winter- 
monaten an der Ostseeküste erlegt, und zwar im Jugendkleide. 


278 C. Wüstnei: 


Rissa tridactyla: Im Winter an der Küste und auf Landseen, 


doch nicht häufig, Xema ridibundum: April bis October, doch 
bleiben bei offenem Wasser während des Winters viele hier. 


Xema minutum: Sehr selten auf dem Herbst- und Frühjahrszuge 


beobachtet, ein Ex. am 20. XII. 1899 bei Poel erlegt. Siterna 


caspia: Wurde bei Poel während des Frühjahrs zuerst Ende 
April zweimal beobachtet und zwar in den Jahren 1899 und 1900. 
Sterna cantiaca: Hat sich nur einmal nach Mecklenburg verirrt. 
Sterna hirundo: Vom Ende April oder Anfang Mai bis Anfang 


September. sSierna macrura: Wie die vorige. Sterna minuta: 


Mai bis August. Biydrochelidon nigra: Mai bis August. 


Einige Beobachtungen aus dem Jahre 1901. 
Von ©. Wüstnei. 


Falco candicans. Jagdfalke. Am 23. Januar 1901 bei 
strenger Kälte bemerkte ich einen grossen Falken fliegend über 
dem Schweriner See, welcher durch seine glänzend weisse Unter- 
seite und ebensolche Unterflügel auffiel. Wenn ich den Vogel 
auch nicht sicher erkannt habe, so konnte ich aus der ganzen 
Erscheinung nur auf den nordischen Jagdfalken schliessen. 


Haliaetus albieillae. Seeadler. Ein Seeadlerpärchen wurde 


in den ersten Tagen des März 1901 bei Tesmannsdorf, etwa 25 
km. nordöstlich von Wismar am Wustrower Salzhaff erlest. 
Beide Vögel trugen das Alterskleid mit weissem Schwanz, hell 
sefärbtem Kopf und hellgelbem Schnabel und gehörten ohne Frage 
zusammen. Das g hatte eine Länge von 0,86 m, eine Breite von 
2,23 m, Flügel 0,63 m, Schwanz 0,30 m, letzterer 1 cm länger 
als die zusammengelegten Flügel. Die betreffenden Masse des 
© waren L. = 0,91; Br. = 2,50; Fl. = 0,65; Schw. = 0,31 m. 
Schwanz 2 cm länger als die Flügel. Meine Befürchtung, dass 
dieses Paar mit dem in der Rostocker Heide immer noch horsten- 
den Seeadlerpaare identisch sein könnte, traf glücklicherweise 
nicht zu, da dasselbe nach eingezogener Erkundigung sich im 
März beim Horste einfand und auch Junge aufgebracht hat, die 
ihm leider genommen wurden. Wahrscheinlich hatte das erlegte 
Paar die Absicht, sich an unserer Küste ein Heim zu gründen. 
Unter den erlegten Vögeln im Jugendkleid befand sich ein am 


Einige Beobachtungen aus dem Jahre 1901. 279 


7. X. d. J. bei Rehna geschossenes recht starkes 9, welches ein 
dunkles mit Rostbraun übergossenes Gefieder hatte. Es hatte 
' eine Länge von 0,94 m; Br. = 2,36; Fl. = 0,70 und Schwanz = 0,35. 


Bubo mazimus, Uhu. Am 4. XI. 01 wurde in der Gegend 
_ von Waren ein männlicher Uhu geschossen, welcher, wie ich 
fürchte, zu dem im Specker Forst bei Waren in den letzten 
Jahren immer noch brütenden Paare gehören mochte. Da mir 
zur Zeit ein zweites in Mecklenburg brütendes Paar nicht be- 
kannt ist, so dürfte hierdurch das Schicksal des Uhus als 
mecklenburgischer Brutvogel besiegelt sein, falls der erlegte 
Vogel nicht ein diesjähriges Junges aus dem genannten Horste 
gewesen ist. Die Masse des erlegten Vogels waren L. = 0,60 m; 
Br. = 1,60 m; Fl. = 0,46 m; Schwanz = 0,25 m. Der weisse 
Fleck am Kinn war sehr gross, im Übrigen die Färbung ziemlich 
dunkel, namentlich die Oberseite. 


Otus vulgaris, Waldohreule. In der letzten Hälfte des 
November wurde in der Gegend um Ludwigslust eine Waldohr- 
eule erlegt, welche wegen ihrer blassen Färbung und hübschen 
Zeichnung auffie. Die Unterseite dieser Eule hatte eine fast 
weisse Grundfärbung mit einigen schwach rostgelblichen Schat- 
tierungen, während die Längsfleckenzeichnung sehr dunkel und 
ausgeprägt erschien. Die Oberseite nebst Oberflügel war ziemlich 
hell aschgrau mit dunkler Marmorierung und Bänderung, so 
dass diese Zeichnung also mehr der Schleiereule glich. Die Kopf- 
zeichnung erhielt durch die markanten schwarzen Einfassungen 
ein besonders ausdruckvolles Gepräge. 


Corvus cornix, Nebelkrähe. Im Schelfwerdergehölz bei 
Schwerin wurde im Juli ein junger Vogel geschossen, welcher 
auf den Flügeln ein weisses Schild hatte, das durch die an den 
Wurzelhälften weissen Schwungfedern gebildet wurde. Das Weiss 
erstreckte sich bei einigen Federn auch auf die Aussenfahne, 
ebenso waren auch die Schwanzfedern an der Wurzel etwas weiss. 
Merkwürdiger Weise war auch im vorigen Jahre eine ähnliche 
Varietät daselbst erlegt worden. 


Regulus ignicapillus, Feuerköpfiges Goldhähnchen. 
Dieses Goldhähnchen wurde auch in diesem Frühjahre im Buch- 
holze bei Schwerin nistend gefunden, ferner wurde ein junger 


280 6. Wüstnei: 


Vogel am 8. VII. hier in der Stadt ergriffen, welcher durch das 
geöffnete Fenster in ein Zimmer geflogen kam. 


Luscinia philomela, Sprosser. Am 12. VI. hatte ich Gelegen- 
heit den Sprosser in einem Gebüsch am Sternberger See im 
mittleren Mecklenburg singen zu hören und zwar in Gegenwart 
des Dr. Steinohrt, eines tüchtigen Vogel- und Nachtigalkenners. 
Da gleichzeitig auf einer anderen Stelle Luscinia minor schlug, 
so kam die Verschiedenheit des Gesanges namentlich die volleren 
und tieferen Töne des Sprossers voll zur Geltung. Früher ist 
der Sprosser in jener Gegend bereits beobachtet worden. 

Motacilla alba, Weisse Bachstelze. Eine Bachstelze 
überwinterte an offenen Stellen der hiesigen Gewässer in der 
Nähe der Stadt trotz des strengen Winters und überstand den- 
selben recht gut, da ich sie fast täglich beobachten konnte. 

Pyrrhula vulgaris, Dompfaff. Brütet schon seit 2 Jahren 
in einem Garten der Stadt Schwerin, auch beobachtete ich ein 
zusammengehöriges Pärchen am 8. VII. in hiesiger Umgegend. 
Das Museum in Waren erhielt ein Nest mit Gelege aus der 
Gegend von Wittenburg. 

Haematopus ostralegus, Austernfischer. Im Frühjahr 1901 
war der Austernfischer auf dem langen Werder bei Poel und 
dem gegenüberliegenden Kieler Ort, einem umfangreichen Dünen- 
gebiet, nicht nur häufiger Brutvogel, sondern, was bemerkens- . 
wert ist, die meisten Nester, die ich gesehen habe, enthielten 
Gelege von 4 Eiern, während früher fast immer 3 oder auch 2 
Stück gefunden wurden. Einige Nester befanden sich auf dem 
losen Seesand, dieselben hatten dann keine Ausfütterung, sondern 
waren mit haselnussgrossen Steinen ringförmig und zwar regel- 
mässig ausgelegt. Leider sind später die meisten Nester ausge- 
nommen worden. 

Limosa aegocephala, Schwarzschw. Uferschnepfe. Auch 
in diesem Frühjahre besuchte ich die Lewitzwiesen, hauptsächlich 
aus dem Grunde, um den Beweis des Brütens dieser Schnepfe 
durch Aufsuchen ihrer Nester und Eier zu erbringen. Ich traf 
die Paare wiederum an den mir bekannten Stellen, konnte aber 
leider zu den in den nassen Wiesen befindlichen Nestern nicht 
gelangen, hatte aber die Freude, am 23. Mai auf einer Wiese, 
wo mehrere Paare mit ängstlichem Geschrei umherflogen, von 
3 Eiern die Schalen zu finden, die entweder verschleppt und 


Einige Beobachtungen aus dem Jahre 1901. 281 


 ausgefressen waren, oder aus denen die Jungen bereits ausge- 
krochen waren. Die Eier gehören unzweifelhaft diesem Vogel 
an, sie hatten dieselbe dunkelolivengrüne Farbe mit verwaschenen 
dunklen Flecken wie die von der Nordseeküste bezogenen und 
auch dieselbe Grösse, bei einem Ei waren die genauen Masse 
noch festzustellen, es war wesentlich grösser wie ein Kibitzei und 
mass 56:38 mm. Mit diesen Eiern ist es mir also gelungen, 
den sicheren Nachweis ihres Brütens für Mecklenburg zu erbringen. 

In der Bützower Gegend kann neuerdings das Brüten dieser 
Schnepfe ebenfalls vermutet werden, da am 2. Juli d. J. ein 
Vogel dort erlegt wurde, der mir vorgelegen hat. 

Machetes pugnax, Kampfläufer. Der Kampfläufer, der in 
den letzten Decennien namentlich im Binnenlande recht selten 
gewesen war, hatte sich in diesem Frühjahr zahlreicher wie 
sonst eingefunden. Ich traf ihn häufig auf den Lewitzwiesen 
und den Eldewiesen bei Dömitz. Ferner hat er sich wieder 
auf dem langen Werder bei Poel und dem Kieler Ort daselbst, 
auf jeder der beiden Stellen in mehreren Paaren als Brutvogel 
angefunden, wo er seit vielen Jahren nicht mehr vorhanden war. 
Studiosus Lübke fand ihn brütend am Breitling zwischen Rostock 
und Warnemünde. 

Anser cinereus, Graugans. Am 22. April d. J. konnte ich 
zwei Nester untersuchen, dieselben befanden sich auf einer kleinen 
Insel auf trockenem Boden und waren aus trockenen Pflanzen 
und Schilfstengeln erbaut, die Mulde mit Moos und Dunen 
ausgelegt. Der Bau hatte etwa 70 cm Durchmesser bei 20 cm 
Höhe, die Mulde 45 cm Durchmesser. In einem Nest lagen 6 
Eier, ®/, bebrütet, im andern Nest befander sich 4 Eier, aus denen 
die Jungen gerade auskrochen, das eine war bereits trocken. 
Das Weibchen flog kurz vorher ab und stellte sich flügellahm, 
gerade wie die Märzente es macht, wenn sie mit ihren Jungen 
überrascht wird. Da die Jungen erst nach vierwöchentlichem 
Brüten auskriechen, und in der zweiten Hälfte des März der See 
noch zugefroren war, so musste das Paar noch bei vollständigem 
Winterwetter das Brutgeschäft begonnen haben. Im August und 
September versammelten sich auf dem nördlichen Teil des Schwe- 
riner Sees Scharen zu Hunderten. 

Oygnus olor, Höckerschwan. Studiosus Lübke fand ein 
Nest des wilden Schwans am Breitling zwischen Rostock und 
Warnemünde. Auf dem Sternberger See, welchen ich am 12. Juni 

Journ, f. Orn. L, Jahrg. Juli 1902, 19 


282 GC. Wüstnei: 


besuchte, befanden sich 4 Paare. Zwei Paare hatten bereits 4 
bezw. 5 Junge. Ein drittes Nest, welches ich in Gemeinschaft 
mit Dr. Steinohrt besuchte, enthielt 2 Eier und ausserdem einen 
Stein etwa von der Grösse der Eier. Wahrscheinlich sind dem 
Paare einige Eier genommen worden und dafür der Stein hinein- 
gelegt. Das Nest befand sich in einem lichten Binsenbestande 
über freiem Wasser und war schon von Weitem zu sehen. Das 
Weibchen flog kurz vorher ab, das Männchen kam aus der Ferne 
herbeigeflogen und schwamm in einiger Entfernung von dem 
Boote mit gesträubtem Gefieder umher, indem es den Hals auf 
den Rücken legte, was ich bei zahmen Schwänen unter gleichen 
Umständen nicht bemerkt habe. Das Nest war aus den Binsen 
der Umgebung gebaut und hatte nur wenig Ausfütterung. 

Anas acuta, Spiessente. Am 2. Mai d. J. wurde auf dem 
langen Werder bei Poel ein Nest mit 7 frischen Eiern gefunden, 
von denen ich 4 erhielt. Das Nest befand sich frei auf der 
kurzgrasigen Weide in der Vertiefung eines trockenen 'Seegras- 
haufens und war mit einigen wenigen Dunen ausgelegt. Das 
brütende Weibchen war in seiner hellen Färbung von dem trocke- 
nen, von der Sonne gebleichtem Seegras garnicht zu unterscheiden. 
Die Eier waren blass graugrünlich mit wenig Glanz und massen 
57:39; 56:39; 56:38 und 55:39 mm. Auch Lübke fand ein 
Nest dieser Ente auf den Wiesen bei Warnemünde, ebenfalls frei 
auf der Wiese angelegt. Im Binnenlande ist die Spiessente 
äusserst selten. 

Mergus merganser, Gänsesäger. Hatte in diesem Jahre 
eine recht zahlreiche Nachkommenschaft. Anfang Mai wurde auf 
einer Insel in der Höhlung einer morschen Weide ein Nest mit 
18 Eiern gefunden, als das Maximum, welches mir bisher vorge- 
kommen ist. Ich selbst sah am 9. Juni zwei Züge mit den 
Weibchen und je 12 und 14 kleinen Jungen, an demselben Tage 
auch bereits schon einige flugbare Junge, während Mergus ser- 
rator noch unbebrütete Eier hatte. 

Lestris parasitica, Schmarotzer Raubmöve. Mitte Ja- 
nuar wurde ein Ex. im ausgefärbtem Kleide aus der Gegend von 
Kritzkow zum Ausstopfen eingeliefert. L. = 0,58; Br. = 1,09; 
Fl. = 0,23 und Schwanz = 0,22 m. 

Larus argentatus, Silbermöve. Über das Nisten der Silber- 
möve an der deutschen Ostseeküste in den letzten Decennien 
habe ich etwas Sicheres nicht ermitteln können, nach einer Mitteilung 


| Einige Beobachtungen aus dem Jahre 1901. 283 
des Herrn Koske Stettin wurde sie im Jahre 1839 in einem Paare 
nistend in Pommern beobachtet und ein noch nicht flügges Junge 
auf dem Buge am 10. August erlegt. Ich bin in der glücklichen 
- Lage, sie in diesem Frühjahre zuerst brütend an unserer Küste 
sicher feststellen zu können. Zwar sollen nach Aussage der Pöler 
Fischer in früherer Zeit auf dem langen Werder Möveneier von 
der Grösse der Gänseeier gefunden sein, ohne dass ermittelt 
werden konnte, welcher Art diese Eier angehört haben. Diese 
Funde datieren aber schon seit Generationen zurück, da seit der 
Zeit, dass wissenschaftlich gesammelt wird, von derartigen Funden 
nichts bekannt geworden ist, und Belege an Eiern und Nestvögeln 
nicht vorhanden sind. Mein Sammler auf Poel hat sie auf dem 
langen Werder in einem Paare am 2. Mai beim Nest angetroffen. 
Das Nest, eine Vertiefung wie bei L. canus, aber grösser, war 
mit Seegras und trockenen Halmen ausgelegt und befand sich 
auf der kurzgrasigen Wiese, wo etwas später die Sturmmöven in 
grösserer Anzahl nisten, doch waren einige Paare ebenfalls schon 
beim Nistgeschäft. Ein Ei aus dem betreffenden Neste, welches 
ich mir einige Tage später in frischem unausgeblasenen Zustande 
vom Nistorte mitnehmen konnte, war ziemlich gross, 73 :53 mm, 
dunkeloliven-braungrün mit kleinen rundlichen schwarzbraunen 
Öberflecken und einigen grauen Unterflecken. Die Färbung war 
wesentlich dunkler wie die von mir auf Sylt gefundenen Eier. 
Es ist dies das einzigste bisher in Mecklenburg gesammelte Ei, 
auch wohl das einzigste überhaupt von der Ostseeküste. Das- 
selbe Paar muss auf einer anderen Stelle noch Junge aufgebracht 
haben, es wurde später mit den soeben flugbar gewordenen 
Jungen auf dem langen Werder angetroffen, aber leider ein Vogel 
_ von dem Elternpaare, welches aus Besorgnis für die Jungen, fort- 
während nach dem Schützen stiess, geschossen. Nach diesem 
Missgeschick wird wohl schwerlich im nächsten Frühjahre auf 
Nachfolge zu hoffen sein. 


19* 


284 


Otis tetrax, Die Zwergtrappe, ein urdeutscher Brutvogel. 
Von H. Kunz. 


Veranlassung zu nachstehendem Aufsatze ist die Bemerkung 
in „Brehms Tierleben‘“, dass man bis zum Jahre 1870 die Zwerg- 
trappe nicht zu den deutschen Brutvögeln rechnen durfte, da sie 
‘ein erst eingewanderter Vogel sei. Wie wenig unsere bedeu- 
tendsten Ornithologen den Aufenthalt, das Betragen, Nisten u. s. 
w. dieses Vogels aus eigenen Beobachtungen gekannt haben, be- 
weisen die Beschreibungen in ihren Werken. 

Altmeister Christian Ludwig Brehm sagt in seinem 
Werke „Handbuch der Naturgeschichte aller Vögel Deutschlands 
1831“ von diesem Vogel: er kommt zuweilen aus den dürren und 
freien Gegenden Ungarns und der Türkei nach Deutschland, 
einzeln oder in kleinen Gesellschaften, fliegt ohne Anlauf auf, 
setzt sich aber bald wieder nieder, ist wenig scheu, frisst Säme- 
reien, zarte Blätter, Insekten und Würmer und legt 3 glänzend 
grüne Eier. 

Altmeister Johann Friedrich Naumann giebt in seiner 
„Naturgeschichte der Vögel Deutschlands 1834“ eine schon bessere 
und in mancher Beziehung ziemlich zutreffende Beschreibung, 
sagt aber in einer Schlussbemerkung: leider war mir nicht ver- 
gönnt, diesen Vogel selbst im Freien zu beobachten oder gar 
selbst einen erlegen zu können. Was ich daher in Vorliegendem 
geben konnte, sind bloss Erfahrungen Anderer, in soweit sie mir 
durch eingezogene mündliche und briefliche Nachrichten sich 
bestätigt haben. Ausführliches zu geben überschritte die Grenzen 
der Möglichkeit, deshalb muss ich bitten, einstweilen mit dem 
Obigen fürlieb zu nehmen. Er sagt auch, in Deutschland ist 
diese Trappenart niemals nistend angetroffen worden. 

Pfarrer W. Thienemann in Gangloffsömmern war der Erste, 
der eine im Ganzen zutreffende Beschreibung dieses Vogels ge- 
geben hat. Er hat die Lebensweise und das Vorkommen so 
vortrefflich geschildert, dass dem nichts hinzuzufügen ist und 
decken sich meine fünfzigjährigen Beobachtungen fast vollständig 
mit den seinigen. Ich verweise hierdurch auf die Beschreibung 
in „Brehms Tierleben“, die ein ganz ausserordentlich treues Bild 
giebt und vom Herrn Pfarrer herrührt. Nur sind meine Beob- 
achtungen bez. des Nistens und die Beschreibung des Nestes sehr 
abweichend. 


Otis tetrax, die Zwergtrappe, ein urdeutscher Brutvogel. 285 


Das Nest, wenn man den Ort, wohin die Zwergtrappe ihre 
Eier legt, so nennen will, denn sie scharrt weder, noch benutzt 
sie eine Vertiefung im Acker, ist so schwer zu finden, dass Herr 
. Pfarrer Thienemann erst am 10. Juni 1875 ein Gelege von 
4 Eiern erhielt. Man suche nur eine 50 bis 60 Morgen grosse 
Klee u. Esparsette- oder Haferbreite ab, man wird in den meisten 
Fällen nichts finden, da diese Vögel, wenn sie noch nicht brüten, 
sich gar nicht beim Neste aufhalten, wenn sie aber brüten, wie 
alle Trappen so fest sitzen, dass sie nur bei allernächster An- 
näherung auffliegen. Ist es mir doch passiert, dass, nachdem mein 
Schwager und ich eine grosse Kleebreite vergeblich abgesucht 
hatten und ich, um näher zu gehen, eine andere Richtung nahm, 
plötzlich unmittelbar vor meinen Füssen aus dichtem, üppigsten 
Klee eine Otis tarda aufflog und mir mit den Flügeln den Hut 
vom Kopfe schlug, und dass ich ins Nest trat, wobei ich leider 
ein eben ausgebrütetes Junge tötete. So fest liegen brütende 
Trappen, sowohl die grosse als auch die Zwergtrappe. 

Was die Beschreibung des Nestes betrifft, so beschreibt es 
Herr Pf. Thienemann als ein ziemlich kunstreiches, dem ist jedoch 
nicht so, denn weder die Trappenarten noch Oedicnemus (Dr. E. 
Rey) bauen Nester, noch benutzen sie eine Vertiefung oder 
scharren ein flaches Loch, sie legen ihre Eier frei in den Klee 
oder Hafer u. s. w., niemals ins Wintergetreide, da die hohen 
Ähren das Auffliegen hindern würden. Fand ich doch eine brütende 
Trappe frei auf einem Felde, wo eben die Saubohnen, Vicia faba, 
aufgegangen waren. Wohl aber führen die Alten ihre Jungen in 
das schützende hohe Getreide. Pf. Th. beschreibt das Nest als 
napfförmig mit einem erhöhten Rande zur Abhaltung der Luft. 
Der Vorgang ist einfach folgender: Die Zwergtrappe legt in dichten, 
üppigen Klee oder Hafer ihre Eier ohne alle Unterlage auf den 
Klee u. s. w., wenn der Vogel brütet, so drückt die Last desselben 
den Klee nieder und es bildet sich eine napfförmige Vertiefung, 
die absterbenden Halme faulen und mit den ebenfalls absterbenden 
Unkräutern werden sie als Auspolsterung angesehen. 

Da Manchem die Beschreibung des Betragens, Vorkommens 
u. s. w. der Zwergtrappe, wie sie nach den trefflichen Beobach- 
tungen des Pf. Thienemann in „Brehms Tierleben‘“ geschildert ist, 
unbekannt sein dürfte, so möchte ich in Nachstehendem darauf 
zurückkommen, wenn ich auch in Manchem auderer Ansicht 
sein muss. 


286 H. Kunz: 


Die Zwergtrappe ist kein eingewanderter Vogel und sein 
Vorkommen ein viel verbreiteteres, als man in neuerer Zeit an- 
genommen hat. Bereits Herr Pfarrer A. J. Jäckel in Windheim 
berichtet über sein Vorkommen in Bayern aus verschiedenen 
Gegenden, bei München 1827, und zu verschiedenen Jahreszeiten. 
In Norddeutschland ist er von den östlichen Ausläufern des Harzes 
unter dem 52. Breitegrade bis nach Schlesien überall zu finden. 
Freilich wird man in diesen Gegenden in den meisten Fällen, 
wenn man Auskunft über die Zwergtrappe verlangt, die Antwort 
erhalten: giebts bei uns nicht! Denn in diesen Gegenden 
geht unser Vogel unter dem Namen „Brachvogel“. 

Hier drängt sich die Frage auf, woher kommt es, dass unser 
Vogel von den Landbewohneın als „Brachvogel‘ bezeichnet wird? 
Vielleicht ist der Grund in Folgendem zu suchen. In früheren 
Zeiten war auf den Gütern die Drei-Felder-Wirtschaft üblich, d. 
h. 2 Teile der Felder wurden bewirtschaftet und der 3. Teil blieb, 
um sich zu erholen, als „Brache“ liegen und auf diesen Brach- 
feldern hielten sich die Zwergtrappen vorzugsweise auf. Daher 
wohl die Benennung Brachvogel. Unwillkürlich fragt man aber 
auch, wie kommt es, dass erst in neuester Zeit das Vorkommen 
der Zwergtrappe in Norddeutschland bestätigt worden ist? Wer 
in die Gegenden kommt, wo dieser Vogel vorkommt, wird es 
natürlich finden, dass ein Ornitholog nicht dahin reist, wo er 
voraussichtlich ausser Rephühnern, Lerchen und, wenn er Glück 
hat, eine Otis tarda zu sehen bekommt; höchstens kann er vielleicht 
noch erfahren, dass es auf den entlegenen Feldern auch Brach- 
vögel gebe, was einem Ornithologen wohl nur ein mitleidiges 
Lächeln entlocken wird, da auf hochgelegen Getreidefeldern wohl 
schwerlich ein Numenius anzutreffen ist. 

Ging es mir doch selbst so! Als ich vor ca. 50 Jahren 
meinen Schwager, Oec. Rat Koch in Neumark, nördlich von Weimar 
besuchte, teilte er mir mit, dass auf seinen Feldern Brachvögel 
wären, was ich ziemlich ungläubig aufnahm. Am nächsten Tage 
machten wir einen Besuch beim Pfarrer in Wippach-Edelhausen, 
der mir mitteilte, dass er eine ziemlich alte Eiersammlung habe. 
Als er sie brachte, fiel mir sofort ein Ei von Otis tetrax auf; auf 
mein Befragen sagte er mir, dass dies das Ei vom Brachvogel sei, 
der gar nicht selten wäre, dort brüte, aber sehr scheu sei. Daraufhin 
habe ich bei meinem Schwager meine Beobachtungen angefangen 
und seit jener Zeit fortgesetzt, doch ist es mir erst im vorigen 


Otis tetrax, die Zwergtrappe, ein urdeutscher Brutvogel. 287 


Jahre gelungen, ein vollständiges Gelege von 4 Eiern zu erhalten, 
das beim Kleemähen, wo der brütende Vogel erst kurz vor der 

Sense aufflog, gefunden wurde. 
| Ich will hier bemerken, dass das normale Gelege stets aus 
4 Eiern besteht, die der Umgebung so täuschend angepasst sind, 
, dass sogar die rötlichen Blüten des Kopfklees auf den Eiern als 
Schönes, mattes, olivenrot markiert sind. Die frischen, unaus- 
geblasenen Eier sind von einer Schönheit und einem Glanze, 
der lebhaft an die Eier der Töinamus-Arten erinnert. Auf den 
Feldern meines Schwagers brüten regelmässig 2 Paare, denn es 
werden im Herbste stets kleine Heerden von 11—12 Stücken 
beobachtet, 4 Alte u. 7—8 Junge. Diese Gegend ist von grosser 
Ausdehnung und überall kommt die Zwergtrappe, als Brachvogel 
bezeichnet, als Brutvogel vor. Das von mir durchforschte Gebiet 
fängt ca. 15 km. nördlich von Weimar an und erstreckt sich in 
jener Gegend von Neumark nach Vogelsbarge, Sömmerda, Eckarts- 
berge u. s. w. Pf. Thienemann hat ihn zwischen den Städten 
Weissensee, Kölleda, Erfurt, Langensalza, Greussen brütend an- 
getroffen ; auch in der Querfurter Gegend, sowie bei Lützen, Taucha, 
Wurzen (Dr. E. Rey), ist sein Vorkommen constatiert. Voriges 
Jahr wurde sogar auf WiederitzScher Flur, 11/, Stunde nördlich 
von Leipzig, in einem Kleefelde ein Nest mit 4 Eiern gefunden. 
Dass unser Vogel so wenig bekannt ist, liegt in seinem scheuen 
Verhalten. Sehr richtig beschreibt Pf. Th. sein Betragen: er ist 
so scheu, dass er schon auf 3—400 Schritt Entfernung auf- und 
davon fliegt und dieses Davonfliegen geht so geräuschlos vor sich, 
dass man, wenn man es nicht ganz zufällig bemerkt, sich wundert, 
keine Zwergtrappe bemerkt zu haben; sie streicht ganz niedrig 
in gerader Linie ab und verschwindet hinter der nächsten Boden- 
erhebung und dann heisst es wenden, nach Hause gehen, denn 
für diesen Tag wäre Warten vergebliche Mühe. 

Ganz anders verhält sich der Vogel in der Nähe des brütenden 
Weibchens, wo er gerade aufgerichtet Wache zu stehen scheint. 
Er fliegt dann auf und umkreist den Ort in weitem Bogen und 
verhält sich so, wie ihn Thienemann schildert. Sein Flug ist 
dann zitternd und schwirrend, dem der Wildente so ähnlich, dass 
der Unkundige ihn als eine Anas boschas ansieht, Kopf und Hals 
nach vorn, die Ständer nach hinten gerade ausgestreckt, schwirrt 
der Vogel mit schnellem Flügelschlage durch die Luft und bringt 
dabei nicht nur die sonst verdeckten weissen Seitenteile zu 


2883 H. Kunz: 


wirkungsvoller Geltung, sondern auch ein Getön hervor, was 
nach Th. dem Geklingel eines in der Ferne dahinfahrenden 
Schlittens nicht unähnlich ist. Ich selbst habe eine genaue Be- 
zeichnung der Töne nicht ausfindig machen können, sagt doch 
Döbel: er fliegt sehr schnell und pfeift dabei. 

Im „Zoologischen Garten“ 16. Jahrgang, 1875 sagt Pf. Thie- 
nemann nach einem poetischen Ergusse: Ich bin zu diesen De- 
ductionen geleitet worden durch meinen Schützling, dieZwergtrappe 
(Otis teirax), über deren Einwanderung in Nord-Deutschland, ja 
überhaupt in Deutschland, ich im 11. Hefte des vorigen Jahrganges 
pag. 418 berichtet habe. Dieser Vogel hat Tausende von Jahren 
dazu gebraucht, um bis zu uns zu kommen. Die heisse Sonne 
Afrikas, Asiens, das milde Klima Spaniens, Italiens, Südfrankreichs 
fesselten ihn lange Zeit. Erst mussten unsere Thüringischen 
Wälder gelichtet, die schroffen Höhen im Laufe der Jahrhunderte 
geniedrigt und geglättet, die Seen ausgetrocknet, das Klima ge- 
mildert, die wüsten, unfruchtbaren Abhänge mit grüner Luzerne 
und saftiger Esparsette besät und gewiss noch andere Dinge 
vollendet werden, ehe er einziehen konnte. Als aber die Bedin- 
gungen erfüllt und die Hindernisse beseitigt waren, da kam er, 
da liess er sich bei uns nieder, da baute er sein Nest, legte seine 
Eier und brütete seine Jungen aus. Und so ist es gekommen, 
dass wir Ornithologen der Neuzeit Beobachtungen machen konnten, 
welche unsere Altvordern im vorigen Jahrhundert nicht machen 
konnten, u. S. w. 

Leider steht diesem schönen Herzensergusse die exacte 
Forschung und die ältere Litteratur entgegen. In dem gediegenen 
Vortrage, den bei der Feier des 50jähr. Bestehens der deutschen 
Örnithologischen Ges. im Oktober 1900 in Leipzig Herr Geh. 
Hofrat Prof. Dr. Blasius über die Fundobjecte in den diluvialen 
Ablagerungen in den Rübelander Höhlen hielt, betonte er, dass 
aus dem Vorkommen der Knochen des Schneehuhns, Rackelhuhns 
und der Trappe auf eine Steppenfauna Nord-Deutschlands zu 
schliessen sei. Wenn nun in jenen fernen Zeiten bereits die 
grosse Trappe häufig vorkam, so kommt man zu der Vermutung, 
dass auch die Zwergtrappe bereits vorhanden war. Denn nach 
meinen Beobachtungen ist da, wo Otis tarda vorkommt, in vielen 
Fällen Otis tetrax nicht weit. 

Degland schreibt in seiner Ornithologie Europeenne, Paris 
1849: Man findet ihn in Frankreich in den Ebenen von Billay, 


Otis tetrax, die Zwergtrappe, ein urdeutscher Brutvogel. 289 


 Montreuil, Doug, in den Gegenden der Champagne und von Troyes 

und Niort und er nistet dort überall. Vor 60, 70 Jahren bezog 
man die Eier von O. Zetrax in beliebiger Menge von den Pariser 
Naturalienhändlern und es verträgt sich das Vorkommen in Nord- 
Frankreich nicht mit einer späteren Einwanderung in Deutschland, 
da unser Vogel ein östlicher ist. 

Heinrich Wilhelm Döbel schreibt in seinem Werke „Neu 
eröffnete Jäger Practica oder der wohlgeübte und erfahrene Jäger“, 
4 Tle., Leipzig, 1854. Von den Brachvögeln, deren sind 3 Arten. 
Davon beschreibt er eine: Es ist ein grosser Vogel, hat lange 
Füsse und ziemlich langen, spitzen Schnabel. Die Farbe an 
den Federn ist meist so schön bunt, wie bei der Trappe, 
unter dem Leibe weisser. Er fliegt sehr schnell und pfeift 
dabei. Nistet gewöhnlich in Haferfeldern und brütet in 16 Tagen 
3—4 Junge aus. Sie bleiben bis in den späten Herbst und sind 
dann, wie die Wachteln, unversehens weg. Stimmt alles auf die 
Zwergtrappe. 

Jacob Theodor Klein’s, Secretär der Stadt Danzig, der könig. 
Societät in London und der Bologn. Akademie der Wissenschaften 
Mitglieds: Vorbereitung zu einer vollständigen Vogelhistorie, 
Leipzig und Lübeck 1760. 

I. Ackertrappe oder Trappgans, lat. Trappa, Trappus, Anser 
Trappa, Otis u. s. w. 

ll. Trieltrappe, Griel- oder kleine Trappe, lat. Tarda Nana 
Sie wird auch sonst genannt Stella avis, Aldrow., Anater cam- 
pestris, Canne petiere oder Tetrax, im jetzigen französisch: 
Outarde cannepetiere. 

Im Jahre 1737 hatte ich ein Weiblein, welches an Schönheit 
der Farben das Weibchen der Ackertrappe und im Fleische und 
Geschmacke eine Birkhenne übertraf. Sie war eben bereit, hier 
zu legen, wie sie war geschossen worden, welche Eier sehr 
schmackhaft sind. 

Der bekannte Thüringer Ornithologe J. M. Bechstein sagt 
in seiner „Gemeinnützigen Naturgeschichte Deutschlands in allen 
drei Reichen‘ 1805. Er ist listig und scheu, wenn er irgend 
Gefahr vermutet, so fliegt er 2—300 Schritt nahe an der Erde 
hin und läuft dann so schnell, dass kein Mensch im Stande ist, 
ihn einzuholen. In Deutschland ist er nicht selten, in den übrigen 
Teilen von Europa aber eine grosse Seltenheit. Er wandert im 
Herbst und zwar in unzähligen Scharen u. s. w. Die Henne 


290 E. Christoleit: 


legt 3--5 schön glänzende grüne Eier und sind von vorzüglichem 
Geschmacke. 

In Vorliegendem habe ich versucht, teils den Beweis zu 
liefern, dass O&is teirax nicht ein erst in der Neuzeit einge- 
wanderter, sondern ein uralter, längst beschriebener und bekannter 
Vogel ist, teils aber auch manches in seinem Betragen, seiner 
Nistweise u. s. w. nach meinen fünfzigjährigen Beobachtungen 
richtig zu stellen, und es möchte fast scheinen, dass unser Vogel 
nicht ein neu entdeckter, sondern ein von den neueren Orni- 
thologen zu beobachten vergessener ist. 


Gefiederte Wintergäste 
im Hafen von Memel im Winter 1900/1901. 


Von E. Christoleit. 


Allherbstlich, wenn die niedriger gehende Sonne auf die 
ersten Stoppelfelder herabblickt und die schwanken weissen Sonnen- 
fäden leise dahinzuziehen beginnen durch die stille blaue Luft, 
wenn im grünen Hag die ersten Blätter sich färben, die Eber- 
eschenbeeren sich röten und der Ruf des Eichelhähers wieder 
häufiger erschallt, wenn am Seestrande die „Saison“ zu Ende 
geht, die Badegäste in hellen Haufen ihren Grossstädten zuziehen 
und der während des Sommers schmerzlich vermisste stille Frieden 
der Natur sich wieder herabsenkt auch auf unsere Meeresküsten, 
dann 'ergiesst sich aus dem letzten Zufluchtsorte, den die Mensch- 
heit mit ihrer Kultur dem unverfälschten und ungeschwächten 
Naturleben auf unserem Erdballe einstweilen noch hat lassen 
müssen, aus den Nordpolargegenden, ein gewaltiges Heer erobernd 
über die südlicher gelegenen Länderstrecken unserer Erde. In 
wolkenartigen Massen, in stattlichen Scharen, in kleinen Trupps, 
ja auch ganz zerstreut und einzeln, ohne Kommando und doch 
wie von einem Willen geleitet, nie im Irrtum über die Marsch- 
route und nie in Unklarheit über das Ziel zieht es heran, das 
Banner ungebrochenen fröhlichen Naturlebens wenigstens vorüber- 
gehen: wieder weithin aufzupflanzen auf der verödeten Erde; 
weder Meeresarme und Ströme noch Wälder und Sümpfe, weder 
natürliche noch künstliche Hindernisse hemmen sein Vordringen, 
und bis in die entferntesten und entlegensten Gegenden erschallt 
sein heller fröhlicher Kampf- und Siegesruf; die Arbeiterfrau im 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 291 


ärmlichen Dachstübchen der verräucherten Industriestadt, die in 
‚stiller Mitternachtsstunde am Bett ihres kranken Kindes sitzt, 
lauscht den ungewohnten Klängen vielleicht zu gleicher Zeit mit 
_ dem einsamen Forstmanne, der vom nächtlichen Patrouillengang 
heimkehrend sein Waldrevier durchschreitet, und dem Ohre des 
Lokomotivführers auf dem keuchend und schnaubend dahinrasenden 
Dampfwagen vermag sie das Getöse seiner Maschine ebensowenig 
ganz zu entziehen wie das Donnern der Brandung dem Lotsen auf 
dem festen Turme an öder Meeresküste. Weithin über die Grenzen 
unseres Vaterlandes, unseres Erdteils, ja der gemässigten Zone über- 
haupt tragen die nimmermüden stählernen Schwingen die rastlosen 
Wanderer, über die unermesslichen Meeresweiten des stillen Ozeans, 
über die eisumstarrten Alpengipfel und Felsenwüsten Centralasiens, 
über das Mittelmeer und die Sahara bis hin zu dem felsigen 
Strande Neuseelands, den palmenumsäumten Küsten Ceylons und 
den Steppensümpfen Südafrikas, und der Weichrückenwürger am 
Kap der guten Hoffnung kennt und imitiert den Ruf des grossen 
Brachvogels ebenso gut wie der Star im Berliner Tiergarten. 
Und überall, wo der Mensch mit seiner Qual noch ein Plätzchen 
für sie übrig liess, geeignet ihnen auch vielleicht nur für wenige 
Tage oder Stunden Ruhe und Zehrung zu bieten, da machen sie 
Halt und lassen sich nieder, da beginnen sie harmlos und unge- 
zwungen ihr fröhliches Leben und Treiben in alter Weise, wie 
es schon ihre Vorfahren vor Jahrhunderten thaten, als sie noch 
Alleinherrscher waren in ihrem Gebiete und der Herr der Schöpfung 
sie noch nicht zu verdrängen strebte, weil die Erde gross genug 
war für beide. An Flüssen und Seen, an Teichen und Sümpfen, 
vor allem aber am Meeresstrande beginnt jetzt ihre „Saison“, 
nicht minder belebt und „frequent‘‘ als die vorhergegangene; und 
wo kurz vorher die modernste Überkultur der Grossstadtmensch- 
heit unserer Tage sich concentrierte und die unumschränkteste 
Herrschaft ausübte, wo neben harmloser und reiner Fröhlichkeit 
menschliche Eitelkeit und Ausgelassenheit, wenn nicht noch Schlim- 
meres, die üppigsten Blüten trieb, da herrscht jetzt die volle 
Harmonie ungetrübten Naturlebens, unverdorben, wie sie aus der 
Hand des Schöpfers hervorging. Statt all der hochmodernen 
„Damen“ und „Herren“, die mit ganz derselben inneren Halt- 
losigkeit und Zerfahrenheit, die sie ins Bad mitbrachten, es auch 
wiederum verlassen haben und nun wieder „unter den Linden‘ 
promenieren, bewegt sich jetzt am Strande das bunte Gewimmel 


292 E. Christoleit: 


der allezeit zufriedenen und harmlos fröhlichen Regenpfeifer, 


Wasser-, Ufer- und Strandläufer, und in den Wellen tummeln 


sich nunmehr die Scharen der Tauchenten, Seetaucher und Säger 


wie über ihnen das ruhelose Volk der Seeschwalben und Möven. 


Wahrlich, es ist kein unbedeutender Vorgang, der sich so Jahr 


um Jahr mitten unter uns abspielt, ein gewaltiger Eroberungszug 
unter dem Banner der Natur, frei und offen unter unseren Augen 
sich vollziehend und doch von vielen unbemerkt, kraftvoll und 
unaufhaltsam und doch friedlich und niemandem zu Leide, ein 


lautredender Protest der alten Natur- und Schöpfungsordnung 


gegen alle Verwüstung und Verödung, die die Kultur über die 
Erde gebracht hat, immer wieder ihr greifbar vor Augen stellend, 
was sie vernichtet und für immer verloren hat. 

Aber die Kultur hört diesen Protest und beantwortet ihn 
auf ihre Weise; sie sieht die anrückenden Heere und tritt ihnen 
entgegen. Auch wo nicht gerade anglikanische Roheit mit vieler 
Mühe und grossen Kosten elektrisches Licht aufpflanzt und Systeme 
von Drähten zieht zu keinem andern Zwecke als zur Massen- 
vernichtung der durch die finstere Nacht ihres Weges ziehenden 
Wanderer,!) thun elektrisches Licht und Drähte doch auch in 
dieser Beziehung ihre Schuldigkeit im Dienste der Kultur; auf 
der Plattform der New-Yorker Freiheitsstatue liegen oft scheffel-, 
um andere Leuchttürme nicht selten allmorgendlich dutzendweise 


die Körper der getöteten und verwundeten Zugvögel, und wohl 


keine Telegraphen- und Telephonleitung, die nicht alljährlich 
ihre Opfer forderte; und zu diesen stehenden Truppen treten die 
Freischaren, deren massenhaftes Aufgebot „alljährlich den Strand 
überflutet, jede Düne, jede Wiese, jeden Busch unsicher macht 
und unzählige Mordwaffen aller Art auf jeden unbekannten Vogel 
— und sie sind ihnen fast alle unbekannt — richtet‘“,2) teilweise 


1) So nach einem leider nicht aufbewahrten und daher jetzt unkon- 
trollierbaren, jedenfalls aber einen durchaus glaubwürdigen Eindruck 
machenden Zeitungsbericht vor 8—10 Jahren. 

2) G. Clodius, Ein Ausflug nach der Insel Poel, Orn. Mon. 1899 
S. 299. — Selbstverständlich soll damit keineswegs jede Jagd auf 
die ziehenden Sumpf- oder gar Schwimmvögel als unberechtigt hingestellt 
werden, in welcher Beziehung ich vielmehr nur den hier durchaus besonnen 
die richtige Mittellinie ziehenden Worten Flörickes zustimmen kann: „Ich 
kann es dem an der Meeresküste wohnenden Fischer oder Jäger, welcher 
fast ausschliesslich auf die einförmige Fischnahrung angewiesen ist und 
in manchen Gegenden das ganze Jahr hindurch beinahe kein anderes 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 293 


- auch in umfassend und grossartig angelegten Fanganstalten Hunderte 
und Tausende von ihnen überlistet und vernichtet. Alle Trieb- 
‚ federn, über die sie verfügt, alle Motive, die in der ihr ergebenen 
Menschheit lebendig sind, Ehrgeiz wie Gewinnsucht, Mordlust und 
Zerstörungswut wie gedankenlose Modenarrheit macht die Kultur 
mobil zum Vernichtungskampfe gegen die eingedrungenen Gegner, 
deren blosses Erscheinen und Dasein ja immer wieder ihren Thron 
_ wankend machen will, jedem nicht ganz oberflächlich gearteten 
Menschen immer wieder die Frage nach ihrem ethischen Werte 
und demzufolge nach dem Umfange der Berechtigung ihrer gegen- 
wärtigen Gestalt nahelegen muss;!) und — sie siegt! Vollzählig 


Fleisch zu sehen bekommt, nicht verdenken, wenn er im Herbst darauf 
bedacht ist, das ermüdende Einerlei seines Küchenzettels durch die Strand- 
vögel zu verbessern, und sich da auch einmal aus den grossen Strand- 
läuferschwärmen, welche ihm der vogelreiche Norden zusendet, ein treffliches 
Sonntagsgericht zusammenschiesst ..... Wenn im Binnenlande ein 
schiesswütiger Jäger zwischen die dort nur selten und vereinzelt erschei- 
nenden Schwärme dieses harmlosen Vogels hineinfeuert, so ist dies als 
Aasjägerei und zweckloser Vogelmord voll und ganz zu verdammen, aber 
an der Küste liegen die Verhältnisse eben wesentlich anders. Hier 
(allerdings lange nicht überall!) dient das Fleisch der Strandläufer nicht 
blosser Leckerei, sondern ist ein der Bevölkerung fast unentbehrliches 
Nahrungsmittel, und deshalb muss der weidmännische Betrieb der Jagd 
auf die für die Küche verwertbaren Strandvögel während der Herbst- 
monate den Jagdberechtigten gestattet werden.“ Damit sind aber 
weder die Prätensionen des von jedem weidgerechten Jäger womöglich 
noch tiefer als von dem Schreiber dieser Zeilen verachteten Sportschiesser- 
tums noch die unbegrenzten Mordprivilegien einer gewissen Art von Pseu- 
doornithologie gedeckt, deren unverantwortlicher Leichtsinn in der voll- 
ständig nutzlosen Vernichtung zahlreicher Vogelleben in der That nicht 
scharf genug getadelt werden kann. „Aus einem Fluge von vierzehn 
Tringa subarcuata“, heisst es in einem solchen Berichte, „erlege ich 
zwei Stück; ich schiesse jetzt nur noch der Identificierung wegen auf diese 
wenig scheuen, zuweilen sogar zutraulichen Vögel.“ Also selbst auf die 
zutraulichen, infogle des grösstenteils weissen Bürzels fliegend schon auf 
mehr als Schrotschussweite unverkennbaren bogenschnäbligen Strandläufer 
wird, nachdem man bereits so viele erlegt hat als die eigene Sammlung 
nur irgend aufnehmen und der Naturalienhändler nur irgend abkaufen will, 
gleichwohl noch „zur Identificierung‘‘ lustig weitergeknallt, sobald ein 
neuer noch nicht „identificierter‘‘ Schwarm von ihnen sich zeigt; wie wird 
es da erst den scheueren und nicht ganz so leicht zu unterscheidenden 
Wasserläufern, Seeschwalben oder gar Tauchenten u. s. w. gegangen sein! 
— Es lebe die Wissenschaft! 

1) Wobei freilich am letzten Ende doch natürlich noch sehr viel 
wichtigere Momente in Betracht kommen als das hier berührte. 


294 E. Christoleit: 


in stattlichen Geschwadern, fröhlich, arglos und menschenver- 
trauend ziehen alljährlich die Kinder des Nordens bei uns ein; 
wenige Wochen des Aufenthalts in unserem Vaterlande — und 
in zersprengten Häuflein, unstet und flüchtig, in unausgesetzter 
Angst um sein Leben vor jedem nahenden Menschen teilweise 


schon auf Hunderte von Metern in grösster Hast und Bestürzung 
entfliehend flüchtet, was noch übrig blieb, über seine Grenzen 
unkultivierteren und darum weniger gefahrvollen und gastlicheren 
Ländern zu.) „Herr Mensch, ich mag nicht bei dir sein“ diesen 


Satz haben auch dem einfältigsten und harmlosesten der nordischen 
Fremdlinge seine Reiseerlebnisse in unserm lieben Deutschland 


mit unvertilgbarer Deutlichkeit ins Bewusstsein eingeprägt, auch 
wenn nicht zerschmetterte Glieder und offene Wunden ihn täglich 
schmerzhaft daran erinnern; sie ziehen davon, verödet liegt der 
Strand und verlassen die Gewässer, und zufrieden mit den Er- 
gebnissen des diesjährigen Vogelzuges packt der Sportsmann 
seine Schrotspritze ein und dampft heimwärts, um im Stammlokal 
des Klubs die wohlverdienten Lorbeeren seiner Thaten einzu- 
ernten. Nur verhältnismässig geringe Reste des grossen Heeres 
sind es, die auch inmitten der allgemeinen Niederlage Stand- 
haftigkeit genug besitzen, um den Sieg der Kultur nicht zu einem 
vollständiger werden zu lassen, die es auf sich nehmen, ihr für 


die ganze Dauer des Aufenthaltes in der Fremde mitten in ihrem 


unbestrittensten Herrschaftsgebiete Trotz zu bieten, auch dann 
nicht zagend, wenn als ihr Bundesgenosse noch der Winter, dessen 


1) Ich habe in Rossitten zu Beginn der Zugzeit die als die 
scheuesten aller Strandvögel (von den Brachvögeln etwa abgesehen) gelten- 
den hellen und dunklen Wasserläufer (7. glottis und fuscus) wieder- 
holt ungedeckt (allerdings unter Vermeidung unnötiger Bewegungen) bis 
auf 40 Schritte und zum Teil noch näher angehen können und einmal 
sogar einen aus beiden Arten nebst einigen Bruchwasserläufern (7. glareola) 
zusammengesetzten kleinen Flug gefunden, der, schliesslich aufgescheucht, 
nur etwa 60 Schritte weiter flog und sich unmittelbar darauf wieder 
eben so nahe kommen liess. Und damit vergleiche man ihr Verhalten 
am Ende der Zugzeit, wo man, wenn man sie nicht zufällig einmal vor 
das Glas bekommt, meist nur an der Stimme das Vorhandensein der 
bereits ausser Bereich des nicht gerade besonders scharfen menschlichen 
Auges aufgehenden Vögel feststellen kann. Dass man im Binnenlande 
solche Vertrautheit bei diesen Arten wohl schwerlich jemals wird beobachten 
können, ist sehr natürlich, da die dort erscheinenden Exemplare doch 
eben immer schon ein Stück Reise im „Herzen Europas“ mit all seinen 
Erfahrungen hinter sich haben! 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 295 


' Nahen sie aus ihrer nordischer Heimat vertrieb, auch an unseren 


Küsten mit all seiner Macht gegen sie heranrückt, die so ans flüch- 
tigen Durchzüglern zu dauernden Wintergästen werden. Nicht 
leicht ist es, dem vereinigten Angriffe beider Feinde zu wiederstehen, 
und noch mancher von ihnen, der aus dem Herbstfeldzuge un- 


_ versehrt hervorging, bezahlt jetzt seinen Wagemut mit dem Leben; 


aber mit doppelter Sympathie folgt ihnen darum auch der Blick des 


still und ohne Mordwerkzeug beobachtenden Naturfreundes, dem 


es zuteil wurde, ihr Thun und Treiben an winterlicher Meeresküste 
belauschen zu dürfen, und der gern wenigstens einen schwachen 
Abglanz der empfangenen Freude Gleichgesinnten übermitteln 
möchte, denen das Geschick solche Gunst bisher versagt hat, — 

Und so komm denn, lieber Leser, der du in deiner wohlin- 
dustrialisierten, -kanalisierten und -regulierten Binnenlandsheimat 
vielleicht zufrieden sein musst, an besonders günstigen Tagen 
des Jahres einmal einer alten lahmen Stockente zu begegnen, 
die unfähig, sich am Abend ihres Lebens noch zur Auswanderung 
zu entschliessen, als melancholischer Rest besserer Zeiten & la 
Philemon und Baucis im „Faust“ an einigen Abzugsgräben und 
Eisenbahnausschachtungen ein einsames Dasein führt, bis auch 
sie dereinst (2vosra: 7uwag or’ &v —) sich am Drahte der neuer- 
bauten elektrischen Bahn oder sonst einer elektrischen Anlage 
den Kopf einrennt und im Schnappsacke eines fahrenden Ritters 
der Landstrasse ihr ruhmloses Ende findet, und folge mir im 
Geiste nach dem Hafen der alten ‚‚See- und Handelsstadt‘‘ hoch 
im Norden meiner Heimat Ostpreussen und des Reiches über- 
haupt. Noch ist die Sonne nicht aufgegangen, und über den 
Strassen der Stadt liegt die wohlthuende Stille des heiteren 
schneefreien Wintermorgens; ein leichter Dunst lagert über den 
Häusern und umspinnt die Masten und Raaen der zahlreichen 
Segelschiffe, die in der Dangemündung ihr Winterlager bezogen 
haben; vorbei an ihnen geht es in schnellem Schritt durch mehrere 
Strassen, und bald sind wir ihrer drückenden Enge entronnen 
und stehen am Ufer des Memeler Tiefs, der Mündung des 
Kurischen Haffs in die Ostsee, zugleich dem Hafen der Stadt 
Memel. Gerade hier ist, viereckig ins Land einspringend, der 
eigentliche „Winterhafen“ angelegt, und in hier im verhältnis- 
mässig engen Raume fast unnatürlich erscheinender Grösse 
liegen die ungefügen dunklen Kolosse der grossen Seedampfer 
in träger Ruhe da; weiter gehts den Bohlensteg am Rande des 


296 E. Christoleit: 


Tiefs entlang am Anlegeplatze der kleinen Dampfer vorbei — 
von wo ab wir uns gefallen lassen müssen, dass als überaus an- 
mutige Zierden der Landschaft die Galgen eines recht unnützen 
(einstweilen übrigens auch verkrachten) elektrischen Bahnunter- 
nehmens uns auf einige Zeit den Weg weisen, — durch das 
Fischerdorf Bommelsvitte; hinter dem isolierten hochragenden 
Gebäude der ehemaligen Navigationsschule verlassen wir die 
Galgen und treten aufatmend ins völlig Freie hinaus. Rechts 
von uns haben wir jetzt einen nicht allzubreiten Wiesenstreifen, 
dahinter rötlichgraues Erlengehölz, und über ihm erheben sich, 
schräg geneigt im Kampfe mit dem scharfen Seewinde, aber stolz 
und ungebrochen die malerischen alten Föhrenwipfel der Memeler 
Plantage; weiter vorwärts ragt aus düstergrünen Kiefernkronen 
der buntgefelderte runde Leuchturm auf. Nach links aber 
schweift der Blick über das schmale, fast flussähnliche Tief mit 
seinen Baggern und Fahrzeugen aller Art, seinen Bojen und 
anderen Seezeichen ungehindert hin zum freundlichen Ufer der 
Nehrung; schon etwas zurückliegend grüsst, von jetzt freilich 
kahlem Laubholze angenehm umrahmt, der zierliche braune Holz- 
bau des Etablissements Sandkrug herüber; uns gerade gegen- 
über liegt vom Ufer etwas zurücktretend das Fischerdörfchen 
Süderspitze, auf der Vorderseite umgeben von Feld und Anger, 
auf der hinteren von dichten Kiefernschonungen und überragt 
von dem runden, nur mit einzelnen Grashalmen spärlich besetzten 
gelben Dünenrücken, dem letzten, im Grunde doch schon sehr 
herabgekommenen Ausläufer der gewaltigen, gegenwärtig ja wohl 
schon fast weltbekannten Dünen der Kurischen Nehrung. Über 
den unmittelbar am Uferrande hinlaufenden Steindamm führt 
uns unser Weg weiter, und bald ist die Nordermole erreicht; 
wenige Minuten nicht allzu gemächlichen Marsches auf ihrem 
breiten Steinrücken, und wir übersteigen die nicht viel über, 
meterbreite, nicht ganz mannshohe Mittelmauer, die sich von 
der Stelle ab, wo jene frei ins Meer hinaustritt, das sich seiner- 
seits auf der rechten Seite an ihr entlang in einer kleinen Ein- 
buchtung ins Land hineinzieht, auf ihr erhebt, und stehen nach 
kurzer Zeit am Ziele, am Fusse des kleinen grauweissen Molen- 
leuchtturms, der am Ende der Mole, gegen die hier besonders 
heftige Gewalt des Meeres wohl umschanzt, emporragt. Zu unsern 
Füssen plätschern die Wellen leise zwischen gewaltigen Stein- 
blöcken und Stücken fest zusammengebackenen Mauerwerks, die 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 297 


in dichten Haufen aufgetürmt auf beiden Seiten die Mole um- 
geben; wohl anders klingt’s, wenn an Sturmestagen das empörte 
‘Meer die ganze Wucht seiner Wogenmassen in zornigem Anprall 
zum Kampfe heranführt gegen diese einzigen Schutzwehren des 
schmalen Steinstreifens, der uns noch mit dem Lande verbindet. 
Weit hinter uns sind die Häuser der Stadt zu einer ununter- 
scheidbaren Masse zusammengesunken, über der sich wie ein 
Wahrzeichen dicht nebeneinander die drei Türme Memels erheben, 
links!) der spitze der katholischen, in der Mitte der hohe schlanke 
der lutherischen St. Johannis- und rechts der durch die entgegen- 
gesetzten Eigenschaften ausgezeichnete der reformierten Kirche. 
In unmittelbarem Anschlusse rechts daneben, noch etwas weiter 
zurückliegend steigen hinter den Masten der im Tief lagernden 
Schiffe die rauchenden Schornsteine des an seinem Ufer gelegenen 
Fabrikdorfes Schmelz auf; links zieht sich hinter dem breiten 
sandigen Küstenstreifen, auf dem in langer Reihe einzeln hinge- 
streut die kleinen Gehöfte des Fischerdorfes Melneraggen sich 
zeigen, der dunkle Saum der Plantage am Horizonte entlang, um 
dann auf den hohen Uferabhängen des Seebades Försterei als 
schwarzgrüne Hochwaldmasse unmittelbar an den Strand heran- 
zutreten, die Aussicht nach links begrenzend. Nach rechts aber 
kann der Blick über der jenseit des Tiefs parallel der diesseitigen 
ins Meer hinausragenden Südermole ungehindert den Verlauf des 
flachen Nehrungsstrandes und der allmählich ansteigenden Dünen 
dahinter verfolgen, bis er fern am Horizonte, Försterei gerade 
gegenüber, auf dem düsteren Kiefernwalde von Schwarzort haften 
bleibt, hinter dem dann nur noch dem besonders scharfen Auge 
in dämmernder Ferne einzelne weisse Kuppen des immer höher 
sich erhebenden Dünenzuges zwischen Schwarzort und Nidden 
in ungewissen Umrissen erscheinen. Zwischen diesen beiden 
Grenzpunkten aber dehnt sich auf der anderen Seite der Stadt 
gegenüber, in scharfgezogenen Halbkreise gegen den bläulichen 
Himmelsraum sich abgrenzend, von der eben aus dem Nebeldunste 
des Morgenhimmels emporgestiegenen Sonne noch mit bald 
schwindendem rötlichem Scheine überhaucht, der unermessliche 
heute fast farblose, stille und klare Spiegel der offenen See, ein 


1) Diese und die folgenden Angaben gelten natürlich nur, wenn man 
sich, wie es hier vorausgesetzt ist, dem Gesamtbilde der Stadt zuge- 
wandt hat, sind also den vorher gebrauchten gerade entgegengesetzt. 

Journ. f, Orn. L, Jahrg. Juli 1902, 20 


298 E. Christoleit: 


Bild der Unendlichkeit. Das ist der Schauplatz, auf dem vor- 
zugsweise das winterliche Vogelleben des Memeler Hafens dem 


Beobachter nahezutreten pflegt, der Hintergrund und Rahmen 
auch für die kleine Zahl von Vogelbildern, die aus der Fülle 


dieses Lebens nunmehr an dem geistigen Auge des Lesers vor- 
überziehen mögen. 


1. Steinwälzer (Strepsilas interpres). 


Ein Dank der unermüdlichen Thätigkeit schiesswütiger 
Badegäste und wissenschaftlicher wie unwissenschaftlicher Eier- 
sammler an unseren Küsten gegenwärtig fast verschollener 
deutscher Strandvogel, gehört der Steinwälzer in unserem Öst- 
preussen auch auf dem Zuge geradezu zu den Seltenheiten, so 
dass ich es lediglich einem glücklichen Zufall zu verdanken habe, 
dass ich während der kurzen Zeit meines Aufenthaltes in Memel 
auch ihn einmal zu Gesicht bekam, und zwar wider alle Gewohn- 
heit dieses sonst ziemlich regelmässigen Zugvogels fast mitten 
im Winter am 10. Dezember, auf der beschriebenen Nordermole 
des Memeler Hafens. Ein ziemlich heftiger Weststurm hatte 
seit dem vorhergehenden Tage die See aufgewühlt, und donnernd 
schlugen die schweren Sturzwellen gegen die Wand der Mole 
und überschwemmten deren ganze Krone einschliesslich der er- 
wähnten Mittelmauer mit reichlicher Salzflut, so dass ich recht 
überrascht war, als ich gerade auf der am meisten ausgesetzten 
Südwestseite der Mole einen dunklen Vogel einhertrippeln sah, 
den ich anfangs fast für einen Star gehalten hätte, beim Näher- 
kommen aber als Steinwälzer erkannte, der hier einsam mitten 
unter den stossweise sich über ihn ergiessenden Wassermassen, 
die ihn mitunter fast fortzuschwemmen drohten, in den auf der 
Mole entstandenen Lachen, in die die Flut wohl auch mancherlei 
kleines Seegetier verschlagen haben mochte, nach Nahrung 
suchte und sich auch durch mein Hinzutreten kaum stören liess. 
Schon bei einer flüchtigen Betrachtung dieses sonst einiger- 
massen isoliert dastehenden sehr beachtenswerten Vertreters der 
Regenpfeiferfamilie empfängt man den Eindruck eines Mittel- 
gliedes zwischen den Aegialiten und dem Austernfischer, und wenn 
allerdings das in lebhaftem Rostrot, Tiefschwarz und Reinweiss 
prangende Hochzeitsgefieder die Anklänge an beide genannten 
Vogeltypen sehr zurücktreten lässt zu Gunsten entschiedener 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 299 


Eigenart und Originalität, so ist anderseits das so viel schmuck- 
losere (wohl erste) Winterkleid, welches das in Rede stehende 
Exemplar trug, besonders geeignet, namentlich die Ähnlichkeit 
mit dem Austernfischer ans Licht zu stellen. Zwar der kurze 
schwarze Schnabel erinnert zunächst viel mehr an die Aegialiten, 
hat aber doch auch in der Form schon etwas Abweichendes, 
Derbes, und die Farbenverteilung vollends erscheint, da in diesem 
Kleide die hellen Zeichnungen auf Kopf und Hals (mit Ausnahme 
des rein weissen Kehlflecks) sowie die rostigen der Oberseite 
sehr zurücktreten und daher Kopf, Hals, Rücken und Flügel 
fast gleichmässig braunschwarz, alle anderen Teile aber weiss er- 
scheinen, mit der des Austernfischers fast ganz übereinstimmend, 
während andrerseits auch die ganze Gestalt und Haltung, der 
zwar ziemlich kurze, aber doch einigermassen bewegliche Hals, 
der gedrungene Körperbau und die verhältnismässig recht 
niedrigen orangeroten Ständer, ohne die Verwandtschaft mit den 
Aegialiten zu verleugnen, doch entschieden mehr auf jenen hin- 
weisen. Nicht anders verhält es sich mit den Bewegungen; zwar 
kann der Gang, gewöhnlich fast ganz austernfischerartig in zwar 
kurzen, aber doch wohlgemessenen etwas trippelnden Schrittchen 
mit nur geringem Anklänge an die so charakteristische unbe- 
weglich steife Körperhaltung der Aegialiten erfolgend, auch leicht 
zu ziemlich schnellem Laufen gesteigert werden, aber auch dies 
ist weit entfernt von dem ruckweisen, rollenden Dahinschnurren 
des Halsband- oder Flussregenpfeifers, hinter dem es auch an 
Schnelligkeit stets zurückbleiben dürfte; der Flug vollends ist, 
wenn auch kräftig, sehr schnell und auch scharfer Wendungen 
fähig, doch himmelweit verschieden von dem so gewandten und 
wechselvollen, fast schwalbenähnlichen der Aegialiten und nähert 
sich gleichfalls dem des Austernfischers, mit dem auch das Flug- 
bild eine gewisse Verwandtschaft zeigt. So trieb der anziehende 
Vogel auf der Mole still und ruhig sein Wesen, unbekümmert 
um die Menschenmenge, die sich eines in der Nähe auf den 
Grund geratenen (später wieder flott gemachten) Schleppdampfers 
wegen noch nicht hundert Schritte entfernt am Seestrande an- 
gesammelt hatte, wie um den einzigen Vertreter der Species 
Homo sapiens, der sich wenige Meter von ihm einsam auf der 
Mauer thronend seinetwegen geduldig von Wasserstaub und 
Spritzwellen durchnässen liess, flog mit bemerkenswerter Leichtig- 
keit und Sicherheit, die er freilich sowohl mit dem Austernfischer 
20* 


800 E. Christoleit: 


wie mit den Aegialiten, wenigstens dem Flussregenpfeifer!) teilt, 
bald auf die Mauer, bald von dieser wieder auf die rechte oder’ 
linke Seite der Mole und schliesslich an den Seestrand hinab, 
wo er mit unverminderter Zutraulichkeit namentlich das ange- 
spülte Seegras nach Nahrung durchsuchte, dabei recht wenig. 
aegialitenartig nicht nur Seegrasbüschel, sondern auch grössere 
Eisstückchen mit auffallend kräftigen Schnabelbewegungen zur 
Seite schleudernd, wenn er unter ihnen Beute vermutete — eine 
Gewohnheit, die ihm ja auch zu seinem deutschen Namen ver- 
- holfen hat —, zeitweise aber auch still ins Seegras gedrückt, 
der Ruhe sich hingab. Schliesslich machte die beginnende 
Dämmerung der Beobachtung des ungewöhnlichen Wintergastes, 
der noch immer nicht geneigt schien, die (später wieder aufge- 
suchte) Mole zu verlassen, ein Ende; in den nächsten Tagen war 
er nicht mehr anzutreffen. Dass es sich hierbei um ein infolge 
von Krankheit oder Verwundung auf dem Zuge zurückge- 
bliebenes Exemplar handelte, ist mir nach dem Aussehen und 
Betragen des Vogels wenig wahrscheinlich; freilich war das Wetter 
bis dahin auch ziemlich milde gewesen. 


2. Schmalschnäbliger Wassertreter (Phalaropus hyperboreus). 


Mit diesem ausserhalb der spezifisch ornithologischen Kreise 
noch immer sehr wenig bekannten ebenso seltsamen wie wunder- 
lieblichen nordischen Schnepfenvogel einmal zusammenzutreffen 
war, seitdem Flörickes Berichte dies für mich wenigstens in den 
Bereich des Möglichen gerückt hatten, schon lange ein Lieblings- 
wunsch von mir gewesen, wie alle solche Träume in einem Winkel 
des Herzens um so standhafter festgehalten, je eifriger der Verstand 
bemüht war ihn zu unterdrücken; und als nun nach langem Auf- 
enthalte im Binnenlande auch einmal eine Hafenstadt mein Wohn- 
ort geworden war, da war es unvermeidlich, dass der Traum als- 
bald festere Formen annahm und in unbewachten Momenten gar 
mancher Blick aus bewaffnetem und unbewaffnetem Auge nach 
dem fremden Meeresvogel auf die Suche ging. Indessen Woche 
um Woche der Zugzeit verstrich, ohne dass der kahle Memeler 
Seestrand mir etwas Anderes geboten hätte als wenige Flussufer- 


1) Diesen habe ich auf dem Kaibahnhof in Königsberg sogar auf den 
nicht einmal ganz wagerechten platten Dächern der Güterschuppen sich 
sehr geschickt bewegen sehen; vom Austernfischer ist es ja bekannt, 
dass er es auf Uferfelsen ebenso macht. 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 301 


läufer,!) Aegialiten, Austernfischer und ab und zu einmal einen 
verirrten Alpenstrandläufer, und als auch ein Ausflug nach dem 
Ornithologeneldorado Rossitten, so viel des Interessanten er sonst 
bot, in dieser Beziehung erfolglos geblieben war, da wurde Pha- 
laropus hyperboreus schliesslich denn doch still und ohne Aufsehen 
zu den übrigen begrabenen Hoffnungen gelegt. Darüber kam denn 
der Winter ins Land und mit ihm seine Gäste; die ersten See- 
taucher schaukelten sich auf den Wellen des Tiefs, Tauchenten 
zeigten sich zahlreicher, und über den Schwimmvögeln, denen 
zuliebe nunmehr die in den freien Stunden unternommenen Spa- 
ziergänge fast ausnahmslos den Hafen zum Ziel hatten, waren die 
Sumpfvögel, deren Zugzeit ja längst vorüber war, ganz und gar 
vergessen. So war ich auch am Nachmittage des 4. Dezember 
wieder hinausgewandert nach der Nordermole. Es war ein trüber, 
unfreundlicher Tag; auf der öden dunkelgrauen, ziemlich stark 
erregten Flut zeigte sich hier und dort ein Nordseetaucher im 
Jugendkleide, und etwas näher der Mole schwammen ein paar 
melancholische junge Eisentchen; sonst nichts Lebendes. Das war 
wirklich nicht allzuviel, und schon überlegte ich, ob ich nicht 
wieder umkehren sollte, als ich rechts von der Mole in der eingangs 
erwähnten Einbuchtung dicht vor oder eigentlich unter mir über 
dem Wasser etwas fiattern sehe. Von der so ausserordentlich 
eigenartigen, neben den gewohnten Tauchern, Enten und Möven 
ganz winzig sich ausnehmenden Erscheinung förmlich verwirrt, 
weiss ich in den ersten Augenblicken garnicht, was ich aus ihr 
machen soll, und erst genauere Betrachtung kann mich überzeugen, 
dass ich nicht etwa einen eifrig kopfnickend umherlaufenden 
Schneeammer, sondern thatsächlich einenschmalschnäbligen Wasser- 
treter im Winterkleide vor mir habe, mit schwarzem Schnäbelchen, 
weissem Vorder- und dunklen, daher auf den ersten Blick fast 
wie gehäubt aussehendem Hinterkopfe, gelbbräunlichem Halse, 
zart aschblaugrauer übriger Oberseite mit dunkleren Schwingen 


1) Diesen zierlichen Allerweltsvogel habe ich auf dem Zuge sowohl 
1900 bei Memel wie auch 1899 auf der kurischen Nehrung zwischen 
Sarkau und Nidden wiederholt einzeln am Seestrande angetroffen, den 
Flussregenpfeifer aber, zum Teil mit seinem schöneren und grösseren Ver- 
wandten, dem Halsbandregenpfeifer, vereinigt, an denselben Orten sehr 
zahlreich und bei Memel wenigstens die ganze Zugzeit über bis Mitte 
Oktober, so dass ich zumal hinsichtlich des letzteren die gegenteiligen 
Angaben Flörickes nicht recht begreife. 


302 E. Christoleit: 


und einer weissen Flügelbinde und reinweisser Unterseite, der 
sich kaum zehn Schritte vor mir auf das Wasser niedergelassen 
hat und völlig unbekümmert um meine Anwesenheit seiner Nahrung 
nachgeht. Und nun waren Wetter, Nordseetaucher und Eisentchen 
vergessen und vergessen auch der Fischerjunge, der keine zwanzig 
Schritte davon, die Taschen voll sorgfältig gesammelter Steine, 
an der Mauer lehnte, nur durch die Ungewissheit, wie ich mich 
dazu stellen würde, einstweilen noch davon abgehalten, mit diesen 
Wurfgeschossen gegen alles nur irgend erreichbare lebende Gevögel 
vorzugehen, !) und wie gebannt an jeder seiner Bewegungen 
hängend liess ich den seltenen Gast aus dem Norden, der hier eine 
nahrungsreiche Stelle gefunden zu haben schien, mit gewöhnlicher 
Zutraulichkeit vor meinen Augen sein munteres Spiel treiben. 
Wer den Wassertreter nur auf dem ruhigen Spiegel kleiner Land- 
seen, Teiche und Tümpel beobachtet hat, mag von ihm nichts 
weiter bemerken als dass er beim Schwimmen sehr wenig tief im 
Wasser liegt; wer ihn, wie es mir hier zuteil wurde, zum ersten 
Male inmitten bewegter Meereswellen zu sehen bekommt, der wird 
zunächst überhaupt im Zweifel sein, wie er die hurtigen Bewe- 
gungen des dicht vor seinen Augen auf der schäumenden Flut 
tanzenden wunderbaren Vögelchens deuten soll, ob er es hier 
wirklich mit einem Schwimmen zu thun habe oder ob es nicht 
vielmehr von einer unerklärlichen Kraft zwischen Luft und Wasser 
schwebend erhalten und dazu noch halb laufend vom Winde über 
die Wasserfläche geweht werde wie ein Segelschlitten über glattes 
Eis — ein Gefühl, wie es ähnlich wohl den Beobachter ergreifen 
mag, der zum ersten Male die halb kletternden, halb fliegenden 
Bewegungen des Alpenmauerläufers oder die halb schwebenden, 
halb über den Wasserspiegel laufenden der Sturmschwalben aus 


t) Es scheint in der That ein vom jüngsten Fischerknaben bis zum 
Universitätsprofessor giltiges „Naturgesetz“ zu sein, dass Fischer und 
Fischereiinteressenten die allerrücksichtslosesten und fanatischsten Vogel- 
feinde sind, die es giebt. — Der erwähnte Knabe nahm sich übrigens 
schliesslich wirklich auch den Wassertreter zum Ziel seiner sehr ge- 
schickten Steinwürfe, mit denen er bei dessen wahrhaft rührender Harm- 
losigkeit, die ihn selbst hierauf nicht achten liess, ohne mein Einschreiten 
wahrscheinlich zuletzt Erfolg gehabt hätte. Solcher Gesinnung allein mit 
„Belehrung“, also Verbreitung grösserer Kenntnis der Vögel, entgegen- 
wirken zu wollen, ist, wie ich nicht ablassen möchte hervorzuheben, das 
Aussichtsloseste was es geben kann. 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 303 


' eigener Anschauung kennen lernt. In der That liegt der ganze 
Körper des kleinen Schwimmers ausserhalb des Wassers, das nur 
die untersten Bauchfedern berühren, und wie er darin schon den 
Gesetzen der Schwere entnommen zu sein scheint, so nicht minder 
in der wunderbaren Schnelligkeit und der noch erstaunlicheren 
Behendigkeit, mit der er, nicht wie andere schwimmende Vögel 
meist mit beiden Füssen zugleich, sondern durchaus regelmässig 
abwechselnd abstossend und so thatsächlich mehr laufend als schwim- 
mend über den Wasserspiegel dahineilt, fortwährend sehr lebhaft 
mit dem auf ausgestrecktem Halse meist hoch getragenen Köpf- 
chen nickend und mit einer im ersten Augenblicke fast unnatürlich 
anmutenden, mehr als quecksilbernen Beweglichkeit und ruhelosen 
Hast bald hierhin, bald dorthin sich wendend, bald hier, bald 
dort etwas vom Wasser aufnehmend, nicht selten auch Kopf und 
Hals in dasselbe eintauchend, ohne dabei das rastlose Vorwärts- 
eilen auch nur einen Augenblick zu unterbrechen. Weder der 
Luft noch dem Wasser recht angehörig, scheint er von beiden 
Elementen als willenloser Spielball in unaufhörlichem unberechen- 
barem Wirbel dahingeführt zu werden, und erst wenn man genauer 
zusieht, wenn man bemerkt, wie geschickt er im letzten Augenblicke 
den Stein vermeidet, gegen den ihn die heranrollende Woge 
unfehlbar schleudern zu müssen schien, wie er fast mit gleicher 
Schnelligkeit gegen Wind und Wellenschlag wie mit ihnen vorwärts 
kommt, wie es ihm völlig gleichgiltig ist, ob er die Welle quer, 
schräg oder längs durcheilt, wie er bei aller Lebhaftigkeit und 
Hast seiner Bewegungen in Sturm und Brandung doch nicht ein 
einziges Mal die Herrschaft über sie verliert und selbst auf der 
äussersten Spitze des zusammenbrechenden Wellenkammes, wo es 
scheint, als müsste die vereinigte Gewalt beider Elemente den 
kleinen Körper End’ über End’ umschlagen lassen wie ein Boot, 
kaum einmal nötig hat die ruhig angelegt getragenen Flügel zu 
lüften, dann beginnt man zu ahnen, welch eine Fülle energischer 
zielbewusster Kraftanstrengung in den so seltsam und regellos 
erscheinenden Bewegungen dieses zarten Geschöpfchens zum Aus- 
druck kommt, einer Kraft, die sie zugleich trotz ihrer Regellosigkeit 
und Hast niemals der Anmut bar erscheinen, sondern diese viel- 
mehr in hohem Masse an den Tag legen lässt; ich müsste längst 
Gesagtes wiederholen, wollte ich den unbeschreiblich lieblichen 
Eindruck zu schildern versuchen, den dies Vögelchen gerade inmitten 
einer solchen rauhen und düstern Umgebung gewährt, Erst wer 


304 E. Christoleit: 


es so gesehen, vermag seinen deutschen Namen zu verstehen, denn 

es ist wirklich ein „Wassertreten‘“ mehr als ein Schwimmen, freilich 
mit solcher Leichtigkeit und Grazie ausgeführt, dass man sich 
immer wieder, so sehr man auch zunächst vor einem so hyper- 
bolisch erscheinenden Vergleiche zurückschrecken möchte, an die 
anmutigen Reigen der bekannten bleiglänzenden Drehkäferchen 
unserer Gewässer erinnert fühlt. Und dann geht das Tierchen 
vom gaukelnden Tanze auf der Wasserfläche zu dem in der Luft 
über; ohne erkennbare Veranlassung erhebt es sich leicht und | 
geschickt von den Wellen und in gewandtem Schwebefluge in der 
Luft stehend, steigend und fallend bietet es dem Winde die Stirn, 
jetzt wie spielend die verschiedensten Zickzackwendungen und 
Schwenkungen ausführend, jetzt sich plötzlich vor den Wind 
legend und sich von ihm blitzschnell einige dreissig bis vierzig 
Meter forttragen lassend, um dann wieder Halt zu machen, nun 
langsam zum Wasserspiegel hinabsinkend, als wollte es sich auf 
ihm niederlassen, im letzten Augenblicke aber wieder aufsteigend 
und so eintagsfliegenartig in anmutigen, hüpfenden Bogen noch 
mehrmals auf und nieder gaukelnd, bis es sich wirklich auf das 
Wasser herablässt, um nach wenigen Augenblicken eiligen „Wasser- 
tretens‘“ — auch nur kurze Zeit ruhig auf dem Wasser zu liegen 
scheint ihm unmöglich zu sein — sich wieder zu erheben und 
das alte Spiel von Neuem zu beginnen. Dabei tritt die Strand- 
läuferähnlichkeit unverkennbar hervor, wiewohl die Flügel im 
Verhältnis zum Körper grösser, namentlich breiter, weniger stark 
ausgeschnitten sind und dadurch sowohl der Flug selbst etwas 
Abweichendes erhält als auch insbesondere das Flugbild entschieden 
noch mehr an eine Bekassine erinnert; Flörickes Vergleich mit 
der Sumpfschnepfe (Gallinago gallinula), die ich im Freileben 
noch nicht kenne, dürfte daher sehr treffend sein; dabei wird der 
Hals eingezogen und der ziemlich kurze Schnabel etwas gesenkt. 
Nur einmal und ganz vorübergehend ging das rastlose Tierchen 
auch an das Land und lief hier strandläuferartig einige Schritte, 
um sich dann sofort wieder ins Wasser zu begeben. Was für 
Stoffe es eigentlich sind, die es fortwährend von der Oberfläche 
des Meeres aufnimmt, blieb mir ungewiss wie übrigens, wie es 
scheint, manchem anderen Beobachter auch; mehrfach schienen 
es auch grössere Bissen zu sein, und jedenfalls fand der kleine 
Wintergast trotz der vorgerückten Jahreszeit an dieser Stelle 
wenigsten einen sehr reich gedeckten Tisch, dem er denn auch, 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 305 


stets vollauf beschäftigt und ohne ein einziges Mal auszuruhen 
für den Rest des Tages treu blieb. Rasch ging der kurze De- 
zembernachmittag zu Ende; längst war die Dämmerung herein- 
gebrochen und auf der Kuppel des Leuchtturms über den Wipfeln 
der Plantage die rötliche Flamme erglommen; ein heftiges Schnee- 
gestöber trieb mir die Flocken ins Gesicht, und kaum konnte ich 
noch die Umrisse des nach wie vor unermüdlich über die dunkle 
Flut dahineilenden Vögelchens erkennen, da riss ich mich endlich 
los, um, vor den Augen noch immer das liebliche Bild des lang- 
erhofften, nunmehr schon so lange aufgegebenen und endlich doch 
gefundenen nordischen Fremdlings, durch das Dunkel des Winter- 
abends den einsamen Heimweg anzutreten. Ob ich ihn wohl je 
in meinem Leben zum zweiten Male sehen werde? — 


3. Zwergmöve (KXema minutum). 


Dieser zu den schönsten Zierden der Vogelwelt meiner ost- 
preussischen Heimat gehörenden kleinsten unserer Mövenarten, 
die man nach den meisten Angaben eher für einen ziemlich 
weichlichen Zugvogel hätte halten mögen, als Wintergast im 
nördlichsten Seehafen des deutschen Reiches zu begegnen, wird 
gewiss manchen Leser überraschen, sicherlich aber keinen mehr 
als seinerzeit, am 19. Januar 1901, den Schreiber dieser Zeilen, 
der anfangs längere Zeit lieber den wildesten Vermutungen Raum 
geben als sich überzeugen lassen mochte, dass er es wirklich mit 
dieser im vorhergehenden Sommer auf dem Kurischen Haffe 
durchaus vergeblich gesuchten Art zu thun hatte!) Freilich 
mussten die Zweifel schliesslich doch endgiltig verstummen, als sich 
eine Woche später sogar vier Stück zeigten und von da ab Xema 
minutum bis zum 9. Februar in einer Stärke von bis 7 Stück, von 
denen jedoch nur eines das ausgefärbte, alle anderen das mittlere 
Winterkleid trugen, ständig im Hafen zu sehen war, während 
nach dieser Zeit, in der der Frost stärker einzusetzen begann, 
sich nur noch am 26. Februar, nachdem wieder Tauwetter ein- 
getreten war, eine einzige, später aber wieder mein Erwarten 
keine mehr blicken liess. Irgendwelche Vermutungen darüber, 
wo diese Exemplare den Rest des doch garnicht so besonders 


1) Später habe ich freilich Gelegenheit gehabt, mich zu überzeugen, 
dass die Zwergmöve schon mehrfach in deutschen Ostseehäfen als Winter- 
gast beobachtet worden ist. 


306 E. Christoleit: 


milden Winters zugebracht haben und ob sie wirklich vom Ostufer 
des Kurischen Haffs oder nicht vielleicht sehr viel weiter nördlich 
herstammten, aufzustellen bin ich ausser Stande; jedenfalls wird 
es unter diesen Umständen ausreichend gerechtfertigt sein, wenn 
ich auch von ihrem Leben und Treiben im Memeler Hafen an 
dieser Stelle ein Bild zu entwerfen versuche, um so mehr als sie 
in dieser Umgebung zu meiner Überraschung Eigenschaften und 
Fähigkeiten an den Tag legten, zu deren voller Entfaltung ihnen 
ihr Sommerleben auf ihren ruhigen bequemen Seen und Strom- 
mündungen wohl nur ausnahmsweise ausreichende Gelegenheit 
giebt und durch sie noch wesentlich anziehender erschienen als 
sie es nach allgemeinem Urteil ohnehin schon sind. 

Nach Gestalt und Farbe wie nach Betragen und Wesen kenn- 
zeichnet sich die Zwergmöve als eine ebenso liebenswürdige und 
anmutige wie scharf charakterisierte Erscheinung unter dem bei 
aller Übereinstimmung seiner Glieder doch keineswegs formen- 
armen Mövengeschlechte. Dem Gesamteindrucke ihrer Formen 
wie ihrer Bewegungen nach muss sie in gewissem Umfange als 
Übergangsglied von diesem zu den Seeschwalben bezeichnet werden; 
ein Unkundiger würde sie zweifellos eher als Seeschwalbe denn 
als Möve ansprechen. Der Rumpf ist vielleicht etwas gedrungener 
gebaut als bei anderen Möven, und der sonst normal gebildete 
Hals wird im Fluge auffallend eingezogen, ohne dass dies aber 
der Zierlichkeit ihrer Gestalt Eintrag thut, die andrerseits in dem 
im Fluge stets wagerecht getragenen wohlgeformten Mövenkopfe 
mit dem feinen dunkeln Schnabel in ganz besonderem Masse zum 
Ausdruck kommt und aufs Vorteilhafteste unterstützt wird von 
der bei aller Einfachheit sehr wirkungsvollen und markanten 
Färbung: von dem gleich der ganzen Unterseite rein weissen 
Schwanze hebt sich das Schwarz der Endbinde eben so scharf 
und sauber ab wie von der zart aschblaugrauen, auf dem Hinter- 
kopfe, namentlich hinter dem Auge etwas verdunkelten übrigen 
Oberseite die charakteristische Flügelzeichnung, ein breiter schwärz- 
licher Streifen, der den ganzen Flügelrand einnimmt und dann 
vom Buge mitten über die Oberflügeldecken bis zur Schulter zieht.t) 


1) Da, wie schon angegeben, fast alle Exemplare das mittlere Winter- 
kleid trugen, ist vorzugsweise dieses berücksichtigt; übrigens möchte es 
mir fast zweifelhaft erscheinen, ob das ausgefärbte Kleid mit seinem 
gleichmässig weissen Schwanze und den ebenso gleichmässig die Farbe 
des Rückens tragenden, auf der Unterseite aber sehr eigentümlich dunkel 


Gefiederte - Wintergäste bei Memel. 307 


Ganz besonders entscheidend für die Erscheinung der fliegenden 
wie der schwimmenden Zwergmöve ist aber der Schnitt der 
Flügel, und hierin weicht sie in gewisser Hinsicht von Seeschwalben 
und Möven zugleich ab, indem der Armschwingenteil kürzer als 
bei beiden erscheint, während der Handschwingenteil zwar sehr 
lang und schmal, aber doch nicht so spitz ist wie bei den ersteren. 
Diesem Flügelbau entspricht der Flug. Wohl schwebt auch die 
Zwergmöve sehr gewandt und sicher im Winde und wohl vermag 
auch sie mit geschickter, jedem Wechsel des Luftstromes sich 
accommodierender Einstellung der Schwingen und reichlicher Zu- 
hilfenahme des Schwanzes jenen Segelflug auszuführen, wie er 
für die Möven in gewissem Gegensatze zu den Seeschwalben so 
charakteristisch ist, aber ihre gewöhnliche Flugweise hat ent- 
schieden mehr von diesen als von jenen; mit unter Möven im 
Allgemeinen doch nicht üblicher Schnelligkeit und noch grösserer 
Gewandtheit eilt der zierlich gebaute Vogel dahin in raschen 
lebhaften Flügelschlägen, deren fast taktmässige Aufeinanderfolge 
sehr an die Gattung Sierna, deren infolge des kürzeren Unterarms 
noch über diese hinausgehende kurze kraftvolle Bestimmtheit 
aber mitunter fast an Turteltaubenflug erinnern würde, wenn nicht 
beides wiederum sehr angenehm gemildert erschien durch eine 
stets gleichbleibende Weichheit und Eleganz, die fast an die 
schwarze Seeschwalbe (Hydrochelidon nigra) gemahnt, dabei stets 
bereit zu den kühnsten und schärfsten Wendungen, zu dem 
wechselvollsten Schwenken, Steigen und Fallen, Flattern und 
Schweben, zu den plötzlichsten und unvermutetsten Übergange 
von der einen Art des Fluges zur anderen und in allen diesen so 
mannigfaltigen Bewegungen dennoch stets wie mühelos die vollste 
selbstgewisseste Sicherheit und auf Grund solcher „vollendeten 
Kraft‘ auch die vollendetste Anmut bewahrend. Der gewöhnliche 
Jagdflug führt sie meist in sehr geringer Höhe (etwa 2—3 Meter) 
über dem Wasser die Brandungslinie entlang, und sie streicht dann 
meist, oft mit fledermausartiger Regelmässigkeit, ein bestimmtes 


schwarzgrau gefärbten Flügeln gegen jenes zweifellos viel markantere 
einen Fortschritt bedeutet, selbst wenn, wie es in dem (mir aus eigener 
Anschauung allerdings noch nicht bekannten) Hochzeitskleide der Fall ist, 
ein dunkel braunschwarzer Kopf hinzukommt. Wenigstens bei einem 
Exemplare zeigte sich übrigens schon im mittleren Kleide eine entschie- 
dene Andeutung des im Hochzeitskleide so viel stärkeren rosenrötlichen 
Hauches auf der Brust. 


308 E. Christoleit: 


Revier ab, indem sie, am Ende desselben angekommen, sich 

entweder plötzlich vor den Wind legt und mit weit ausgebreiteten 
Schwingen einen einzigen gewaltigen Bogen beschreibend sich in 
wenigen Sekunden die ganze Strecke dahintragen lässt, zu der 
sie vorher in angespanntem Ringen gegen den Andrang des 
Windes und in eifriger Nahrungssuche vielleicht mehr als eine 
Minute brauchte, oder wie in neckischem Spiele dem Winde auch 
weiterhin die Stirn bietend stossweise förmlich rückwärts fliegt, 
bald sich scheinbar widerstandslos vom Luftstrome fortführen 
lassend, bald mit wenigen Flügelschlägen auf kurze Zeit seiner 
Macht widerstehend, um unter eifrigen Hin- und Herwenden des 
zierlichen Kopfes auch auf dem Rückwege noch auszuspähen, ob 
sich irgendwo eine Beute ihrem Stosse darbietet. Auch bei 
diesem macht sich ihre scharf ausgeprägte Eigenart sehr ent- 
schieden geltend; die gewöhnliche bei aller thatsächlichen Ge- 
wandtheit doch zunächst fast etwas umständlich anmutende Weise 
auch unserer kleineren und flinkeren Mövenarten, sich, womöglich 
in mehreren Schwenkungen, auf das Wasser herabzulassen, un- 
mittelbar über diesem mit einem Rucke den Körper in eine völlig 
wagerechte Lage zu bringen und dann erst mit vorgestrecktem 
Schnabel weit nach dem schwimmenden Bissen herabzulangen, 
bemerkt man bei ihr am seltensten und wenn doch, so jedenfalls 
in so zierlicher Ausführung, dass man sie kaum wiedererkennt; 
sondern entweder — und das ist namentlich bei hohem Seegange 
das Häufigere — stösst sie seeschwalbengleich mit halb angelegten 
Flügeln wie der Pfeil von der Sehne herab, oft bis zum halben 
Leibe (doch, so viel ich gesehen habe, im Gegensatze zu den 
Seeschwalben niemals ganz) unter Wasser tauchend, oder sie 
wirft sich, wenn ihr die Sache weniger Eile zu haben scheint, 
geradezu auf den Wasserspiegel, ergreift, während sie einen 
Augenblick in völlig schwimmender Stellung verharrt, leicht und 
ungezwungen das Object ihres Stosses und erhebt sich sofort 
wieder gewandt und mühelos in die Luft, wobei es freilich, wie 
bei anderen Möven auch, öfters dazu kommt, dass sie ihm noch 
ein wenig halb schwebend, halb schwimmend oder über das Wasser 
laufend nachsetzen muss, was sie dann mit gewöhnlicher Grazie 
‚ausführt. Ist aber das Beutestück etwas grösser, so verschluckt 
sie es stets schwimmend, und daher sieht man sie nicht selten in 
dieser Stellung. Dann nimmt sich die elegante Fliegerin ganz anders 
aus als im Fluge, aber kaum weniger charakteristisch und reizvoll. 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 309 


Wie alle Möven und Seeschwalben liegt sie nur leicht auf dem 
Wasser; dabei wird der Kopf erhoben, so dass der keineswegs 
dicke Hals jetzt zur Geltung kommt, wobei eine gewisse Lach- 
mövenähnlichkeit (namentlich mit jungen Exemplaren), nur un- 
endlich verfeinert, unverkennbar hervortritt, die langen Schwingen 
aber werden ganz besonders hoch getragen, und ihre Zeichnung 
erscheint jetzt noch schärfer und prägnanter als am fliegenden 
Vogel, indem nun der breite schwarze Streifen auf dem Oberflügel 
von dem die Handschwingen bedeckenden durch einen scharf 
abgesetzten hellgrauen, den die Armschwingen bilden, getrennt 
erscheint. Doch ist viel ausruhen ihre Sache nicht, und sie er- 
hebt sich daher gewöhnlich sehr bald wieder vom Wasserspiegel, 
es sei denn, dass sie einmal badet, wobei dann freilich die gra- 
ziöse Lebhaftigkeit dieses temparamentvollen Geschöpfes auch sehr 
entschieden zum Ausdrucke kommt. Nur selten habe ich sie 
fortrudern sehen; doch scheint sie auch in dieser Beziehung nicht 
ganz ungewandt zu sein. Vollkommen ihre körperlichen Vorzüge 
zu würdigen aber vermag erst, wer sie, wie es mir während ihres 
Anfenthaltes im Hafen mehrfach zuteilwurde, bei heftigem Sturme 
in der Brandung sah; das Epitheton „sturmesmunter‘ scheint in 
solchen Augenblicken dieser Bewohnerin stiller, ruhiger Binnen- 
gewässer fast in höherem Masse zu zukommen als den anderen 
Arten die von Jugend auf mit dem wilden Meere vertraut sind. 
Wo die schäumenden Wogen am höchsten rollen und mit dumpfem 
Donnern anı wuchtigsten gegen die Steinmassen der Molen schlagen, 
wo der weisse Schaum, von der ungeheueren Heftigkeit des An- 
pralls zum Teil zu raketenartigen Wirbeln zusammengepresst, 
fast haushoch emporspritzt, da scheint sie dann am liebsten zu 
verweilen; da entfaltet sie auf dem düsteren Hintergrunde in 
ungezähmter Wildheit tobender Elementarkräfte als ein freund- 
licher Gruss des Lebens eine Ausdauer, Gewandtheit und Anmut, 
die jeden einigermassen Empfänglichen zur Bewunderung hin- 
reissen muss. Als freue sie sich dieses die ganze Schärfe ihrer 
Sinne und die ganze Kraft ihrer Muskeln in Anspruch nehmenden 
Kampfes, scheint sie dann der feindlichen Flut noch näher zu 
rücken als sonst, noch kecker unmittelbar unter der Kante des 
zusammenstürzenden Wellenberges hinzustreifen, noch stürmischer 
sich mitten hineinzustürzen in die brodelnde Schaumesmasse der 
niederbrechenden Woge, von der sie rettungslos verschlungen 
werden zu müssen scheint und über der sie doch im nächsten 


310 E. Christoleit: 


Augenblicke, mit einer kurzen vibrierenden Bewegung sich den 
Wasserstaub von den Schwingen schüttelnd, leicht und anmutig 
wie iınmer wie triumphierend wieder emporschwebt, ein rechtes 
Bild der Überlegenheit zielbewusster Gewandtheit über die blind 
wütende rohe Kraft, und das alles im scharf daherbrausenden 
Sturme, der allein schon ihre Kraft und Geschicklichkeit vollauf 
in Anspruch zu nehmen scheint. Wahrhaft erstaunlich aber ist 
die Sicherheit, mit der sie auch unter solchen Umständen ihrer 
Gewohnheit treu bleibt, ihre Beute schwimmend zu verzehren; 
hier entwickelt sie ähnlich wie der schmalschnäblige Wassertreter, 
an den sie in solcher Situation thatsächlich auch äusserlich er- 
innert,!) eine fast körperlos erscheinende Gewandtheit und Leich- 
tigkeit der Bewegungen. An den Stellen der schwersten Brandung, 
die auch die seefesten Eisenten und selbst der Seetaucher sorg- 
fältig meiden, weil auch sie fürchten müssen, hier von der Gewalt 
der Wogen erfasst und gegen die Uferwand geschleudert zu werden, 
sieht man dann dieses in solcher Umgebung so winzig und zart 
erscheinende Geschöpf sich mit der grössten Ruhe auf das 
Wasser niederlassen, weil es sicher ist, durch seine Fluggewandt- 
heit sich jeden Augenblick dem unmittelbarem Machtbereich des 
feindlichen Elementes wieder entziehen zu können; und so lässt 
es denn öfters die Wellen förmlich Fangball mit sich spielen, von 
dem höchsten Gipfel der einen sich leicht und fast unmerklich 
erhebend, um im Winde schwebend und schwimmend auf die 
nächste herabzusinken, und so in fast mühelos erscheinender Be- 
herrschung beider Elemente den höchsten Liebreiz seines Wesens 
entfaltend. Welchen Objecten die Jagd der Zwergmöven im 
Memeler Hafen vorzugsweise galt, habe ich nicht bemerken können, 
möchte aber annehmen, dass Fische dabei wenig oder auch gar- 
nicht in Betracht kamen; mehrmals schienen sie Streifen Seetang 
vom Wasser aufzunehmen, vielleicht an ihm sitzender Tierchen 
halber; einmal sah ich auch wie eine einen so grossen Bissen 
erbeutete, dass sie ihn nur mit Mühe verschlucken konnte, aber 
auch dies schien kein Fisch zu sein, wenigstens kein lebend ge- 
fangener; jedenfalls litten sie, so lange ich sie beobachten konnte 
wider mein Erwarten offenbar nicht den geringsten Mangel. Über 
die „geistigen Eigenschaften“ dieses körperlich so begabten Vogels 
war natürlich in den wenigen Tagen und unter wesentlich gleich- 


1) Selbstverständlich nur, wenn er das Winterkleid trägt. 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 31l 


bleibenden Verhältnissen wenig mehr festzustellen als was schon 
in dem Bisherigen zum Ausdrucke kommt, das Bild eines in 
jeder Beziehung liebenswürdigen, stets heiteren, munteren und 
lebendigen Geschöpfes, das die meisten Vorzüge des Mövencha- 
rakters besitzt ohne seine unangenehmen Seiten. Die Gemeinschaft 
untereinander war, wie bei Möven meistens, keine allzu feste; 
doch schienen sich immerhin die vorhandenen Exemplare immer 
wieder zusammenzufinden, und es kam doch auch, namentlich bei 
dem beschriebenen regelmässigen Hin- und Herstreichen, öfters 
vor, dass sich zwei oder drei von ihnen längere Zeit ganz nahe 
bei einander hielten. Streitigkeiten habe ich auch in solchen 
Fällen trotz ihrer Lebhaftigkeit unter ihnen nie bemerkt, und 
ebenso schieren sie mit anderen Arten grundsätzlich Frieden zu 
halten, auch wenn, wie es zuweilen geschah, eine von jenen und 
eine Zwergmöve auf denselben Gegenstand stiessen; es schien 
dann das „Prioritätsrecht“ auch von der dadurch Benachteiligten 
neidlos anerkannt zu werden. Bemerkenswert aber war ihre 
andauernde harmlose Zutraulichkeit, vermöge deren man sie sich 
bei einiger Vorsicht immer wieder selbst bis auf 20 Schritte 
vorübertliegen lassen konnte; auch Steinwürfe, mit denen sie von 
einem würdigen Vertreter der so überaus tierfreundlichen Memeler!) 
Fischerjugend so lange verfolgt wurden, bis ich einschritt, schienen 
ihren Gleichmut nicht allzusehr zu erschüttern. Schwimmend 
liessen sie sich indessen doch zwar auch auf Schrotschussweite, 
aber nicht gern viel näher ankommen und trugen in solchen 
Fällen gern die in unmittelbarer Nähe des Ufers erbeutete Nahrung 
einige 50—60 Schritte von ihm fort, um sie dort in aller Ruhe 
und Behaglichkeit zu verzehren; im Ganzen zeigten die harmlosen 
Wintergäste jedenfalls deutlich genug, dass sie die civilisierte 
Grossstadtmenschheit unserer Tage mit ihrem von jeder „Senti- 
mentalität‘ freien „gesunden Egoismus“ noch keineswegs genügend 
kennen und würdigen gelernt hatten. Hoffen wir das ihnen dies 
Los auch weiterhin erspart geblieben ist und dass sie im nächsten 
Jahre mit all der Munterkeit und sorglosen Fröhlichkeit, mit der 
sie bei stürmischen Wintertagen am öden Meeresstrande den 
einsamen Beobachter erfreut haben, auch ungestört haben ihr 
frohes Sommerleben führen, ihre Nester bauen und ihre Jungen 
aufziehen können im entlegenen Schilfdickicht des heimatlichen 


1) Eigentlich Bommelsvitter und Melneragger. 


312 E. Christoleit: 


Gewässers, wo in stiller Flut gelbe Iris sich spiegeln und breit- 


blättrige Seerosen und Mummeln, vom leichten Morgenwinde 


bewegt, leise sich schaukeln. 


4. Lachmöwe (Xema ridibundum). 

Neben der kleinen zarten Zwergmöwe auch unsere zweite 
Süsswassermöwe, ihre so erheblich grössere und kräftigere 
Schwester Xema ridibundum als Wintergast im Memeler Hafen 
anzutreffen konnte natürlich von vornherein sehr viel weniger 
überraschen; auch sie gehörte an jenen Sturmestagen, an denen 
die sonst vorherrschenden Enten, Säger und Taucher mehr oder 
weniger zu verschwinden und das Feld den ihrerseits dann zahl- 
reicher sich einstellenden „Seefliegern“ zu überlassen pflegten, 
zu den charakteristischen Vogelgestalten des Hafens. Schon in 
den Sommermonaten hatten, bis Ende Oktober ausdauernd, 
namentlich diesjährige Junge in oft nicht unbeträchtlicher An- 
zahl wie das übrige Haff so auch das Tief belebt; seit Anfang 
November zeigten sich nur noch die dauernden Wintergäste, im 
Gegensatze zur Zwergmöwe durchweg alte ausgefärbte Exemplare, 
die, während sich bei stillem, wenn auch kaltem Wetter nur 
verhältnismässig selten einmal eine blicken liess, bei Westwind 
und hohem Seegange bis Ende Februar stets auf dem Platze 
waren, trotz ihrer geringen Anzahl, die ein halbes Dutzend nie 


überstieg, unter dem leichtbeschwingten Möwenvolke stets eine ° 


bemerkenswerte Stellung einnehmend. 

Wer die Lachmöwe bisher nur im Sommerkleide an dem 
heimatlichen Haffe, See oder Teiche oder auch auf dem Früh- 
jahrszuge auf überschwemmten Wiesen beobachtet hat, dem er- 
geht es, wenn er ihr zum ersten Male im Wintergefieder am 
Seestrande begegnet, nicht anders als etwa demjenigen, dem ein 
junges Mädchen, das er noch vor wenigen Monaten mit fliegenden 
Locken und kurzem Kleidchen umhertollen sah, nunmehr als 
züchtige Jungfrau in glattem Haar und langem Gewande sittsam 
und ehrbar entgegentritt: er zweifelt zunächst an der Identität. 
Nichts mehr von dem frischen, kecken, übermütigen Mohrenkopfe, 
dessen lebensfrohe, rastlos bewegliche Schwärme die Gegend 
weithin beleben, der unablässig mit den Gefährten zu spielen, zu 
necken und zu zanken hat und dessen Schreilust und -fähigkeit 
so gut wie die Gefrässigkeit des Spatzen ein Stück von der 
Ewigkeit ist; das Schwarzbraun des Kopfes ist ersetzt durch ein 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 313 


‚ gleichmässiges Weiss, das reine Aschblau des Rückens und der 
Flügel durch ein noch indifferenteres helles Bläulichgrau, und 
‚ der so abweichende und charakteristische graulichweisse Flügelrand, 
vor dem die schwarzen Schwingenspitzen ganz zurücktreten, ver- 
vollständigt das gleichmässig zarte, fast unscheinbar zu nennende 
Farbenbild, mit dem Gestalt und Betragen des so auffallend 
veränderten Vogels in vollkommenem Einklange stehen. Mit der 
Zwergmöwe, die doch im Sommerkleide auf etwas weitere 
Entfernungen sogar mit ihr verwechselt werden kann, besteht 
jetzt nicht die geringste Ähnlichkeit; kleinköpfiger und langhalsiger 
als andere Möwen sich ausnehmend, zeigt die ganze Erscheinung 
ein gewisses fast taubenhaft zu nennendes Ebenmass und eine 
Harmonie der Formen, wie sie die so viel markantere Sommer- 
färbung doch keineswegs im vollen Masse hervortreten zu lassen 
geeignet ist, und ebenso liegt in ihren Bewegungen und ihrem 
ganzen Wesen, so wenig es irgend welche Besonderheiten auf- 
weist, eine eigentümliche Art von anspruchsloser Eleganz und 
ruhiger Vornehmheit, von der sie am Brutplatze in der That 
nichts ahnen lässt. Nicht immer zieht sie wie gewöhnlich mit 
leichten gleichmässigen Flügelschlägen ruhig dahin oder schwebt 
auch längere Strecken; sie vermag ebensogut zu segeln und zu 
schwenken, zu rütteln und zu stossen, wie wir es von jeder 
Möwe gewohnt sind und wie sie es zur Erlangung der kärglichen 
Nahrung in harter Winterszeit wohl noch notwendiger braucht 
als im Sommer, aber auf allen diesen Bewegungen ruht 
unzerstörbar und niemals auch nur für einen Augenblick weichend 
jener Hauch gleichmässig schlichter Anmut, der uns die Lach- 
möwe im winterlichen Exil oft fast anziehender erscheinen lassen 
möchte als den das Hochzeitskleid tragenden Sommervogel in 
ungehemmter Lebenslust. Gerade beim Stossen tritt dies besonders 
deutlich hervor; so leicht und sicher es, wo es notthut, auch tief 
eintauchend, stets geschieht, so bleibt es doch frei von jeder 
abrupten Hast, wie sie die Seeschwalben und, wenngleich in 
anderer Art, nicht selten auch die Sturmmöwe dabei an den Tag 
legen. Auch Sturm und heftige Brandung, dem Binnenlandsvogel 
doch mehr oder weniger ungewohnt, vermögen diesen Flug- 
charakter nicht im Mindesten zu alterieren; als steife sie sich 
darauf, dem Drange der Elemente nicht den geringsten Einfluss 
auf ihre Bewegungen zu verstatten, tragen „diese in solchem 
Falle beinahe noch mehr den Stempel ruhiger, sicherer, selbst- 
Journ, f. Orn, L. Jahrg. Juli 1902, 21 


314 E. Christoleit: 


gewisser Leichtigkeit; nur pflegt sie sich dann nicht gern auf 
das Wasser niederzulassen, als fürchte sie dadurch zu allzu 
heftigen Bewegungen gezwungen zu werden, so leicht und ele- 
sant sie sonst das Niederlassen wie das Auffliegen ausführt. 
Bei ruhigerer See aber ruht sie oft und gern wie auf dem stillen 
Spiegel des heimatlichen Landsees auch auf dem des unendlichen 
Meeres, wie andere Möwen den Kopf senkrecht erhoben und die 
Schwingen hoch über dem Schwanze gekreuzt, oder badet unter 
lebhaftem Flügelschlagen und Plätschern, unbekümmert darum, 
ob das Thermometer vielleicht mehr als 10° R. unter Null zeigt, 
auch hier anmutig wie immer, wenn sie auch gerade beim 
Schwimmen die Lieblichkeit der Zwergmöwe lange nicht erreicht; 
seltener setzt sie sich auch auf eine schwimmende Eisscholle 
und lässt sich mit ihr, still und einsam auf ihrem Platze ver- 
harrend, wie man es im Sommer bei ihr nie bemerkt, weit in die 
See hinaustreiben. Denn gerade in dieser Beziehung bringt der 
Winter im Wesen unseres Vogels die grösste und einschneidendste 
Veränderung hervor, die freilich mit allen anderen ganz auf derselben 
Linie liegt: nie habe ich von den Wintergästen im Memeler Hafen 
auch nur zwei zusammenhalten sehen und nie habe ich einen 
Laut von ihnen gehört. Wohl führen sie gleiche Bestrebungen 
und Interessen sowohl mit Artgenossen wie mit Angehörigen 
anderer Arten oft in unmittelbare Nähe zusammen, und wo an 
geeigneten Tagen der Streifen treibender Schollen und schwimmen- 
den Eisgerölls am Ausgange des Tiefs von der entgegenschlagen- 
den Brandung der See besonders gründlich durcheinander ge- 
worfen wurde und manches bis dahin verborgene Geniessbare 
an die Oberfläche treten liess, fanden sich unter dem flatternden 
Möwenschwarme, der wie eine weisse wehende Wolke darüber 
lag, nicht selten alle vorhandenen Exemplare zusammen, ohne 
die unmittelbare Nähe auch der grösseren Arten irgendwie zu 
scheuen; aber ihr ganzes Verhalten zeigte doch, dass jede voll- 
kommen ihren eigenen Weg ging und nach niemandes Gesell- 
schaft Verlangen trug, freilich auch niemals sich, auch gegen 
die schwächeren Zwergmöwen nicht, irgendwelche Feindseligkeit 
zu Schulden kommen liess; gleichmässig stille, abgeschlossene 
Ruhe war auch dann, im Gewühl der anderen, ihrem Wesen 
aufgeprägt, und am wohlsten schienen sie sich doch zu fühlen, 
wenn die Verhältnisse sich geändert hatten und eine jede wieder 
in ruhiger Zurückgezogenheit einsam und lautlos ihre Bahn ziehen 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 815 


konnte.) War die Zwergmöve auch im kampfes- und entbeh- 
rungsvollen Winterquartiere ganz Munterkeit und harmlose Lebens- 
freude, so gewährte ihre — man möchte sagen — ältere Schwester, 
im Sommer ihr wesentlich gleichgeartet erscheinend, hier in 
eigentümlicher Abweichung vielmehr ein Bild schlicht vornehmer, 
ruhiger Zurückhaltung, ein Gegensatz, der die Beobachtung beider 
Arten nebeneinander ganz besonders anziehend machte; hat es 
doch überhaupt schon einen eigenen Reiz, unsere beiden Süss- 
wassermöven im Winterkleide am Seestrande dicht nebeneinander 
über der Brandung sich tummeln zu sehen, während nicht weit 
davon junge und alte Silbermöven sich unter den Schwarm der 
Sturmmöven mischen ?2) und hoch darüber die mächtigen Gestalten 
der Königin der Möven, der Mantelmöve, die gewaltigen Schwingen 
weit ausgebreitet, in stolzer Ruhe im Winde schweben. 


5. Eisente (Harelda glacialis). 


Und nun zu dir, Harelda glacialıs, harmloses, munteres, 
possierliches, unverdrossenes Eisentchen! Hast du auch weder 
besondere Schönheit, noch irgendwelche Seltenheit zu deiner 
Empfehlung aufzuweisen, da du vielmehr als Wintervogel am 
baltischen Strande von Memel bis Hadersleben häufig wie Brom- 
beeren und wohlfeil wie Sperlinge und jedenfalls einem nicht 
unbeträchtlichem Teile der Leser dieser Blätter noch viel be- 
kannter bist als dem, der dies schreibt — wie eine Perfidie und 
himmelschreiende Undankbarkeit möchte es mir dennoch er- 
scheinen, wenn ich dir nicht auch eine Stelle vergönnte unter 
der Deputation des vielbedrängten Meeresgeflügels, die in diesen 
Spalten wieder einmal den aussichtslosen Versuch wagen will, um 
stilles Beileid und freundliches Gedenken, ja womöglich sogar 
noch um so etwas wie hilfsbereite Sympathie und thatkräftiges 
Mitleid zu bitten, da doch derlei Sentimentalität von den hochge- 
bietenden Beherrschern der Vogelschutzbewegung schon längst 
ein für alle Mal ausser Kurs gesetzt ist. Und ist es denn nicht 
gerade deine Häufigkeit, die dich dem einsamen ornithologischen 


1) Dagegen waren die Jungen im Herbste im Hafen wie anderswo 
recht gesellig. 

2) Von der im August und September im Jugend- wie im Alten- 
kleide so häufigen Heringsmöve habe ich seit Oktober den ganzen Winter 
über in der Umgegend von Memel nicht ein einziges Exemplar zu Ge- 
sicht bekommen. 


212 


316 E. Christoleit: 


Spaziergänger am Seestrande allmählich sozusagen zum täglichen 
Brot werden lässt, zur schwerlich jemals besonders lebhaften, 
aber dafür auch nie versagenden und versiegenden Freude zu 
allen Tageszeiten, in Sturm und Stille, Wolken und Sonnenschein, 
Frost und Tauwetter fünf Monate des Jahres hindurch? So trüb 
auch der Himmel und so tot und öde die düstere Wasserfläche, 
ein paar Eisentchen waren doch stets zu finden, und wenn nicht 
sogleich, so doch im Laufe der Zeit, oft wie herbeigezaubert 
ganz heimlich und unvermutet auftauchend, wo ihre Anwesenheit 
ausgeschlossen erschienen war; und wenn zu andern Zeiten das 
Auge sich sattgesehen hatte an dem Gewimmel so viel stattlicherer, 
farbenschönerer, lebhafterer, gewandterer Vogelgestalten, dann 
kehrte es gern wieder zurück zu den unscheinbaren braunen 
Entchen in Taschenformat, die unverändert harmlos und still- 
vergnügt ihr Wesen trieben, unbekümmert um Anerkennung oder 
Geringschätzung wie um alle anderen nicht unumgänglich not- 
wendigen Dinge dieser Welt. Kamen die andern mehr als vor- 
übergehende Gäste, die das Galakleid tragen, sich möglichst von 
der liebenswürdigen und interessanten Seite zeigen, besonders 
geehrt und gewürdigt sein wollen und nach einem oder einigen 
Tagen wieder von dannen ziehen, so warst du, Harelda glacialis, 
im Memeler Hafen der Logierbesuch auf längere Zeit, mit dem 
man allmählich zum Hauskleide Leibes und der Seele zurückkehrt, 
ihn kennen lernt im ruhigen Gange des täglichen Lebens mit 
allen seinen Mängeln und Schwächen, aber auch seinen tieferen 
Vorzügen, und mit dem man daher, so überhaupt etwas an ihm 
ist, in viel engere und unmittelbarere Gemeinschaft tritt als 
mit jenen. 

Leben und Treiben der Eisente im Winterquartier zerfallen 
sehr merklich in zwei zeitlich allerdings sehr ungleiche Teile, in 
denen der originelle Vogel dem Beobachter in sehr verschiedenem 
Lichte erscheint, die Zeit des eigentlichen Winteraufenthalts und 
die Periode des erwachenden Frühlings; es ist, was den äusseren 
Eindruck betrifft, nicht allzuviel, was ihr in beiden gemeinsam 
ist. Eines allerdings legt ihr ganzes Wesen und Gebaren immer 
und überall an den Tag, eine ausgeprägte Verschiedenheit von 
den übrigen Tauchenten; mir ist es unbegreiflich, wie die heutige 
sonst doch oft wirklich mehr als nötig gattungs- und artzer- 
splitternde Ornithologie sie (wenigstens teilweise) noch mit zur, 
Gattung Fuligula rechnen kann. Unter den wohlgebildeten den 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 317 


Kern der Tauchentengruppe ausmachenden Gestalten der Arten 
_ dieser Gattung nimmt sich die Eisente im Jugendkleide, die für 
_ die erste der genannten Perioden bezeichnend ist, schon der 
Form nach recht abweichend aus; denn diese trägt, ohne irgend 
etwas direct Auffallendes zu bieten, doch ein Gepräge, für das 
sich in der Schriftsprache keine rechte Bezeichnung findet, das 
man aber in Ostpreussen „kuckelbacksch“ und anderswo etwas 
hochdeutscher verhutzelt nennen würde, und dazu passt ebenso 
die fast gleichmässig trüb graubraune, am schwimmenden Vogel, 
da die schmutzigweisse Bauchmitte fast ganz unter Wasser bleibt, 
nur durch einen ziemlich scharf abgegrenzten weissen Wangen- 
fleck gezeichnet erscheinende Färbung wie in gewissem Masse 
auch das Betragen, das in allen seinen Einzelzügen vornehmlich 
bezeichnet wird durch eine sonderbare Mischung von Munterkeit, 
ja Keckheit einer- und einer eigentümlichen steifen Unbeholfenheit 
andererseits und durch solchen Contrast von vornherein notwendig 
und oft geradezu unwiderstehlich den Humor wachruft; zweifellos 
ist die Eisente der Komiker unter den Wasservögeln, ebenso 
unfreiwillig und unbewusst wie unverdrossen und darum von um 
so grösserer Wirkung. Schon beim Schwimmen tritt dies deutlich 
genug hervor; das kugelrunde zusammengeduckte Entlein scheint 
es gewöhnlich ganz besonders eilig zu haben, wie es auch that- 
sächlich, wenn es will, sehr schnell vorwärts kommt, gestattet 
sich dabei aber abgesehen von den unsichtbaren rudernden Füssen 
nicht die geringste Bewegung, ausser dass es öfters recht unter- 
nehmend mit den Flügelspitzen ruckt, was mit der sonstigen 
gedrückten Steifheit seiner Haltung wiederum sehr erheiternd 
contrastiert. Vollendsaber das Untertauchen erinnert stark an die 
aufregende Begebenheit „wie der Mops ins Wasser springt und 
dabei sein Leben riskiert‘‘; es scheint jedesmal das Resultat eines 
heroischen Entschlusses zu sein. Mit einer Ehrfurcht gebietenden 
Geberde wird, sobald dieser endgiltig gefasst ist, der kurze dicke 
Hals mühsam so hoch wie möglich aufgereckt, und plötzlich fährt 
dann das entschlossene Entchen wie ein Heftelmacher in die 
Höhe und versinkt nach diesem Saltomortale mit rücksichtsloser 
Energie und vor Anstrengung!) weit geöffneten Flügeln, nachdem 


1) Ob freilich nur vor Anstrengung? In einigen Fällen hat Flöricke 
das Rudern mit den Flügeln unter Wasser sicher festgestellt, und ich 
möchte beinahe vermuten, dass es die Regel ist. Dass es nicht in der 
Art der Tauchenten liegt, da es vielmehr sonst nur den Alken, Lummen 


318 E. Christoleit: 


einen Augenblick das spitze Schwänzchen senkrecht auf zum 
Himmel ragte, plumpend in die aufspritzende Flut. Namentlich 
bei starkem Wellenschlage erscheint diese unbeugsame Ent- 
schlossenheit und Energie des Wollens mit dem schwachen Können 
in solchem Zwiespalte, dass man sich kaum der Befürchtung er- 
wehrt, das hochherzige Entlein werde auch einmal mit dem Schwanze 
voran oder wenigstens in Querlage in den Schlund hinabtauchen, 
und einigermassen erleichtert aufatmet, wenn sich dieser wieder 
einmal in normaler Weise über ihm geschlossen hat. Erscheint 
es dann wieder auf der Oberfläche des Wassers, so ist alle Auf- 
regung vorüber und seine Haltung wieder ganz eben so steif, 
regungslos und unbekümmert wie zuvor; ja nicht einmal das lässt 
sich feststellen, ob der soeben an den Tag gelegte kühne Wagemut 
wenigstens von dem gewünschten Erfolge gekrönt worden ist, 
denn fast ausnahmslos verschluckt es die gefundenen Muscheln, 
die bekanntlich vorwiegend seine Nahrung ausmachen, bereits im 
Wasser und zwar ohne jede Vorbereitung in natürlicher Grösse 
und Gestalt. Wohl bekomms, sagen wir und fühlen uns zu der 
Ansicht gedrängt, dass der Magen einer Eisente im Allgemeinen 
von etwas anderer Beschaffenheit sein muss als der menschliche, 
selbst wenn wir nicht gerade den andauernd und consequent 
ruinierten des modernen „gebildeten‘‘ Grossstadtmenschen zum 
Massstabe nehmen. In der That ein hartes Brot im wörtlichen 
wie im übertragenen Sinne, und wenn wir mit Recht die armen 
Stubenvögel bedauern, welche die gedankenlose Roheit verflossener 
„Vogelliebhaber“ zwang, sich jeden Bissen erst durch ein Turn- 
kunststück zu verdienen — unser Eisentchen hats von der Natur 
nicht viel anders bestimmt bekommen und ist dabei doch munter 
und guter Dinge. Denselben Ausdruck possierlicher Unbeholfenheit 
und Steifheit trägt sein ganzes übriges Gebaren im Wasser ein- 
schliesslich sogar des — dabei von ihm recht gern, bisweilen auch 
bei — 12—15° R. in der Abenddämmerung vorgenommenen — 
Badens und Putzens, bei dem andere Wasservögel gewöhnlich so 
besonders anmutig und gewandt erscheinen; so dass ich nicht im 
Mindesten erst aunt war, als eines einmal bei dem hartnäckigen 


und Pinguinen zukommt, ist richtig, beweist aber schliesslich nichts da- 
gegen, wenn doch die Eisente auch in so vielen anderen Beziehungen 
eine singuläre Stellung einnimmt. Jedenfalls lüftet sie beim Untertauchen 
die Flügel viel stärker als jede andere mir bekannte Tauchente. 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 319 


Versuche, sich schwimmend mit dem Schnabel im Bauchgefieder 
zu nesteln, schliesslich seiner ganzen Länge nach auf den Rücken 
fiel. Und doch ist diese Unbeholfenheit im Ganzen genommen 
eigentlich mehr scheinbar als wirklich, mehr im Ausdrucke der 
Bewegungen als in diesen selbst gelegen. Das Tauchen geschieht 
auch bei der jungen Eisente trotz aller Possierlichkeit fast eben 
so rasch wie bei jeder anderen Tauchente und führt den Vogel 
zwar selten mehr als einige (zuweilen aber doch bis etwa zwanzig) 
Meter horizontal unter dem Wasserspiegel fort, aber wohl öfters 
bedeutende Strecken senkrecht unter ihn hinab, da er nicht selten 
bis 50 Sekunden unter Wasser bleibt;t!) namentlich aber ist 
seine Widerstandskraft gegen Sturm geeignet, seine körperlichen 
Fähigkeiten in ein besseres Licht zu stellen, als man zunächst 
annehmen möchte. Auch bei dem höchsten Seegange, wenn auch 
der mittlere Säger, der seefesteste seiner Gattung, schon längst 
die See geräumt hat und selbst Nordsee- und Polartaucher es 
mitunter vorziehen, fliegend, um den stärksten Aufruhr am Ein- 
gange des Tiefs, wo das ausfliessende Haff und die brandende 
See aufeinanderstossen, zu vermeiden, den stilleren Hafen aufzu- 
suchen, bleiben die Eisentenscharen oft noch draussen, dicht 
jenseit der eigentlichen Brandungslinie, lassen sich in unverändertem 
Gleichmute von den daherstürmenden Wogen in unaufhörlichem 
Wechsel hoch auf den schaumgekrönten Kamm emporheben und 
tief in das dunkle Wellenthal hinunterziehen und tauchen, ob auch 
etwas mühevoller, tapfer wie sonst hinab in das so wild bewegte 
Element, um ihre kärgliche Nahrung vom Grunde heraufzuholen. 
An solchen Tagen gelingt es ihnen auch, ohne Anlauf vom Wasser 
aufzufliegen, indem sie während der Aufwärtsbewegung zur rechten 
Zeit die Schwingen gebrauchen; sonst haben sie meist einen solchen 
nötig wie freilich die anderen Tauchenten und sogar die Säger 
ja auch. Sind sie einmal in die Höhe gekommen, so geht der 
Flug in schnellen Schlägen recht rasch, wenn auch sehr wenig 


1) Wenn A. Brehm angiebt, dass sie bis 2 Minuten unter Wasser 
bleiben und sich währenddessen bis 100 Meter weit entfernen könne, so 
denkt er jedenfalls an geflügelte oder sonstwie bedrängte Exemplare; 
beim einfachen Tauchen nach Nahrung dürften die angegebenen Masse 
die äusserste Grenze bezeichnen, was mir auch dadurch noch wahrschein- 
lieber gemacht wird, dass ich sie gerade etwa 50 Sekunden sehr oft, aber 
eben nie länger tauchen sah; offenbar ist hiermit die Grenze erreicht, 
die ohne Not nicht überschritten wird. 


320 E. Christoleit: 


gewandt vorwärts, wobei die kurzen, aber spitzen Flügel namentlich 
auf grössere Entfernungen dem Flugbilde etwas sehr Charakte- 
ristisches verleihen, während sich das Einfallen, das gewöhnlich 
nicht lange auf sich warten lässt, allerdings in nichts weniger als 
imponierender Weise vollzieht; als fürchte es sich selbst davor 
und suche es deswegen noch so lange wie möglich hinauszu- 
schieben, beschreibt das Entchen vorher mit wie hilfesuchend weit 
ausgestreckten Füssen einen Halbkreis und lässt sich schliesslich, 
als verzweifelte es daran, durch eigene Geschicklichkeit die Sache 
zu einem guten Ende zu bringen, mit angezogenen Flügeln wie 
ein Stück Holz im vollsten Sinne des Wortes in das Wasser 
hineinfallen, so dass man ihm ein gewisses Mitgefühl und eine 
Genugthuung, wenn die schwierige Prozedur wieder einmal glücklich 
vorüber ist, nicht versagen kann. Grössere Gesellschaften fliegen 
übrigens nach Art der Verwandten gern in schrägen Reihen, 
ohne diese Ordnung doch streng einzuhalten, so namentlich, wenn 
sie, wie es ihre Gewohnheit ist, morgens von der See in das 
Tief oder die Nähe des Strandes und nachmittags von hier wieder 
auf die hohe See hinausstreichen, wo sie — oft gewiss nicht eben 
sanft gebettet — die Nacht zubringen; auf dem Lande habe ich 
noch niemals eine gesehen, obwohl sie sich den Tag über meist 
näher am Strande halten als die meisten anderen Arten, wobei 
die geringe Scheu vor Menschen, die ihnen eigen ist, gewiss auch 
mit massgebend ist. Überhaupt bildet in geistiger Hinsicht eine 
gleichmässig stille Gelassenheit und Harmlosigkeit den bezeich- 
nendsten Zug in dem bei aller Schmucklosigkeit und verhältnis- 
mässig geringen Begabung doch sympathischen Wesen unseres 
Eisentchens, durch das man sich unwillkürlich an jene heute 
allerdings wohl gleich mancher Vogelart im Aussterben begriffene 
Species unschuldiger Menschenseelen erinnert fühlt, die trotz 
mancher traurigen Erfahrung sich nie ausreichend vor der Bosheit 
und Feindseligkeit anderer hüten lernen, weil sie selbst unfähig 
sind, solche gegen andere zu hegen. Still, unscheinbar und heimlich, 
so heimlich und unmerklich im Kommen, Weilen und Gehen wie 
es einem stets auf freier Wasserfläche lebenden Schwimmvogel 
nur möglich ist, treibt ein jedes sein Wesen und freut sich seines 
Daseins, ohne einen anderen Wunsch, wie es scheint, als mit 
aller Welt in Frieden zu leben, und in allen Lagen dieselbe un- 
bekümmerte Harm- und Sorglosigkeit an den Tag legend, die 
keine Eventualität trauriger wie freudiger Art jemals zu erschüttern 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 321 


'im Stande zu sein scheint;!) und dieser Grundzug ihres Wesens 
bestimmt ihr Verhalten sowohl zu ihren gefiederten Genossen wie 
‘zu den Menschen. Untereinander sind sie recht gesellig, obwohl 
‚sie unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht gern grosse Massen 
bilden; aber von dem engen, treuen Zusammenhalten, wie man 
es etwa bei den grossen Regenpfeifern, Brachvögeln, Strandläufern 
und anderen Sumpfvögeln sieht, ist ihre Geselligkeit doch sehr 
verschieden; so recht nach modern individualistischem Prinzip scheint 
sie von vornherein nur unter der Bedingung jederzeitiger Kün- 
digung eingegangen, und es nötigt einem zuweilen ein stilles 
Lächeln ab, wenn man sieht, wie sich auch von ganz kleinen, 
etwa aus 3—5 Stück bestehenden Gesellschaften oft ganz ohne 
jede Veranlassung eins oder das andere trennt, um mit einem 
gewissen nicht unbeträchtlichen Eigensinne, der ja — stille Wasser 
sind tief! — auch unter Menschen oft genug ein Erbteil sonst 
sehr sanftmütiger Charaktere zu sein pflegt, einer vielleicht recht 
weit davon entfernten anderen Schar zuzustreben oder auch eine 
Zeit lang einmal seine ganz eigenen Wege zu gehen, ohne dass 
die übrigen Mitglieder der Gesellschaft von einer solchen, wenn 
nicht bös-, so doch jedenfalls mutwilligen Verlassung, die ihnen 
offenbar ganz in der Ordnung scheint, auch nur die geringste 
Notiz nehmen; daher trifft man auch recht viele Eisentchen einzeln 
an, die sich keineswegs beeilen, einen Anschluss zu suchen, bis 
ihnen der Sinn wieder einmal anders steht. Auf die Gemeinschaft 
mit anderen Seevögeln legen sie natürlich unter solchen Umständen 
noch weniger Wert, obwohl sie sich, wenn es ihnen eben einmal 
einfällt und die Gelegenheit günstig ist, bisweilen auch einzeln 
oder in kleinen Trupps an einzelne grosse oder mittlere Säger 
anschliessen; bei anderen Arten habe ich dies niemals beobachtet, 
und namentlich die Schellente scheinen sie entschieden zu meiden. 
Dieselbe ruhige Gleichgiltigkeit gegen die ganze Welt um sie 
her aber, die sie zu so unzuverlässigen Genossen macht, lässt sie 
auch die Anwesenheit des Herrn der Schöpfung, wenn er sich 
nicht in gar zu feindseliger Weise bemerklich macht, mit unver- 
ändertem Gleichmute ertragen ; die Zutraulichkeit und Sorglosigkeit, 


1) Auf diese geht offenbar auch die von Flöricke so betonte, mir 
selbst übrigens niemals aufgefallene Neugierde der Eisente zurück, indem 
jedenfalls auch andere Arten sich auffällige Erscheinungen gern aus der 
Nähe ansehen würden, durch ihr Misstrauen aber davon abgehalten werden, 
was bei der Eisente eben nicht der Fall ist. 


322 E. Christoleit: 


die sie ihm gegenüber an den Tag zu legen pflegen, würde manı 
wirklich rührend nennen können, wenn man nicht so oft die: 
Erfahrung gemacht hätte, dass etwas anders organisierte Menschen 
von ihr gänzlich ungerührt bleiben; aber auch die bereits mehr-- 
fach gekennzeichnete vielfältige Verfolgung, die sie von Seiten) 
dieser Menschenklasse zu erleiden hatten, war nicht im Stande: 
sie erheblich und nachhaltig scheuer zu machen, wobei freilich 
wie gewöhnlich Alte doch etwas vorsichtiger als Junge undl 
grössere Scharen scheuer als Einzelne waren; bei einzelnen Jungen 
war es aber namentlich anfangs nicht Ausnahme, sondern Regel, , 
dass sie ganz ruhig und unbekümmert am Fusse der Mole zwischen . 
den Steinen ihrer Nahrung nachgingen, während man oben darauf: 
stand. Bei solchen Gelegenheiten vernahm man daun auch noch 
am ehesten ihre Stimme, die, an sich schon nicht allzu oft zu 


hören, gewöhnlich wohl im Brausen des Meeres untergehen mag, 
beachtenswerterweise nicht wie bei fast allen anderen Tauchenten!) 


knarrende, sondern denen der Schwimmenten, insbesondere der 
Stockente ähnliche, wenn auch kürzere gedämpfte Laute wie „kuck“ 
oder „wak“, öfters auch verlängert, in verkürzter Form rasch 
aneinandergereiht (dies namentlich im Fluge, wo sie wie „ack ack 
ack“ oder „äck äck äck“ klingen) oder zu mehrsilbigen Rufen 
zusammengezogen und jedenfalls in ihrer oft fast melancholisch 
anmutenden Einfachheit und Anspruchslosigkeit ganz zu dem Wesen 


und Gebaren dieses Vogels passend, das — dem, der es nicht 


aus eigener Anschauung kennen gelernt und liebgewonnen hat, 
vielleicht schon zu ausführlich — bisher zu schildern versucht wurde. 

Anders wird es im Frühjahr, von Ende Februar ab. Wenn 
die Winterstürme verübergebraust sind und die lebenerweckende 
Sonne wieder höher steigt, milde Frühlingslüfte über das Tief 
wehen, auf dessen dunkler spiegelglatter Flut wie auf der kaum 
viel bewegteren See glänzendweisse Eisschollen, zerbrochene Reste 
der Fesseln, in die des Winters Strenge die Gewässer schlug, im 
hellen Sonnenscheine langsam hinabgleiten, dann ist, noch bevor 
heller Lerchenlaut in den Wolken oder der schwatzende Star 
auf dem Baumwipfel im Abendscheine ihn ansagte, der Frühling 
eingezogen auch in das Herz unseres Eisentchens, und wenn er 
ja überall, so weit seine Macht reicht, neues fröhliches, jubelndes 

1) Mit Ausnahme der Kragenente (Harelda histrionica), die auch 


hierin ihre nahe Verwandtschaft mit der Eisente, mit der sie entschieden 
in dieselbe Gattung gehört, bekundet. 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 323 


‚Leben schafft — hier grenzt die Wandlung, die er bringt, doch 
an das Wunderbare. Kaum möchte man es glauben, wenn man 
einen der alten Erpel im neuen bunten Prachtkleide, die, bisher 
' immer nur einzeln zu sehen, jetzt weitaus dominierend auf den 
Plan treten,!) vor sich sieht, dass er zu derselben Vogelart ge- 
hört; wie viel stattlicher, freier, eleganter ist Gestalt und Haltung, 
wieviel schmucker der schwarz und orangerote Schnabel, der 

dicht befiederte weisse Kopf und Hals mit dem grossen schwarz- 
braunen Seitenfleck, das reiche lange Schultergefieder, auf dem 
frischgefallener Schnee zu liegen scheint und das sich so schön 
abhebt von der kräftig und gleichmässig schwarzbraunen Rücken- 
mitte einer- und den ähnlich gefärbten Flügeln andrerseits, die 
scharf abgegrenzte weisse Unterseite mit dem umfangreichen 
dunkelbraunen Brustschilde und der feine lange dunkle Spitz- 
schwanz, der, mehr als halbkörperlang ausgezogen, der ganzen 
Gestalt einen ebenso originellen wie eleganten Abschlussgiebt! Gewiss 
liegt in dieser eigenartigen Farbengebung auch etwas Bizarres, 
man möchte fast sagen Unorganisches?), dem gegenüber das 
Kleid vieler anderer Tauchenten sowie der Säger doch entschieden 
harmonischer, gewählter und vornehmer erscheint und um dessent- 
willen Harelda glacialis wohl mit grösserem Rechte als die zwar 
sehr bunt, aber durchaus harmonisch und distinguiert gefärbte 
und gezeichnete Eniconetta stelleri®) den Namen Scheckente trüge; 
dessenungeachtet bleibt das alte Eisentenmännchen im Pracht- 
kleide eine interessante Erscheinung und eine Zierde der 
Meeresflut, für deren einförmige Erhabenheit intimere Farben- 
reize vielleicht gerade weniger geeignet wären. Aber auch die 
alten Weibchen erscheinen jetzt in ihrem mit erheblich mehr 


1) So sicher wie es ohne die Erlegung von Exemplaren geschehen 
kann, glaube ich bemerkt zu haben, dass die Jungen und sehr wahr- 
scheinlich auch ein Teil der Alten erst um den Anfang des Februar 
die Mauser durchmachten, die ihnen das Prachtkleid brachte, während 
andrerseits alte Erpel und Enten im vollständig fertigen Prachtkleide 
schon seit Anfang Dezember, als die Eisenten überhaupt zahlreicher sich 
im Hafen einzustellen begannen, zu bemerken waren. 

2) Auch dies wiederum nur mit der Kragenente zu vergleichen. 

3) Von dieser eben so prachtvollen wie seltenen ostasiatischen Art 
befindet sich übrigens, wie bei dieser Gelegenheit bemerkt werden mag, 
ein bei Pillau erbeutetes Pärchen im Prachtkleide im ostpreussischen 
Provinzialmuseum in Königsberg i. Pr., so dass sie also als Irrgast auch 
der ostpreussischen und nicht, wie Flöricke angiebt, nur der west- 
preussischen Ornis angehört. 


324 E. Christoleit: 


reinem Weiss geschmückten, wenn auch auf der Oberseite über-- 
wiegend dunklen Kleide zahlreicher als bisher und bilden, auch) 
unter sich nach dem Alter noch ziemlich verschieden gezeichnet, 
wenn sie auch mit dem Erpel niemals zu vergleichen sind, doch\ 
einen gewissen Übergang, in dem wir den Typus der A den. 
ihr zu Grunde liegenden Schöpfungsgedanken vom düsteren 
Jugendkleide, das ihn kaum ahnen lässt, stufenweise verfolgen. 
können bis zu seiner vollkommen reinen und adäquaten Aus- 
prägung im Prachtkleide des alten Männchens. Doch nicht nur 
an der äusseren Erscheinung, auch an Wesen und Charakter 
unseres Vogels beweist König Lenz seine Macht, der ja nur das 
Menschenherz sich entziehen zu können das traurige Vorrecht 
hat. Nur noch wenige Wochen, und es gilt ja daheim in der 
stillen nordischen Tundra mit der auserlesenen Gefährtin das 
Sommerheim zu gründen; wie sollte nicht schon jetzt sein Sinnen 
und Trachten diese Richtung nehmen, schon jetzt im gefahrvollen 
Winterquartier an fremder Küste die Zeit des Wählens und 
Werbens beginnen mit ihren Freuden und Leiden, ihrer Liebe 
und ihrem Kampf, ihrem Gewinnen und Verlieren, Siegen und 
Unterliegen, und wie sollte diese Zeit nicht fähig sein auch 
unserem stillen ruhigen Eisentchen eine Lebhaftigkeit und Ge- 
wandtheit, ja Anmut zu verleihen, die ihm sonst fehlt.!) Wie 
streichen jetzt die munteren Vögel so rasch durch die Luft, 
fröhlich sich bald auf die eine, bald auf die andere Seite werfend 
und selbst Schwenkungen ausführend, wie sausen sie bald hier, 
bald dort auf das Wasser hernieder, nicht in der ängstlichen 
Weise wie sonst, sondern in übermütiger Lust mit ungehemmter 
Geschwindigkeit, so dass sie oft einem flachgeworfenen Steine 
gleich mehrmals hüpfend von seinem Spiegel abprallen, ehe sie 
endgiltig einfallen, wie suchen die werbenden Männchen ihre Aus- 
erwählten umschwimmend mit hocherhobenem Halse, halb aus- 
gebreiteten Flügeln und steil aufgerichteten, wie die einer gereizten 
Gabelschwanzraupe züngelnden und vibrierenden Schwanzspitzen 
ihre ganze Schönheit zu entfalten, wie energisch wird bald gegen 
diesen, bald gegen jenen der von allen Seiten andrängenden 
Nebenbuhler Front gemacht, wie ritterlich stürmen die Gereizten 
auf einander ein, bis schliesslich ein allgemeines wildes Jagen 
1) In den Bewegungen, namentlich im Tauchen, zeigen sich freilich 


die Alten auch im Herbste schon wesentlich gewandter als die bei der 
vorhergehenden Beschreibung vorzugsweise berücksichtigten Jungen. 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 325 


‚beginnt, in dem die ganze Schar blitzschnell bald unter,- bald 
wieder auftauchend in den tollsten und unvermutetsten Kreuz- 
und Querzügen dahinschiessend sich durch das Wasser wälzt, so 
‚dass es fast aussieht, als seien in der so ruhigen Flut plötzlich 
Wirbel und Stromschnellen entstanden, wie herrscht jetzt auf 
der ganzen Wasserfläche unter den Scharen und einzelnen 
Pärchen!) ein unterbrochenes Kommen und Gehen, Auffliegen 
und Einfallen, Andringen und Abwehren, Trennung und Ver- 
einigung in buntem Wechsel, so unendlich verschieden von dem 
‚stillen, ruhigen, einförmigen Gebaren den Winter über! Und 
doch haben wir den wichtigsten und durchgreifendsten Unter- 
schied jener beiden Perioden im Leben unseres Vogels noch 
garnicht erwähnt. „Wenn die Enten singen, dann wirds Frühling,“ 
sagt der Nehrungsbewohner; nun, diese „singende Ente,“ die 
ihm alljährlich das Nahen des Lenzes verkündet so gut wie dem 
Landmanne seine Lerche und dem Forstmanne seine Drossel, ist 
keine andere als unser Eisentchen, dem fast allein unter den 
Bewohnern der Meeresflut der Schöpfer das schöne Vorrecht 
gab, auch mit einstimmen zu dürfen in den „allgemeinen Jubel- 
ruf der Wesen‘ zum Preise seines uralten und doch ewig neuen 
Frühlingswunders. Freilich auf das sonnige Saatfeld, in den 
grünen Wald oder auch nur an das stille Binnengewässer, wo 
die hellen fröhlichen Lenzeslaute der Wasser- und Uferläufer, 
der Kiebitze, Flussregenpfeifer und Brachvögel erschallen, würde 
sein Frühlingslied schlecht passen; es ist eben ein „Meeresgesang,“ 
„wie ihn ein Vogel erlernt, der Stürmen und Wellentosen lauscht,“ 
sagt A. Brehm, wie er einem Vogel eigen sein muss, dessen 
Heimat die See und dessen Laut bestimmt ist, ihrem Klange 
sich einzufügen und ihren Wesensgehalt unserem Empfinden ver- 
deutlichen und offenbaren zu helfen, würde ich lieber sagen, 
dieser kräftige weittönende rauh metallische Ruf voll so viel 
herber Ursprünglichkeit in Klang und Ausdruck, „aa-h — a-u 
lik,‘‘ eine lange, am Ende stark absinkende Vorsilbe und ein 
energisch betonter Anapäst,?) den unser bisher so schweigsames 


1) Übrigens scheint bei der Eisente abweichend von den übrigen Enten wie 
denSägern beim paarweisenFluge eben so oft derErpel wie dieEnte voranzufliegen. 

2) Nur diese Form habe ich gehört, niemals die viel längere ge- 
wöhnlich angegebene; wohl aber kommt es vor, dass der Anapäst nicht 
vollendet, sondern statt dessen seine zweite Silbe besonders lang und 
rauh ausgezogen wird, also wie „a-aaah“ klingend. 


326 E. Christoleit: 


Eisentchen jetzt unaufhörlich erschallen lässt als Liebes- und 
Kampfruf in der schwimmenden Schar, als Begrüssungsruf an 
vorüberfliegende Artgenossen, als Ermunterungsruf beim Erheben. 
oder inmitten des dahinstreichenden Schwarmes, ja auch wenn 
es einmal einsam seine Bahn verfolgt, und der daher um diese 
Zeit in vielstimmigem Chore überall, fern und nah ertönt, im Tief 
und auf der See. Originell wie der ganze Vogel — nach Be- 
schreibungen jedenfalls schlechterdings unvorstellbar — erscheinen 
auch diese Laute, mögen sie nun bei Windstille fast verhallend 
von fern herüberklingen über den glatten Spiegel oder mit dem 
Brausen und Tosen der Brandung sich mischen zu harmonischem 
Einklange; aber am stärksten ist jedenfalls ihre Wirkung, wenn, 
zumal am frühen Morgen, grössere Scharen sich in lebhafter 
Erregung zusammengefunden haben und nun aus zahlreichen 
Kehlen tiefer und höher, stärker und schwächer allenthalben 
derselbe Ruf erklingt; dann vereinigen sich die stürmischen 
rollenden Anapäste von allen Seiten zu brausenden hin- und 
herwogenden, ab- und anschwellenden Klangmassen, als griffe 
Gott Ägir mächtiger in seine Meeresharfe und mische in den 
uralten Wellensang jetzt eine neue kühnere Weise; es ist der 
Geist des Nordmeers, der zu uns spricht, nicht minder als aus dem 
stolzen Getön des edlen Singschwans, aus den Frühlingsklängen 
der kleinen bescheidenen Eisente, die, jetzt die heimischen Ge- 
stade der Ostsee erfüllend, nach kurzer Zeit als Heroldsruf des 
heranziehenden Frühlings wiederhallen werden von den Küsten 
des Nordens, bis auch dort König Lenz den grimmen Winter 
endgiltig überwunden hat, und unter seinen Getreuen auch unser 
Eisentchen nach langer Verbannung wieder einziehen kann in 
die alte Heimat. 


6. Kleiner Säger (Mergus albellus). 


Ein nordischer Wintergast in strengsten Sinne, der bei uns 
in Deutschland nirgends brütet und daher auch nirgends mehr 
ausgerottet werden kann, möge dieser eben so schöne wie seltene 
kleine Schwimmvogel den Beschluss der kurzen Reihe von Vogel- 
bildern machen, die ich den Lesern dieser Blätter vorzulegen 
mir erlaubt habe, obwohl ich ihn leider etwas genauer nur im 
weiblichen Geschlechte kennen gelernt habe, das bei ihm wie ja 
bei den Vögeln überhaupt mit sehr wenigen Ausnahmen durch- 
aus nicht das schönere, bei den Schwimmvögeln aber allerdings, 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 327 


wie man beinahe annehmen möchte, das entschieden menschen- 
freundlichere und zutraulichere ist; wenigstens war es während 
meines Aufenthaltes in Memel geradezu auffallend, wie von 
sämtlichen Tauchenten- (höchstens in gewissem Umfange mit 
Ausnahme der Eisente) und Sägerarten, die als Wintergäste in 
der Umgebung der Stadt sich aufhielten, die Weibchen in oft 
‚garnicht geringer Anzahl und wenigstens anfangs, so lange sie 
noch keine schlimmen Erfahrungen mit allerlei „Jägern,“ ins- 
besondere der mehrerwähnten tierfreundlichen Fischerjugend 
gemacht hatten, meist ziemlich weitgehender Sorglosigkeit und 
Zutraulichkeit den Hafen belebten, während die Männchen fast 
stets auf der See blieben und sich nur selten im Hafen sehen 
liessen, dann aber sich jedenfalls viel vorsichtiger und miss- 
trauischer zeigten.!) So sah ich denn auch vom kleinen Säger 
nur einmal, am 2. Januar auf der Nordermole, eins der schönen 
glänzend weissen, nur mit wenigen schwarzen Zeichnungen ge- 
schmückten Männchen stürmischen, fast schwirrenden Fluges 
herüberziehen, während Weibchen den ganzen Januar und Februar 
über im Hafen anzutreffen waren, allerdings durchaus nicht 
immer, fast nur bei Frost und auch stets nur einzeln; offenbar 
war trotz einiger ziemlich strenger Frosttage der Winter im 
Ganzen doch nicht streng genug, um diesen wetterharten Vogel 
in grösserer Anzahl seine stille nordische Heimat mit der 
gefahrvollen Fremde vertauschen zu lassen. 

Wenn der Sägertypus zweifellos als ein in besonderer 
Richtung ausgebildeter, wesentlich veredelter und körperlich 
wie geistig leistungsfähiger gemachter Tauchententypus angesehen 
werden muss, so ist der kleine Säger zur Veranschaulichung 
dieses Satzes wesentlich geeigneter als die anderen beiden 
europäischen Arten, da er nach Gestalt und Betragen den Tauch- 
enten entschieden näher steht als diese, ohne deshalb die grössere 
Gewandtheit, Leichtigkeit und Eleganz der Formen wie der Be- 
wegungen, die eben die Sägergattung kennzeichnet, irgendwie 
zu verleugnen. Ist es auch ein vergebliches Bemühen, nach 
auch noch so gut ausgestopften Museumsexemplaren auch nur 
noch annähernd den Eindruck reconstruieren zu wollen, den das 


1) Dass unsere Tauchenten und Säger sich auf dem Herbstzuge 
und in den Winterquartieren meist nach Geschlechtern und oft auch 
nach Altersstufen getrennt halten, ist ja im Übrigen eine schon oft 
beobachtete und hervorgehobene Thatsache. 


328 E. Christoleit: 


Männchen im Freileben bieten muss, so ist jedenfalls auch das 
so viel schlichtere Weibchen, das mir ein wenig genauer zu 
beobachten vergönnt war, schon eine sehr anziehende und interes- 
sante Erscheinung. Von den ziemlich zahlreichen deutschen 
Namen, die diese Art neben ihrem gewöhnlichen noch führt, 
wird sich jedem, der sie lebend sah, sofort die (offenbar nur 
dem Weibchen geltende) Bezeichnung „Wieselentchen“ als die 
allerbezeichnendste aufdrängen und ihn mit wahrer Hochachtung 
erfüllen vor dem scharfen Blicke und der Aufgeschlossenheit für 
die Eindrücke der Natur, die unseren Vätern, von denen solche. 
Namen stammen, eigen gewesen sein muss; nicht nur die auf 
der Oberseite tief und satt, fast sammetartig rotbraune, auf der 
Unterseite scharf abgegrenzt rein weisse Farbe des Kopfes und 
Halses, der einzige Schmuck des sonst sehr einfach, oben vor- 
wiegend dunkelgrau, unten weiss gefärbten Vogels, sondern seine 
Erscheinung und sein Wesen überhaupt rufen immer wieder die 
Erinnerung an jenes graziöse Geschöpfchen wach. Die ganze 
Gestalt erscheint schlanker als bei den Tauchenten, und wenn 
er auch beim ruhigen Schwimmen den Hals tauchentenartig 
ziemlich stark einzieht, so lässt es eben die Lebhaftigkeit und 
Munterkeit seines Wesens zu solchem bei ihm nicht allzu oft 
kommen, sondern gewöhnlich durchfurcht er leicht und gewandt 
den Wasserspiegel mit ziemlich hoch getragenem Kopfe und jenen so 
charakteristischen und ausdrucksvollen lebhaften Bewegungen des 
Kopfes und Halses, die an sich ja dem ganzen Sägergeschlechte zu- 
kommen, bei ihm aber doch ganz besonders gefällig und anmutig er- 
scheinen. Völlig zur Entfaltung aber kommt die Munterkeit und 
Beweglichkeit seines Wesens erst, wenner, wie sein Gegenstück unter 
den Raubtieren auf der Mäusejagd, aufder Fischjagd begriffenist, wenn 
er dann mit einer selbst seine beiden Gattungsverwandten an Eleganz 
noch übertreffenden, erheblich weniger springenden Bewegung min- 
destens eben so blitzschnell und leicht in der Flut verschwindet wie 
jenes in das Mäuseloch schlüpft, nach kurzer Zeit an einer ganz 
anderen Stelle urplötzlich leicht undgewandt mit ganz besonders glatt 
angelegtem Gefieder und erhobenem Kopfe wieder auf dem Wasser- 
spiegel erscheint und nach kurzem, weniger durch besondere Nötigung 
als durch seine Lebhaftigkeit veranlassten Hin- und Herschwimmen 
abermals untertaucht, um das Spiel zu wiederholen; nur in einem 
Punkte unterscheidet sich seine Jagd von der des Wiesels; während 
dieses naturgemäss sehr oft verschwindet und wieder zum Vor-. 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 3239 


‚schein kommt, bevor es eine Beute macht, taucht der Säger 
selten anders auf als mit einem oft garnicht so kleinen Fischlein 
im Schnabel, das dann sofort mit einigen Schnabelbewegungen — 
‚meist rascher und weniger sorgfältig als beim grossen und 
mittleren Säger — mundgerecht gemacht und verschluckt wird; 
offenbar fängt er die Fische, denen er in der Geschwindigkeit 
unter Wasser wesentlich überlegen sein muss, mit spielender 
Leichtigkeit, weshalb er auch gewöhnlich nur kurze Zeit unter 
Wasser bleibt; es gehört, wo genügend Fische vorhanden sind, 
zu den Ausnahmen, wenn eine solche Jagd in der Flut länger 
als eine Viertelminute dauert. Namentlich geht das Wieselentchen 
seiner Beute gern zwischen schwimmenden Eisschollen und Eis- 
geröll nach, eine Gewohnheit, die natürlich an seine Gewandtheit 
ganz besonders hohe Anforderungen stellt und es vor seinen 
Gattungsverwandten wesentlich auszeichnet; dagegen steht es 
diesen an „Seefestigkeit“ sehr erheblich nach; Sturm und Wogen- 
drang meidet es durchaus, und sobald Luft und Wasser auch 
nur einigermassen unruhig zu werden anfingen, sah ich mich im 
Hafen nach ihm vergeblich um, während es andrerseits strenge 
Kälte, so lange nur das Wasser offen bleibt, nicht im Geringsten 
anficht; an stillen heiteren Frosttagen war es geradezu der 
Charaktervogel des Hafens, die flinkste, munterste und liebens- 
würdigste unter den Vogelgestalten, die dann noch ihrer Nahrung 
nachgingen in dem eisigen Elemente. Solche abweichenden Ge- 
wohnheiten und Neigungen sowie andrerseits seine verhältnis- 
mässige Seltenheit bringen es mit sich, dass es oft einsam für 
sich sein Wesen treibt, wie ich es denn aus diesem Grunde im 
Vereine mit Artgenossen, den es sonst sehr gern aufsucht und 
recht treu-festhält, niemals gesehen habe. Wo es aber Gelegen- 
heit dazu hat, ist es doch ziemlich zuthunlich und schliesst sich 
nicht nur grossen oder mittleren Sägern, namentlich einzelnen 
oder ganz kleinen Gesellschaften, recht gern an, wiewohl es da- 
bei im Fluge, der zwar dem dieser seiner Gattungsverwandten 
ähnlich, aber doch auch wesentlich lebhafter, rascher und auch 
gewandter ist, oft in dieselbe Verlegenheit kommt wie eine Dohle 
unter Krähen, sondern versucht es mitunter auch, sich zu 
einzelnen Eisenten zu gesellen, was freilich niemals rechten Er- 
folg hat, da diese, wie wir gesehen haben, etwas unbeholfenen 
Wesen, die ohnehin lieber „für sich“ sind, sich in der Gesell- 
schaft des ihnen so sehr überlegenen Vetters entschieden etwas 
Journ, £, Orn, L, Jahrg. Juli 1902, 22 


380 E. Christoleit: 


unbehaglich und beklommen zu fühlen scheinen, so dass dass 
ganze Verhältnis stets „kühl bis ans Herz hinan“ bleibt. Da-: 
gegen habe ich von seiner allbekannten, so viel wärmeren! 
Zuneigung zu der Schellente zufällig niemals etwas wahrgenommen, , 
da um die Zeit, als diese Art sich im Hafen zahlreicher einzu-: 
stellen begann, Meryus albellus bereits seine Rückreise nach. 
dem Norden angetreten hatte. Allzu auffallend kann übrigens; 
dem, der beide Arten im Freileben kennt, ihre Vorliebe für' 
einander nicht erscheinen; steht doch wenigstens im weiblichen 
Geschlechte die Schellente dem kleinen Säger so nahe, dass man 
bisweilen in Versuchung gerät sie als Übergangsglied von den 
Tauchenten zu den Sägern aufzufassen, noch weniger eigentlich 
nach Gestalt und Farbe, obwohl auch in dieser Beziehung die 
Ähnlichkeit nicht ganz mangelt, als im Betragen, hinsichtlich 
dessen z. B. die den anderen Tauchenten fast ganz fehlenden, 
wenn auch die des Sägers an Zierlichkeit lange nicht erreichenden 
Kopf- und Halsbewegungen beim Schwimmen, das gleichfalls er- 
heblich elegantere Untertauchen, die Wahl der speciellen Aufent- 
haltsorte und ähnliche Eigentümlichkeiten, die am letzten Ende 
offenbar alle darauf zurückgehen, dass die Schellente von allen 
Tauchenten am meisten auf Fischnahrung angewiesen und für 
sie ausgerüstet ist, einen hohen Grad der Annäherung begründen, 
was sich freilich bei dem dickköpfigen und überhaupt wesentlich 
gedrungener gebauten, wenngleich einer gewissen Zierlichkeit 
auch keineswegs entbehrenden Männchen von Clangula glaucion 
sehr viel weniger bemerklich macht. Auch in angenehmer Ge- 
sellschaft, also in diesem Falle in der seiner beiden Gattungs- 
verwandten, bewahrt aber der kleine Säger immer eine gewisse 
Zurückhaltung und Selbständigkeit, die namentlich dann hervor- 
tritt, wenn es gilt, einer sich nahenden Gefahr, also natürlich 
vor allem dem Herrn der Schöpfung gegenüber die rechte Ent- 
fernung zu finden; denn sonderbarerweise zeigte sich das kleine 
kecke Wieselentchen doch von Anfang an und überall wesentlich 
scheuer und vorsichtiger als jene, die, sonst bekanntlich in diesen 
beiden Eigenschaften auch sehr Erhebliches leistend, hier im 
Hafen anfangs sehr geneigt waren, der ganzen Menschheit mit 
Vertrauen entgegenzukommen, und so erst durch verschiedentliche 
traurige Erfahrungen lernen mussten, was ihr kleiner stets kühl 
zurückhaltender, nie sich unnütz echauffierender, aber auch nie 
seine Sicherheit ausser Acht lassender Verwandter von vornherein 


Gefiederte Wintergäste bei Memel. 331 


 —4 


‚zu seinem Heile beherzigte, dass um einzelner „Sentimentaler“ 
willen, die in ihrem Naturinteresse keinen zureichenden Grund 
© finden können, andere Rohre als die des Krimstechers auf die 
N Vertreter der gefiederten Welt zu richten, der alte Satz „Herr 
Mensch, ich mag nicht bei dir sein“ doch nicht aufhört für 
"jeden nordischen Wintergast im weiland Lande der Dichter und 
\ Denker die weitaus brauchbarste Maxime zu bilden — mit 
‚welcher für Vögel wie für Vogelfreunde gleich wichtigen Er- 
‚ kenntnis der Schreiber dieser Zeilen von den Lesern einstweilen 
‚Abschied nimmt. — 


Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 
Von W. Schuster. 


A. Ornithologische Zeugen aus der einstigen Tertiärzeit. 


Unter den ständigen Arten der heutigen deutschen Vogelwelt 
finden sich nach meinem Ermessen wenigstens drei ornithologische 
Zeugen aus der längst vergangenen Tertiärzeit, drei Vertreter der 
einstigen tropischen — oder doch tropisch gearteten — Vogelwelt 
Deutschlands: Der Eisvogel, der Pirol und die Blaurake. Das 
bis in die Tertiärzeit zurückgehende Alter dieser drei Vogelarten 
ergiebt sich äusserlich aus dem so überaus schönen, keinem anderen 
Vertreter der heutigen ständigen Vogelwelt Deutschlands eigenen 
hellen Farbenbunt des Gefieders, aus der Intensität eben 
dieser Farbentöne und aus der geschlossenen Zusammenge- 
hörigkeit in der Anordnung derselben, wodurch ja gerade 
auch die Farben um so leuchtender und auffälliger hervortreten. 
Das hohe Alter des Eisvogel-Geschlechtes ist direkt bewiesen, 
indem Fragmente dieser Vogelart in dem unter dem Diluvial- 
geschiebe liegenden Tertiärgestein sich gefunden haben (siehe 
„O. M.“ Jahrg. 1900); die Ahnentafel der Goldamsel und der 
Blaurake ist noch nicht durch geologische Funde bis auf den der 
Tertiärzeit angehörigen Stammvater zurückgeführt bezw. die ter- 
tiäre Stammvaterschaft glaubwürdig dargethan und bezeugt, doch 
ist der in Hinsicht dieser beiden Vogelarten aus den massgebenden 
Farbenverhältnissen gezogene Schluss um so leichter hinzunehmen 

22* 


382 W. Schuster: 


als beide Arten heute noch eher dem tropischen als dem palä-] 
arktischen Klimatenkreis angehörig genannt werden können. 
In der Tertiärzeit, auf welche die Diluvial-, hernach die:f 
Alluvialzeit folgte — die Fortsetzung dieser ist unsere heutige: 
Zeitperiode —, herrschte, wenn nicht ein tropisches, so doch einı 
wärmeres, vielleicht viel wärmeres Klima als heute (Beweis hier-- 
für sind u. a. die Palmen, die in jener Epoche in der Schweiz,, 
die Riesen-Nadelbäume, die auf Island gestanden haben). Bedingt! 
war die Wärme jedenfalls dadurch, dass die Erde in einer: 
wärmeren Partie des Weltraums — also näher der Sonne —- 
sich bewegte bezw. eine Erdhälfte (in unserem Fall also die: 
nördliche) zeitweilig länger von der Sonne beschienen wurde,, 
wenn anders nicht die grössere Wärme aus dem Erdinnern kam.., 
Wie in jener Zeit gewiss tropische Vierfüssler in Deutschland. 
hausten — gefunden wurden bisher die Reste von dem Löwen, , 
der Hyäne, dem Flusspferd, dem Nashorn (mit zwei Hörnern auf! 
der Nasenscheidewand und einem Wollpelz), dem Mammut, der‘ 
Saiga-Antilope, dem Riesendamhirsch, dem Wildpferd u. a. —, 
so waren auch die Vogelrassen tropisch geartet, also — was hier 
speziell in Betracht kommt — hübscher, prächtiger, farbenbunter: 
eben tropisch gefärbt. Und dies letztere nach meiner — N. B. 
durchaus persönlichen — Ansicht nicht, weil sie in wärmeren 
Klimaten sich aufhielten, sondern weil sie der Sonne, der Licht- 
quelle, näher waren; denn die Wärme giebt das Leben, das Ge- 
deihen, die Kraftsumme zur Bildung des Lebensstoffes, die Kraft- 
summe zum Wachsen der Lebenszellchen; das Licht aber — 
Wärme und Licht bedingen und ergänzen sich natürlich — giebt 
die Farben; noch heute haben die Vögel, die zwar in höheren, 
kälteren Bergregionen sich aufhalten, aber der Sonne näher sind, 
schönere, hellere — zumal mehr rote — Farben als die unter 
denselben Breiten und in denselben Territorien lebenden Familien- 
und Gattungsgenossen der Thäler: Unsere gemeinen Raben und 
Dohlen erscheinen als Alpenkrähen und Steindohlen mit rotem 
Schnabel und roten bezw. gelben Füssen; die Alpenbraunelle hat 
jene hübsche Rosafärbung, die dem Heckenbraunellchen gänzlich 
abgeht; gegen die alpinen, mit dem herrlichen, so sehr hervor- 
stechenden Rot gezierten Mauerläufer halten Baumläufer und 
Kleiber keinen Vergleich aus; die Kreuzschnäbel, die wandernden 
Zigeuner der höchsten Gebirgslagen, sind viel intensiver rot 
gefärbt als unsere Finken und Kernbeisser; die Alpenschwalbe 


Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 333 


(H. rufula) hat ganz herrlich rostrote Backen und Bauchseiten; 
die echten Felsenvögel Stein- und Blaudrossel sind an Farben- 
schönheit weit den Sing-, Wachholder- und Misteldrosseln über- 
liegen und die im Hochgebirg hausende Ringdrossel ist doch 
eigentlich nichts anderes als die düster gefärbte Schwarzamsel 
der Thäler, nur dass sie noch auf der Brust den belebenden 
weissen Halbmondring trägt.t) Überhaupt sind, auch bei geringeren 
Höhenunterschieden, die Farbentöne bei Bergvögeln immer stärker 
und wirkungsvoller aufgetragen als bei Thalvögeln derselben 
Art: So bei den Harzfinken gegenüber denen aus der goldenen 
Au, bei den Schwarzplatteln des Wiener Waldes gegenüber denen 
der Donauebene. Auch die heutigen Tropenvögel haben die bunten, 
intensiven Farben, weil sie der Sonne näher sind als die mehr 
nördlichen, während diese, je weiter sie nach Norden vorschreiten 
und je mehr sie sich also von der Sonne entfernen, schwächere 
Farben aufweisen (wie überhaupt die ganze Natur), bis die nörd- 
lichsten, entferntesten (Schneehühner, Möven, Gänse, Schwäne) 
in dem neutralen Weiss — demselben Weiss, das auch Säugetiere, 
Bären, Füchse, Wiesel u. a. tragen — erscheinen: Hier ent- 
wickelt der Kosmos in seiner Gesamtheit keine, einen mehr 
oder minder grossen Teil des „Lichtes“ — d. i. die Vereinigung 
aller Farben — absorbierende Pigmentstoffe und mithin — schlech- 
terdings! — auch keine Farben mehr. Ich mache darauf auf- 
merksam, dass auch, vom Pol aus gegen Süden vorgegangen, neben 
schwärzlichen (bezw. schwach schwärzlichen, also grauen) Zeich- 
nungen die rote Farbe die erste ist, welche wieder auftritt; Belege 
hierfür sind u. a.: Die rötlichen Füsse und Schnäbel der Wasser- 
vögel, das zarte Rosa der Rosenmöve, der rötlichbraune oder 
rosenrote Anflug im Gefieder der Schneeammern und Schnee- 
lerchen, das Rostrot der nordischen Drosseln (rosthalsige und 
rostflügelige Drossel, rotbrüstige Wanderdrossel, Spottdrossel), an 
dessen Stelle unsere Drosseln gelbe oder graue Farbentöne haben, 
das rote Köpfchen des nördlichen Leinzeisigs gegenüber dem 
srüngelben des Erlenzeisigs, die brennend rote Farbe des Kar- 
mingimpels, des Bewohners der obersten Schweden und Russland, 
gegenüber dem weniger wirksamen Blutrot des gemeinen Gimpels, 
das im Vergleich zu unseren deutschen Finken für den nordischen 
1) Das reichere, schönere Kolorit wird bei 7. torguatus erzielt 


durch den Kontrast zwischen Schwarz und Weiss; Weiss ist aber ein 
Farbenergebnis der Lichtforne — „keine Regel ohne Ausnahme,“ 


334 W. Schuster: 


Vogel überaus charakteristische Rot des Bergfinken, der rostrote' 
Fleck des schwedischen Blaukehlchens, wo das unsere nur einen. 
weissen Fleck hat.!) Je näher der Sonne, dem Licht, um so stärker‘ 
fallen die Lichtstrahlen — die an Stärke wie fast alle auf der’ 
Erde wirkenden Naturkräfte mit dem Quadrate der Entfernung; 
ab- und zunehmen — ein, und um so intensiver und gesättigter' 
können und werden sie wieder ausgestrahlt und zurückgeworfen. , 

Auf die Tertiärzeit folgt die Diluvialzeit. In ihr wechseln 
längere, durch starke Gletscherbildungen gekennzeichnete Eis- 
perioden, in welchen indes die Temperatur nicht sehr viel, vielleicht 
4—10° (nach E. Brückner nur 3—4°) niedriger gewesen zu sein 
braucht als unsere heutige, mit gemässigten Zwischenperioden, 
den Interglazialzeiten, die etwa das Klima von heute hatten. 
Durch diese gesamte Diluvialzeit haben sich die drei genannten 
Vogelarten aus der Tertiärzeit hinübergerettet in unsere Zeit. 

Wo und -- soweit es erklärbar erscheint — wie? 

Die Gletschergeschiebe, die vom skandinavischen Hochgebirg 
ausgingen, erstreckten sich in Deutschland bis an den Nordabfall 


1) Das Wolf’sche Blaukehlchen, welches auf der Brust ein einfaches, 
gleichmässig blaues Feld aufweist, wird der Betrachtung füglich nicht 
unterstellt, da es unser gewöhnliches Blaukehlehen im Alter ist. Übrigens 
ist diese Thatsache eine Erläuterung zu der Frage, ob bei freilebenden 
Vögeln die Farbe im Alter erblasse (nachlasse) bezw. das Gefieder hellere 
Töne oder mehr Weiss zeige. Dies scheint mir nur bei solchen Vögeln 
der Fall zu sein, die ein ganz hohes Alter — das Greisenalter — er- 
reicht haben; dieses Glück wird nur einigen wenigen Arten zu Teil, bei- 
spielsweise den Adlern, von denen etliche Arten (Kaiseradler, Habichts- 
adler, Zwergadler) im hohen Alter viel mehr helle und weisse Farben im 
Gefieder haben als in mittleren und jüngeren Lebensaltern. — Nicht 
glaube ich, um allem möglichst gerecht zu werden, unerwähnt lassen zu 
dürfen, dass doch auch gerade z. B. der skandinavische Dreizehenspecht 
einen gelben Kopfstreifen aufweist, wo unsere Spechte z. T. rote Färbung 
haben. Die Frage nach der Verteilung der Vogelfarben ist ein sehr 
interessantes Kapitel, das aber noch recht eigentlich in den Kinderschuhen 
steckt und daher auch noch eine reiche Ausbeute verspricht. Denn dass 
die Sonnenstrahlen je nach ihrem Stärkemass, dem Lichtmenge- und 
Lichtkraftverhältnis, in den verschiedenen Weltteilen verschiedene Farben 
und Farbennüancen auch bei den „Befiederten der Lüfte‘ erwirken, ist eben 
so sicher und gewiss wie andere als recht und richtig erkannten Sätze 
der Lichttheorien, beispielsweise diejenige, dass die ultraviolette Farbe, 
welche vom menschlichen Auge nicht mehr, vom Vogelauge vielleicht noch, 
ganz sicher aber von der photographischen Platte gesehen wird, ein 
Bestandteil des Sonnenlichtes ist. 


Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 335 


‘der Karpathen, das Riesen- und Erzgebirge, den Thüringer Wald, 
' den Harz, das rheinisch-westfälische Schiefergebirge, nach meiner 
Ansicht — ich muss hier die Ranke’sche Grenzbestimmung etwas 
erweitern — sogar bis an den Nordrand des hessischen Vogels- 
berges, denn den grossen erratischen Block gegenüber dem 
Herzberg (Kr. Alsfeld) anı Nordrand der hessischen Berge erachte 
ich als mit den nordischen Gletschern gekommen. Die Gletscher, 
die von den Alpen ihren Ausgang nahmen, griffen über Süd- 
deutschland bis nach Mitteldeutschland vor. Zwischen. beiden 
Gletscher-Grenzlinien blieb ein Stück Boden auch in den Eis- 
perioden dauernd eisfrei. 

Hier hat sich der Wasserspecht, der tropische Vogel der 
Tertiärzeit, auf deutschem Boden erhalten. Es war ihm dies 
möglich dank der glücklichen Einrichtung der Natur, die ihm 
bei seinen spechtartigen Anlagen Art, Beruf und Wesen eines 
Wasservogels gab, wie er ja noch heute ein solcher ist. Wie 
heute, so froren auch damals die reissenden Waldbächlein und 
die Quellen selbst bei grosser Kälte in Mitteldeutschland nicht 
zu; auch damals sammelten sich wie heute die überwinternden 
Vögel (selbst solche wie Schwarzamseln und Stare) an den offenen 
Quellen und Bächen. Diese boten dem Königsfischer hinreichende 
Nahrung, um sich durch die kalte Zeit zu schlagen. Selbst wenn 
die Natur ringsum erstarrt lag, konnte er aus den immer Nahrung 
spendenden Gewässern seinen Mittagstisch bestellen. Solange 
ein Vogel Nahrung hat, kann er sich durchhelfen; erst wenn 
er ermattet ist, erfriert er. Auf dem eisfreien Strich Mittel- 
deutschlands hat sich der Eisvogel akklimatisiert; dieser Strich 
bildet den Ausgangspunkt für sein heutiges Verbreitungsgebiet. 

Allem Anschein nach ist der Eisvogel der einzige singvogel- 
artige Wasservogel, der sich innerhalb der heutigen deutschen 
Gebietsteile aus der Tertiärzeit erhalten hat.!) Warum er gerade 
als der einzige, wage ich nicht zu erklären. Hat vielleicht die 
Tertiärzeit nur eine solche Vogelart gehabt? — 


1) Singschwan und Ente, Schneehuhn und Birkhuhn waren in der 
Diluvialzeit häufig, wie sich aus den Speiseresten und Grabbeigaben der 
diluvialen und neolithischen Höhlenbewohner ergiebt; ebenso auch wohl 
Gimpel und Dohle.e Auch vom Haushuhn fand Prof. Rütimeyer in der 
Renntierstation am westlichen Ende des Genfer Sees (am Mont Saleve) 
eine Anzahl von Knochen, „die von mehr als einem Individuum von 
kleiner Statur zu stammen scheinen.“ 


336 W. Schuster: 


Mit dem eisfreien Landstreifen in Deutschland hing sicher 
das eisfreie Gebiet Frankreichs zusammen, welches, da auf den 
gallischen Länderstrich nur wenig aus Nord, Ost und Süd-West 
die nordischen, Alpen- und Pyrenäengletscher übergriffen, */,, vom 
heutigen Frankreich betrug, während von den 54000 qkm Deutsch- 
lands nicht 20000 eisfrei blieben. ‚Ein mittelfranzösisches Inlandeis 
fehlte‘‘ (Penk). Hier in Frankreich, vielleicht noch auf deutschem 
Boden, hat sich die Goldamsel (neben anderen tropischen Vögeln, 
die aber keine ständischen Vertreter der deutschen Vogelwelt 
sind) durchgeschlagen; von hier aus, wo sie noch heute (wie in 
Italien, das mit Frankreich zusammenhing) hinsichtlich der Indi- 
viduenzahl am stärksten auftritt, hat sie sich auch wieder im 
grossen Massstab verbreitet, sodass sie heute in ganz Deutschland, 
in Schweden und Finnland ständiger Brutvogel ist. Aber ganz und 
gar akklimatisiert hat sie sich ebensowenig wie die Blaurake 
bezw. alle ausgesprochenen Zugvögel. 

Die Vergletscherung nahm in Europa von Westen nach 
Östen ab. Hier beschränken sich nach Penk die Gletscherspuren 
auf die höchsten Punkte der Transsylvanischen Alpen an der 
Grenze von Siebenbürgen gegen Rumänien und an der Grenze‘ 
von Rumelien und Makedonien auf den Rilo Dagh. Es haben 
wohl nur auf den höchsten Gipfeln der Balkanhalbinsel grössere 
Gletscher gelegen, das übrige Land war eisfrei, besonders die 
Tiefebene am schwarzen Meer, die einen Teil der grossen 
russischen Ebene bildet. Hier und auf dem grossen Länder- 
gebiet, welches heute das Mittelmeer darstellt, hat sich die 
Blaurake (neben vielen anderen tropischen Vögeln) durch’s Leben 
geholfen; von hier aus — in Südrussland, Griechenland, (Spanien) 
ist sie am häufigsten — hat sie sich verbreitet nördlich bis nach 
Schweden, in das westliche Sibirien und südlich bis zum Senegal 
in Afrika. Von der Balkanheimat aus ging sie auch nach Deutsch- 
land vor und ward hier, zum Teil nur sporadisch, ansässig etwa 
bis zur Elbgrenze. Ich glaube, dass die Blaurake seit Anbeginn 
der Diluvialzeit nie in Westdeutschland als gewöhnlicher ständiger 
Brutvogel verbreitet oder heimisch gewesen ist (abgesehen natür- 
lich von diesem oder jenem verschlagenen bezw. weiter gewanderten 
Pärchen, das in Westdeutschland brütete); denn sie hätte sich in 
Westdeutschland ebenso gut erhalten können wie der, fast 
gleich grosse Bruthöhlen beanspruchende und gleich grosse Ein- 
samkeit verlangende Wiedehopf, der z.B. im südöstlichen Schwarz- 


Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 337 


waldrecht häufigist!). Andererseits ist doch wohl nicht anzunehmen 
dass in Ostdeutschland mehr alte und hohle, Nistgelegenheit 
'bietende Bäume stehen geblieben wären als im Westen Deutsch-, 
lands, da doch gerade die ostelbischen Junker in ihren Wald- 
sütern eine sehr umsichtige — besser gesagt: „rationelle“ — 
Forstwirtschaft betreiben lassen. Die Mandelkrähe wird auch 
jetzt nie in Westdeutschland heimisch werden, solange sie wegen 
ihrer bunten Farben, die dem westdeutschen Laien etwas gänz- 
lich Fremdes sind, auffällt: Jede von den zahlreich aus dem Osten 
zu uns herüberschwärmenden Mandelkrähen erscheint dem Schützen, 
der sie zuerst sieht, als ein sehr begehrenswertes Beuteobjekt 
— — sapienti sat! 

Tropisch geartete Vögel, die nicht durchaus in Deutschland 
heimisch sind, kommen hier eigentlich kaum in Betracht; wohl 
vielleicht aber die farbenbunten Kreuzschnäbel (und Karmin- 
simpel). Inbezug des Alters dieser Vögel wage ich kein Urteil 
auszusprechen, weise nur darauf hin, dass es ihnen immerhin 
schon hätte möglich sein können, sich dem Klima anzupassen 
seradeso wie die Eisvögel?), zumal es ihnen an der lebenerhal- 
tenden Nahrung — den Kreuzschnäbeln an Nadelholzsamen, den 
Karmingimpeln an Beeren — nie fehlen konnte. 


Von den allem Anschein nach tropisch gearteten Vögeln, 
die in Frankreich und den „Mittelmeerländern“ einerseits, den 
Balkan- und „Mittelmeeriändern“ andererseits die Diluvialzeit 
überstanden haben, sind deutsche Rand- oder nach Deutschland 
hinschweifende Vögel die Blaudrossel, die Steinamsel, welche die 
charakteristisch rote Farbe des Wasserspechts und der Mandel- 
krähe aufweist, (das Schwarzkehlchen?) und der Immenvogel, 
der Flamingo, (der Ibis, der Pelikan?) u. a. 


1) Und mit der Häufigkeit ist er auch weniger scheu geworden: 
Ein lustiger „Huppup“ wich auf der Strasse von Bonndorf nach Thiengen 
unserem Postgefährt erst aus, als die Pferde bis auf doppelte Mannes- 
länge ihm nahegekommen waren, flog auf einen der nächsten niedrigen 
Chausseebäume und kehrte, als wir vorbei waren, sogleich wieder zu den 
von ihm bearbeiteten Pferdeexkrementen auf der Landstrasse zurück. 


2) Ein Beweis für die Anpassungsfähigkeit des Eisvogels ist u. a. 
die von H. Schacht mitgeteilte Thatsache, dass im Laufe des Winters 
1900/01 ein Eisvogel auf einem Futterplatz in der Nähe des Burggrabens 
in Detmold erschien und ausgelegte Fleischstückchen verzehrte, sogar 
Fleisch von den Knochen zu lösen versuchte! 


338 W. Schuster: 


B. Ornithologische Anzeichen 
einer wiederkehrenden ‚„Tertiärzeit.“ 


Einer wärmeren Epoche auf der nördlichen Erdhälfte ent- 
spricht nach den neueren Forschungen eine kältere auf der 
südlichen Halbkugel. 

In der Gegenwart hat die nördliche Hemisphäre 6 Tage 
länger die Sonne über sich als die südliche. „Sie erhält dadurch 
von der Sonne mehr Wärme zugeführt.“ Diese 6 Tage können 
und werden sich noch einmal auf 36 Tage erhöhen. Erst in 10500 
Jahren hat sich das jetzige Verhältnis zu Gunsten der südlichen 
Erdhälfte wieder umgeändert.!) 

Es giebt vor allem zwei ornithologische Anzeichen, die mit 
Deutlichkeit darauf hinweisen, dass wir eineren wärmeren Epoche, 
einer neuen „Tertiärzeit,“ entgegen gegangen sind und entgegen 
gehen. 

Erstens: Das in immer grösserem Massstab — hinsichtlich 
der Arten- wie der Individuenzahl — um sich greifende Über- 
wintern derjenigen Vögel, die eigentlich Zugvögel sind; sehr 
bezeichnend ist hierbei zugleich die Thatsache, dass die Winter- 
quartiere eben dieser zu Standvögel geworden Sänger und Luft- 
räuber mit den Jahren immer weiter in höher gelegene Breiten 
vorgeschoben werden. Die leitenden, Ausschlag gebenden Momente 
sind also für’s Erste: Zunahme der in Deutschland überwinternden 
Vogelarten und -Individuen und stufenweis weitergehendes Vor- 
rücken der Grenzen des Überwinterungsgebietes nach nördlicheren 
Breiten. 

Dazu etliche Belege: In Mitteldeutschland, speziell in Hessen, 


bleiben in jedem Winter, mag er rel. warm — und wir haben 
ja eigentlich nur noch milde Winter — oder kälter sein, kleine 


Trupps wie einzelne zerstreute Stare (die sehr gern an die aus- 


1) Schon der hessische Chronist Winkelmann meint um das Jahr 
1700 hinsichtlich der Wärmeverhältnisse und der Fruchtertragnis der 
Felder: „Wenn aber heutiges Tages die vor 1600 mehr oder weniger 
Jahren lebende alte Geschichtschreiber als Strabo/Taeitus/Seneca/Caesar/ 
Mela mit ihrem Anhang wieder von den Todten auferstehen/und mit 
ihren Augen das innerste des Landes wol besichtigen solten/so würden 
sie gewislich/ein ganz anders Land befinden/als sie zu ihrer Zeit dassel- 
bige beschrieben/und würden entweder in Beschauung des Teutschlandes 
über ihren ungleichen ertheilten Bericht schamroth werden/oder sich selber 
über solche löbliche Verender- und Verbesserung nichtgenugsam verwundern,‘ 


Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 339 


 sehängten getrockneten Hollunderbeeren gehen); selbst in dem 
kalten Winter 1894/95 blieb ein Starmatz in dem Vogelsberg- 
Städtchen Lauterbach, wo er zumeist hungrig auf dem offen- 
stehenden Pförtchen einer Speicherlucke lungerte. 1895 über- 
winterten auch Stare in Hannover!), 1893/94 in Gera und Jena, 
im Westerwald u. s. w. Herr Pastor Fr. Lindner in Osterwieck 
a. H. weist (in dem „Grundstein zur Ornis des Fallsteingebietes“) 
kurz auf das Überwintern der Stare im Thüringischen Länder- 
kreis hin, ausführlicher Herr Ad. Walter: Orn. Mon. 1894; auf 
S. 65 der „Ornith. Monatsschr.“ 1901 sprach ich von einer recht 
stattlichen Schar von in Fulda überwinternden Staren, die hier 
wie anderwärts am Vormittag der Nahrung auf den nicht be- 
schneiten Wiesen nachgehen und gegen Abend auf den Kirch- 
türmen thronen und singen. Selbst in Pommern traf ich im 
Winter 1900/01 überwinternde Stare. Die Zahl der in fast jedem 
hessischen Ort als Stand- (bezw. Strich)vögel verbleibenden Stare 
beläuft sich in milden Wintern immer auf wenigstens 10 Stück. 
— In dem zur Winterszeit recht rauhen Vogelsberg hält in der 
kalten Jahreszeit an jedem Wasserlauf in jedem Dorf in der 
Regel eine schwefelgelbe Bachstelze aus. Weisse Bachstelzen 
bleiben nur in. geringer Zahl, doch überwinterte 1900/01 eine 
solche in Greifswald am baltischen Meer, also unter dem 54° 


1) Herr R. L. Woltereck bemerkt dazu (Orn. Mon. 1895): „Nach 
allem, was über S/. vulgaris im Laufe d. letzten Winters von den ver- 
schiedensten Seiten berichtet wurde, scheint sich bei ihm in der That 
eine biologische Veränderung zu vollziehen, die wahrscheinlich mit den 
relativ milden Wintern, besonders Winteranfängen (bis Dezember) des 
letzten Jahrzehnts zusammenhängt. Sonst wüsste ich keine Erklärung 
für diese interessante Erscheinung.“ Dem fügt Herr Dr. Karl R. Hennicke 
weniger glücklich hinzu: „Ich bin eher geneigt, die Ursache in der er- 
freulicherweise sich immer mehr verbreitenden sachgemässen Anlegung 
und Besorgung von Futterplätzen zu suchen.“ Dass dies nicht der 
Grund des Bleibens sein kann, ergiebt sich daraus, dass in den hessischen 
Dörfern, wo die Stare überwintern, überhaupt keine oder nur wenige 
Futterplätze angelegt werden, wie ja andererseits auch Futterplätze eigent- 
lich nur dann erst auf dem Plan erscheinen, wenn die Not des Winters 
da ist, im Januar und Februar, wo die Zugzeit längst vorüber ist. 

Übrigens muss ich betonen, dass nicht —16° die niedrigste Kälte- 
temperatur ist, bei der die Stare bleiben (s. neuen Naum, B. IV, S. 9); 
bei Fulda blieben im Winter 1900/01 die Stare bei 18 Grad Kälte und 
der, welcher 1894/95 im väterlichen Gehöft im Vogelsberg blieb, hielt 
aus, trotzdem wir 28 Grad Kälte erreichten. 


340 W. Sehuster : 


nördl. Breite; besonders in den letzten Tagen des Dezember 1900 
beobachtete ich sie häufig am Rykufer. — Hier „oben“ traf ich 
zu derselben Zeit auch schon die sonst hie und da in Deutsch- 
land überwinternde Heckenbraunelle (Fr. Lindner berichtet von 
zahlreich in Mitteldeutschland über Winter bleibenden Braunellen) 
als Standvogel an; sie hatte sich das dichte Gebüsch des Fried- 
hofes zum Aufenthalt erkoren. — In Lipskaln in Livland (58° 
nördl. Br.) beobachtete Oskar von Löwis am 24. Dezember 1878 
3 männliche Buchfinken in Gesellschaft einiger verwandten Vögel, 
„die den Winter hier zuzubringen pflegen. An einer stets gleich- 
warmen Quelle, die auch im hohen Winter Mooswucherung und 
sonstige niedrige Pflanzenbildung zulässt, suchten die drei nach 
Futter und liessen fröhlich den Lockruf erschallen.“ Noch am 
29. November 1878 wurden von livländischen Grenzbuschwächtern 
einige Bekassinen beobachtet, die jedenfalls auch überwinterten 
(am 6. November sah Oskar von Löwis noch eine Waldschnepfe. 
„Zool. Gart.“ Jahrg. 1878). — Der Turmfalke überwintert im 
Vogelsberg, in der Fuldaebene und Wetterau schon in immerhin 
beträchtlicher Anzahl. — Am 13. Februar 1895 stiess ich im 
nordöstlichen Vogelsberg auf einen zurückgebliebenen roten Milan, 
der in einem niederen Waldschlag auf einem im Schnee liegenden 
toten Raben fusste und ihn augenscheinlich rupfte; beim Fort- 
fliegen nahm ihn die Königsweihe in den Fängen mit fort. Der 
rote Milan ist als Standvogel keine gewöhnliche Erscheinung. — 
Vom 22. bis zum 28. Februar 1901 beobachtete ich eine im ehe- 
maligen Wallgraben Greifswalds überwinternde Mönchgras- 
mücke. Dieses Tierchen, das ich öfters auf 2 m. Entfernung 
vor mir hatte — sodass ich mich also keineswegs getäuscht haben 
kann! — hielt sich in dem zumeist aus jungen Fichten bestehenden 
Gebüsch des Wallgrabens auf und kam, besonders um die Mittags- 
zeit, schnell und vorher immer etwas sichernd in einen Schnee- 
beerenstrauch (Symphoricarpus racemosus, Pursh.) direkt seitlich 
unter der Papenbrücke geflogen. Hier nahm die Grasmücke 
eifrig mit dem Schnabel die Schneebeeren, vom Volk „Juden- 
kirschen‘“ genannt, vom Strauch und schluckte eine nach der 
anderen der reichlich über Erbsen grossen Erüchte mit sichtlicher 
Anstrengung ganz hinunter. Mehr wie 3, 4 Früchte sah ich sie 
in keinem Falle zu sich nehmen. Nach meinem Ermessen war 
dieses Vögelchen nicht etwa aus der Gefangenschaft entwichen 
und geblieben; dafür sprach sein immerhin scheues, ängstliches, 


Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 341 


ganz und gar natürliches Wesen — wenn es sich von der Brücke 
aus beobachtet sah, schoss es fort — wie der gute, schmucke 
Zustand des Gefieders, insbesondere des Schwanzes, ganz ab- 
gesehen davon, dass sich ein der Gefangenschaft entflohenes 
Mönchlein nicht hätte am Leben erhalten können. Es überwinterte. 
Da wir in jenen Tagen schon die niedrigste Temperatur hinter 
uns hatten (am 22. u. 23. Febr. morg. um 9 Uhr: —7° R., in 
der Nacht wohl: —8° bis —10° R., am 24. Febr. Tauwetter, am 
27. Febr.: -—2°; niedrigste Wintertemperatur (im Anfang Februar): 
c. 15° Kälte), so ist füglich anzunehmen, dass die Grasmücke den 
Winter glücklich überstanden hat. Jedenfalls haben den Vogel 
das starke, dichte Gebüsch, die vielen Beeren und vor allem das 
bis in den Januar überaus milde Klima in Greifswald gehalten. 
— Wie Herr Kommilitone cand. med. Sehlbach in den betr. 
Nrn. der „Ornith. Monatsschr.‘“ berichtet, überwinterte bei Bonn 
in den Jahren 1899, 1900, 1901 das Schwarzkehlchen, ein süd- 
liches und ebenso zartes Vögelchen wie die Grasmücke, das ich, 
als es Junge fütterte, auf dem Bergrücken zwischen dem Orte 
Deveny und der Ruine Alt-Theben an der Donau (Ungarn) ein- 
gehend zu beobachten Gelegenheit hatte!). — Im Rhein- und 
Mainthal bleiben in milden Wintern viele der leicht hinfälligen 
Girlitze (siehe Friderich!) — Das Rotkehlchen überwintert schon 
in verhältnismässig starker Anzahl in Deutschland; den letzten 
Standvogel sah ich im verflossenen Winter (1901) im Friedhof 
bei Greifswald. Die Anzahl der überwinternden Rotkehlchen 
nimmt mit den Jahren zu. — Es ist wohl mit Sicherheit an- 
zunehmen, dass alle die zu Winterszeiten erstarrt aufgefundenen 
Schwalben (Rauch-, Haus- u. Uferschwalben) den Versuch gewagt 
haben, zu-überwintern, dass sie sich, als die Kälte anbrach, aus Not 
in einen Schlupfwinkel verkrochen und hier in einen starren Zustand 
verfielen: Jene 72 erstarrt und die 300 in einer hohlen Linde 
unverwest aufgefundenen Rauchschwalben, von denen Herr Pastor 
Richter spricht („Orn. Mon.“ 1887 u.1891): die 3 Hausschwalben, 
die Oberförster Langenbach in Lasphe aus einer gefällten, hohlen 
Eiche zog. Er „brachte die Tiere zu dem Feuer, das die Holz- 
hauer in der Nähe unterhielten, und sah nach etwa zehn Minuten 
mit freudigem Erstaunen, dass die augenscheinlich toten Tiere 


1) Mein Bruder Ludwig beobachtete den Vogel im Frühjahr 1901 
auf dem Durchzug bei Fulda und im Sommer 1901 als Brutvogel bei Mainz. 


342 W. Schuster: 


in’s Leben zurückkehrten, die Augen öffneten und sich zu bewegen 
anfıngen. Aber alle Versuche, die Schwalben zu grösserer Lebens- 
fähigkeit zu bringen, waren vergeblich: sie blieben in agone, in 
einem Zustand zwischen Leben und Tod.“ (,Allg. Forst- und 
Jagdzeitung“ von 1863); die erstarrte Rauchschwalbe, die der 
Forscher Karl Müller aus dem tiefen Mauerloche eines Zieh- 
brunnens in der Burg Friedberg hervorholte „der Vogel, an die 
Ofenwärme gebracht, erwachte, zuerst sich auf die Fiügelarme 
stützend und endlich zum aufrechten Sitzen vorschreitend, allein 
er starb schon nach einer Stunde.“ A. u. K. Müller „Tiere der 
Heimat‘); die Hausschwalben, die Arbeiter bei Ibbenbüren (Osna- 
brück) im November aus dem Ufer eines Mühlteichs gruben und 
von denen Leutnant W. wieder 3 zum Leben brachte (A. u. K. 
Müller, „Tiere der Heimat“); die 2 erstarrten Hausschwalben, 
die im Dezember Stadtförster S. und Polizeisergeant St. in Arns- 
berg aus dem hohlen Stamm einer gefällten Eiche holten — sie 
kamen wieder zum Leben —, die Uferschwalben, welche die 
Gebr. Pf. in Arnsberg im März und April aus dem Ruhrufer holten 
und wieder aus dem Schlafe weckten (vergl. „Tiere der Heimat!“). 
Ferner überwinterten Schwalben im Hampshire in England („Am 
8. u. 9. Januar flogen drei Schwalben um die Gebäude von Christ- 
church. Da ich in einer Entfernung von wenigen Fuss an ihnen 
vorüberging, konnte ich leicht die Art feststellen und wahrnehmen, 
dass es junge Vögel einer späten Brut waren, die durch die 
Milde der Jahreszeit verlockt waren, ihren Aufenthalt hier zu 
verlängern. Edward Hart.“ „The Field,“ 1891, No. 1936); am 
17. Januar 1891 flogen Schwalben um die St. John’s Kirche in 
London und liessen sich auf derselben nieder („Ich hielt dies für 
eine Täuschung habe sie aber soeben selbst gesehen (3 U. 20 
Nachmittags).“ Dazu bemerkt die Red. v. „Ihe Field“: „Die 
beobachteten Vögel müssen nach unserer Meinung eher als Nach- 
zügler aus dem verflossenen Sommer denn als frühzeitige Kinder 
des kommenden Frühlings betrachtet werden; denn der milde 
Winter begünstigte ihr Hierbleiben sehr, und der Frühlingszug 
dieser Vögel hat noch nicht begonnen.“ Es kommt also das 
Überwintern der Schwalben in England, — sogar im nördlichsten 
Teile desselben — in milden Wintern vor); ein Rauchschwalbenpaar 
überwinterte in einem grossen Kuhstall in Kruscezowitz in Böhmen 
(11. Februar: „es befindet sich wohl und munter. Ihre Nachtruhe 
halten die beiden Vögel auf dem Rücken einer schwarz-weissen 


Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 343 


Kuh und verlassen ihren Sitz selbst dann nicht, wenn sich selbe 
' niederlegt oder aufsteht. Dieses Schwalbenpaar hatte im ver- 
'flossenen Sommer in den Stallungen gebrütet.‘“ 20. Februar: 
'Schwalben an Nahrungsmangel gestorben. v. Tschusi zu Schmid- 
hoffen, „Orn. Mon.“ 1894); siehe auch „St. Hubertus“ 1898: 
„Heimattreue Schwalben“ in Tondern. Von noch anderen im 
Winter erstarrt aufgefundenen Schwalben berichten die Gebrüder 
Müller und die ,„Orn. Mon.“ 1890. Nach dem Gesagten kann 
man die cum grano salis richtigen Worte Gessner’s verstehen: 
„Man hat etwan gsähen dass sich die Schwalmen in hole böum 
verborge habend in einem Wald dess oberen Teutschen lands, 
da man in einer abgehauwnen faulen eich vil Schwalmen gefunden 
hat... Ich hab gfunden dz die Schwalmen den ganzen Winter 
in jren nästeren verborgen ligend als todt: darumb vermein ich 
nit dass sy hinweg fliegend.‘“ Diese wahren Worte Gessner’s 
sollte man doch nicht in’s Lächerliche ziehen, wie es schon 
geschehen ist! Auch im neuen Naumann ist das „Überwintern“ 
der Schwalben viel zu kurz und wegwerfend behandelt, was um 
so weniger verzeihlich ist als schon vor Jahren in einem der 
bedeutendsten ornithologischen Werke, in dem Buch: „Tiere der 
Heimat,“ die merkwürdige Erscheinung näher besprochen wurde. 
— Schon zu Naumanns Zeiten hielten „einzelne, und in gelinden 
Wintern wohl kleine Gesellschaften“ von Feldlerchen im nördlichen 
Deutschland aus; in den letzten Wintern (1897, 1898, 1899, 1900) 
sah ich sie in dem Vogelsberg und 1901/02 bei Mainz. Es dürfte 
garnicht ausgeschlossen sein, dass die — allem Anschein nach doch 
so kräftige und wetterfeste — Feldlerche ebenso noch einmal im 
Lauf der Zeiten ein Standvogel wird wie die Haubenlerche; dass sie 
es noch nicht ist, hat darin seinen Grund, dass sie einmal mehr auf 
Insektennahrung — weniger auf Gesäme — angewiesen ist als 
die Haubenlerche, dann dass diese mehr ‚„Hausvogel‘“ geworden, 
mehr mit dem Menschen vertraut ist und also eher — und zwar 
immer — auf den offenen Strassen der Dörfer und Städte zu ihrem 
Futter gelangen kann. Aber diemilden Winter der letzten Dezennien 
haben auch die Felder freigelassen. — Bei Frischborn im Vogels- 
berg und bei Giessen an der Lahn überwintern in jedem Jahr 
Reiher; selbst einzelne Störche bleiben hie und da in Deutschland. 
— Auch von überwinternden Wiesenpiepern wird gemeldet (Naum. u. 
„Orn. Mon.‘ 1895, bei Gera) und über Winter gebliebenen Hausrot- 
schwänzchen (,„Orn. Mon.‘ 1895, bei Jägerndorf, Troppau, Aslawan). 


344 W. Schuster: 


Ein Gegenstück zu dem bisher Ausgeführten bildet die That- 
sache, dass nordische Vögel, beispielsweise die Seidenschwänze, 
heuer lange nicht mehr so zahlreich zu uns kommen wie in 
früheren Jahren. DBechstein schreibt gegen Ende des vorigen 
Jahrhunderts von dem Seidenschwanz: „Sein Sommeraufenthalt 


ist der Arktische Kreis. Von da kommt er im Winter heerden- 
weise nach Deutschland, Russland, Frankreich, England ... . Sie 


überwintern fast alle Jahre in Thüringen in den Vorbergen des 
Thüringer Waldes. Fast alle Jahre durchstreifen sie Thüringen 
und bleiben gern da, wenn sie Überfluss an Nahrungsmitteln 


finden.“ In einem neueren Vogelwerk heisst es, dass „es oft 


mehrere Jahre ansteht, bevor sich der Vogel [bei uns] wieder 


zeigt.“ — Was den Flachsfink anbetrifft, so vergleiche man eine 
Verbreitungsübersicht aus dem Jahre 1795 (Bechstein) und dem 


Jahre 1876 (Friderich)! Der elementare Unterschied ergiebt 


sich sofort. 

Zum Zweiten ist beweisend für die oben aufgestellte Be- 
hauptung, dass wir mit einem wärmeren Klima beglückt sind 
und noch sein werden: Das Verlegen der Sommerquartiere — 
also der Brutgebiete — südlicher Vögel nach Deutschland über- 
haupt oder nach dem mittleren und nördlichen Deutschland. Wie 
die heimischen Vögel sich immer mehr dem deutschen Winter 
anpassen, so akklimatisieren sich in paralleler Erscheinung die 
südlichen Vögel immer stärker den sommerlichen Regionen höher 
gelegener Breitegrade. Und zwar rücken die südlichen und selbst 
heimische Vögel nicht allein in horizontaler Linie gegen Norden 
vor, sondern auch in vertikaler gegen die Berghöhen. Beides 
weist. unwiderleglich auf das schon erfolgte Eintreten sowie das 
gegenwärtige Andauern (bezw. in gesteigertem Masse Fortwirken) 
wärmerer Klimaverhältnisse hin. 

Den besten Beleg bildet der Girlitz. Naumann kannte ihn 
noch nicht aus der Beobachtung in der freien Natur, da er sich 
zu seiner Zeit noch nicht in Mitteldeutschland vorfand (wie Naum. 
in einer Fussnote bemerkt). Heute findet er sich dort überall, 
auch schon in Holland, nach Friderich selbst sogar auf Island. 
In allen deutschen Rheinlanden ist er zahlreich und hat nach meiner 
Beobachtung schon Haardt und Vorberge der Vogesen erstiegen. 
Noch am 31. August (!) 1901 fand ich im Mombacher Forst bei 
Mainz ein Nest (zweite Brut) mit ganz kleinen Jungen, die am 
7. September bis auf das Nesthäkchen flügge waren. — Die Blau- 


| 
| Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 345 


‚drossel ist von Südfrankreich an den Berghängen der Burgunder 
Pforte hin und des deutschen Breisgaues nach den Vogesen vor- 
gerückt; in den Berggeländen in Südwest-Deutschland und am 
Bodensee zeigt sie sich öfters. — Dasselbe gilt von der Stein- 
merle; sie ist ausser auf den Vogesen auch schon auf dem Harze, 
dem Riesengebirg und den Sudeten angelangt. — Das Schwarz- 
kehlehen hat auf seinem „chronischen“ Zuge nach Nordost an 
vielen Stellen schon — wenn auch z. T. nur erst vorübergehend 
— die Rhein- und Mainlinie überschritten. — Den Fettammer 
„stösst“ man bei Herbst-Treibjagden häufig aus den ost-rheini- 
schen Ackerfeldern „auf“; da man sein Nest noch nicht in den 
betreffenden Gegenden Hessen-Nassaus und der Rheinprovinz 
gefunden hat, denkt man an weit umherschweifende Exemplare, 
doch brütet er, wie ich glaube, ganz gewiss in den Rheinbergen }). 
Seibst im südlichen Schweden und Norwegen ist der Ortolan 
schon zu Hause. — Wie der südländische Zaunammer ‚in den 
Rheingegenden, in Hessen, Franken und Thüringen“ öfters ge- 
sehen wird, so hat sich auch der dem wärmsten Europa ange- 
hörende Zipammer in Deutschland angesiedelt. Er liebt die 
Vorberge der Mittelgebirge und wählt stets die Sonnenseite der 
Höhen zum Aufenthalt. ‚In Württemberg bei Mössingen am 
Fusse des Rostberges, auch bei Kirchhain unter Teck, sowie an 
einigen anderen Orten“ kommt er nach E. F. von Homeyer vor, 
„gewöhnlich gesellschaftlich“; früher schon hat Friderich auf das 
relativ häufige Vorkommen des Zipammers „in Schwaben“ auf- 
merksam gemacht. — Auch der Grauammer geht vom Süden — in 
der reich gesegneten Rheinebene des Elsass und in den Vogesen- 
vorbergen sah ich ihn sehr häufig — nach Nordosten (Skandi- 
navien, Nordrussland) vor. — Das Hausrotschwänzchen dringt 
mit den Menschenwohnungen, vor allem solchen, welche feste 
Dächer haben, nach dem nördlichen Skandinavien und Russland 
vor. — Der Alpensegler, eigentlich ein Bewohner der mittel- 
ländischen Inseln, doch auch z. B. auf dem hochgelegenen Berg- 
turm in Graz oder dem schönen Wasserturm in Luzern — wo 
im Hochsommer das laute Geschrei der Jungen die Aufmerk- 
samkeit der lustwandelnd Vorübergehenden sichtlich auf sich 
zieht — heimisch geworden, findet sich hie und da in den Tiroler 


1) Übrigens darf man nicht alle von Marshall in seiner Schrift 
„Deutschlands Vogelwelt im Wechsel der Zeit“ nahmhaft gemachten 
Fundorte des Ortolans als konstante Brutstellen betrachten. 


Journ. £, Orn. L, Jahrg. Juli 1902, 23 


846 W. Schuster: 


und bayrischen Kalkalpen, selbst in Thüringen und England 
(Friderich). — Nach meinen Beobachtungen erscheint der Trauer- 
fliegenfänger, an und für sich ein südlicher Vogel, in den letzten 
Sommern in Mitteldeutschland häufiger als früher. Der kleine 
Fliegenfänger, der wohl nicht umsonst „Feigenfresser“ heisst — 
denn seine eigentliche Heimat sind die warmen Landstriche der 
Balkanhalbinsel, Ungarn, die Walachei, Galizien — hat sich in 
Westpreussen, Schlesien, Pommern, sogar auf dem verhältnis- 
mässig kalten Rügen eingefunden. — Herr H. Schacht spricht 
im Jahrg. 1891 der „Orn. Mon.“ von 6 bewohnten Nestern der 
Haubenlerche auf einem Fabrikdach in Salzufflen und es sei dieser 
Ort der Ausgangspunkt für das Lippe’sche Land, wo sie in die 
bergigeren Striche vorrücke; eine ähnliche Beobachtung machte 
ich im Vogelsberg: von allen Seiten gehen die Haubenlerchen in 
einzelnen Pärchen langsam gegen das Centrum des Vogelberges 
vor. — Die Zwergtrappe ist ganz und gar eine ausgesprochene 
Bewohnerin der südlichen Länder; Pfarrer W. Thienemann hat 
sie in einer fortlaufenden Reihe von Jahren zur Genüge in Thü- 
ringen als Brutvogel beobachtet. — Die Wiege des Steppenhuhns 
stand ursprünglich in den kirgisischen, tatarischen und mongo- 
lischen Steppen unterhalb des 46. Breitegrades; wenn es in den 
letzten Dezennien auf seinen Wanderungen (1863, 1888) in Nord- 
deutschland, auf Borkum, Helgoland, in Jütland erschien und 
brütete, so hatesseinen sommerlichen Aufenthaltsort um 7 —11 Breite- 
grade, im Durchschnitt um 9 Grad — also um 1/, der Entfernung 
von seinem Wohnort bis zum Nordpol —, diesem näher verlegt. 

Einen Beweis für die Behauptung, dass die heimische Vogel- 
fauna in den letzten Dezennien durch Südländer verstärkt worden 
ist, liefern die vielen südlichen Vögel, die in dem ‚neuen Nau- 
mann“ als solche, die das deutsche Bürgerrecht erworben haben, 
aufgeführt, abgebildet und beschrieben sind. 

Die Wander- und Fortbewegungserscheinungen in der Vogel- 
welt, soweit sie lediglich nach Norden gerichtet sind, bitte ich 
andere Federn vervollständigen zu wollen.!) — 

Wenn man aus dem Aufgezeichneten ein Resultat gichen 
wollte, so wäre es eben dies: Die ornithologischen Zeugen aus 


1) Andere Vogelbewegungen wie die des Karmingimpels nach Westen 
der Lasurmeise nach Südwesten oder das südwärts gerichtete Ausschwärmen 
der Sumpfohreule, die 1868—74 Standvogel in der Wetterau wurde, 
kommen hier nicht in Betracht. 


Die Vogelwelt und die Tertiärzeit, 347 


der einstigen Tertiärzeit müssen und wollen wir mit allem Fleiss 
‚schützen und hegen; wir wollen in alle Wege nicht dulden, 
dass sie weder in unserer Zeit noch, soweit wir es durch Belehrung 
und Erziehung vermögen, in der unserer Nachkommen zum Aus- 
sterben gebracht werden. Über die Erscheinungen der zweiten 
Art wollen wir uns von ganzem Herzen freuen. — 

Mit den im Allgemeinen wärmeren Temperaturverhält- 
nissen ist es nicht gerade auch eo ipso gegeben, dass die erste 
Zeit des sogenannten „Frühlings“ auch wärmer sei als bisher; 
im Gegenteil scheint die Erde in dem Planetensystem in eine 
Lage gekommen zu sein, wo ein Hinausschieben der kalten bezw. 
nassen Jahreszeit-Periode bis in den Mai hinein immer mehr zur 
Regel wird. Der April scheint noch fast zum Winter zu gehören 
und unser heutiger Mai ist doch eigentlich nur höchstens in dem 
letzten Drittel das, als was ihn unsere älteren Dichter preisen. 
Es ist also — gemäss dieser regelrecht auftretenden, gewisser- 
massen reaktionären Erscheinung — nicht mit den im Allgemeinen 
günstigeren Kälteverhältnissen bedingt, dass alle unsere Singvögel 
insgesamt (in toto) früher zu singen anfangen. 

Eher schon wäre es möglich und ist es in der That auch 
zu konstatieren, dass die Wintervögel, da die Temperatur nicht 
so tief mehr im Winter zu fallen pflegt, sich wohler und munterer 
fühlen und dass somit auch die härteren Standvögel in der 
„kalien“ Jahreszeit singen oder zu singen anfangen. 

Wintersänger xoz’ &oynv sind: Der Zaunkönig und die 
Wasseramsel. Mag die Kälte im Januar aüch noch so stark sein 
— beide singen. Gerade die „Wasseramsch‘“ hat mir mit ihrem 
Gesang oft herzliche Freude gemacht, da ich noch als Schul- 
knabe jeden Morgen einen einstündigen Weg durch ein wasser- 
reiches Thal zurückzulegen hatte: oft sass sie singend auf den 
Einfassungssteinen einer Brücke — wo ich sie auch mehrmals 
mit Ihresgleichen ein mit Federsträuben und Gesang begleitetes, 
erregtes Spiel rätselhafter Art ausführen sah, ob aus Eifersucht 
oder aus „Liebe“, ist mir unklar —, oft flog sie singend durch 
die ob der Kälte mit Nebeldampf erfüllte Luft. 

Aber noch andere Vögel hörten wir mitten im kalten Winter 
singen: die Haubenlerche und die Schwarzamsel, und zwar hörten 
wir in jedem einzelnen Fall ein ganzes, volles Lied mit jeweils 
abgesetzten Strophen. Ich hörte öfters — und auch mein Vater 
mit besonderer Freude — die Haubenlerche leise ihr Lied singen, 

23* 


848 W. Schuster: Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 


wenn sie über den festgetretenen Schnee auf den Strassen der 
Städte (Lauterbach, Fulda) oft dicht vor den Füssen des langsam 
vorwärtsschreitenden Passanten hertrippelte. Die Schwarzamsel 
hörten wir (mein Bruder und ich), am Morgen des 6. Januar 
1900 in der Frühe, als es noch dämmerig war, von einem Fichten- 
bäumchen vor dem Forsthaus in Frischborn ihr abgebrochenes, 
aber ziemlich lautes Lied ganz begeistert vortragen. Es war 
seltsam schön, dieses Drossellied „mitten im kalten Winter, wohl 
zu der halben Nacht“! 

Auch am 18. Dezember 1898 hörte ein gewisser G. C. „im 
schönen Walde der ehemals freien Reichsstadt Frankfurt a. M. 
eine Drossel“ wie sie „hell und froh ihr melodienreiches Lied in 
den dezemberlichen Sonntag hinein erschallen“ liess (St. Hu- 
bertus 1898). 

Meister Starmatz singt oft recht hübsch und wohlgemut am 
winterlichen Tag; mein vogelkundiger Vater belauschte ihn am 
6. Dezember 1896, als der liebe alte Freund auf dem Sprenkel- 
holz vor dem Kasten sass und pfiff, ich hörte einem Stärlein am 
12. Dezember 1901 längere Zeit zu, da er in einem Garten in 
Giessen sein Lied vortrug. 

Noch hörte ich zwar an einem klaren Wintertag einen 
Dompfaff von einem beschneiten Ästchen aus seinen krackelnden 
Gesang vortragen, doch kommt diese immerhin erhebliche Ge- 
sangsleistung nicht weiter in Betracht, da schon die Zeit nahe 
war, wo die ersten Buchfinken schlagen. 


Berichtigung. 


In meiner Arbeit „Kritische Bemerkungen über die Paridae 
etc.“ J. für Orn. 1901, S. 171, Anmerkg. 1 schlug ich den Namen 
Semiparus an Stelle des bereits 1884 von Selys in anderem Sinne 
gebrauchten Sittiparus Oates 1889 (B. Brit. India v. 1, S. 171) 
vor. Leider übersah ich damals, dass schon 1894 (Ibis S. 480) 
Mr. Oates die Bezeichnung Pseudominla eingeführt hatte Nun- 
mehr (Bull. Brit. Orn. Cl. März 1902) hat auch V. Bianchi ein 
zweites unnützes Synonym, Proparoides für dieselbe Gattung ge- 
schaffen. Selbstverständlich ist sowohl dieser als mein Name 
gegenstandslos. Hellmayr, Wien. 


349 


Zur Versöhnung zweier toten Meister. 
(Hartlaub-Petenyi). 


Von O. Finsch. 


„Lasst das Vergangene vergangen sein“ 
(Göthe: Faust). 


Unter den vielfachen Ehrungen, die dem Andenken des 
Bremer Altmeisters in Form von Nachrufen gewidmet wurden, 
steht derjenige aus der Feder von. Dr. Moritz Lindeman in 
der „Weser Zeitung‘ (vom 1. December 1900) unbestritten obenan. 
Schon deshalb weil der Verfasser zu den wenigen gehört, die 
Hartlaub aus jahrelangen persönlichen Verkehr kannten. Diese 
„Original-Lebensschilderung‘‘ wird daher immer von hervor- 
ragendem Werte bleiben, als eine lautere Quelle, die als solche 
auch bereits wiederholt benutzt wurde. 

Die umfangreichste Mitteilung: „Zur Erinnerung an Dr. 
Gustav Hartlaub“ verdanken wir indes Dr. Paul Leverkühn 
(Journ. f. Orn. 1901 S. 337—359), einem warmen Verehrer, der Hart- 
laub allerdings nur einigemale persönlich als flüchtiger Besucher 
kennen lernte, mit demselben aber an 15 Jahre (1887 bis 1900) 
in brieflichem Verkehr stand. Und dieser letztere ist es gerade, 
welcher dem Verfasser einen wesentlichen Teil zu seinen Mit- 
teilungen lieferte, in Notizen und Auszügen, „die uns — wie 
es in einer kürzlich erschienenen Besprechung?!) heisst — einen 
tiefen Einblick in das Seelenleben des ausgezeichneten Mannes 
gewähren.“ Vielen wird es dabei von besonderem Interessse sein, 
die eigenartige Schreibweise Hartlaubs im vertraulichen Verkehr 
kennen zu lernen, und schon dadurch gewinnt diese „Erinnerung“ 
reizvolle Neuheit. Da die meisten dieser Briefe aus den späteren 
Lebensjahren datieren, geben sie zugleich Zeugnis von der 
bewundernswerten Geistesfrische, die sich auch in Zitaten wieder- 
spiegelt, in deren Benutzung Hartlaub ja von jeher Meister war. 
Auch im übrigen bringt die „Erinnerung“ mancherlei Interessantes; 
so Bemerkungen über Göthe und Göthelitteratur, die Hartlaub 
so gründlich kannte, über seine Beziehungen zu Emin Pascha, 
mit dem er bekanntlich so lange „intim freundschaftlich“ ver- 


kehrte u. s. w. 
Zum erstenmale hören wir auch einiges über eine Jugend- 


reise, über welche Hartlaub selbst niemals etwas veröffentlichte, 


1) „Ornithol. Monatsberichte“ 1902 (Februar) p. 31. 


350 O0. Finsch: 


Es ist. dies jene Reise nach Süd-Ungarn und Kroatien, die 

Sammelzwecken halber 1839 vom Wiener Hofmuseum ausging 
unter Leitung des Ichthyologen Jacob Heckel (in Begleitung der 
beiden Söhne des Kustos Joseph Natterer) und der sich Hartlaub 
anschliessen durfte. Aber nicht eigentlich als ‚Wiener Student“, 
wie er in seinen Briefen an Dr. Leverkühn sagt, die ja auch 
52 beziehentlich 61 Jahre nach dieser Reise geschrieben wurden. 
Denn Hartlaub hatte bereits ein Jahr früher (1838) seinen 
Doctor med. in Göttingen gemacht. Von Pest aus schloss sich 
der Kustos des dortigen National-Museums, J. S. von Petenyi der 
Reise an, und dieser ist es, der Hartlaub in den erwähnten 
Briefen (vom Jahre 1891 resp. 1900!) zu persönlichen Bemerkungen 
veranlasst, die — man muss wohl sagen ‚leider‘‘ — Dr. Leverkühn 
nicht unveröffentlicht liess. Diese Äusserungen!) betreffen nicht 

den Gelehrten, sondern Petenyi als Mensch, und stehen in der 
That in schroffstem Gegensatze zu dem so freundlichen und 
durchaus vorteilhaften Bilde, welches Petenyi’s Biographen?) 
uns entworfen haben. 

Man darf nicht vergessen, dass Petenyi, der Zeitgenosse 
und Freund eines Chr. L. Brehm, Naumann u. s. w. und wie 
diese Mitbegründer der Ornithologie aus der sogenannten 
classischen Periode, seinen Landsleuten genau so hoch steht, als 
die erwähnten deutschen Koryphaeen uns. Eine Abwehr und 
"Rechtfertigung war daher zu erwarten; sie konnte und durfte 
nicht unterlassen werden. Otto Herrman?®) hat diese Ehrenpflicht 
gern und freudig übernommen, um das Andenken des längst da- 
hingeschiedenen, so hochverehrten Mannes — Petenyi starb 1855 
— klar und ungetrübt zu erhalten. Seinen eifrigen Bemühungen 
ist es denn auch gelungen nachzuweisen, dass das günstige Ur- 
teil aller Zeitgenossen Petenyi’s, auch von Heckel und den beiden 
Natterer’s vollständig geteilt wurde, wie namentlich aus einem 


1) 8. den Abdruck des Briefes in: Journ. f. Orn. S. 339 und 
„Aquila“ 1901. 8. 311. 

2) Franz von Kubinyi: „Petönyi’s hinterlassene Schriften mit 
Biographie herausgegeben von der Ung. Akad. der Wissenschaften 1864 
(Ungarisch) und: 

„J. 8. von Petönyi, der Begründer der wissenschaftlichen Orni- 
thologie in Ungarn, 1799—1855. Ein Lebensbild, unter Mitwirkung 
von Julius von Madaräsz, Stefan von Chernel und Geza von Vastagh, 
verfasst von Otto Herman. Budapest 1891. (Deutsch). 

3) „Zwei Todte“ in „Aquila“ 1901. 8. 311—316. 


Zur Versöhnung zweier toten Meister. 351 


glücklicherweise noch vorhandenen Briefe (vom 19. Mai 1840) 


_ unzweifelhaft hervorgeht. Das von Hartlaub, 50 bis 60 Jahre 


später, angewendete „wir,‘‘“ hat daher lediglich eine persönliche 
Bedeutung und muss in Wahrheit „ich“ heissen. Denn wie 
schon aus den Schriften Hartlaubs hervorgeht, pflegte er sich 
mit Vorliebe des „wir,“ statt „ich“ zu bedienen. Hartlaub’s 


_ briefliche Äusserungen über Petenyi sind daher rein subjectiver 


Natur und entbehren, wie Otto Herman mit Recht hervorhebt, 
jeder Begründung durch Anführen von Thatsachen. Dr. Lever- 
kühn, der schon bei Veröffentlichung dieses Privatbriefes hinzu- 
fügte: „Es ist schwer, heut darüber zu urteilen, ob Hartlaub’s 
reichlich scharfes Urteil über den grossen ungarischen Ornitho- 
logen nicht über die Grenze der Objectivität hinausgeht“, muss 
schliesslich zugeben: „Thatsachen können jetzt allerdings nicht 
mehr beschafft werden‘! 

Und doch wäre eine richtige Beurteilung der Hartlaub’schen 
Briefstelle nicht so schwer gewesen. Denn gewiss hätte die 
Familie Hartlaub gern Auskunft gegeben, oder andere Personen, 
die Hartlaub nahestanden und seine Eigenart kannten. Diese 
flüchtig in einem Privatbriefe benutzten Worte entsprechen nämlich 
nicht entfernt dem wohlwollenden Charakter des Schreibers und 
sind geeignet dessen Bild arg zu trüben. Das zeigt sich schon 
in der Beurteilung Otto Hermans, der ja Hartlaub nicht kannte 
und deshalb begreiflicher und verzeihlicher Weise zu falschen 
Vorstellungen gelangte. Denn „Gehässigkeit, Unversöhnlichkeit, 
balbhundertjährig nachtragender Groll, Rivalität, Streben nach 
Autorität“ — von all dem war in Hartlaub, wie in jedem echten 
und wahren Gelehrten, auch nicht eine Spur, und in ihm ver- 
körperte sich der Typus eines solchen voll und ganz. Also nichts 
von Missgunst und Subjectivität gegenüber den Bestrebungen 
anderer. Ihm kam es nur auf die Sache an; alle ernsten wissen- 
schaftlichen Bestrebungen fanden daher bei ihm neidlosen Beifall 
und, wenn möglich, Aufmunterung und Unterstützung. 

Vornehm wie in seiner Auffassung der Wissenschaft war 
Hartlaub auch als Mensch: ein durch und durch nobler Cha- 
rakter. Aber sein lebhaftes Temperament geriet leicht in Erre- 
gung und Ärger. Dann pflegte er heftig aufzubrausen und es fielen 
Ausdrücke, die häufig über das Parlamentarische hinausgingen, 
indes in Wahrheit garnicht so schlimm gemeint waren. Und 
hatte er sich in dieser Weise Luft gemacht, so verflog die Auf- 


352 0. Finsch: 


regung ebenso rasch, ohne irgendwelchen Groll zu hinterlassen. 
Auch die leidige Ungeduld bereitete ihm manchen Ärger, nament- 
lich als sich im Alter körperliche Beschwerden einstellten, die 
ihn übrigens auch in seinen letzten Lebensjahren nie zum ge- 
brechlichen Greise machten. Freilich, wer in einem so langen 
Leben bisher Krankheit kaum kannte, wie Hartlaub, der mochte 
die lästigen und schmerzlichen Podagraanfälle gewiss doppelt 
schwer empfinden; war doch der Geist noch so rege und frisch, 
fast wie in jüngeren Jahren. Dann fruchteten aber alle Tröstungen, 
mit Hirweis auf das viel schlechtere Befinden viel jüngerer Leute, 
herzlich wenig; die Ärzte mit ihrer Heilkunde mussten dann 
herhalten und auf sie entlud sich dann manch kräftiges Wort. 
Darüber wurde aber Hartlaub nicht etwa zum nörgelnden Greis 
mit den üblichen Klagen über die frühere bessere Zeit. Nein, 
davon war keine Rede bei seiner Anpassung und Erkenntnis der 
Segnungen des Fortschritts. Er ärgerte sich eben nur, dass es 
körperlich nicht mehr so gehen wollte, wie in früheren Jahren. 
Von jeher nahm Hartlaub das Leben schwerer als es vielleicht 
nötig gewesen wäre, obwohl es auch ihm recht ernste Seiten 
zeigte. Aber selbst Unannehmlichkeiten, über die sich die meisten 
leicht hinweggesetzt haben würden, konnten seine Stimmung in 
bemerkbarem Grade trüben. Überhaupt gehörte er nicht zu den 
sogenannten „zufriedenen Naturen“, obwohl in seinem tief ver- 
anlagten Gemüte Heiterkeit und Humor reichlich vertreten waren. 
Aber nur im engeren Freundeskreise liess er sich zwanglos gehen, 
trat aus sich heraus. Dann mangelte es nicht an lebhafter Unter- 
haltung, anregenden Discussionen über alle möglichen Themata 
und dann bekam man manche köstliche Episode, manche drasti- 
sche, satyrische Bemerkung zu hören. Aber auch dann vermied 
es Hartlaub, das eigene Ich in den Vordergrund zu stellen, um 
sich zum Mittelpunkt der Unterhaltung zu machen. Bei der 
eigenartigen, in Bremen besonders cultivierten Sitte der „Familien- 
tage“, die für so zahlreiche Glieder wie die der Sippe Hartlaub, 
allein schon einen grossen Teil der Geselligkeit beanspruchte, war 
dieser Freundesverkehr immer ein begrenzter. Um so wertvoller 
daher die Erinnerung an jene reizenden Abende und gemütlichen 
Mittagsmahle. 

Solche gemütliche Geselligkeit, in ungezwungenem Ver- 
kehr, liebte Hartlaub sehr; desto weniger die Öffentlichkeit in 
Versammlungen oder Vereinen. Wir sehen ihn daher nie im 


Zur Versöhnung zweier toten Meister. 353 


Gemeinwesen seiner Vaterstadt thätig. Selbst wissenschaftliche 
Ehrenämter reizten ihn wenig. Sein zurückhaltendes Wesen 
vermied es fast ängstlich, irgendwie hervortreten zu wollen und 
irgendwelcher Ehrgeiz für Auszeichnung war ihm durchaus fremd. 
So liess er sich erst 1877 bewegen in den Vorstand des 1864 
(hauptsächlich von G. C. Kindt, Dr. G. W. Focke und Professor 
Buchenau) gegründeten „Naturwissenschaftlichen Vereins zu 
Bremen“ einzutreten und (1878 bis 1887) sogar den Vorsitz zu 
übernehmen. Als „Präsident“ der Deutschen Ornithologischen 
Gesellschaft haben die Berichte über die Jahresversammlungen 
während seiner Amtsperiode (1883 bis 1890) nur einen schrift- 
lichen Antrag und gelegentliche Grüsse von ihm zu verzeichnen. 
Selbst der Versammlung in dem nahen Oldenburg blieb er fern 
und nicht aus Mangel an Zeit. Denn seine ärztliche Praxis war 
nie eine anstrengende; sonst hätte er überhaupt nicht so frucht- 
bringend wissenschaftlich thätig sein können. 

Aber Hartlaub hielt nun einmal nichts von Öffentlichen Ver- 
sammlungen mit vielen Reden, Discussionen, Vorstands- und 
Kommissionssitzungen und suchte selbst Festlichkeiten, wenn 
irgend möglich, auszuweichen. Dagegen sah ihn das Theater, 
aber nur während der Wintersaison, als ständigen Besucher, wie 
er, als grosser Freund und Kenner, musikalischen Aufführungen 
gern beiwohnte, wenn es sich um Hervorragendes handelte. Im 
übrigen genügte ihm die stille wissenschaftliche Thätigkeit daheim, 
in seinem gemütlichen Studierzimmer, inmitten einer trefflichen, 
ausgewählten Bücherei vollkommen. Und diese Thätigkeit be- 
schränkte sich ja bei weitem nicht allein auf Ornithologie! — Geo- 
graphie, Reisen, Geschichtsforschung, Litteratur und Kunst fanden 
in ihm einen mehr oder minder gründlichen Kenner, der alle 
Fortschritte mit lebhaftem Interesse verfolgte. Stets auf der Höhe, 
durfte er sich auch auf anderen Gebieten ein Urteil erlauben, 
weit über die Ornithologie hinaus. 

Und Hartlaub konnte ein sehr scharfer Kritiker sein. Dr. 
Leverkühn sagt daher mit Recht: „als solcher kennt er keine 
Rücksicht, wenn es sich um Geisselung von Unrichtigem oder 
Oberflächlichem handelte.“ 

Allen Zänkereien und Streit abhold, vermied Hartlaub 
solche auch im Verkehr, so dass ihm niemand feind war. Aber 
sein persönliches Auftreten, sein exclusives, zu vornehmer Reserve 
geneigtes Wesen, sind nicht selten als Stolz und Hochmut ge- 


354 0. Finsch: 


deutet worden. Zuweilen vielleicht nicht ganz mit Unrecht, 
denn jedenfalls zeigte er sich häufig ganz anders, als er that- 
sächlich war, nämlich im Grund seines Herzens ein äusserst 
gutmütiger wohlwollender Mensch. Dazu kam eine andere 
Eigenart seines ohnehin ungewöhnlich veranlagten Characters, 
eine Eigentümlichkeit, die beiläufig Alfred Brehm mit ihm teilte. 
Und das war, dass sich beide durch die Individualität einer 
neuen Bekanntschaft ungemein beeinflussen liessen und derselben 
ausgesprochene Sympathieen oder Antipathieen entgegenbrachten. 
Wo sich Hartlaub irgendwie sympathisch berührt fühlte, hatte er, 
ohne viel Kritik zu üben, ein unbedingtes Zutrauen. Ebenso 
sehr konnte ihn aber auch irgendjemand gleich von Anfang an 
missfallen, ein Eindruck der sich zuweilen noch in späteren 
Jahren erhielt. 

Und dies giebt zugleich eine Aufklärung zu seiner Begegnung 
mit Petenyi. Letzterer gehörte eben zu den Persönlichkeiten, 
welche Hartlaub nicht ansprachen, sei es in der äusseren Er- 
scheinung, sei es im Wesen oder den Ansichten; genug er fühlte 
sich durch irgendetwas abgestossen. Und deswegen ist ihm ge- 
wiss kein Vorwurf zu machen; jedenfalls lagen gewisse Gründe 
dazu vor. Ja, man darf annehmen, dass diese Abneigung auf 
Gegenseitigkeit beruhte, obwohl kein Urteil Petenyis über Hartlaub 
vorliegt. Die Verschiedenheit im Alter und der Lebenstellung 
lässt eine solche Erklärung indes als sehr möglich erscheinen. 
Petenyi, der ehemalige lutherische Pastor, damals 41 Jahr alt 
— Hartlaub ein lebenslustiger junger Doctor von 25 —, der 
dem geistlichen Stande, wahrscheinlich schon damals, nie besondere 
Sympathieen entgegenbrachte Da können leicht Meinungsver- 
schiedenheiten entstanden sein. Aber sicherlich nicht aus irgend- 
welchen moralischen Gründen, wie Otto Herman, wenn auch nur 
vermutungsweise zart durchblicken lässt. Ebensowenig hat eine 
ernstliche in Feindschaft ausklingende Entzweiung stattgefunden. 

Wäre dies der Fall gewesen, dann hätte ich sicher davon 
erfahren, denn Hartlaub, ohnehin eine arglose Natur, gab sich 
mir gegenüber durchaus rückhaltslos, wie er dies ja auch ruhig 
thun konnte. Und die ungarische Reise bildete, mit der nach 
der Tatra und der wagemutigen — schon mehr „tollkühnen“ — 
Erkletterung der Lomnitzer-Spitze ja ein Lieblingsthema von 
Hartlaub’s Erzählungen, der ja im allgemeinen nicht allzugrosse 
Reisen gemacht hatte. Die Erlebnisse am Platten-See sind da- 


Zur Versöhnung zweier toten Meister. 399 


her dutzendmal zwischen uns besprochen worden und dabei 
wurde häufig auch Petenyi’s gedacht. Nun, dass letzterer Hartlaub 
nicht sympathisch gewesen war, daraus machte er ja gar kein 
Hehl, dieser Eindruck war einmal unauslöschlich geblieben und 
wer wollte über Gefühlsempfindungen streiten? Auch andere 
Persönlichkeiten unter den Lebenden sagten Hartlaub nicht zu; 
aber es half nichts, sein ungünstiger oder abfälliges Urteil wieder- 
legen zu wollen, das mitunter nur aus sehr oberflächlicher 
Begegnung herrührte. Hartlaub „mochte“ den Betreffenden nun 
einmal nicht; das genügte ihm und am Ende auch mir. Wenn 
ich aber aus diesen vertraulichen Plaudereien oder gar aus 
unserem Briefwechsel auszugsweise derartige Urteile Hartlaubs 
bringen wollte, wie Dr. Leverkühn, da würde sich manchmal ein 
härteres Wort als „übler Mensch“ ergeben. Aber das muss ich 
hervorheben, zu ehrenkränkenden Worten liess sich Hartlaub nie 
hinreissen, auch nicht in unseren Gesprächen über Petenyi! 

Wenn ein solches — denn in der Hauptsache kommt 
eigentlich nur ein Wort in Betracht — dennoch der Feder ent- 
'schlüpfte, so vergesse man nicht, dass der Schreiber bereits 77 
resp. 86 Jahre alt: war, und, wie ich hinzufügen möchte, jeden- 
falls durch schmerzliche Leiden beeinflusst, sich unter dem 
bösen Stern trüber Stimmung gehen liess. Und in dieser musste 
zufälligerweise eine ihm unsympathische Persönlichkeit herhalten, 
deren Erinnerung momentan in den schwärzesten Farben auf- 
tauchte. Aber, das brauche ich wohl nicht besonders zu ver- 
sichern, in der bittersten Gemütsverfassung würde sich Hartlaub 
nie in dieser Weise geäussert haben, hätte er nur entfernt 
geahnt, — dass diese Worte jemals von der Handschrift 
in die Öffentlichkeit gelangen würden. 

Wie die Druckerschwärze gern ihre Lettern nach allem 
ausstreckt, was einmal Bedeutung besessen hat, so ist es auch 
in diesem Falle geschehen. Da steht es Schwarz auf Weiss — 
„perfid‘“ —, ein hässliches Wort, das zum Verständnis für Un- 
eingeweihte leider hier wiederholt werden muss. Es soll ver- 
schwinden, wenn möglich, verschwinden für immer. Und wenn 
ich es im Namen des Dahingeschiedenen für ungeschrieben er- 
kläre, so handle ich damit -—— dess bin ich gewiss — in seinem 
Geiste. Das Recht dazu giebt mir eine 37 Jahre lange Freund- 
schaft, in deren intimem persönlichen Verkehr ich Hartlaub 
besser kennen lernte, als vielleicht sonst irgend ein anderer, 


356 0. Finsch: Zur Versöhnung zweier toten Meister. 


ausserhalb seinen Angehörigen. Auf Grund dieser nahen Be- 
ziehungen wird es für mich zur Ehrenpflicht auszusprechen, 
dass es Hartlaub’s noblem Charakter durchaus fern lag, irgend 
einem Lebenden, geschweige dem Andenken einer Abgeschiedenen, 
in ehrenverletzender Weise zu begegnen. 

Wie Hartlaub im Leben keinen Feind hatte, keines Menschen 
Feind war, so soll er auch im Gedächtnis der Nachwelt unan- 
gefeindet fortleben. Möge der Zweck dieser Zeilen — die Ver- 
söhnung zweier Toten — erfüllt werden, damit auch nicht 
ein Schatten der Trübung auf den freundlichen Bildern zurück- 
bleibe, die so vielen teuer sind. Und so werden gewiss gern 
alle übereinstimmen in dem Wunsch: 

„Den Friedlichen gewährt man gern den Frieden!“ 

(Leiden im März 1902). 


Schutzfärbungen und Nutztrachten. 


Vortrag von Friedrich von Lucanus, Oberleutnant 
im 2. Garde-Ulanen-Rgt., gehalten in der 
Märzsitzung der deutschen ornithologischen Gesellschaft. 


Es ist nicht meine Absicht, das Kapitel der Mimikry über 
das zur Genüge geschrieben ist, wieder zu behandeln, auch nicht, 
ob die Lehre von der Schutzfärbung wirklich auf so festem Fusse 
steht, wie es im Lichte des Darwinismus der Fall zu sein scheint. 
Solange uns noch keine andere Theorie eines besseren belehrt, 
müssen wir vorläufig noch daran festhalten, dass die Natur in 
den mannigfachen Nutztrachten den Geschöpfen ein vorzügliches 
Mittel zur Erhaltung ihrer Art gegeben hat. Der Zweck meiner 
Zeilen ist der, einmal auf eine neue Erscheinung in Bezug auf 
die Färbung der Tiere hinzuweisen. Es giebt bekanntlich viele 
Tiere, bei denen die Lehre von der Schutzfärbung keineswegs 
zutrifft und die trotz zahlreicher Feinde im Kampf ums Dasein 
nicht untergegangen sind. Hierzu gehören vor allem die bunt- 
gefärbten Tiere. Eine mir äusserst interessante Beobachtung in 
Bezug hierauf habe ich an einem kleinen Buntspecht gemacht, 
den ich im vergangenen Jahre in der Gefangenschaft gehalten 
habe. Unter den vielen interessanten Eigenschaften, welche dieser 
Vogel bekundete, fiel mir besonders die auf, wie schwer es war, 
diesen buntgefärbten Vogel ohne Weiteres auf den ersten Blick 
in seinem Käfig aufzufinden. 


Friedrich von Lucanus: Schutzfärbungen und Nutztrachten. 357 


Der Vogel bewohnte einen mässig grossen Käfig, den ich 
mit Aststücken aus Kiefernholz und Korkrinde ausgestattet hatte. 
Der Specht hatte die Gewohnheit, sich völlig regungslos zu ver- 
halten, sobald er sich in Gefahr glaubte, welches Gebaren ich 
auch bei Spechten in der Freiheit beobachtet habe. Anfangs, 
solange der Vogel noch nicht an den Anblick des Menschen 
gewöhnt war, that er dies stets, sobald man an seinen Käfig heran- 
trat. Man sollte doch glauben, dass ein so bunt gefärbter Vogel 
wie der Kleinspecht, auch wenn er sich ruhig verhält, doch sofort 
ins Auge fallen müsste, zumal ja in diesem Fall die schwarz- 
weissrote Färbung des Vogels vollkommen verschieden war von 
der hellgrauen Farbe der Korkrinde und der hellen bräunlich- 
roten Farbe des Kiefernholzes. Dies war aber trotzdem nicht 
der Fall. Oftmals trat ich an den Käfig heran und vermochte 
erst nach genauerem Hinsehen den Vogel zu erblicken, obgleich 
er doch unmittelbar vor mir an einem Aststück sass. Was wir 
sonst in der Natur Schutzfärbung nennen, also eine Überein- 
stimmung der Farbe des Tieres mit der seiner Umgebung, konnte 
nicht der Grund dieser Erscheinung sein; denn wie bereits her- 
vorgehoben, hob sich die Färbung des Buntspechtes scharf von 
dem Farbenton seiner Behausung ab. 

Aber auch in der Natur sind die Buntspechte in Bezug auf 
ihre Färbung ihrem Aufenthaltsort eigentlich garnicht angepasst. 
Ihr Kleid ist von dem grünen Blätterschmuck der Bäume und 
der graubraunen Färbung der Baumstämme völlig verschieden. 
Man hat bisher vielfach die bunte Färbung des Spechtes mit den 
mannigfachen Lichterscheinungen im Walde in Verbindung bringen 
wollen, aber den Begriff der Anpassung und Schutzfärbung hierauf 
ausdehnen zu wollen, erscheint mir doch etwas zu gesucht. Eine 
solche Erklärung schmeckt zu sehr nach reiner Theorie! Die 
Lichterscheinungen im Walde sind ganz anderer Art und haben 
mit den Farben der Buntspechte nichts gemeinsam. Würden die 
Spechte eine Schutzfärbung tragen, welche dieselben durch An- 
passung an ihre Umgebung der Verfolgung ihrer Feinde entzieht, 
so würden sie praktischer in das unscheinbare Gewand des Baum- 
kauzes oder des Ziegenmelkers gekleidet sein. 

Angeregt durch meine Beobachtungen an dem gefangenen 
Kleinspecht, habe ich in der Natur stets mein Augenmerk auf 
die Spechte gerichtet. Ich habe auch hier gefunden, die Bunt- 
spechte sind ganz unabhängig von der Farbe ihrer Umgebung 


358 Friedrich von Lucanus: 


und der augenblicklichen Beleuchtung stets verhältnismässig 
schwer zu erkennen, selbst wenn der Vogel garnicht sehr weit 
und völlig frei vor den Augen des Beschauers sitzt und noch 
kurz zuvor durch seine Locktöne seine Anwesenheit verraten hat. 
Häufig sieht man den Vogel erst dann, wenn er sich bewegt oder 
abfliegt. Der Grund dieser Erscheinung ist meiner Ansicht nach 
folgender: 

In Bezug auf die Färbung sind einfarbig gezeichnete Tiere 
am leichtesten zu erkennen, vorausgesetzt, dass ihre Farbe sich 
von ihrer Umgebung abhebt. Eine Krähe oder ein Reh auf einer 
frischen grünen Saat erblickt man aus der weitesten Entfernung. 
Der Grund liegt eben darin, dass die einheitliche Farbe die ganze 
Gestalt des Tieres deutlich und klar kennzeichnet. Bei den Bunt- 
spechten ist nun aber gerade das Gegenteil der Fall. Hier sind 
die verschiedenen Farben so verteilt, dass sie den Körper nicht 
mehr als einheitliches Ganzes erscheinen lassen. Die durch- 
einandergewürfelte schwarzweissrote Färbung zerteilt die Gestalt 
des Körpers in einzelne, unregelmässige Stücke. So kommt es, 
dass wir schon aus verhältnismässig kurzer Entfernung den in den 
grellsten Farben gezeichneten Buntspecht nicht ohne weiteres 
erkennen. Wir sehen nur einzelne bunte Flecke, aus denen sich 
dann erst das Auge den Vogelkörper als solchen selbst konstru- 
ieren muss. Wir haben es hier also auch mit einer Nutztracht zu 
thun, deren Wesen aber völlig verschieden ist von der Schutz- 
färbung der dürrlaubfarbigen Waldschnepfe, des erdfarbenen Reb- 
huhns oder des grünen Laubfrosches. Das Prinzip dieses Schutz- 
mittels ist, ein Geschöpf durch absonderliche Farbenverteilung 
in Bezug auf seine Gestalt und Körperform dadurch unkenntlich 
zu machen, dass die Konturen zerstört werden, der Körper also 
in einzelne, unregelmässige Stücke zerlegt wird. Die Einheitlich- 
keit des Körpers wird also gewissermassen aufgelöst. Je schärfer 
die Farben von einander abgesetzt sind, je widersinniger sie die 
einzelnen Körperteile durchschneiden, um so deutlicher tritt diese 
Erscheinung zu Tage. Ich glaube diese Erscheinung wohl am 
passendsten mit dem Worte „Körperauflösung‘ zu bezeichnen, wo- 
für ich als wissenschaftlichen Ausdruck „Somalyse‘‘ wählen möchte. 

Ein treffendes Beispiel für Somalyse ist ferner der Wiedehopf; 
die schwarzweisse Querstreifung des Oberrückens und der Flügel 
schneidet diese Körperteile von dem lehmfarbigen Vorderkörper 
vollkommen ab und macht zugleich Rücken und Flügel selbst als 


Schutzfärbungen und Nutztrachten. 359 


solche unkenntlich. Ähnlich ist es der Fall bei der gescheckten 
Elster. Der breite weisse Nackenstreifen des männlichen Hals- 
 bandfliegenfängers sondert den Kopf scharf vom Rumpfe, der 
seinerseits wiederum durch die weissen Flügelschilder zerteilt 
wird, sodass aus einiger Entfernung der Eindruck des geschlos- 
senen Ganzen vollkommen verloren geht, Auch beim Hochzeits- 
kleide vieler Enten tritt die Erscheinung der Körperauflösung zu 
Tage. Als Beispiel möchte ich nur unsere Stockente anführen. 
Hiervon habe ich mich im Berliner Tiergarten, dessen Gewässer 
zahlreiche Wildenten bevölkern, oft überzeugen können. Aus 
weiterer Entfernung erkennt man die braunen Enten, wenn sie 
auf den grünbewachsenen Ufern Ruhe halten, sehr leicht, während 
man die zwischen ihnen sitzenden bunten Erpel viel schwerer 
erblickt; diese sieht man meist erst dann, wenn man näher 
herantritt. Bei den Wildenten verfügen also die verschiedenen 
Geschlechter über verschiedene Schutzmittel.e. Beim Weibchen 
haben wir Mimikry, beim Männchen Somalyse. Für das Weibchen 
muss die Anpassung an den Erdboden auch am vorteilhaftesten 
erscheinen, weil es während des Brutgeschäfts, also während des 
wichtigsten Teils seines Lebens, so am besten geschützt ist. Aber 
nicht nur bei den Vögeln finden wir die Erscheinung der Soma- 
lyse, sondern auch andere Tiere sind mit diesem Schutzmittel 
ausgerüstet. Unter den Säugetieren möchte ich zunächst das 
Zebra hervorheben. Wie mir Reisende versichert haben, sind die 
Zebras in der Ruhe schon auf verhältnismässig nahe Entfernung 
sehr schwer zu erkennen. Die Streifenzeichnung löst eben den 
Körper als geschlossenes Ganzes vollständig auf. Ferner möchte 
ich an die buntgestreiften und gefleckten Raubtiere erinnern, wie 
Tiger und’Leopard. Dass diese Tiere im Zustande der Ruhe so 
schwer zu erkennen sind, liegt meiner Ansicht nach ebenfalls in 
der durch die Zeichnung hervorgerufenen Erscheinung der Somalyse. 
Hierher gehört ferner auch das gefleckte Jugendkleid der Hirsch- 
arten. Rehkälber suchen in den ersten Tagen nach ihrer Geburt, 
solange sie sich noch nicht auf die Schnelligkeit ihrer Läufe 
verlassen können, bei drohender Gefahr sich dadurch zu schützen, 
dass sie sich auf den Erdboden niederducken. Die Art und Weise, 
wie das Tierchen dies ausführt, wie es Hals und Kopf dem 
Erdboden anzuschmiegen sucht, zeigt, dass das Tier das Bestreben 
hat, seine Erscheinung als solche, also seine Körperform möglichst 
unkenntlich zu machen. Durch dies Gebaren wird natürlich 


360 Friedrich von Lueanus: 


die an und für sich durch die Färbung vorhandene Erscheinung 
der Körperauflösung noch vervollständigt. Das Niederducken 
des Wildkalbes geschieht nicht etwa, um in Anpassung an den 
Farbenton der Umgebung, wie beispielsweise auf düsterem Wald- 
boden, sich unsichtbar zu machen, sondern lediglich, um die 
Körperform zu verbergen. Das Tier verfährt ja auch dann so, 
wenn von einer Farbenanpassung nicht die Rede sein kann. 
Wenn der dem Ackerboden so trefflich angepasste Hase sich auf 
grüner Saat niederduckt, so thut er dies nicht etwa in falscher 
Anwendung seiner Schutzfärbung, sondern er thut dies, um hier- 
durch seine Körperform den Blicken seines Feindes zu entziehen; 
er wird dann vielleicht für einen Erdhaufen oder einen Stein 
gehalten. Den bekannten Schutzstellungen vieler Tiere, z. B. 
der grossen Rohrdommel, liegt zweifellos die Absicht zu Grunde, 
die Körperform, also bei der Rohrdommel die Erscheinung des 
Vogelkörpers, unkenntlich zu machen. Es scheint also immer 
darauf hinauszukommen, dass Tiere, die sich durch ein regungs- 
loses Verhalten zu schützen suchen, dabei den Zweck verfolgen, 
die Erscheinung ihres Körpers nicht hervortreten zu lassen. 
Hierin liegt aber auch schon ein gewisser Hinweis auf das Schutz- 
mittel, welches ich Somalyse nenne, bei der es sich ja ebenfalls 
um ein Nichthervortretenlassen der Körperform handelt, nur in 
anderer Weise. Die Erscheinung der Somalyse kann mitunter 
geradezu zu der umgekehrten Konsequenz führen. Wer Jäger 
ist, weiss nämlich, dass man häufig beim Erblicken eines hellen 
oder dunklen Fleckes schon gleich den Körper eines Tieres, z. B. 
eines Rehes zu sehen glaubt. Das Auge konstruiert in diesem 
Falle dann gleich die noch fehlenden Teile des Körpers hinzu. 
Man nennt dies im gewöhnlichen Leben Phantasie. Diese be- 
spöttelte Phantasie des Jägers beruht aber auf einer sehr soliden 
Grundlage: sie geht eben aus der in der Natur so häufig auf- 
tretenden Erscheinung der „Körperauflösung“ hervor, an welche 
das scharfe Auge des Weidmanns durch den Verkehr in der 
Natur sich schon gewöhnt hat. 

Steigen wir im Reiche der Tiere von den Säugetieren und 
Vögeln zu den Kriechtieren hinab, so begegnet uns auch hier 
wieder die Erscheinung der Körperauflösung. Wer im Gebirge 
gewandert ist, weiss, wie leicht man die kleinen Waldeidechsen 
übersieht, solange sie stillsitzen. Diese bunten Tierchen sonnen 
sich gern auf den lehmigen Gebirgspfaden und den Bergabhängen, 


Schutzfärbungen und Nutztrachten. 86i 


Man sieht sie aber erst dann, wenn sie unmittelbar vor unseren 
Füssen forthuschen. Ihre Farbe ist dem rötlichgelben Lehmboden 
garnicht angepasst, aber die Streifen und Flecken ihres Kleides 
verwischen ihre Gestalt so, dass man sie in der Ruhe nur schwer 
erkennt. Auch in der Insektenwelt könnte man noch zahlreiche 
Beispiele anführen, doch es würde zu weit führen, wollte ich den 
Gedanken noch weiter ausspinnen. 

Die mannigfachen Wege der Natur, die Grundsätze der 
Entwicklung, die Gründe für die Entstehung und Erhaltung der 
Arten sind noch lange nicht voll und ganz erkannt. Der Zweck 
meiner Zeilen sollte der sein, einmal auf eine neue Erscheinung 
in der Schöpfungswerkstatt hinzuweisen, welche, soweit mir bekannt, 
bisher noch nicht beachtet worden ist. 


Die Brüllaffen unter den Vögeln. 
Von W. A. Schulz. 


Von den mancherlei wilden oder melancholischen Tierlauten, 
die der Reisende am Amazonenflusse beim Betreten des Innern der 
Wälder vernimmt, wird ihm gewiss keiner länger im Gedächtnis 
haften als der Ruf des „cui-cujo.“ Es ist dies im wesentlichen 
ein zuerst allmählich, dann schneller ansteigender und schliesslich 
jäh abbrechender Pfiff von so schriller, markdurchdringender 
Wirkung, dass, wer an ihn nicht gewöhnt ist, unwillkürlich stutzig 
wird. Da er ferner nicht einzeln, sondern zumeist von mehreren 
Seiten ertönt, so klingt er geradezu wie eine dringende Mahnung, 
nicht weiter in die Tiefe des Waldes einzudringen. 

Lange glückte es mir nicht, das Geheimnis des „cui-cujö“ 
zu ergründen. Fragt man die Einwohner der Gegend nach dem 
Urheber der unheimlichen Stimme, so erhält man die Beschrei- 
bung eines Vogels von nicht ganz Taubengrösse und durchgehends 
unscheinbar grauer Färbung. So oft man sich aber anschickt, 
diesen im Dickicht zu verfolgen, stellt er sein Geschrei rasch ein 
und entfernt sich unbemerkt, durch die Farbe seines Kleides 
geschützt, im dichten Laub, um bald danach in einiger Entfernung 
von neuem seine Stimme hören zu lassen. Indes kamen mir vor 
meiner Abreise von Parä von zweifellos glaubwürdiger Seite 
einige Exemplare des cui-cujö zu Händen, die sich als Männchen 
der noch wenig bekannten Vogelart Lathria cinerea (Vieill.) aus- 
wiesen. War es mir so vergönnt, ein Problem gelöst zu sehen, 

Journ, f. Orn, L. Jahrg. Juli 1902, 24 


362 "W. A. Schulz: 


welches lange meine Gedanken eingenommen hatte, so musste 
ich erstaunen, an den betreffenden Stücken bei der Präparation 
zwischen Speise- und Luftröhre einen weiten Sack zu 
finden, der offenbar bei der Erzeugung der lauten Stimme mit- 
wirkt. Wie nahe lag es da, an das ähnliche Beispiel der Brüll- 
affen in der Säugetierklasse zu denken! 

Der Urwald (mata virgem) der „terra firme“ Amazoniens 
hat, wie ich immer gefunden habe, gewissermassen drei Stock- 
werke, nämlich das aus Sträuchen und niederen Bäumchen von 
nicht viel über Mannshöhe bestehende Unterholz, auf welches eine 
mittlere Lage von entweder heranwachsenden oder vielleicht zum 
Teil auch besonderen Arten angehörigen dünneren Bäumen bis 
etwa Armstärke und schliesslich die turmhohen Baumriesen von 
mächtigem Stammumfange folgen, die kein Forscher immer auf’s 
neue zu bewundern müde wird. Während nun die meisten kleineren 
und mittelgrossen Urwaldvögel aus den Familien der Thamno- 
philiden, Formicariiden, Galbuliden u. a. sowohl das Unterholz 
als auch die beregte mittlere Baumschicht bewohnen, ist Lathria 
cinerea auf letztere beschränkt, findet sich aber auch in der 
Waidart des „igap6“ d.h. des regelmässigen Überschwemmungen 
ausgesetzten Landes an den Ufern der Flüsse und „paranä-mirimus“ 
(natürlichen Seitenkanäle). 

Über die Biologie der hier behandelten Lipaugide ist bisher 
jedenfalls sehr wenig bekannt geworden. Einige Bemerkungen 
darüber macht E. A. Goeldi im „Ibis,“ 1897 Seite 155. Danach 
scheint es aber so, als ob die Art ausschliesslich im igapö-Walde 
vorkommt, was nach dem vorstehend Ausgeführten nicht zutrifft. 
Dahingegen ist die nächstverwandte Form von Süd-Brasilien, 
Lathria plumbea (Licht.), dort „tropeiro‘“ genannt, namentlich 
von den älteren Autoren vielfach besprochen worden. Beide Formen 
sind als gewaltige Schreier bekannt, aber bei keiner von ihnen 
habe ich in der Literatur auch nur den leisesten Hinweis auf die 
obenerwähnte anatomische Eigentümlichkeit gefunden, auf welche 
näher einzugehen mir mangels Spritexemplare jetzt nicht mög- 
lich ist. 

Lathria einerea und plumbea sind einander so ähnlich, dass 
selbst Sclater, der grösste Kenner der neotropischen Vögel, im 
Catal. Birds Brit. Museum, vol. XIV (1888), p. 351 Zweifel über 
die Artverschiedenheit beider Formen hegt. Da sie auch nach 
allem, was bislang bekannt geworden ist, in ihrer Lebensweise 


Die Brüllaffen unter den Vögeln. 363 


übereinstimmen, so geht man wohl kaum in der Annahme fehl, 
dass sie zu einander lediglich in subspezifischem Verhältnisse 
stehen, so zwar, dass Lathria cinerea cinerea die Waldgebiete 
am Amazonenstrom und in Guiana, westlich bis Nord-Peru und 
Ecuador, L. cinerea plumbea hingegen die südlich davon gelegenen 
Gegenden, vielleicht südwärts vom Rio Parahyba, also ganz Süd- 
und Mittelbrasilien bis zum La Plata, westlich bis Bolivien hin 
bewohnt. Zur vollständigen Klärung dieser Frage bedarf es jedoch 
einer weit grösseren Zahl von Exemplaren aus den verschiedenen 
Gebieten, als sie gegenwärtig die Museen aufweisen. 


Deutsche Ornithologische Gesellschaft. 


Bericht über die April-Sitzung. 

Verhandelt Berlin, Montag, den 7. April 1902. Abends 
8 Uhr im Bibliothekzimmer des Architekten -Vereinshauses, 
Wilhelmstr. 92. 

Anwesend die Herren: Reichenow, Deditius, Ehmcke, 
Freese, von Treskow, Thiele, Grunack, Heck, Matschie, 
Heinroth, Schalow, Jacobi, Haase. 

Von auswärtigen Mitgliedern: Herr Henrici (Marienwerder). 

Vorsitzender: Herr Schalow. Schriftführer: Herr Matschie. 

Herr Reichenow legte vor und besprach einige neu er- 
schienene Schriften. 

Herr Heinroth besprach eine Arbeit von Debreux über 
die Einführung von 7Tinamus in Europa. Der Verfasser will 
diesen Vogel nur als Parkvogel gelten lassen und zieht aus den 
Eigenschaften der Tinamus den Schluss, dass sie in freier 
Wildbahn mit Erfolg nicht eingebürgert werden können. 

Herr Reichenow machte hierauf die Anwesenden mit 
dem wesentlichen Inhalt zweier wichtiger Schriften über den 
Artbegriff bekannt. Dr. L. Heck hat in der Naturwissen- 
schaftlichen Wochenschrift einen Aufsatz veröffentlicht: „Zum 
heutigen Stand des Speciesbegriffes.“ Eine umfangreiche Be- 
sprechung der den Artbegriff berührenden Fragen bringt die 
Arbeit von Professor Dr. Döderlein: „Über die Beziehungen 
nahe verwandter Tierformen zu einander.“ Im Anschluss an 
diesen Bericht geht Herr Reichenow auf die gegenwärtige 
verschiedene Auffassung des Begriffes der Subspecies und deren 

24* 


364 Bericht über die April-Sitzung. 


Benennung näher ein. Wie der Vortragende bereits in einem 
Aufsatze in den Orn. Mntsb. 1901 S. 145 ausgeführt hat, stehen 
gegenwärtig zwei Anschauungen einander gegenüber. Die einen 
(ältere Richtung) sehen in der Subspecies nur eine minder- 
wertige Art und benennen sie deshalb ternär, betrachten sie im 
übrigen aber als einen der Species völlig gleichen systematischen 
Begriff. Die anderen (neue Richtung) nehmen die Subspecies 
als einen der Species untergeordneten Begriff. Sie teilen die 
Species in Subspecies auf. Die Species ist für diese neue 
Richtung je nach Umständen bald die kleinste Einheit im System, 
nämlich wenn keine Subspecies vorhanden sind, bald aber wird 
sie zum hypothetischen Gruppenbegriff gestempelt, nämlich wenn 
sie in Subspecies, die dann die kleinsten systematischen Einheiten 
bilden, zerlegt werden kann. Der Vortragende hält es für not- 
wendig, dass beide Richtungen sich äusserlich erkennbar von 
einander scheiden, indem sie die Subspecies ihrer verschiedenen 
Anschauung entsprechend auch verschieden benennen. Man über- 
lasse die Bezeichnungen „Unterart“ und „Subspecies“ der neuen 
Richtung, die in der Subspecies etwas der Species Untergeordnetes 
sieht. Diejenigen aber, die an der älteren Auffassung festhalten, 
Species und Subspecies als gleichartige systematische Begriffe, 
beide als kleinste Einheiten des Systems, nicht als einander 
untergeordnet, sondern nebengeordnet, und die Subspecies nur 
als eine nicht vollwertige Art auffassen, mögen an Stelle von 
Unterart die Bezeichnung „Nebenart‘“ anwenden und an Stelle 
von Subspecies „Conspecies“, welche letztere Bezeichnung 
von Herrn Dr. Jacobi dafür vorgeschlagen wird und bereits 
von Brehm u. a. angewendet worden ist. Der Vortragende hat 
in neuerer Zeit bereits für Unterart die Bezeichnung Abart ge- 
braucht, hält die Benennung „Nebenart‘“ aber für zweckmässiger, 
weil „Abart‘‘ Verwechselung mit Ausartung und zufälliger Ab- 
änderung (die man zweckmässig mit dem allgebräuchlichen Worte 
„Spielart‘“ bezeichnet) zulässt. Herr Reichenow richtet den 
Aufruf an alle Systematiker der alten Richtung, sich seinem 
Vorschlage anzuschliessen. 

An der Besprechung dieses Vorschlages beteiligten sich die 
Herren Ehmcke, Matschie, Schalow, Heck, Jacobi und Reichenow. 

Herr Ehmcke hob die Wichtigkeit der Bezeichnung von 
geographischen Formen hervor und hielt es auch für notwendig, 
die Standortsvarietäten mit besonderen Namen zu benennen, 


Bericht über die April-Sitzung. 369 


Herr Matschie schloss sich den Ansichten des Herrn 
Reichenow an, betonte, dass auch in der Säugetierkunde eine 
Bezeichnung durch drei Namen nur für solche Formen notwendig 
sei, welche durch eine kurze Diagnose nicht kenntlich gemacht 
werden könnten, und empfahl ebenfalls, den irreführenden Namen 
Subspecies aufzugeben. 

Von ausserordentlicher Wichtigkeit für die weitere Ent- 
wickelung der Systematik sei die Notwendigkeit, scharf zu unter- 
scheiden zwischen geographischen- und Standorts-Formen. Inner- 
halb eines Tiergebietes könne ein Tier nur in einer einzigen 
geographischen, aber in mehreren Standorts-Formen auftreten. 
Letztere dürfen, sobald sie als solche erkannt sind, nicht als 
Arten aufgefasst und benannt werden; ihre Merkmale seien nur 
solange constant, wie die Lebensbedingungen sich nicht ver- 
änderten. Geographische Formen seien die niedrigsten SyS- 
tematischen Einheiten ausser den Individuen. 

Herr Jacobi empfahl das Wort: Conspecies, wie es 
Brehm angewendet hatte, zur Bezeichnung der Nebenart. 

Die Anwesenden erklären sich einstimmig mit den Vor- 
schlägen des Herrn Reichenow einverstanden. 

Herr Heck spricht seine Freude darüber aus, dass diese 
Erörterung so fruchtbar und klärend gewirkt hat, und glaubt, 
dass das geographische Moment mehr, als es bisher geschehen 
ist, in der Systematik verwertet werden müsse. Die kleinste 
Einheit in der Systematik sei die Art, welche von jeder anderen 
Art derselben Gruppe geographisch getrennt sei. 

Herr Reichenow legte nunmehr einige neue Arten aus 
Deutsch - Südwestafrika vor: Lanius lübberti, Ploceus lübberti, 
Parus afer damarensis, Parisoma subcaeruleum cinerascens, 
Passer arcuatus damarensis und Saxicola familiarıs lübbertı (S. 
O.'M. 1902 S. 76) und ferner einige von Herrn Härms in Tur- 
kestan gesammelte Arten, worunter ein durch blassere Färbung 
auftallender Passer hispaniolensis, den der Vortragende für eine 
neue Nebenart hält (inzwischen beschrieben als P. h. transcas- 
picus Tsch., s. OÖ. M. 1902 S. 96). 

Herr Schalow sprach über die Berechtigung zur Annahme 
eines polaren Gebietes. Die Besprechung über diese wichtige 
Frage wurde auf eine am zweiten Sonntag des Mai im Zoologischen 
Garten abzuhaltende Versammlung verschoben.?) Matschie., 


i) Diese Versammlung hat am 11. Mai stattgefunden. 


366 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


The Annals of Scottish Natural History. A Quarterly Magazine. 
Edinburgh. No. 42. 1902. 


The Auk. A Quarterly Journal of Ornithology. Vol. XVII. 
No. 2. 1902. | 


Bulletin de la Societ& Philomathique de Paris. 19. ser. Tome IV. 
No. I. 1901—1902. Paris 1902. 


Bulletin ofthe British Ornithologists’Club. No.LXXXVI—LXXXIX. 


Die Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. 
Karl Neunzig. Magdeburg (Creutz’sche Verlagshandlung). 
Jahrg. XXXL Hft. 1—19. 


The In A Quarterly Journal of Ornithology. (8) II. 1902. 
Heft 2. 


Ornithologisches Jahrbuch. Organ für das palaearktische Faunen- 
gebiet. Herausgegeben von Victor Ritter von Tschusi zu 
Schmidhoffen. XII. Jahrg. 1902. Heft 3—4. 


Ornithologische Monatsschrift des deutschen Vereins zum Schutze 
der Vogelwelt.e XXVII. No. 5—6. 1902. 


Report of the Council of the Zoological Society of London for 
the year 1901. London 1902. 


H. v. Berlepsch, Acelimatisationsversuche von Leiothrix lutea 
(Scop.). (Abdruck aus: Orn. Monatsschrift D. Ver. z. Schutze 
d. Vogelw. XXVIL 1902 No. 5/6). 


. Brusina, Sulle alche e in ispecie sull’ „Alca torda“ della 
Dalmazia e della Croazia e sulle pretese invasioni del „Pha- 
lacrocorax‘“. (Abdruck aus: Bollettino della soc. zool. italiana 
X. 1901 S. 213—225). 


G. v. Burg, Ornithologische Beobachtungen aus dem Jahre 1900. 
Aarau 1902. 


A. Dubois, Synopsis Avium. Nouveau Manuel d’Ornithologie. 
Fasc. IX. u. X. (Bruxelles 1902). 


. Friedländer u. Sohn, Bericht über die Verlagsthätigkeit. 
No. XLVI. Juli bis Dezember 1901. 


. Friedländer u. Sohn, Naturae Novitates. Bibliographie 
neuer Erscheinungen aller Länder auf dem Gebiete der 
Naturgeschichte und derexacten Wissenschaften. No. 1—8 1902. 


[0 p} 


EI 


Ed 


je) 


. Held, Einige Bemerkungen und Zusätze zu der ornithologischen 
Abhandlung: ‚Die Vögel der Grossherzogtümer Mecklenburg 
mit kurzen Beschreibungen von C. Wüstnei und G. Clodius“. 
(Abdruck aus: Archiv Ver. Fr. Naturg. Mecklenburg. 56. 
Jahrg. 1902). 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 367 


C. E. Hellmayr, Die Formen von Passer petronius. (Abdruck 
aus: Ornith. Jahrb. XIII. 1902 Heft 3, 4). 


C. E. Hellmayr, Noch einige Worte über Thryophilus. (Abdruck 
aus: Verh. zool. bot. Ges. Wien 1902). 


K. Knezourek, Weitere ornithologische Notizen aus der Um- 
sebung von Starkoc bei Caslau. (Abdruck aus: Ornith. 
Jahrb. XII. 1902 Heft 3, 4). 


F. J. Jackson, List of Birds obtained in British East Africa. 
Part II. With Notes by R. B. Sharpe. (Abdruck aus: The 
Ibis, Januar 1901). 


H. v. Loudon u. V. v. Tschusi zu Schmidhoffen, Coracias 
garrulus semenowi Loud. Tsch. n. subsp. (Abdruck aus: 
Orn. Jahrb. XII. 1902 3. 4. Heft). 


J. v. Madaräsz, Magyarorszäg Madarai. A Hazai Madärviläg 
Megismeresenek Vezerfonala. X. Füzet. Budapest 1902. 


J. v. Madaräsz, Beiträge zur Ornis der Salomon-Inseln, mit der 
Beschreibung von drei neuen Arten. (Abdruck aus: Terme6sz. 
Füzetek XXV. 1902 S. 350—351). 


H. C. Oberholser, Catalogue of a Collection of Hummingbirds 
from Ecuador and Colombia. (Abdruck aus: Pr. U. St. N. 
M. XXIV. S. 309-342, 1902). 


T. S. Palmer, Legislation for the Protection of Birds. Other 
than Game Birds. Washington 1902. 


G. Radde, Bericht über das Kaukasische Museum und die Öffent- 
liche Bibliothek in Tiflis für das Jahr 1901. 


Ch. W. Richmond, Ixoreus should replace Hesperocichla. (Abdruck 
aus: Pr. Biol. Soc. Washington XV. 1901 S. 85). 


Ch. W. Richmond, Two preoccupied avian genera. (Abdruck 
aus: Pr. Biol. Soc. Washington XV. 1902 S. 85). 


Ch. W. Richmond, The proper name for the Arctic Horned 
Owl. (Abdruck aus: Pr. Biol. Soc. Washington XV. 1902 
S. 86). 


Ch. W. Richmond, An early name for the northern form of 
Sphyrapicus ruber. (Abdruck aus: Pr. Biol. Soc. Washington 
XV. 1902 S. 89). 


Ch. W. Richmond, List of generic terms proposed for birds 
during the years 1890 to 1900, inclusive, to which are added 
names omitted by Waterhouse in his „Index generum avium“. 
(Abdruck aus: Pr. U. St. N. M. XXIV. 8. 663—729, 1902). 


R. B. Sharpe, On the collection of birds made by Dr. A. Do- 
naldson Smith on his last expedition to Lake Rudolf and the 
Nile. (Abdruck aus: Pr. Zool. Soc. London Dec. 3 1901). 


368 Dem Herausgeber zugesändte Schriften. 


R. B. Sharpe, On a Collection of. Birds made by Sir Harry 
Johnston in Equatorial Africa. (Abdruck aus: The Ibis 
Jan. 1902). 


R. B. Sharpe, On a small Collection of Birds from Efulen in 
Cameroon. (Abdruck aus: The Ibis Jan. 1902). 


R. B. Sharpe, On a collection of birds made in Mongolia by 
Dr. Donaldson Smith. (Abdruck aus: Ornis Tome XI 1901). 


R. B. Sharpe, Sur une petite collection faite par le p&re Hugh 
dans la province du Shen-si et d’autres parties de la Chine 
septentrionale. (Abdruck aus: Ornis XI. 1901). 


W. Schlüter, Preisverzeichnis verkäuflicher Vogelbälge der euro- 
päisch-sibirischen Fauna mit Einschluss der Mittelmeerformen. 
No. 217. 1901/2. Halle a. S. 


W. Schlüter, Preisverzeichnis verkäuflicher Vogeleier der euro- 
päisch-sibirischen Fauna, mit Einschluss der Mittelmeerformen. 
No. 210 1900. (Halle a. S.) 


W. Schlüter, Preisverzeichnis über Instrumente, Materialien, 
Gerätschaften und Chemikalien zum Fang und zur Präparation 
naturwissenschaftlicher Objecte.e No. 216. Halle a. S., 
Wuchererstr. 9. 


W. Schlüter, Preisverzeichnis künstlicher Glasaugen für Säuge- 
tiere, Vögel, Reptilien und Fische. No. 218. Halle a. S. 
1902/03. 


J. Thienemann, Zum Vogelschutz, (Abdruck aus: Königsberger 
land- und forstwirtsch. Zeitung No. 13 1902). 


V. v. Tschusi zu Schmidhoffen, Ornithologische Kollektaneen 
ausÖsterreich-Ungarn und dem Occupations-Gebiete. (Abdruck 
aus: Ornith. Mntschr. D. Ver. z. Schutze d. Vogelw. XXVII. 
No. 4. 1902). 


C. Wüstnei und G. Clodius, Der weisse Storch, Ciconia alba 
Behst., in Mecklenburg. Eine Statistik seiner Niststätten im 
Jahre 1901. (Abdruck aus: Archiv Ver. Fr. Naturg. Meck- 
lenburg 56. Jahrg. 1902). 


N. Zarudny u. M. Härms, Neue Vogelarten. (Abdruck aus: 
Ornith. Mntsb. Aprilheft 1902). 


E.S. Zürn, Die Hausgans, ihre Naturgeschichte, Schläge, Geschichte, 
Haltung, Zucht, Pflege, Fütterung, Mästung und Nutzver- 
wendung. Leipzig, H. Seemann. 


Druck von Otto Dornblüth in Bernburg. 


JOURNAL 


ORNITHOLOGIE. 


Fünfzigster Jahrgang. 


No. 4. Oktober 1902. 


Beobachtungen aus dem nordöstlichen China, 
gesammelt während des Krieges in China 
von Pogge 


Forstreferendar und Leutnant im Reitenden Feldjäger-Korps. 


1. Gypaetus barbatus (L.) (Standvogel). 


29. XI. 00. Vor der aus Kalgan zurückkehrenden Kolonne 
reitend, beobachtete ich einen Bartgeier, der den Nankaupass 
heraufgestrichen kam und dann hinter der grossen Mauer bei 
Shatoö verschwand. Bald darauf sah ich ihn noch verschiedene 
Male hoch über dem Pass schweben. Das erste Mal war ich kaum 
50 m von ihm entfernt, sodass ich ihn genau erkennen konnte. 
Wie ich vom Pferde herunter und mit dem Karabiner fertig war, 
war er schon hinter der Mauer. 

Obgleich ich später noch häufig im Gebirge und auch an 
dieser Stelle war, habe ich keinen Bartgeier mehr beobachtet, 
sodass er-auch hier wohl zu den selteneren Räubern gehört. 


+2. Aquila chrysaetus (L.) (Standvogel). 

Bei der Expedition nach der grossen Mauer SW von Paoting 
beobachtete ich zuerst über den Vorbergen, später im Innern des 
Hochgebirges mehrere Steinadler. In einigen Quartieren fand 
ich Bälge und Skelette. Ein Skelett brachte ich mit und über- 
gab es dem Kgl. Museum für Naturkunde in Berlin. 


3. Archibuteo hemilasius (Tem. Schl.) (Wintervogel). 


Diese Art war im Winter in der Ebene sehr häufig. Ich 
erlegte ein Exemplar über einem geschlagenen Hasen. Die Jagd 
Journ, f, Orn. L. Jahrg. Oktober 1902, 25 


370 Pogge: 


auf Hasen sah ich ihn im Haitze, südlich Peking, sehr eifrig be- 

treiben, indem er aus grosser Höhe mit angelegten Flügeln auf 

sein Opfer herabstiess. Seine Grösse ist geringer wie die des 

Fischadlers, in der Färbung ähnelt er unserm Natteradler. Im 

Frühjahr verschwand diese Art. Der Flug ist echt bussardartig. 
Exemplar am 1. IIL 01 erlegt: 


Länge (ohne Schn.): 64 cm. Hinterzehe: 3,3 cm. 
Flg. Spanng.: 1,59 m. r Nagel: 3,8 cm. 
Bug: 52 cm. Bi Zehe ee 
Ständer: 9 cm. Nag.: 3,2 cm.(Nag.: 2,2 cm. 
Mittel-Zehe: 5,3 cm. Schnabel-Länge: 5 cm. 

ER „ Nagel: 2,6 cm. 5 Farbe: horngelb. 
Stoss: 26,5 cm. A First: stahlblau. 
Fed. Zahl: 12. 


Oberseite bussardfarbig. Braune Federn mit rostgelben 
Rändern. Bürzelfedern etwas heller gerändert. Unterseite weiss 
mit einigen braun gefleckten Federn. Kehle etwas dunkler. 
Hosen dunkelbraun. Tarsen vorn befiedert bis 1 cm vor Zehen- 
gabelung, hinten nackt. Innere Flügeldeckfedern hell roströtlich: 
An der Schulter dunkelbrauner Fleck. Flügelspitzen erreichen 
das Stossende. 


+4. Haliaetus albicilla (L.) (Standvogel?) 

Seeadler beobachtete ich vereinzelt im Flachlande. Im 
Haitze fehlte ich ein sehr starkes Exemplar mit weissem Kopf 
und Stoss, das mich in freier Steppe ungedeckt auf etwa 100 
Schritt herankommen liess. (20. U. 1901.) Er schien mir etwas 
stärker wie unser Seeadler zu sein und beim Fliegen helle Schultern 
zu zeigen, doch kann ich mich bei letzterem geirrt haben. (In 
Japan, Tokyo, beobachtet). 


5. Pandion haliaetus (L.) (Stand- resp. Strichvogel). 

Am 6. X. 00 auf dem Ritt nach Peking beobachtete ich 
einen Fischadler auf einer Telegraphenstange aufhakend am 
Paiho. — Im März 1902 besuchte ein Paar regelmässig morgens 
die Lotosteiche im Kaiserpalast in Peking. Über den Wasser- 
lachen im Haitze mehrfach im März und April. In der Färbung 
scheint er mir unserm heimischen Fischadler völlig zu gleichen. 


6. Falco lanarius Pall. (Wintervogel?) 
Im Januar 01 strich aus einem Schuppen im Haitze ein 
Würgfalke ab, der eine Wachtel frisch geschlagen hatte. 


Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 371 


Am 28. I. sah ich an derselben Stelle ein Pärchen; das eine 
Exemplar, wohl das 2, bedeutend stärker. Ltn. von Stegmann 
' schoss einen der Falken. 

Masse desselben: 
' Länge (ohne Schnabel): 55 cm. Innen-Zehe: 3,8 cm. 


Bug: 40 cm. a „» . Nagel: 2,7 cm. 
Ständer: 6,5 cm. Stoss-Federn: 12. 
-Aussen-Zehe: 3,8 cm. Flg. Spanng.: 127 cm. 
Hinter-- „ : 3 cm. Stoss von Wurzel: 24,5 cm. 


Nagel der Hint. Zehe: 3 cm. Schnabel oben ohne Ceres: 2,5 cm. 
Mittel-Zehe: 5,5 cm. 

Schnabel hellblau, Spitze schwarz. Ceres blau. Ständer 
blau. (Bei andern mehr gelblich.) Iris braun. Brust und Bauch 
weiss mit rostbraunen Tupfen. Oberseite rostbraun, die einzelnen 
Federn mit hellerem Rande. Andeutung von Bart braun. Heller 
Strich über dem Auge. Innen- und Aussen-Zehe gleich lang. 
Tarsus hinten kahl, vorn gelb befiedert. 

Am 4. III. 01 nahm ich an der Beize mit solchen Falken 
auf Hasen teil. Bei einer solchen Beize schloss sich ein wilder 
Artgenosse der®Jagd an. 


77. Falco tinnunculus L. (Wintervogel?) 
Im Januar und Februar beobachtete ich vereinzelte Exemplare 
im Haitze. Daselbst schoss Ltn. von Stegmann ein (2) Stück, 
das mir etwas kleiner wie unser Turmfalk schien. Oberkopf und 
Bürzel licht blaugrau. Masse: 


Länge: 33,5 cm. Fänge: 4,7 cm. 

Flgl. Spanng.: 70 cm. Mittel-Zehe: 3,4 cm. 
Bug: 25,5- cm. Nagel davon: 1,2 cm. 
Schwanz: 15,5 cm. Schnabel blaugrau, 
Federn-Zahl: 12. Spitze schwarz. 


Schnabel-Länge: 2,6 em. (ohne Ceres). 
In Ortschaften und bebauter Gegend sah ich ihn nie, nur 
in der Steppe, wo er auf Steinen und Erdhaufen aufhakte. 


8. Cerchneis vespertina (L.) (Sommervogel.) 


Der Rotfussfalke ist hier ohne Zweifel der häufigste Raub- 
vogel. Zugzeit im Herbst: Anfang Oktober. Ich sah am 6. X. 00 
einen Flug von vielen Tausenden über Yang-shun auf dem 
Wege von Tientsin nach Peking. Ankunft Ende Februar zunächst 

25* 


372 Pogge: 


vereinzelt, das Gros Ende April. Anfang Mai noch in grösseren ı 
und kleineren Flügen umherschweifend. Am 10. Mai paar- 
weise in einzelnen Bäumen und Baumgruppen beim Horstbau' 
betroffen. 

Den Rotfussfalken habe ich in der Steppe, über dem Acker- 
baugelände, in den Ortschaften und den Vorbergen, kurz überall‘ 
mit Ausnahme der höchsten Lagen des Gebirges angetroffen. Er 
ist am Horstplatze sehr vertraut. Auf einem Grasfelde bei den 
Minkgräbern ritt ich in einen grösseren Flug von Rotfussfalken 
hinein, die ohne Scheu vor dem Pferde um mich herum die Jagd 
auf Mistkäfer betrieben. Am Horstplatze macht er sich durch 
andauerndes Geschrei bemerkbar. Beim Rütteln trägt er den 
Stoss senkrecht nach unten. 

(In Japan beobachtet). 


9. Milvus melanotis Tem. Schl. (Standvogel). 


Schmarotzermilane trifft man am häufigsten in Peking und 
den anderen grösseren Städten, wo es viel Abfall giebt, vereinzelt 
in der Steppe, in den Dorfschaften und im Gebirge bis ins Innere 
Hochgebirge. Er horstet auf hohen Bäumen, in®altem Gemäuer, 
in Felsritzen, auf den hohen Dächern der Stadtthore und Tempel. 
Anfang April sah ich schon einige Paare brüten. In den Ort- 
schaften lebt er von Abfall und Phäkalien, die er zuweilen mit 
grosser Frechheit von den verkehrsreichsten Strassen aufnimmt. 
Im Haitze habe ich ihn beim Kröpfen von Hasen, Wildenten und 
Chinesenleichen angetroffen. In Peking strichen jeden Abend im 
Winter viele Hunderte zum gemeinsamen Schlafplatz, einem ur- 
alten Zypressenhain nahe der verbotenen Stadt, über dem sie vor 
dem Aufhaken in buntem Gewimmel ihre Kreise zogen. 

In den Städten ist er im Verein mit den vielen herum- 
lungernden Kötern die einzige und wirksamste Strassenpolizei. 
(In Japan vereinzelt beobachtet.) 


10. Accipiter nisus L. (?) (Standvogel.) 


Viel kleiner wie unser Sperber. Einen verkappten und 
gefesselten Sperber (wohl ein g) sah ich auf dem Markte. Die 
stahlblaue Oberseite hatte hellbläulichen Schimmer. Die rötlich 
gesperberte Brust war an beiden Seiten schön rostrot. Der 
Sperber wird von den Chinesen zum Sperlingsfang abgetragen. 

Ich beobachtete ihn im ganzen Lande vereinzelt. 


Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 373 


11. Circus cyaneus (L.) (Standvogel.) 

Überall in der Ebene beobachtet. Weibchen dunkelbraun 
mit weissem Bürzel, $ grauweiss. Fliegt hauptsächlich Morgens 
und Abends und kommt auf der Streife bis in die Höfe der 
_ Dorfschaften. 


12. Circus aeruginosus (L.) 
Anfang Mai an den Wasserlachen im Haitze beobachtet. 


13. Athene noctua (Retz.) (Standvogel). 


Ein Käuzchen wurde von mir im November auf dem Wege 
nach Paoting in einem Hohlwege beobachtet. 


14. Asio otus (L.) (Standvogel?) 


Im Parke des Kaiserl. Jagdschlosses im Haitze hielt sich 
den ganzen Winter ein aus etwa 40 Stücken bestehender Flug 
von Waldohreulen auf, ausserdem vereinzelt am Boden in der 
Steppe. In der warmen Mittagssonne erhoben sie sich zuweilen 
zu grosser Höhe, schwebten im Kreise umher und liessen sich 
allmählich mit nach oben erhobenen Flügeln herab. Hoch in der 
Luft erschienen sie fast weiss in Folge ihrer hellen Unterseite. 
An der Unterseite hat der Flügel einen dunklen Schulterfleck. 
Die Zeichnung des Gefieders ist wohl die nämliche wie die unserer 
heimischen. Die Ohren ragen 4 cm aus dem Kopfgefieder hervor. 


Masse: 
Länge: 36 cm. Schnabel (Länge): 3,15 cm. 
Flgl. Spanng.: 81 cm. 7 Farbe: dunkel. 
Bug: 29,4 cm. Fänge: 4,4 cm. 
Schwanz: 15,4 cm. Mittel-Zehe: 3,2 cm. 
Feder-Zahl: 12. deren Nagel: 1,8 cm. 


15. Bubo bubo (L.) (Standvogel). 


Im Parke des erwähnten Jagdschlosses hielt sich den ganzen 
Winter ein Uhupärchen auf. Ltn. Wallmann schoss ein Exemplar 
davon, dessen Masse folgen. Auf dem Markte sah ich mehrfach 
Uhus bei Wildprethändlern hängen. In der Zeichnung nahm ich 
keine Abweichung von unserer heimischen Art bezüglich der 
Zeichnung wahr; das ganze Gefieder war leicht roströtlich über- 
flogen. 

Länge: 69 cm. Bug: 48 cm. 
Flgl. Spanng.: 169 cm. Stoss: 27 cm. 


374 Pogge: 


Stoss (Federn Zahl): 12. Mittelzehe: 6,3 cm, 
Schnabel: 5,7 cm. (schwarz). Nagel 4,7 cm. 
Fänge: 10,5 cm. Inn. Zehe (Nagel): 5,2 cm. 


16. Erithacus suecicus (L.) (Sommervogel?) | 
Ein Blaukehlchen mit rotem Stern in der blauen Kehle und 
roter Schwanzwurzel sah ich am 23. Mai 01 auf dem Markt. 


17. Erithacus calliope (Gm.) (Sommervogel.) 

Wird vielfach von den Chinesen in der Gefangenschaft ge- 

halten. Es wird ganz ausserordentlich zahm und legt jede 

Scheu vor dem Menschen ab. Seine Excellenz der Feldmarschall 

hatte ein solches in seinem Hause frei herumfliegen; es fing ihm 

jede Fliege weg. Es endete elendiglich auf dem Fliegenleim, 
von dem es die gefangenen Fliegen absammeln wollte. 


18. Erithacus rufwentris (Vieill.) (Wintervogel oder Standvogel.) 

Ein unserm Gartenrötling ähnlicher Rotschwanz von mir 
im Nov. im Gebirge, am 20. 3. im Winterpalast und später 
mehrfach an andern Orten beobachtet. Etwas stärker wie unser 
Gartenrötling, mit krasseren Farben und mehr rot und schwarz 
im Gefieder. Im Parke des Jagdschlosses versuchten ihn kleine 
Chinesenjungen im Stellgarnen mit einer Larve als Köder zu fangen. 


19. Oinclus pallasi Tem. (Wintervogel.) 
Im November im Nankau Pass im Gebirge beobachtet. Er 
hat die Grösse unseres Wasserstars; das Gefieder scheint ein- 
farbig dunkel zu sein. (In Japan an den Fällen beobachtet.) 


20. Turdus naumanni Tem? (Wintervogel und Standvogel.) 

Im Jagdschloss ein Exemplar geschossen. Dieselbe Art 
überall vereinzelt im Flachlande. 

Oben dunkel-olivgrün. Schwanzfedern oben: die äussersten 
beiden ganz rostrot, die andern mit dunkler Aussenfahne, die 
mittelste ganz dunkel. Schnabelwurzel gelb, sonst dunkel. 
Zügel grauschwarz, darüber hellrostiger Fleck von Schnabel- 
wurzel bis Auge. Kehle rostig rot mit hellen Federkanten. 
Von der Schnabelwurzel ziehen sich je 2 schwarze Striche nach 
unten. Bauch und Brust schmutzig weiss, Seiten mit rostroten 
Federn mit schmutzig weissen Kanten. Schwanzfedern unten 
rostrot; ebenso die untern Schwanzdeckfedern, aber mit hellen 
'Kanten. Ständer gelblich, Zehen dunkel. Untere Flügeldeckfedern 


Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 375 


 rostrot. Schwingen unten grau. Innenfahne am Rande rost- 
 rötlichen Schimmer. 


Masse: 
Länge: 23,5 cm. Fed. Zahl: 12. 
Flgl. Spg.: 40,0 cm. Ständer: 3,5 cm. 
Bug: 13,6 cm. Mitt. Zehe: 2,1 cm. 
Schwanz: 9,8 cm. Nagel: 0,95 cm, 


Ausser der beschriebenen Drosselart beobachtete ich noch 
2 andere Arten, die ich aber nicht in der Hand hatte. Im Ge- 
birge hörte ich im Mai einen schönen Drosselschlag, ohne den 
Sänger zu Gesicht zu bekommen; der Gesang erinnerte an den 
der Blaudrossel. 


21. Phylloscopus sp. (Sommervogel.) 

Auf der Rhede vor Taku kam neben andern Zugvögeln 
dieser kleine Laubsänger auf die Schiffe, um dort Insekten zu 
fangen. Er ist fast einfarbig grün mit hellem Ring rings ums 
Auge. In Tientsin sah ich ihn in der Gefangenschaft. Auch in 
Japan habe ich ihn beobachtet. 


22. Acrocephalus orientalis (Tem. Schl.) (Sommervogel.) 

Erschien im Mai an Wasserlachen, die von Rohr eingerahmt 
waren. Sein Benehmen und seine Stimme ist fast ganz die 
unseres Acer. turdoides. Er ist sehr häufig, hält sich aber nur 
im reinen Rohrwald auf. 

Ich hörte noch 2—3 andere Rohrsängerarten, ohne einen 
der Vögel in die Hand zu bekommen, wie mir überhaupt die 
Urheber mancher wunderbaren Töne im Rohrdickicht unsicht- 
bar blieben. 


23. Troglodytes troglodytes (L.) (Standvogel.) 

Etwas dunkler wie unsere heimische Art, auch wohl mit 
etwas längerem Schwanz. An Grabenrändern und Hohlwegen 
vereinzelt beobachtet. Der Lockton hat nicht ,„e“ vor den „rrr,“ 
sondern lautet mehr zirrr! 


24. Parus palustris L. (oder consp.) (Standvogel.) 
Diese Meisenart war nicht selten. Sie hat die Grösse 
unserer Sumpfmeise (und sträubt die Federn des schwarzen 
Köpfchens zuweilen zu einem Häubchen.) 


376 Pogge: 


"25. Alauda arvensis (L.) (Wohl hauptsächlich Wintervogel.) 


Im Winter lagen auf der Steppe im Haitze ungeheure 
Schwärme von diesen Lerchen. Der Boden war dort überall 
dicht mit ihrem Kot bedeckt. Sie gingen gleich Mückenschwärmen 
vor dem Pferde auf und fielen dann bald wieder ein. Im Früh- 
jahr waren sie meistenteils verschwunden, sodass wohl anzunehmen 
ist, dass die grossen Scharen Wintergäste waren. Sie kamen 
sehr viel auf den Markt und schmeckten ausgezeichnet. 

Die Färbung ist die unserer Feldlerche, doch wohl etwas 
geringer in der Grösse und am Kopf dunkler. 


26. Melanocorypha mongolica (Pall.) (Sommervogel.) 

Anfang April erschien die mongol. Lerche auf der Steppe 
im Haitze und machte sich sowohl durch ihre schöne Stimme 
wie durch ihren eigentümlichen Flug mit nach unten gekrümmten 
Flügeln mit weissem, grossen Schild bemerklich. Sie war dort 
ziemlich häufig. Von den Chinesen wird sie vielfach in kleinen, 
runden Vogelbauern gehalten und singt dort sehr fleissig im 
Sommer wie im Winter. 


27. Galerida ceristata (L.). 


Dicht am Sommerpalast ein Pärchen am 19. 3. 01 beob- 
achtet. Sie scheint etwas kleiner wie unsere Haubenlerche zu sein. 


28. Motacilla ocularıs Swinh.? (Sommervogel.) 


Auf dem Wege nach dem Sommerpalast von Grf. Win- 
zingerode am 30. 3. O1 beobachtet. — Am 4. 4. 01 am Lotosteich 
von mir beobachtet. — Sehr ähnlich unserer weissen Bachstelze. 


29. Motacilla boarula L. (Sommervogel.) 


Überall im Flachlande und Gebirge an Wasserläufen und 
Seeen. In der Färbung der Geb. Stelze sehr ähnlich, Schwanz 
wohl etwas kürzer. 


30. Anthus richardi Vieill. (Standvogel und Sommervogel.) 


Am 22. V. Ol ein @ im Haitze geschossen. Im Winter traf 
ich ihn vereinzelt an den offenen Wasserläufen, im Mai war er 
in der Steppe überall paarweisse und häufig. Flug und Be- 
nehmen wie bei unserem Wiesenpieper, doch fliegt er ohne Ge- 
schrei auf. 


Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 377 


31. Emberiza passerina Pall. (Sommervogel). 

In der Färbung unserer Rohrammer sehr ähnlich, aber etwas 
kleiner. Im Benehmen sehr verschieden von ihr. Sie traf An- 
fang Mai ein und trieb sich in grösseren Scharen auf den Wegen 
umher. Spatzenartig erhob sich plötzlich die ganze Schar und 
fiel eine kurze Strecke weiter wieder auf dem Wege ein. Auch 
an Bachrändern sah ich einzelne im Grase sitzen, doch nie an 
Rohr- oder Grashalmen wie unsere Rohrammer hängen. 


32. Emberiza aureola Pall. (Sommervogel.) 


Kam Anfang Mai und war häufig in den Dornbüschen an 
den Wasserlachen im Haitze. 


33. Chrysomitris spinus (L.) (Standvogel). 
Im Mai mehrfach im Gebirge am Hunto in kleinen Trupps 
beobachtet. Scheint mehr Schwarz an Kopf und Kehle wie unser 
Zeisig zu haben. 


34. Acanthıs linaria L. (Wintervogel?) 
Sehr ähnlich unserm Leinfinken. Ich sah ihn bei Chinesen 
mehrfach in Gefangenschaft. Das Rot an Kopf und Kehle war 
von ihnen oft mit Tusche vergrössert. 


35. Fringilla montifringilla L. (Wintervogel?) 
Vereinzelt in Peking im Winter beobachtet. 


36. Coccothraustes coccothraustes japonicus Tem. Schl, (Standvogel). 


Nicht selten im Winter und Frühjahr beobachtet, auch sah 
ich Vögel in der Gefangenschaft. 


37. Passer domesticus (L.) (Standvogel). 
Ebenso gemein wie hier. In Farbe und Stimme etwas ab- 
weichend. 
38. Sturnus sp. (Standvogel). 


Etwas stärker wie unser Star. Auf den Sumpfflächen an 
der Bahn Tientsin—Sang-shun im Oktober in grossen Flügen. 
In einzelnen, kleineren Flügen im Winter in Peking. Ziemlich 
scheu. Nach Art unseres Stars auf den trockenen Wipfeln der 
Bäume sitzend. Einzelne Töne ähneln denen unseres Stars. Die 
Färbung dunkel (schwarz) und weiss. Der Schnabel scheint hell 
zu sein. Schwanz ziemlich kurz. 


378 Pogge: 


39. Pyrrhocorax graculus (L.) (Standvogel.) 

Im November beobachtete und hörte ich beim Besteigen der 
grossen Mauer einen grösseren Flug hoch über mir. — Ende April 
im Hochgebirge SW Poatingfu sehr viele Alpenkrähen gesehen. 
— Am 9. Mai fand ich bei Shataö im Passthor der grossen Mauer 
ein Nest in einer Mauerspalte, die ich leider nicht erreichen 
konnte. Die Alten flogen mehrfach ein und aus. 


40. Cissa sinensis (L.) (Standvogel). 

Vereinzelt überall in den Flussthälern des Gebirges, wo 
Baumgruppen vorhanden. Sein Schrei ist rauh und laut. Sein 
Flug mit lebhaftem Flügelschlage, der Schwanz wagerecht nach 
hinten gestreckt, die weisse Spitze, von weitem schon sichtbar, 
nach unten gebogen. 


41. Pica pica (L.) (Standvogel). 

Ungemein häufiger Vogel und von einer ausserordentlichen 
Dreistigkeit, da er von den Chinesen nicht geschossen wird. In 
der Farbe etwas lebhafter wie unsere heimische Elster. Ich habe 
von chines. Elstern ganz andere Töne gehört wie von den heimi- 
schen; sie sind entschieden musikalischer veranlagt. Das Nest 
trägt auch eine Haube. 


42. Oolaeus dauricus (Pall.) (Standvogel.) 
In den Städten recht häufig. Streicht zu grossen Scharen 
mit ihren Artverwandten im Lande umher. 


Masse: 
Länge: 31 cm. Schnabel: 2,85 cm. schwarz. 
Flgl. Spanng.: 68 cm. Ständer: 4,3 cm. 
Bug: 23 cm. Mitt. Zehe: 2,5 cm. 
Schwanz: 12,5 cm. Nagel derselben: 1,15 cm. 


Feder-Zahl: 11. 


43. Corvus pastinator J. Gd. (Standvogel.) 
Jahresvogel. In der Stadt und auf dem Lande häufig. Brütet 
in Kolonien auf Tempeldächern und in Bäumen. Am 19. April 
schon fast flügge Junge. 


44. Corvus torquatus Less. (Standvogel.) 
Etwas grösser wie die Nebelkrähe, mit weissem Halsring. 
Seltener wie die anderen Rabenarten. Mehr vereinzelt als in 
grösseren Scharen. Überall im Lande. 


Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 379 


Masse: 
Länge: 46 cm. Schnabel: 5,4 cm. schwarz. 
Flgl. Spanng.: 99 cm. Ständer: 5,8 cm. 
Bug: 34,5 cm. Mitt. Zehe: 3,9 cm. 
Schwanz: 20 cm. Nagel: 1,4 cm. 


Feder-Zahl: 12. 


45. Oyanopolius cyanus (Pall.) (Standvogel). 

Diesen interessanten und schönen Vogel sieht man überall 
da, wo Häuser und Ortschaften von Baumgruppen umgeben sind. 
Dort treibt er sein munteres Wesen und ist dauernd unterwegs, 
um in den Wänden und Dächern der Lehmbauten, auf dem Acker 
oder den Höfen seinem Nahrungsgeschäft nachzugehen. Dabei 
lässt er ziemlich laut seine schnurrenden Töne erschallen. In der 
Gefangenschaft wird er sehr zahm. Ich hielt ein Exemplar längere 
Zeit zusammen mit einer Olssa sinensis. 


46. Lanius excubitor L. (Standvogel). 
Vereinzelt in der Ebene beobachtet. 


47. Muscicapa parva Bcehst. (Sommervogel). 

Am 16. Mai hörte ich in den Baumgärten bei Santia-tien 
am Ausgange des Hunto-Thales den mir nur nach der A. von 
Homeyer’schen Beschreibung bekannten Gesang des Zwergfliegen- 
fängers: tink tink tink — eida eida (eida). Es gelang mir bald, 
mehrere Exemplare zu erbeuten. Ich beobachtete ihn bald darauf 
noch weiter ins Gebirge hinein. 


48. Bombyeilla japonica (Sieb.) (Wintervogel.) 
Am 20. 2. sah ich auf einem Baume am Jagdschloss im 
Haitze _eine kleine Schar von Seidenschwänzen sitzen, die viel 
kleiner wie unser S. Schw. waren, auch wohl dunkler in der Färbung. 


49. Buchanga atra (Herm.) (Sommervogel.) 

Zuerst am 15. Mai in den Baumgärten von Santia-tien 
beobachtet. An den folgenden Tagen auch im Innern des Gebirges. 
Er macht viel misstönendes Geschrei und liebt die Nähe mensch- 
licher Wohnungen. Im Haitze, wo ich ihn auch beobachtete, 
machte er sich durch gaukelnden Flug und dauerndes Aufhaken 
auf Sträuchern und Erdhaufen bemerklich. 


330 Pogge: 


50. Hirundo rustica L. (Sommervogel.) 
Unserer Rauchschwalbe vollkommen gleichend. Überall 
häufig. Am 30. März die ersten. Ende Oktober bei Tientsin 
mit andern Schwalbenarten in kolossalen Schwärmen auf dem Zuge. 


\ 51. Rıiparia riparia (L.) (Sommervogel.) 
Überall häufig in der Ebene. 


52. Rıiparia rupestris (Scop.) 
Im Gebirge bei Poating beobachtet. 


53. Herundo rufula Tem. (Sommervogel.) 

Brust und Bauch weiss mit roten Längstupfen. Backen 
weiss mit ebensolchen Tupfen. Gabelschwanz und Grösse der 
Rauchschwalbe. Ziemlich häufig. Nistet unter den Dächern der 
Chinesenhäuser. Das Nest ist dem der Mehlschwalbe ähnlich, hat 
aber eine etwa 15 cm lange Einschlupfröhre. 


54. Apus apus (L.) (Sommervogel.) 

Am 17. April kamen die ersten in Peking an. — Er ist 
ausserordentlich häufig im Gebirge und in der Ebene. In Peking 
umschwärmte er in grossen Scharen seine Brutplätze in den vielen 
Thoren, Pagoden und Mauern der Stadt. 


55. Upupa epops L. (Standvogel.) 

Überall vereinzelt in der Ebene. Auch in einigen Paaren 
an den Lotosteichen im Kaiserpalast vertreten. Sein Ruf ist 
unverkennbar derselbe wie der des heimischen Wiedehopfes. (In 
Japan beobachtet.) 


56. Alcedo ispida L. (Standvogel.) 

Einige Exemplare im Gebirge SW von Paoting beobachtet. 
Grösse und Farbe schienen mir unserm heimischen zu gleichen. 
Die blauen Federn werden von den Chinesen zu Frauenschmuck 
verarbeitet. 


57. Picus canus viridicanus Wolf. (Standvogel.) 
Sehr ähnlich unserm Grauspecht. In den Baumgruppen der 
Ortschaften nicht selten. 


58. Dendrocopus maior (L.) 
Wie der vorige nicht selten. Das Rot der unteren Schwanz- 
deckfedern scheint mir dunkler und ausgedehnter zu sein wie 
bei unserm P. maior. 


Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 381 


59. Iyngipicus seintilliceps (Swinh.)? (Standvogel). 
Einen unserm Kleinspecht sehr ähnlichen Vogel sah ich im 
Nov. im Nankaupass. 


60. Cuculus canorus L. (Sommervogel.) 


Eine sehr überraschende Erscheinung war für mich ein 
Kuckuckpärchen, das in der Steppe dicht über dem Boden schwe- 
bend, zuweilen von kleinen Stauden oder auf dem Boden Nahrung 
aufnehmend, vor mir vorüber strich. Im Laufe des Tages, am 
22. Mai, sah ich noch mehrere Exemplare. Sie klebten hier und 
da an den Sträuchern an, um glatte Eulenraupen, wie ich später 
feststellte, abzulesen. Ihren Ruf habe ich nie gehört, doch wurde 
mir von mehreren Herren davon erzählt. (In Japan beobachtet 
und gehört). 


—61. Ooturnix coturnix (L.) (Stand- und Sommervogel). 

Im Gebirge und Flachlande häufig. Viele bleiben im Winter 
da und werden dann von Chinesen in Netzen, die über dem 
Kopfe mit Stangen getragen werden, lebend gefangen. In der 
Gefangenschaft werden sie gemästet und kommen dann auf den 
Markt. Ein solcher Braten ist nicht zu verachten. Im Oktober 
fielen auf der Rhede von Tongku von einem grösseren, zerstreut 
fliegenden Schwarm mehrere auf unserm Schiff ein. 


62. Caccabis chucar (G. R. Gr.) (Standvogel.) 
Im Winter kamen viele Steinhühner auf den Markt. — Im 
Mai hörte ich im Gebirge am Hunto fast in jeder Schlucht den 
eintönigen, aber die Landschaft ungemein belebenden Balzruf 
mehrerer. Hähne. 


63. Perdix daurica Pall. (Standvogel.) 


Grösse und Farbe unseres Rephuhns mit schwarzem Fleck 
auf der Brust, darum ein gelber Ring. Im Nov. beobachtete ich 
mehrere Völker an der grossen Mauer bei Shataö. Der Dol- 
metscher Herr Boos schoss mehrere Stücke. 


64. Phasianus sp.? 


Vom Vorkommen des Königsfasans in freier Wildbahn habe 
ich nichts erfahren. Dagegen wird er vielfach von den Chinesen 
in der Gefangenschaft gehalten. Ich hielt mir längere Zeit in einer 
Voliere 7 Stücke, die mir leider kurz vor meiner Abreise eingingen. 


382 Pogge: 


65. Orossoptilon mantschuricum Newt.? (Standvogel.) 


Diese Art kommt überall im Gebirge vor. Sie werden meist 
lebend gefangen und kommen so auf den Markt. Wir hatten für 
unsere Küche eine Voliere angelegt, in der die lebend einge- 
kauften Fasanen solange gefüttert wurden, bis sie geschlachtet 
wurden. Sie haben nicht den schönen Geschmack wie unser Fasan. 


66. Columba livia L. (Standvogel.) 

Die Felsentaube ist in manchen Teilen des Gebirges ein 
ungeheuer gemeiner Vogel. Angetroffen habe ich sie auf der 
Passstrasse nach Kalgan, am Hunho, im 7 Drachengebirge, in den 
Thälern des Hochgebirges SW Paotingfu. Sie ist sehr vertraut 
und lässt den Reiter bis auf wenige Schritte herankommen. Lebt 
meist in kleinen und grösseren Gesellschaften, nistet ebenso in 
Felsspalten. Mit ihrer mattblauen Zeichnung, ihrem gedrungenen 
Körperchen, ihrem munteren Wesen und gewandten Flug wirkt 
sie sehr zur Belebung des oft recht öden Gebirgslandes. 


67. Ardea garzetta L. (Sommervogel.) 

Erschien im Frühjahr im Haitze und an den Lotosteichen 
des Winterpalastes. Mitten in Peking in einem uralten Cypressen- 
hain des Tempels der Ahnen war eine Reiherkolonie von 3—400 
Paaren. Die Horste der 4 dort brütenden Arten waren sehr roh 
und unordentlich gebaut; sie waren gerade so dicht, dass man 
die Eier nicht von unten sehen konnte. Es waren 5—12 Horste 
auf jedem Baume von allen 4 Arten in einer Höhe von 5—8 m. 
Nahte man der Kolonie, die unter dem Schutze der Amerikaner, 
später der Engländer stand, erhob sich ein grosses Geschrei und 
alle Brutvögel erhoben sich in ihren Horsten. Die weissen Reiher 
waren die vorsichtigsten und erhoben sich in die Luft, um dicht 
über den Baumkronen umherstreichend, den Eindringling zu be- 
obachten. Die grauen Reiher besannen sich erst lange mit 
ausgerecktem Halse, blieben überhaupt auf dem Horst oder strichen 
schwerfällig zu einem andern Baum herüber. Am wenigsten 
Scheu zeigten die Nachtreiher. Blieb man ruhig im Schutze eines 
Stammes stehen, so suchten bald alle Reiher ihre Horste wieder 
auf. Ein Schuss brachte natürlich grosse Aufregung unter die 
Brutvögel, doch beruhigten sie sich daraufhin bald. Ich habe in 
der Kolonie, die mir zur Beobachtung viel interessanter war, nur 
einen Silberreiher geschossen und einige Gelege der 4 Arten 
ausgenommen. 


Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 383 


Einen grossen Teil der Reiher sah man besonders Morgens 
und Abends auf dem gewaltigen, gelben Dach des Ahnentempels 
sitzen, um von dort zu den Lotosteichen der Kaiserstadt oder 
den Lachen der Umgegend, besonders des Haitze, zu streichen. 
Bei weiteren Flügen nahmen die Seiden- und Silber-Reiher regel- 
mässig eine den Kranichen ähnliche Flugordnung an, bei den 
andern Arten habe ich dies nicht beobachtet. 

Wie die Reiher überhaupt die auffallendsten und schönsten 
Erscheinungen in der chinesischen Vogelwelt bilden, so sind sie 
auch die wirksamste Staffage des Winterpalastes. Die weissen 
und grauen, schlanken Gestalten im flachen Wasser der mit üppig 
wuchernden Pflanzen bedeckten Lotosteiche, im Hintergrunde die 
grosse Brücke aus schneeweissem Marmor, ringsherum Baum- 
reihen und Haine uralter Cypressen und Weiden, die ihre Zweige 
bis tief aufs Wasser herabsenden und zwischen ihren Kronen die 
gelb und blau gedeckten Dächer der kaiserlichen Gebäude durch- 
schimmern lassen, darüber die grosse, flaschenförmige Pagode, mit 
ihrer gewaltigen Höhe den ganzen Rayon des Kaiserpalastes beherr- 
schend — es ist ein zauberhaft märchenhaft Bild aus Tausend und 
Eine Nacht. 

In den von mannigfaltigen Wassertieren belebten Teichen 
finden die Reiher eine reich gefüllte Vorratskammer. Jede Art 
steht gesondert für sich. Die Nordecke haben eine Schar der 
schlanken Seidenreiher für sich in Anspruch genommen, weiter 
in den See hinein, wo das Wasser schon tiefer, sieht man die 
grösseren Silber- und grauen Reiher. Sehr selten sieht man 
einzelne Purpurreiher. Zwergdommeln und Nachtreiher verstecken 
sich in der Regel so, dass sie nur ein geübtes Auge zu erkennen 
vermag. Alle sind ohne Scheu, aber doch nicht ohne Vorsicht. 
Erschallt am Ufer auffallender Lärm oder naht sich ein Reiter, 
erheben sie die Hälse gerade, etwas nach vorn gebeugt und 
sichern in unbeweglicher Haltung. Sie streichen auch wohl ein 
Ende weiter, fallen aber bald wieder ein. 

Ganz anders verhalten sich die Reiher an den Lachen 
der Steppe, dort sind sie dieselben scheuen Vögel wie in der 
Heimat. 


68. Ardea alba L. (Sommervogel.) 


Etwas häufiger wie der vorige. Horstet in der Kolonie in 
Peking. (Bei Batavia beobachtet.) 


384 Pogge: 


69. Ardea purpurea L. (Sommervogel). 
Die seltenste Reiherart. Vereinzelt an den Lotosteichen und 
im Haitze beobachtet. Ich sah ihn nie frei sitzen und bekam ihn 
in der Regel erst zu sehen, wenn er, durch einen Schuss aufge- 
scheucht, sich aus dem Rohrdickicht erhob. 


+70. Ardea cinerea L. (Sommervogel.) 

Häufiger wie die vorigen Arten. Horstet in der Kolonie 
am Ahnentempel. Im Gebirge bei Shataö und SW Paoting fand 
ich ihn überall in den grösseren Thälern, auch kleinere Kolonieen 
in Tempelhainen dortselbst. 


71. Ardetta minuta (L.) (Sommervogel.) 


An den Lotosteichen und beim Jagdschloss im Haitze ver- 
einzelt beobachtet. 


72. Nyceticorax nycticorax (L.) (Sommervogel.) 
Die häufigste Art, wenn auch selten zu beobachten, wegen 
seiner versteckten Lebensweise. In der Brutkolonie ist er am 
meisten vertreten. 


73. Platalea leucorodia L. (Sommervogel.) 


Ein Exemplar von Ltn. von Stegmann im Haitze geschossen, 
vereinzelt dortselbst beobachtet. 


+74. Plegadis autummalis (Hasselq.)? (Sommervogel.) 


Einen Ibis verfolgte ich (Anfang Mai) lange Zeit an einem 
Bache im Haitze. Er suchte beim Fliegen so geschickt Deckung, 
dass ich 6 Mal an ihm vorbeischoss. Er schien einfach graublau 
gefärbt zu sein. Später habe ich noch einzelne Exemplare 
beobachtet. (Bei Batavia beobachtet.) 


75. Oiconia nigra (L.) (Sommervogel.) 
Am 25. April beobachtete ich in einem Flussthal im Gebirge 
SW Paotingfu einen schwarzen Storch, ohne ihn zu Schuss zu 
bekommen. 


+76. Fulica atra L. (Sommervogel.) r 


Der häufigste Vogel auf den Lotosteichen und Lachen im 
Lande ist das schwarze Wasserhuhn. Es erschien Anfang März, 
als das Eis geschmolzen. 


Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 385 


77. Gallinula chloropus (Sommervogel) (L.). 


Weniger häufig wie die vorige Art, aber an denselben Ört- 
lichkeiten. 


78. Ortygometra sp. (Sommervogel.) 


An einer Lache im Haitze beobachtet. Ich bekam es 
mehrere Male zu Gesicht als es dicht vor mir aus dem Wasser- 
kraut aufstand und bald wieder einfiel. 


79. Grus leucogeranus Pall. (Sommer- oder Durchzugsvogel). 


Am 7. Nov. strich ein grosser weiss-schwarzer Kranich über 
den Lotosteich im Kaiserpalast. Er muss hier wohl häufiger sein, 
da die Chinesen ihn vielfach plastisch, in Malerei und Stickerei 
abbilden. 

80. Otis tarda L. (Standvogel.) 


Trappen beobachtete ich überall in der Ebene, besonders 
im Haitze, wo ich sie in grösseren Flügen antraf. Einen Hahn 
erlegte ich auf dem Wege nach Paoting im November. Die Färbung 
schien mir genau die unserer heimischen zu sein, sie sind nicht 
ganz so scheu wie die letzteren und lassen sich beim Einkreisen 
zu Pferde, wenn man allmählich die Kreise immer enger zieht, 
auf Schussweite herankommen. 


+81. Scolopax rusticola L. (Sommer- und Durchzugsvogel.) 


Die Waldschnepfe ist hier mehr Durchzugsvogel, doch fand 
ich sie am 23. April in einem etwas sumpfigen, von steilen Felsen 
eingefassten, schmalen Thale SW. Paoting brütend. Im Herbst 
soll sie auf dem Durchzuge sehr häufig einfallen und viel auf 
den Markt kommen. Ltn. von Stegmann schrieb mir, dass er 
Anfang September bei Schanghai-kuan schon mehrere geschossen 
und grosse Hoffnung für die nächsten Tage habe. 


1-82. Gallinago gallinago (L.) (Sommer- und Durchzugsvogel.) 


Ende März trafen die Bekassinen auf dem Durchzuge ein 
und lagen in grosser Menge auf den Sumpfflächen. Als Brut- 
vögel blieben sie nur vereinzelt an den Lachen des Flachlandes. 
Ende April traf ich ein Brutpärchen auch im Gebirge an der 
bei der Waldschnepfe beschriebenen Stelle. Im März— April kamen 
sehr viele gefangene Bekassinen auf den Markt. 

Journ. f. Om. L, Jahrg. Oktober 1902. 26 


386 Pogge: 


83. Totanus sp. (Sommervogel.) ’ 
Ein dem T. glareola sehr ähnlicher Wasserläufer ohne. 
weissen Bürzel wurde am 11. Mai von mir bei Peking geschossen. 
Ich beobachtete dieselbe Art vereinzelt an Wasserlachen. 


84. Himantopus himantopus (L.) (Sommervogel.) 
Der Stelzenläufer traf Anfang Mai an den Lachen im Haitze 
ein, wo er sich in kleinen Trupps umhertrieb. Von mir am 22. V. 
geschossen. 


85. Vanellus vanellus (L.) (Durchzugsvogel.) 

Die ersten Kiebitze trafen am 12. März im Haitze ein, 
zuerst einzeln, später in sehr grossen Flügen. Wie ich am 
6. April nach Eiern suchen wollte, war kein Kiebitz mehr da, 
auch habe ich später keinen mehr beobachtet. Er ist also wohl 
reiner Durchzugsvogel, obgleich es an zusagenden Stellen für das 
Brutgeschäft nicht fehlt. 


86. Microsarcops cinereus (Blyth)? (Durchzugsvogel.) 

Vögel von etwa Kiebitzgrösse, sand-grau-braun mit grossen, 
weissen Spiegeln auf den Flügeln und Hautlappen vor dem Auge. 
Ständer lang und (rot). In kleinen Trupps mit dem Kiebitz zu- 
sammen im Frühjahr an und ab. 


187. Charadrius dubius Scop. (Sommervogel.) 
Überall auf den sandigen Rändern grösserer Flüsse. 


— 88. Oharadrius dominicus fulvus Gm. (Sommervogel.) 

Erschien im April im Haitze in kleineren und grösseren 
Trupps. 

Am 22. Mai hatten sich gegen 2—300 Pärchen auf ein aus- 
getrocknetes aber noch feuchtes Sumpfgelände gezogen und 
zeigten in ihrem ganzen Gebaren die Absicht, dort brüten zu 
wollen, wie ich denn auch bei geschossenen Exemplaren sehr 
stark entwickelte Eierstöcke und Hoden fand. 


+89. Oygnus musicus Bcehst. (Durchzugsvogel ?) 

Die ersten am 15. März beobachtet. (Sind nur Durchzugs- 
vögel, soweit mir bekannt.) Auf den Markt kamen sehr viele 
Singschwäne, zum Teil lebend. Fast alle Exemplare waren leicht 
rostrot angeflogen an Kopf und Bauch. 


Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 887 


90. Oygnus sp. ? 
Ein Zug von 4 Schwänen, schwarz mit hellen Hälsen, kleiner 
wie Oygn. musicus, zog am 15.3. über den Kaiserpalast. (Die Höhe 
und schlechte Beleuchtung hat mich möglicherweise getäuscht.) 


791. Anser albifrons (Scop.)? (Durchzugsvogel ?) 


Kam im März in grossen Scharen. Auf dem Markte traf 
ich sie häufig. 
92. Casarca casarca L.? 
Sehr grosse Ente, fast einfarbig rostrot. Auf dem Markte. 


-+93. Anas boschas L. (Sömmervogel). 


Im März trafen grosse Schwärme von Enten aller Art ein. 
Anfang Mai waren fast alle Arten weg bis auf die Stockente und 
einige andere Arten. Die Stockente brütet auf den Lotosteichen 
und den Lachen in der Ebene und im Gebirge. In der Färbung 
ist sie der unsrigen gleich. 


-94. Mergus albellus L.? (Sommervogel.) 

Traf mit den Enten im März auf den Lotosteichen ein und 
blieb in wenigen Paaren zum Brüten da. Ich habe leider kein 
Exemplar geschossen. Er macht sich durch häufiges, helles 
Locken bemerkbar und taucht sehr anhaltend. 


795. Mergus serrator L. 
Wurde im April von Ltn. von Stegmann geschossen. Der 
Bauch ist weiss mit rostrotem Schimmer. 
g und 2 auf dem Markt gesehen. 


Malse: 
Länge: 63 cm. Schnabel: 6,4 cm. (vorn und 
Fl. Spnng.: 98 cm. unten schwarz, sonst rot). 
Bug: 30 cm. Mittelzehe: 7 cm. 
Schwanz: 9,8 cm. Nagel: 1,2 cm. 
Ständer: 5,8 cm. Ruder: rot. 


+96. Phalacrocorax carbo (L.?) 
5 Kormorane trieben sich im Frühjahr längere Zeit auf 
den Lotosteichen herum. Sie schienen mir einfarbig dunkel 


gefärbt zu sein. 
26* 


388 Pogge: 


--97. Hydrochelidon leucoptera (Schinz). (Sommervogel.) 
Ende Mai erschienen auf den Lachen im Haitze 4 Arten 
von Seeschwalben, unter ihnen auch diese schöne schwarz- 
schnäblige Art. 


-+98. Hydrochelidon hybrida (Pall.) (Sommervogel.) 
Im Mai im Haitze. 


99. Sierna sinensis Gm. (Sommervogel.) 
Im Mai im Haitze. 


+100. Sierna caspia Pall. (Sommervogel.) 


Vereinzelt auf den Schlammbarren im Paiho im Oktober 
beobachtet. 


101. Colymbus nigricans poggei Rchw. (Sommervogel.) 


Dieser kleine Steissfuss (Journ. Orn. 1902 S. 125) erschien 
im April auf den Lotosteichen und den Lachen im Haitze 
und belebte durch sein munteres Trillern das Wasser. Er ist 
in einigen Paaren fast auf jeder Wasserfläche zu finden, wenn 
die Ränder mit Rohr und Kraut bewachsen sind. 


Beobachtungen über den Vogelzug. 


Der Vogelzug tritt sowohl im Frühjahr wie im Herbst durch . 
Massenanhäufung von Artgenossen in die Erscheinung, bei den 
einzelnen Arten entweder beim Ab- oder beim Anzuge. Beim 
Zuge in die Winterquartiere habe ich grosse, bisweilen ungeheure 
Ansammlungen beobachtet bei den Schwalbenarten, die sich 
Anfang Oktober in buntem Gewinmel gleich Mückenschwärmen 
über den Sümpfen und Wasserlachen umhertrieben. Gegen Abend 
sah ich sie in den Rohrplänen, auf Dächern und Stadtmauern 
einfallen, um dort zu nächtigen. Plötzlich warensiealleverschwunden. 
Ihr Eintreffen im Frühjahr fand einzeln oder in kleinen Flügeln 
statt; jedes Paar schien sofort sein Brut- und Standquartier 
für den Sommer aufzusuchen. Ähnlich verhielt sich der Zug 
der Abendfalken, von denen ich am 6. Oktober, wie schon bei 
diesem erwähnt, einen gewaltigen Flug über Jang-shun be- 
obachtete.e Ende April bis Anfang Mai traf das Gros wieder 
ein, hatte aber keine grosse Eile, das Brutgeschäft zu beginnen, 
und trieb sich mehrere Wochen lang in kleineren Trupps auf 
den Feldern umher. Bei der Wachtel habe ich den eigentlichen 


| Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 339 
| 
Zug nur im Herbst beobachtet, wo sich grosse Flüge in sehr 
lockerem Verbande im Flachlande der Küste nach Süden be- 
wegten. Im Frühjahre waren sie plötzlich an den Brutplätzen, 
wo einige ihrer Artgenossen den Winter überdauert hatten. 
Der Zug der Waldschnepfe ist ebenfalls nur im Herbst aus- 
giebig, bei welcher Gelegenheit sie viel geschossen und gefangen 
wird und auf den Markt kommt. 

Dem gegenüber tritt der Zug der Schwäne, Gänse und 
Enten im Frühjahre mehr in die Erscheinung, allerdings haupt- 
sächlich bei den Arten, die dann auf dem Durchzuge nach der 
nordischen Heimat sind. Letztere hielten sich nach dem Auf- 
tauen der Wasserflächen mehrere Wochen im April an zu- 
sagenden Plätzen auf und verschwanden dann ebenso plötzlich, 
wie sie gekommen waren, um wahrscheinlich mit noch mehreren 
Stationen ihren Brutplätzen in den Tundren Sibiriens zu zu- 
eilen. In ähnlicher Weise zog Kiebitz und Lappenkiebitz durch 
die Provinz: im Herbst vereinzelt, im Frühjahre in gewaltigen 
Schwärmen. Er hatte es eilig, blieb nur kurze Zeit und war 
schon Anfang April verschwunden. Als Durchzugsvogel, der im 
Frühjahr in geschlossenen Massen auftritt, ist weiter noch die 
Bekassine zu nennen. 

Das Eintreffen der kleineren Zugvögel geschieht still, ohne 
grosse Gesellschaftlichkeit und plötzlich. Sumpfvögel, kleine 
Sänger, Lerchen u. s. w., die im Winter ferne waren, trifft man 
unvermutet eines Tages an allen zusagenden Stellen. Vorläufer 
und vorzeitiges Eintreffen einzelner Individuen habe ich sehr 
selten beobachte. Das ist auch erklärlich durch die Gleich- 
mässigkeit des Klimas, in dem meteorologische Störungen des 
Zuges wobl kaum eintreten. Der Wind ist stätig, die Witterung 
trocken. Tage, an denen es, wie häufig im Frühjahre, stürmt, 
werden zur Rast benutzt. 

Zu den Zugvögeln gehören ferner noch die Wintergäste, 
von denen es eine ganze Anzahl von Arten giebt, die z. T. in 
grossen Schwärmen auftreten. Dazu gehört zunächst eine unserer 
Ackerlerche sehr ähnliche Lerche, die im Winter die Steppe 
südlich Peking belebt. Schon frühzeitig, Ende März, war sie 
verschwunden. Zu den Wintergästen gehörte weiter der Würg- 
falke und ein grosser Bussard (Archibuteo hemilasius),; wahr- 
scheinlich auch eine Seidenschwanz-Art und der Bergfink, die 
ich nur im Winter beobachtet habe. 


390 Pogge: Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 


Für Körnerfresser findet sich im Winter reichlich Nahrung 
im Lande, da ein Schneefall nur sehr selten eintritt und so die 
Rispen des Grases und der Same der Unkräuter leicht zu finden 
sind, sodass selbst die zarte Wachtel sich nicht genötigt fühlt, 
südlichere Striche aufzusuchen. Für Schwimm- und Sumpfvögel 
wäre allerdings ein Winteraufenthalt in der Provinz verderblich, 
da der sehr strenge Frost alle Seeen und Flüsse zeitweise er- 
starren lässt. 


Ornithologische Ergebnisse 
der „I. Deutschen Südsee Expedition von Br. Mencke.“ 


Von Dr. ©. Heinroth, Berlin. 


Im Juli 1900 verliess die Dampfyacht „Eberhard“ (die 
frühere „Princess Alice“ des Fürsten von Monaco) den Hamburger 
Hafen, um ihre Reise zur Erforschung der deutschen Südsee- 
gebiete anzutreten. Herr Bruno Mencke hatte sie aus eigenen 
Mitteln erworben, zu einem Expeditionsschiff umgewandelt und 
keine Kosten gescheut, ihre wissenschaftliche Ausrüstung so voll- 
ständig als möglich zu gestalten. Die Teilnehmer der Expedition 
bestanden aus Herrn Mencke selbst, der namentlich ethnologische 
Interessen verfolgte, Herrn Dr. G. Duncker, welcher die marine 
Zoologie übernommen hatte, aber unmittelbar nach der Ankunft 
in Herbertshöhe aus der Expedition ausschied, mir selbst als 
Landzoologen und Arzt und unserem Präparator Herrn P. Kothe, 
der in der Folge mir allein beigegeben war, aber leider im April 
1901 wegen schweren Fiebers die Heimreise antreten musste. 
Ihm verdanke ich manchen seltenen Vogel, und unsere gemein- 
samen Interessen brachten es mit sich, dass wir fast stets zu- 
sammen sammelten und beobachteten. 

Am 13. VIII. 1900 verliessen wir Neapel, kamen am 19. 
nach Port Said, am 29. nach Aden, am 9. IX. nach Colombo. 
Von hier aus unternahm ich mit Herrn Mencke eine etwa 10 
tägige Landtour bis Katale, d. h. bis in die Gegend der Nord- 
Ostküste Ceylons. Hier wurde viel gesammelt und beobachtet, 
und die schier ungeheuren Schwärme von Schlangenhalsvögeln, 
die äusserst zahlreichen Raubvögel u. s. w. werden mir stets in 
Erinnerung bleiben. Von Colombo gings am 23. IX. weiter nach 
Singapore, wo wir vom 1.—28. X. verweilten, und ich mit Herrn 
Kothe Sammel-Ausflüge in die Umgebung machte. Am 7. XI. 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 391 


landeten wir im Hafen von Batavia (Tandion-Priok), verliessen 
diesen nach einem Besuch Buitenzorgs am 7. XL, verweilten vom 
17.—18. XI. in Amboina und kamen am 1. XII. nach Friedrich- 
Wilhelmshafen (Neu-Guinea). Am 5. XII. trafen wir in Herberts- 
höhe ein, um nach einigen Tagen Matupi in der Blanche-Bucht als 
unsern ständigen Liege-Hafen zu beziehen. Von hier aus wurde 
Mitte Januar 1901 eine Stägige Tour, wobei am 11. I. Friedrich- 
Wilhelmshafen ein zweites Mal angelaufen wurde, nach dem Huon- 
Golf in Neu-Guinea (Herkules Fluss, Buibui Fluss, Simpang) unter- 
nommen und auf der Rückfahrt am 22. I. die Mündung des Henry- 
Reid Flusses (Neupommern) besucht. 

Vom 9.—11. II. unternahmen wir einen Ausflug nach den 
Credner Inseln, wo Herr Kothe und ich sich mit Malaria infi- 
cierten, um dann eine grössere Expedition nach St. Matthias vor- 
zubereiten. Wir fuhren zu diesem Zwecke über Mioko (21. Il), 
Nuungan bei Kapoteron (23. II.) nach Nusa. Nusa ist eigentlich 
eine kleine Insel an der Nordspitze von Neu-Mecklenburg, nach 
ihr heisst jedoch das ganze Regierungsbezirk, der Sitz des 
kaiserl. Stationschefs, bei dem ich mit meinem Präparator vom 
2.—Ende März wohnte, ist Kaevieng auf Neu-Mecklenburg selbst. 
Vorher wurden in der Gegend von Neu-Hannover noch Nackung 
und eine dieser benachbarte Insel aufgesucht. An dieser Stelle 
möchte ich dem kaiseri. Stationschef Herrn Boluminski und dessen 
liebenswürdiger Gattin nochmals meinen aufrichtigen Dank für 
ihre Liebe Gastfreundschaft und die Teilnahme und Pflege in 
schwerer Fieberzeit aussprechen. 

Am 29. III. bezog ich das bereits etwa 10 Tage bestehende 
Lager auf St. Matthias, am 31. III. erfolgte der Überfall seitens 
der Eingeborenen, der mit schwerer Verwundung und späterem Tode 
von Herrn Mencke, dem Tode seines Privatbegleiters Herrn Caro 
und einiger unserer schwarzen Soldaten, sowie mit der Ver- 
wundung eines Leichtmatrosen und von mir endete. Die ‚Eberhard‘ 
holte die Reste der Expedition eine Woche später nach Matupi 
ab. Von hier aus besuchte ich auf einer Anwerbetour des Schiffes 
noch einmal die Westküste Neumecklenburgs (8. V. Kallil und 
Bo, 10. V. Kadalek, Labur und Puligaramut, II. V. Kokola), kehrte 
nach Matupi zurück und verliess den Bismarckarchipel am 7. VI. 
1901. Auf der Rückfahrt liefen wir für einige Tage Makassar 
(Celebes) an und trafen Ende Juni in Singapore ein. Ich unter- 
nahm noch einen achttägigen Abstecher nach Sarawack (Borneo) 


392 O0. Heinroth; 2 


und fuhr mit einer grösseren Anzahl lebender Tiere am 21. VII. 
mit dem Frachtdampfer „Acilia“, da die „Eberhard“ hierzu ganz 
ungeeignet war, über Colombo, Port Said, Havre und Bremerhaven 
nach Hause, wo ich am 6. X. 1901 eintraf. 

Mein Aufenthalt in dem eigentlichen Forschungsgebiete, der 
ursprünglich auf 2—3 Jahre berechnet war, dauerte demnach von 
Anfang Dezember bis Anfang Juni, leider ist mir von den zuerst 
gesammelten Objekten das über die Vögel geführte Buch auf 
St. Matthias abhanden gekommen, so dass die genauen Gewichts-, 
Mauser- u. s. w. Daten erst vom 25. I. 1901 an vorhanden sind. 
Eine wirklich klare Übersicht über die Brut-, Zug-und Mauserver- 
hältnisse der Vögel des Bismarck-Archipels wäre erst möglich, 
wenn auch aus der zweiten Hälfte des Jahres genau untersuchtes 
Material vorläge, wünschen wir, dass wir bald über solches ver- 
fügen können! 

Zum Schlusse dieses eigentlichen Reiseberichts danke ich 
all’ den liebenswürdigen Landsleuten in der Südsee, welche 
meinen Bestrebungen in so hilfreicher Weise entgegengekommen 
sind, insbesondere dem damaligen Gouverneur, Herrn v. Bennigsen, 
Herrn Kolbe und den Herren der Firma Hernsheim auf Matupi. 

Ich teile im Folgenden meinen Bericht in zwei Teile. Der 
erste enthält in der üblichen Weise eine Aufzählung der im 
Bismarckarchipel von mir untersuchten und gesammelten Arten 
mit einigen Angaben über ihre Lebensweise u. s. w. Ein kleiner 
Anhang hierzu wird die in Neu-Guinea gesammelten Stücke be- 
rücksichtigen, unter denen auch einiges Neue erwähnenswert ist. 
Im zweiten Teil folgen dann die allgemeinen Resultate und Be- 
trachtungen über Verbreitung, Einfluss des Klimas u. s. w. sowie 
eine genauere Berücksichtigung der Art des Federwechsels 
bei den einzelnen Vogelgruppen. Namentlich die Reihenfolge der 
Mauser der Schwingen und Steuerfedern soll eingehend behandelt 
werden. Schliesslich erübrigt noch eine Besprechung der unterwegs 
auf der Reise gesammelten, untersuchten und beobachteten Vögel. 


unannnnnnnnnnn 


Zusammenstellung der vom 6. Dezember 1900 bis 6. Juni 1909 im 
Bismarckarchipel untersuchten und gesammelten Vögel. 


Die nachfolgende Aufzählung lehnt sich in ihrer Reihenfolge 
und Nomenclatur an „Die Vögel der Bismarckinseln“ von 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 393 


Prof. Ant. Reichenow!) und „Das Leben der Vögel auf 
den Bismarckinseln“ von Prof. Fr. Dahl!) an, ich habe 
deshalb im Folgenden auf jede Wiedergabe der Synonyma 
verzichtet. Auch habe ich hier alles weggelassen, was in ange- 
sebener Arbeit erwähnt ist und mit meinen Beobachtungen sich 
vollkommen deckt, höchstens besonders interessante Punkte habe 
ich, um sie hervorzuheben, nochmals selbst angeführt. Ausser 
bei einigen besonders seltenen Vögeln habe ich die Schnabel-, 
Fuss- und Augenfarbe nur dann erwähnt, wenn meine Aufzeich- 
nungen mit den Angaben Reichenows nicht übereinstimmten. 

Einen neuen Faktor habe ich eingefügt, das sind die 
Gewichtszahlen, wer auf diese etwas eingeübt ist, wird durch sie 
eine viel klarere Vorstellung über die wahre Grösse und Stärke 
des Vogels eriangen, als durch die Längenmasse, erstere geben die 
Masse des Tieres ohne Rücksicht auf die Länge der Federn und 
des Schnabels an, ausserdem aber zeigt sich, wie ich im Voraus 
bemerken will, dass bei den verschiedensten Gattungen die 
Weibchen durchaus nicht an Gewicht hinter den Männchen 
zurückstehen, wie man dies gewöhnlich, oft verleitet durch etwas 
geringere Masse der ersteren, annimmt, im Gegenteil! 

Ich habe ferner die Mauserverhältnisse überall berücksichtigt 
und nicht nur das, sondern auch aus dem Grade der Abnutzung 
des Gefieders meine Schlüsse auf Brutperioden u. s. w. gegründet. 
Jeder, der sich bei unsern europäischen Vögeln einmal in diesen 
Gegenstand vertiefte, wird erstaunt sein, mit welcher Sicherheit 
man namentlich bei ganz gewissen Vogelgruppen an dem Alter 
der Federn die Jahreszeit, aus welcher das Tier stammt, erkennen 
kann, d. h. also, wie sich aus dem Zustande des Gefieders die 
Fortpflanzungszeiten ergeben. Für Tauben, Papageien u. s. w. 
gelten allerdings andere Verhältnisse. 

In meinen Notizen habe ich die Entwicklung der Keimdrüsen 
der erlegten Vögel möglichst genau aufgezeichnet, eine kleine 
Arbeit, die sehr lohnt, und die ich jedem Sammler empfehlen 
möchte, nicht zu versäumen, auch findet man dabei, wie die 
Befunde bei Centropus ateralbus und Astur dampieri beweisen, 
bisweilen recht merkwürdige Thatsachen. Am einfachsten merkt 
man sich die verschiedene Reife der Genitalien so an, dass man 


1) S. „Mitteilungen aus der zoologischen Sammlung des Museums 
für Naturkunde in Berlin“ 1. Bd. 3. Heft 1899. 


394 O0. Heinroth: 


durch Unterstreichen des Geschlechtswortes den Grad der Ent- 
wicklung bezeichnet. „Mas‘‘ ohne Strich bedeutet: Hoden ganz 
klein, einmal unterstrichen heisst: Hoden deutlich hervortretend, 
zweimal unterstrichen: gut entwickelt und dreimal unterstrichen: 
vollkommen reif. Die Sache ist sehr mühelos und sagt sehr viel, 
allerdings soll man dabei nicht, wie vielfach üblich, die Geschlechtsbe- 
stimmung womöglich dem eingeborenen Präparierjungen überlassen. 

Auch auf grob anatomische Verhältnisse der Haut u. s. w. 
bin ich im Folgenden etwas eingegangen, ich habe immer gefunden, 
dass es sich recht lohnt, wenigstens einen Vogel jeder Gattung 
einmal selbst abgezogen und geöffnet zu haben, es wird einem 
dadurch manches in der Lebensweise des Tieres sofort klar, und 
auch die Systematik kommt nicht zu kurz dabei. 

An einzelnen Stellen habe ich allgemeinere Beobachtungen 
eingeflochten, die man vielleicht an diesen Orten nicht gerade 
suchen wird, da sie jedoch immer bei den Hauptvertretern der 
betrefienden Gruppen angebracht sind, so glaube ich, werden sie 
namentlich für den, welcher die Vögel des Bismarckarchipels kennt, 
nicht zu übersehen sein. 


Casuariidae. 
Casuarius benetti ]J. Gd. 


In Reichenow „Vög. d. Bismarckins.“, Salvadori Cat. Birds. 
Brit. Mus. XXVII pg. 602 und W. Rothschild: Monograph of the 
genus Casuarius (Trans. Zool. Soc. London XV, Part V. Dee. 
1900 pg. 146) findet sich die Angabe, dass das Dunenjunge „rot- 
braun mit schwarzen Längsbinden auf der Oberseite“ sei. 
Ein von mir aufgezogener Vogel sowie ein ganz junges Stück in 
der Berliner Sammlung verhalten sich ganz anders: sie sind rot- 
braun mit 4 gelbweissen Längsstreifen über den Rücken und 
je 2 über die Schenkel. Die Unterseite ist gelblichweiss. lm 
grossen und ganzen ähneln sie also den jungen Emus (Dromaeus), 
jedoch haben sie nicht die Kopf- und Halszeichnung dieser Vögel. 
Diese „Frischlingszeichnung“ ähnelt der junger Wildschweine 
auch insofern, als sie mit zunehmendem Wachstum des Trägers 
allmählich immer undeutlicher und verschwommener wird, bis 
die hellen Streifen nur noch unter gewisser Beleuchtung sichtbar 
sind und endlich ganz verschwinden. Der junge Bennettskasuar trägt 
dann das allen Kasuararten gemeinsame gelbbraune II. Jugendkleid, 
welches allmählich in das schwarze Alterskleid vermausert wird. 


Ornith ologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 395 


Meine jungen Kasuare dieser Art waren sehr zahme Vögel, 
welche viel Wasser verbrauchten und häufig den Versuch machten 
in einem Eimer zu baden. Ich ernährte sie mit gekochtem Reis 
und Schiffszwieback als Hauptfutter, Brot bildete die Zukost, 
und Bananen und rohes Fleisch mit Knochen waren eine Leckerei 
für sie. Ein Vogel von der Gösse der Tanysiptera nigriceps 
wandert bei ihnen in einem unbewachten Augenblick sammt 
Schnabel und Federn ohne Umstände durch den weiten Schlund 
in den Magen. Entsprechend dem dichtbewachsenen Boden, auf 
welchem die Kasuare leben, sind ihre Beine in ganz anderer 
Weise ausgebildet als die der Strausse. Die Stärke der Kasuare 
liegt im Springen und geschickten Vermeiden von Hindernissen 
aller Art, sie führen Bewegungen aus, bei deren blossem Versuche 
sich die Strausse die Läufe brechen würden. Bei ihren Kämpfen 
und Kampfspielen springen sie nach vorn ausschlagend hoch an- 
einander empor, an Bord des Schiffes freigelassen, eilen sie mit 
erstaunlicher Geschicklichkeit über am Boden liegende Taue, 
Kisten und Kohlenhaufen hinweg, sodass dem Beobachter, welchem 
die Brüchigkeit der Lauf- und Unterschenkelknochen anderer 
höchbeiniger Vögel nur zu gut bekannt ist, jedesmal ein geheimes 
Grausen ankommt, wenn er die spielenden ‚‚Murups‘“ umhertollen 
sieht. Ein etwa zu zwei Dritteln erwachsener Vogel sprang mir 
ohne Anlauf aus einem 1,5 m. hohen Lattenverschlage. Die 
Jungen piepen nach Art anderer Kasuare bis sie fast erwachsen 
sind in oft wiederholter, lauter Weise, auch Nachts, sowie sie 
Schritte hören oder irgendwie geweckt werden. Bei stärkerem 
Seegang pflegte sich mein grösserer „Murup‘ ruhig in eine Ecke 
seines Käfigs zu legen und verständigerweise keine fruchtlosen 
Versuche” zum Stehen zu machen, war dabei aber völlig wohl 
und munter. Schwächere Schiffsbewegungen, bei denen Pferde 
beispielsweise sich bereits nicht mehr auf den Beinen halten 
können, stören die Kasuare gar nicht. 

Beim Kampfe sträuben die Kasuare hauptsächlich das Ge- 
fieder der hinteren Körperhälfte, wenigstens fällt dies wegen der 
srösseren Länge der Federn an diesem Körperteile besonders auf, 
und der Vogel gewährt dann einen ganz veränderten Anblick. 
Die Stimme der Kasuare ist ein in Buchstaben nicht wiederzu- 
gebendes Dröhnen, das man mehr zu fühlen als zu hören glaubt, 
weil die Tiefe der dabei hervorgebrachten Töne sich der unteren 
Grenze der durch das Ohr wahrnehmbaren Schwingungszahl 


396 O0. Heinroth: 


nähert. Die Tiere blasen dabei den Hals, speziell die nackten, 
lebhaft gefärbten Teile desselben so stark auf, dass diese in 
gleiche Höhe mit der Befiederung zu stehen kommen. Bei den 
Lappen-Kasuaren werden hierbei auch die Lappen in Mitleiden- 
schaft gezogen und vergrössern sich sehr stark. Dem Beobachter 
wird, zumal wenn er in Betracht zieht, dass dieses Getön von 
fortpflanzungslustigen Tieren beiderlei Geschlechtes ausgestossen 
wird, sofort klar, dass die nackten, namentlich im aufgeblasenen 
Zustande prächtig gefärbten Hautstellen als Imponier- und Re- 
sonanzorgane aufzufassen sind. Der Vogel braucht übrigens eine 
Zeitlang, bis er seine Halshaut aufgepumpt hat, dann nimmt er 
eine horizontale Körperhaltung an, neigt den Schnabel nach 
unten und „dröhnt.“ Der Bennetts-Kasuar klappert während des 
Lautgebens in recht charakteristischer Weise mit dem Schnabel. 

Im Berliner Zoologischen Garten wurde die Beobachtung 
gemacht, dass bei Bennetts- und anderen Kasuaren sich die 
grössten und schönsten Stücke in der Folge stets als Weibchen 
herausstellten.!) Es wäre interessant, zu konstatieren, in wieweit 
sich dieser Umstand bei Durchsicht von mehr Material als regel- 
mässig bestätigt. 

Das Wachstum der Kasuare scheint nur sehr langsam vor 
sich zu gehen: ganz schwarze, erwachsene Stücke dürften nach 
meiner Ansicht wohl stets das dritte bis vierte Lebensjahr zu- 
rückgelegt haben. 


Procellariidae. 
Puffinus sp.? 

Am 27. Mai 1901 erhielt ich von einem Eingeborenen einen 
Vogel, von welchem er angab, er habe ihn in der Blanche-Bucht 
auf dem Wasser schwimmend gefunden und ins Kanoe genommen, 
er sei sehr matt gewesen und habe sich ohne Fluchtversuche zu 
machen greifen lassen. 

Es stellte sich beim Abbalgen heraus, dass das Tier voll- 
kommen abgekommen war, es fehlte jede Spur von Fett und die 
Muskulatur war stark atrophisch. Schwingen und Schwanzfedern 
wiesen noch Blutkiele auf, waren also noch nicht voll erwachsen, 
die Sektion ergab leeren Verdauungstraktus und jugendliche Hoden. 


1) Dieselbe Beobachtung wird auch in dem englischen Illustrations- 
werke „Living Animals“ niedergelegt. 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 897 


Der Vogel ähnelt im allgemeinen dem P. ienwirostris (Tem.), 
ist aber viel kleiner, namentlich der Schnabel ist auffallend dünn. 
Wenn es sich hier auch um ein junges, verflogenes und verhungertes 
Stück handelt, dessen Grossgefieder noch nicht seine definitive 
Länge erreicht hat, so erscheint mir der Vogel doch wichtig 
genug, um ihn näher zu beschreiben. Junge, eben flügge Puffinus 
haben sonst fast die Grösse ihrer Erzeuger, namentlich sind 
Schnabel und Füsse bereits recht früh erwachsen, und bei dem 
vorliegenden Vogel dürften die Schwingen und der Schwanz nur 
noch wenig sich verlängern, da das übrige Gefieder erwachsen 
ist, und das Tier bereits fliegen kann. Wenn es auch durchaus 
möglich ist, dass der Vogel einer bisher unbeschriebenen Art 
angehört, so halte ich mich doch nicht für berechtigt, auf dies 
eine unerwachsene Stück eine neue Spezies zu gründen. 

Ganze Oberseite braunschwarz, Innenfahnen der Schwingen 
heller. Kehle und Kinn grau, übrige Unterseite schwarzbraun, 
etwas heller als die Oberseite. Unterflügeldeckfedern weisslich 
mit schwarzgrauen Spitzen. Alle Federn des Kleingefieders sind 
an der Wurzelhälfte hell- bis dunkelgrau gefärbt. Die Farbe 
des Schnabels ist grauschwarz, das Auge blaugrau, die Füsse 
sind fleischfarben, auf der Rück- und Aussenseite schwärzlich. 
Lg. 292; Fl. 193; Schw. 84; Dist.--6; Breite 640; Schn. mit 
Krümmung 33; L. 55 mm. Das Gewicht des abgemagerten Vogels 
betrug 82 8. 


Laridae. 
+ sSterna anaestheta Scop. 

Ein am 28. XII. bei der Vulkaninsel erlegtes Stück beginnt 
zu mausern. Von 2 von Dahl Anfang März gesammelten Vögeln 
steht eins in vollem Federwechsel, das andere trägt sein voll- 
ständiges Gefieder. 

Gegen das Ende des Mai hin erhielt ich eine lebende, unver- 
letzte Seeschwalbe dieser Art und vermochte dieselbe am Leben zu 
erhalten. Ihr vorgesetzte Fisch- und Fleischnahrung liess sie un- 
beachtet, doch schnappte sie zur Abwehr häufig nach dem vor- 
gehaltenen Finger. Ich liess sie also in der Folge statt in die 
Finger in Fleischstückchen beissen, welche ich ihr mit der Pin- 
zette gleich tiefer in den Rachen schob. Anfänglich wurden dieselben 
entrüstet wieder ausgeworfen, aber nach 2—3 Tagen ruhig hinunter- 
geschluckt. Nach achttägiger Gefangenschaft trippelte der zierliche 


398 O0. Heinroth: 


Vogel bereits unruhig am Gitter seines Käfigs auf und ab, wenn 
er mich mit dem Zerkleinern des Futters beschäftigt sah und 
frass gierig aus dem Futternapf. Leider wurde das Tierchen 
Mitte Juli von einer Ninox odiosa, die sich mit ihm bis dahin 
vorzüglich vertragen hatte, in Singapore während einer achttägigen 
Abwesenheit meinerseits aufgezehrt. 


Sterna Dergei Leht. 

2 Stücke vom 21. XII. bei Matupi verhalten sich ganz ver- 
schieden: das eine ist im frisch angelegten Prachtkleid mit neuen 
Schwingen und schwarzer Kopfplatte, während das andere im 
Schwingenwechsel begriffen ist, und das Kleingefieder aus neuen 
Winterkleidsfedern besteht. Zieht man dabei in Betracht, dass 
mausernde junge und alte Vögel ausserdem in den Monaten II, 
_ UI, V und VII anzutreffen sind, so scheint es wohl, als wenn die 
Tiere sich je nach ihrer eigentlichen Heimat, die sich ja über 
die Gestade des indischen Ozeans, die Küsten Australiens, Chinas, 
Japans und die polynesischen Inseln erstreckt, verschieden ver- 
halten, sodass wir im Bismarckarchipel von Norden und Süden 
zugewanderte Stücke antreffen werden. Möglich ist es auch, dass 
sich die Brutzeit der ansässigen S%. bergei so auf das ganze Jahr 
verteilt, dass auch Mauser und Winterkleid nicht an bestimmte 
Jahreszeiten gebunden sind. Letzteres ist mir insofern unwahr- 
scheinlich, als eigentliche Winterkleider bei Vögeln, welche den 
Einflüssen von Jahreszeiten nicht ausgesetzt sind, wie dies bei 
dem tropischen Inselklima der Fail ist, kaum vorkommen. 


Sterna longipennis Nordm. 

19 im XII. und I. erlegte Vögel stehen in voller Schwingen- 
mauser, sowohl junge als ältere Tiere. Auch im II., III. und V. 
hat Dahl Mauservögel gesammelt. Alle Stücke aus dem Bismarck- 
archipel sind im Winterkleid, nach dem vorliegenden Material 
sind diese Seeschwalben, deren Brutgebiet ins östliche Asien fällt, 
vom XIl.—V. im papuanischen Gebiet anzutreffen, um dort die 
Schwingenmauser zu erledigen. 


tHydrochelidon leucoptera (Meisn. Schinz.) 
Einen Vogel dieser Art fand ich am 1. I. unter einem 
Schwarme von St. longipennis, er befindet sich im Jugendkleid 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 399 


und im ersten Drittel der Schwingenmauser. Für den Bismarck- 
archipel ist diese Art, deren Brutgebiet das gemässigte Europa 
und Asien umfasst, hiermit das erste Mal nachgewiesen, ihr Vor- 
kommen daselbst während des nordischen Winters war, da sie 
sogar bis Neu-Seeland vordringt, von vornherein zu erwarten. 
Etwas unklar ist mir die Reihenfolge der verschiedenen, so ab- 
stechend gefärbten Kleider dieser Seeschwalbe. Das vorliegende 
Stück mausert am 1. I. aus einem abgenutzten braungrauen 
Kleide in ein oben silbergraues, auch der Schwanz hat diese Farbe. 
Ziehen wir die Lachmöve (Larus ridibundus L.) zum Vergleich 
heran, so ist ihre Mauser folgende: Brutzeit April—Mai, Dunen- 
kleid, I. Jugendkleid, I. Winterkleid durch Erneuerung des Körper- 
kleingefieders, sodass die schwarze Schwanzbinde also während 
des ersten Winters und des darauf folgenden Frühjahrs bestehen 
bleibt, und darauf im Sommer vollkommener Wechsel aller Federn, 
wodurch das II. Winterkleid angelegt wird. Im darauf folgenden 
Frühling wird durch Mauser des Kleingefieders das Brutkleid 
mit dunkelbraunem Kopf angelegt. Es findet also ein Wechsel 
der Flügel- und Schwanzfedern nur beim Eintritt ins Winterkleid 
im Sommer statt. Bei unserer Weissschwingen-Seeschwalbe treffen 
wir nun auf eine Gesamtmauser im Dezember — Januar, wobei 
die grauen Jugend-Steuerfedern in ebensolche eines neuen Kleides 
vermausert werden, während nach Analogie der Lachmöve nach 
den Schwanzfedern des Jugendkleides die für das nächstjährige 
Brutkleid charakteristischen weissen nachwachsen müssten. 

Sämtliche Seeschwalben erlegt man am einfachsten in der 
Weise, dass man an den meist auf einer Boje, Reuse u. s. w. 
ruhenden. Schwarm anfährt, schiesst und die Gefallenen nicht so- 
gleich aufsammelt. Solange tote oder verwundete Vögel auf dem 
Wasser treiben, werden sie von ihren Genossen eng umkreist, 
und man kommt so noch wiederholt zu Schusse. Niemals habe 
ich Seeschwalben sich aufs Wasser niederlassen sehen: sie ruhen 
stets auf festem Boden und fischen fliegend. 


-Anous leucocapillus J. Gd. 


Das eine Stück meiner Sammlung schoss ich am 6. V. gegen 
Abend von einer Raae unseres Schiffes herab, auf die es sich 
niedergelassen hatte; es war in voller Mauser begriffen. 


400 O0. Heinroth: 


Anatidae. 


Dendrocygna guttulata Wall. 

Diese für den Bismarckarchipel neue Baumente, ein Weibchen, 
ist von Herrn Gouverneur v. Bennigsen im November 1900 in 
Gunantambu bei Herbertshöhe erlegt. Zwei Vögel dieser Art 
hielten sich auf der sumpfigen mit Kokospalmen bestandenen 
Wiese am Meeresstrande auf. 


Charadriidae. 


—-Charadrius fulvus Gm. 

Drei Vögel vom XII. und Il. sind im Winterkleid und 
mausern die Schwingen, ein Stück der Dahl’schen Sammlung vom 
VIII. verhält sich ebenso. Auch die Februarvögel erhalten bei 
ihrem Federwechsel noch keine schwarze Unterseite. 

Bei unserem Goldregenpfeifer in Europa fällt die Schwingen- 
mauser zugleich mit dem Übergang vom Sommer- ins Winterkleid 
etwa in den August, bei dem nahe verwandten nordasiatischen 
Oh. fulvus müsste es sich ähnlich verhalten, nichts destoweniger 
fanden wir im Bismarckarchipel im Dezember und Februar Vögel 
im Schwingenwechsel, eine mir völlig unerklärliche Thatsache. 

Das Gewicht eines Weibchens betrug 125 g. 


-+-Charadrius mongolus Pall. 


Ein am 13. III. auf Nusa erlegter weiblicher Vogel dieser 
Art wechselt sein Kleingefieder ins Prachtkleid, wie es für einen 
Bewohner des Nordens von vornherein anzunehmen ist. Sein 
Gewicht beträgt 70 g., im Magen fanden sich kleine Schnecken- 
häuser. 

+ Charadrius dubius Scop. 

Ein Weibchen vom Dezember mausert die Schwanzfedern 
und trägt im Übrigen das schon fast volle, schöne Sommerkleid, 
ein anderes vom Februar zeigt dieselben Verhältnisse, das 
Sommerkleid ist bereits vollständig (Gewicht 38 g.) Das sehr 
frühe Anlegen des Prachtkleides ist hier recht auffallend. 


Scolopacidae. 
Numenius variegatus (Scop.) 


Dieser Vogel kommt wider Erwarten nicht auf weichem 
Meeresstrande vor, sondern bevorzugt steiniges Korallenufer, ein 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition. 401 


Männchen von Neu-Mecklenburg (Laur) zeigte am 8. V. stark 
abgenutztes Gefieder, der Mageninhalt bestand aus kleinen Krabben. 
Gewicht 305 8. 

Die Stimme gleicht der von N. arguatus und ist vielleicht 
etwas höher und schwächer. 


Totanus brevipes MVieill. 


Ein Januarvogel trägt ein abgenutztes Winterkleid, ein 
junges Männchen vom 2. II. wechselt merkwürdigerweise im 
vollen Winterkleide die Schwingen. Ein Weibchen vom 5. II. 
mausert das Kleingefieder, aber ohne Sommerfarben zu bekommen 
und zeigt tadellos neue Schwingen und Steuerfedern, ein zweites 
vom 13. III. wechselt ebenfalls das Kleingefieder und steht am 
Ende der Schwingenmauser. Zum Vergleich führe ich an, dass 
ein von Finsch auf Neu-Pommern im X. gesammeltes mas. gerade 
das Winterkleid anlegt und die Schwingen wechselt, während ein 
fem. letzteres ohne Mauser trägt. A. B. Meyer brachte aus Celebes 
zwei Märzvögel: der eine trägt das volle Sommer-, der andere 
das Winterkleid. Auch hier also stimmt die Reihenfolge der 
Kleider, welche doch bei einem Vogel, dessen Brutgebiet recht 
einheitliche Verhältnisse in Betreff des Wechsels der Jahreszeiten 
zeigt (Ostsibirien, Kamtschatka, Japan), sehr regelmässig verlaufen 
müsste, durchaus nicht in der Weise, wie es gewöhnlich angenommen 
wird. 

Das Gewicht beträgt 102, 102, 107 g, als Mageninhalt wurden 
kleine Muschel- und Schneckenschalen gefunden. 


Tringoides hypoleucos (L.) 

Von diesem häufigsten und verbreitetsten Strandvogel erlegt 
man namentlich im Anfang viel mehr als man beabsichtigt; gar 
häufig verkennt man ihn und zufolge seiner grossen Vertrautheit 
muss er den Irrtum mit dem Leben bezahlen. Auf Steinen an 
der Küste, wasserfreien Korallenblöcken, kleinen Landungsbrücken, 
Bojen, festgemachten Leichtern u. s. w. sitzt er oft in grösserer 
Anzahl. 

Sämtliche Stücke, welche ich untersuchte, hatten nur sehr 
schwach entwickelte Geschlechtsorgane. 15 Vögel vom Dezember, 
Januar und Februar zeigen das Ende der Gesamtmauser, einige 
Exemplare vom November aus Batavia und Amboina fangen das 
Kleingefieder an zu wechseln, ein Vogel erneuert die Schwingen. 

Journ, f, Orn. L. Jahrg. Oktober 1902. 27 


402 Ö. Heinroth: 


Alle tragen das wenig quergestreifte Wiuterkleid. Von zwei Juli- 
Vögeln der Dahl’schen Sammlung weist der eine ein sehr ab- 
genutztes Jugendkleid, der andere ein frisches Winterkleid auf. 

Nach Naumanns Angaben treten die alten Flussuferläufer 
Ende des Sommers vom Brut- ins Winterkleid, wobei auch die 
Schwingen gewechselt werden, die jungen Vögel hingegen ziehen 
noch im Jugendkleid fort, erlangen ihr Winterkleid in der Fremde 
und legen dann nach ihrer Rückkunft ein unvollständiges Sommer- 
kleid an. Es wäre also immerhin denkbar, dass die während unseres 
Winters in den Tropen mausernden Vögel junge Tiere wären, 
doch weiss ich nicht, ob bei diesen überhaupt im ersten Jahre 
ein Schwingenwechsel stattfindet: bei der Gruppe der Laro- 
Limicolae ist das sonst nicht die Regel. 

Jedenfalls ist Zr. hypoleucos in allen Monaten im Bismarck- 
archipel zu treffen, die Sommervögel könnten noch nicht brütende 
Stücke im ersten Jahre sein. Ich bitte spätere Sammler, doch 
ja recht genau auf die Entwickelung der Eierstöcke und Hoden 
der erlegten Exemplare zu achten. 

Als Mageninhalt fanden sich fast immer kleine Krabben: 
auch bei uns weniger Wurm- als Insectenfresser, fängt er die 
Crustaceen wie Käfer von den Korallenfelsen weg. 

Das Gewicht liegt im allgemeinen zwischen 41 und 52 g, 
Männchen und Weibchen zeigen keine Unterschiede Ein im 
März auf Nusa erlegter weiblicher Vogel fiel mir schon beim 
Aufnehmen vom Boden auf, er war eigentümlich weich und sehr 
schwer. Er wog 88 g, also das Doppelte des Normalgewichtes 
und war von fast unglaublicher Fettleibigkeit. 


Tringa ruficollis Pall. 

Bei einem Mai-Vogel ist das Kleingefieder der Oberseite 
zum Teil in das neue Sommerkleid vermausert, die Schwingen 
und deren Decken zeigen die normale Abnutzung vom vorange- 
gangenen Jahre her. Die Hoden waren nur sehr schwach ent- 
wickelt, es scheint also, dass auch diese Vögel erst am Ende 
ihres zweiten Lebensjahres fortpflanzungsfähig werden. Gewicht 208. 


Nach allen diesen Befunden an Strandläufern und Möven 
scheint es, als wenn die noch nicht paarungsfähigen im ersten 
Jahre sich nicht in derselben Weise an Jahreszeiten und Örtlich- 
keiten binden wie alte Vögel, welche eben zum Zwecke des Brut- 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 408 


geschäfts pünktlich ihrer kälteren Heimat zuwandern. Die ge- 
ringe Entwicklung der Geschlechtsorgane der im Bismarck- 
archipel während unseres Frühjahres gesammelten Stücke lässt 
darauf schliessen. 


Rallidae. 
Porphyrio smaragdinus Tem. 

Ein Männchen vom 1. VI. zeigte stark entwickelte Hoden, 
dürfte sich also in der Paarungszeit befunden haben. Gewicht 
575 g. Der Vogel wurde in einer Bananenpflanzung auf einer 
Staude erlegt, der stark muskulöse Magen enthielt Pflanzenreste, 


Weder dieses noch ein anderes, von Herrn Wolf herstammendes 
Stück aus dem März mausert. 


Hypotaenidia philippensis (L.) 
Den Vogel selbst habe ich nicht erhalten, dagegen zwei 
Gelege von je 4 und 6 Eiern, letztere haben ein Gewicht von je 
15 —16 8. 


Ardeidae. 


Nycticorax caledonicus (Gm.) 


Ein von mir bei Matupi am 15. V. gesammeltes Weibchen 
im Jugendkleide wog 620 g, der Magen enthielt Fische, dieser 
und ein anderer junger Vogel vom Januar aus der Dahl’schen 
Sammlung tragen ihr volles Gefieder. Im Februar erhielt ich 
einen etwa halbwüchsigen Nestvogel, welchen ich eine Zeitlang 
fütterte. Als er begann, zu Fuss allein umherzuschweifen, verschlang 
er frisch_ausgekommene Hühner- und Entenküken und wurde, 
da er in seinem Benehmen unseren Nachtreihern bis in alle 
Einzelheiten glich, also nichts Besonderes an ihm zu beobachten 
war, deshalb getötet. Er war immer scheu und zurückhaltend 
namentlich gegen fremde Personen und wusste umherschleichende 
Katzen durch sein gesträubtes Gefieder, den wütenden Gesichts- 
ausdruck und das plötzliche Vorschnellen des aufgesperrten 
Schnabels verbunden mit einem heiseren „Käck“ in respectvoller 
Entfernung zu halten. 


Ardetta nesophila (Sharpe). 
Ich erhielt je ein Stück von der Blanche-Bucht, Mioko, St. 
Matthias und Nakung bei Neu-Hanover. Von diesen enthielt 
27* 


404 OÖ. Heinroth: 


ein Weibchen vom Februar im Körpergewicht von 303 g ein 
fast legreifes Ei, ein stark entwickeltes Männchen aus demselben 
Monat wog 270 g. Vom März stammt ein junges, eben flügges 
Männchen, ein altes Männchen vom 1. V. mausert stark, Gewicht 
275 g. Im Magen wurden bei einem Vogel ein Frosch, bei einem 
andern zahlreiche Skinke (Lygosoma) gefunden. Bei fast allen 
Stücken finden sich in den Schwingen einzelne abgenutzte Federn 
zwischen den übrigen neueren, ohne dass dabei eine Mauser 
erkennbar ist. 


Demiegretta sacra (Gm.) 


Von der von Dahl erwähnten Brutcolonie auf der kleinen 
Crednerinsel konnte ich im Februar 1901 nichts mehr entdecken, 
wahrscheinlich sind die früher dort ansässigen Vögel durch die 
Verfolgung der Europäer vernichtet und verscheucht worden. Er 
fand dort im August mit Jungen besetzte Horste. 

Am 10. V. fand ich eine kleine Colonie auf einer kleinen, 
hochbewachsenen Insel bei Kadalek (Neu-Mecklenburg) und erlangte 
mehrere alte Stücke sowie die lebenden Insassen eines Horstes, 
von denen das grössere die ersten Spuren grauer, der kleinere 
die weissen Federn aufwies. Ich beschloss diese beiden Nestvögel 
aufzuziehen und brachte sie lebend mit in den Berliner Zoologischen 
Garten. Unter den an den Horsten ab- und zustreichenden 
srauen Vögeln befanden sich auch hier eine Anzahl weisser, ein 
erlegter der letzteren trug namentlich an den Schwingen und 
deren Decken grauschwarze Spitzenflecke. Anfänglich glichen 
sich die beiden dunigen Geschwister noch sehr, da eben nur erst 
die äusseren Enden des grossen Gefieders der Oberseite sichtbar 
und diese bei beiden Vögeln fast gleich grau waren. Je mehr 
das Wachstum vorschritt, desto weisser wurde der kleinere, die 
Federn wurden länger, und da nur die Spitze dunkel und der 
übrige Teil weiss war, so verteilten sich die anfänglich dicht 
stehenden dunklen Endflecke immer vereinzelter auf das leuchtende 
Weiss. Da ich die Tiere selbst fütterte, lernten sie mich in 
einigen Tagen kennen und begrüssten mich mit schwachem 
Schnabelklappen und zartem „Wiwiwi.“ Namentlich der kleinere 
weisse wurde sehr anhänglich. Gegen die Papuas, welche sie 
besichtigen wollten, nahmen sie sofort die bekannte drohende 
Reiherhaltung an und fuhren mit dem Schnabel nach ihnen, die 
Vögel hatten eben bald erkannt, dass diese Leute sie niemals 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 405 


fütterten und sie höchstens neckten. Fleisch nahmen diese Reiher 
fast lieber als Fische und konnten, wie alle Gattungsverwandten, 
riesige Stücke verschlingen. Bald liefen sie auf Deck herum und 
versuchten ihre Schwingen, und nun hiess es aufpassen, denn 
auf dem Tische stehende Nestvögel von Nektarinien u. Ss. w. 
schienen ihnen ein willkommener Bissen. Gegen grössere Tiere 
bewiesen sie einen bemerkungswerten Mut und griffen alles aus 
reinem Übermut und stets vereint an. Ausser dem rauhen 
Krächzen anderer Reiherarten haben diese Vögel noch einen 
andern recht auffallenden Stimmlaut, der namentlich Abends und 
in mondhellen Nächten oft sehr anhaltend ausgestossen und 
anscheinend als Lockton gebraucht wird. Das Wort „Mau,“ 
zugleich der Name des Reihers in der Blanchebucht, recht laut 
und kurz ausgesprochen, giebt eine gute Vorstellung von der 
Stimme unserer Vögel. Nachdem sie ein Jahr alt waren, begannen 
sie zu mausern, wobei sich bei dem weissen Vogel die schwarzen 
Federspitzen verloren und er also reinweiss wurde. 

Dahl fand Eier dieses Vogels im Februar, ein Nestjunges 
im August. Ein stark entwickeltes Weibchen beendete seinen 
Schwingenwechsel im März, ein Männchen begann damit im Mai, 
es scheint demnach, als wenn diese Vögel wenig an gewisse 
Jahreszeiten gebunden sind. Ein weisses Männchen (Mai) wog 
500 g, zwei graue je 565 und 575 g, ein graues Stück vom 
Februar 550 g. In dem Magen fanden sich Krabben und Fische. 
Die Krallen und der Schnabel sind wegen des Aufenthaltes 
der Tiere auf dem rauhen, harten Korallenboden meist sehr 
abgenutzt. 

Megapodiidae. 
Megapodius eremita Hartl. 

Sämtliche alte Tiere, welche ich vom März — Juni erhielt, 
waren Weibchen mit gut entwickeltem Eierstock, meist sogar 
mit fast legreifen Fiern. Ein grosser Teil der Vögel mauserte, 
doch scheint der Federwechsel im Gegensatz zu anderen Hühnern 
sehr langsam vor sich zu gehen. Das Gewicht der erwachsenen 
Stücke betrug 570 — 660 g, das einer Anzahl Eier ist wie folgt: 
89; 90; 93; 95; 97; 100; 101; 107; 116 g. Trotz längerer 
Aufbewahrung verschiedener Eier in der warmen Küche von etwa 
30° R. und bei gewöhnlicher Temperatur 22 — 26° R., ist es 


406 O0. Heinroth : 


mir nicht gelungen, Junge zu erzielen. Frisch ausgeschlüpfte 
Buschhühnchen wurden mir öfter gebracht, aber trotz aller Mühe 
ist es mir nicht geglückt, sie länger als etwa 14 Tage am Leben 
zu erhalten. Es sind reizende Vögelchen in ihrem schwarzbraunen, 
wolligen Federkleid, den entwickelten Schwingen und den lang- 
zehigen schlanken Füsschen. Da das F von den Papuas meist 
wie P gesprochen wird, so machen sie aus dem „Fowl belong 
bush“ einen „Paul,“ und so war denn „Paulchen“ der von selbst 
gegebene Name. Ein Hühnchen benahm sich fast genau wie das 
andere, von Anfang an waren sie vertraut und hatten fast nichts 
von der fahrigen Scheuheit anderer verwaisten Hühner. Überall 
versuchten sie zu scharren, noch viel mehr als andere Scharrvögel 
dies zu thun pflegen. Fleischstückchen, Grünzeug, Spratt’s Küken- 
futter trocken und gequellt, Semmel und getrocknete Ameisen- 
puppen wurden vollkommen unberücksichtigt gelassen, ebenso 
alle erreichbaren Körner als Hanf, Hirse, Glanz u. s. w., alles 
Dinge die junge Phasianiden und Tetraoniden mehr oder weniger 
gern zu nehmen pflegen. Von Insekten konnte ich ausser den 
grösseren Formen, wie Heuschrecken und Käfer, die verschmäht 
wurden, Kakerlaken (Phyllodromia) und Mehlwürmer in ganz 
beschränkter Anzahl reichen. Diese Nahrung wurde angenommen, 
aber nicht in der gierigen Weise unserer Hühnerküken. Die 
Tierchen waren ausser Stande, eine Küchenschabe ganz herunter- 
zuschlucken, ein Mehlwurm machte ihnen lange zu schaffen und 
wurde schliesslich nur mit grosser Anstrengung hinuntergewürgt. 
Die Mundspalte „Paulchens“ ist auffallend eng, selbst die schlank- 
leibigen Männchen von Phyllodromia gehen nicht durch und 
werden bei den Schluckversuchen meist sofort wieder mit den 
Krallen des Fusses aus dem Schnabelwinkel heraus befördert. 
Am besten ging es, wenn ich ihnen die Schabe so vorhielt, dass 
sie den Hinterleib abpicken konnten, ausserdem hatten die Vögel 
eine grosse Vorliebe für die Eiersäcke der Schaben. Da „Paulchen“ 
auch mit der Zeit an nichts anderes zu gewöhnen war, und ich 
nicht Zeit hatte, ihn fortwährend selbst in dieser umständlichen 
Weise zu versorgen, so gingen die Tierchen schliesslich ein. Ich 
glaube mit Bestimmtheit annehmen zu dürfen, dass die jungen 
Buschhühner im Freien von Termiten und ähnlichen kleinen 
Insekten, die scharrend leicht und in beliebiger Anzahl erreicht 
werden können, leben. Gegen Abend wurden meine Gefangenen 
unruhig und zeigten allerdings eine fasanenähnliche Dummheit 


Ornithologische Ergebnisse der ‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 407 


und Ausdauer, indem sie fortwährend versuchten, durch das 
Drahtgeflecht zu kommen. Ihr Flug war auffallend leicht und 
geräuschlos. Das Gewicht der frisch in meinen Besitz gekommenen 
Jungen betrug 37 — 40 g, bei ihrem Tode hatten sie noch um 
etwas abgenommen. 

Im Magen alter Tiere findet man harte Körner, sandigen 
aus zermahlenen Pflanzenresten bestehenden Detritus, Raupen, 
Käferlarven. 

Die Schwingenmauser unerwachsener Buschhühner verläuft 
in ganz ähnlicher Weise wie bei den andern Hühnern, doch besitzt 
das neugeborene bereits 8 Erstlingsfedern in den Handschwingen, 
und die Mauser des Armes setzt nicht bei der 3. sondern bei 
der 2. Schwinge ein. 

Megapodius eremita ist mit der Ablage seiner Eier durchaus 
nicht an warmen, vulkanischen Boden gebunden: ich fand ein 
Weibchen mit legreifem Ei auf Kadalek, einer kleinen Korallen- 
insel mit dichtem Baumwuchs dicht an der Westküste von Neu- 
Mecklenburg, wo sich auf hunderte von Kilometern keine Vulkane 
befinden dürften. 


Phasianidae. 


Escalfactoria lepida Hartl. 


Anfang Juni erhielt ich ein Gelege von 6 Eiern dieser 
Zwergwachtel, Dahl erhielt Eier im December, Januar und Februar, 
ein Männchen vom 19. III. hatte sehr entwickelte Hoden, man 
sieht daraus, dass auch bier sich der Vogel wenig an die Jahres- 
zeit bindet. 

Diese Vögel sind an offeneren Stellen im hohen Grase 
(Alang-Alang) eben nicht selten, aber sehr schwer zu erlangen. 
Dicht vor dem Dabinschreitenden stehen sie erst auf, streichen viel- 
leicht 30 m. über das mannshohe Gras und fallen wieder ein, 
sodass man nur im glücklichsten Falle zu Schuss kommt. Aber 
selbst dann findet man die getroffene Wachtel nur selten, weil 
man zum Suchen keinerlei Anhaltspunkte in der gleichmässigen 
Umgebung hat, und der überaus dichte, mannshohe Graswuchs 
das Auffinden des Vogels meist unmöglich macht. Fast immer 
trifft man die Tiere paarweise. 


408 O0. Heinroth: 


Columbidae. 


Calvenas nicobarica (L.). 


Meine beiden Exemplare stammen von der grossen Credner- 
Insel (10. Il.), das eine ist ein Männchen von gegen 600 g Ge- 
wicht und mausert, die Hoden sind sehr klein. Das zweite ist 
ein Vogel im Jugendkleide mit dunklem Schwanz. Ich lasse die 
Färbung der nackten Teile hier folgen, eingeklammert sind die 
entsprechenden Farben des alten Tieres. 

Schnabel: Basis schwarz, Spitze gelblich (hellgrau, Wachs- 
haut dunkelrot-purpur). 

Auge: trüb-weiss (dunkelrotbraun, Lidrand purpur). 

Füsse: hornschwärzlich, Sohlen gelblich, Nägel graugelb 
mit schwarz. (Karmin-zinnoberot) Gewicht 445 g. 

In dem enorm entwickelten Muskelmagen des alten Stückes 
fand ich rote Früchte mit schwarzen, glatten, grossen Kernen, 
in der Speiseröhre des jungen einen harten, kirschkernähnlichen, 
aber hohlen Kern. 

Auch ich kann es nicht unterlassen, auf die durch die ver- 
schiedene Ernährung bedingte Differenz in den Magen-Darmver- 
hältuissen zwischen Ogloenas und den Carpophaga-Arten hinzu- 
weisen, die bei der Eröffnung der Leibeshöhle beider Formen 
dem Sammler immer wieder drastisch vor Augen geführt wird. 
Die Nikobartaube frisst die Früchte der, wenn auch noch so 
hartschaligen Kerne wegen, ist also ein Nussfresser und zersprengt 
die Schalen mit den harten Reibeplatten ihres mächtigen Muskel- 
magens, Darm und After sind verhältnismässig eng. In der Ge- 
fangenschaft frisst sie gern harten Mais und Stücke von zer- 
schlagenem Schiffszwieback. Die Fruchttaube (Carpophaga) nimmt 
dieselben Früchte des Fruchtfleisches wegen zu sich, muss deshalb 
eine riesige Anzahl derselben fressen, da die wasserhaltige, eiweiss- 
arme Hülle dieser Nüsse nur sehr wenig Nährwert hat. Der 
Kern passiert nun unverletzt den dünnwandigen Magen, geht in 
den sehr weiten Darm und verlässt diesen durch den sehr dehn- 
bahren After. Diese von den Tauben ausgeschiedenen, sehr 
sauberen Kerne, bezüglich Nüsse werden von den Eingeborenen 
oder Europäern gern gegessen. Die Carpophaga ist wie alle eigent- 
lichen Fruchtfresser ein Freund ihres nahrungsspendenden Baumes, 
indem sie zur Verschleppung seines Samens und dadurch zur Neu- 
anpflanzung beiträgt, die Caloenas ein Schädling ihres Ernährers, 


Ornithologische Ergebnisse der ‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 409 


Die COaloenas hat ihre systematische Stellung unter den 
Erdtauben mit Recht, gewöhnlich steht sie vor dem Jäger vom 
Boden auf, um auf einem dicken Ast aufzubaumen, hier pflegt 
sie auch der Ruhe. Auf kurze Entfernungen im Walde hat ihr 
Flug etwas Ungeschicktes und geht des kurzen Schwanzes wegen 
fast geradeaus, auch ist er recht geräuchvoll. Da die Nikobar- 
taube ein typischer Vogel für kleine Inseln ist und eine weite 
Verbreitung hat (von den Nikobaren bis zu den Salomoninseln), 
und sie sehr starke, grosse und hartfederige Flügel mit gut ent- 
wickelter Muskulatur sowie einen hohen Brustbeinkamm besitzt, 
so muss man annehmen, dass ihre Stärke in dem Durchmessen 
grosser Entfernungen von Insel zu Insel beruht. 

Die Stimme ist ein kurzes, tiefes aber leises Rucksen. 

Ein Paar dieser Vögel, das ich in Celebes erwarb, hielt 
sich nicht nur ausgezeichnet, sondern begattete sich fortwährend 
im Transportkäfig, baute, legte und brütete! Leider ohne Erfolg, 
da die Eier durch das Verstellen des Käfigs und Reinigen des- 
selben zerbrachen. Eigentlich zärtlich war das Paar durchaus 
nicht, wie die meisten Tauben ja auch. Beim Futter zänkisch, 
hackte das Männchen auch sonst oft nach dem Weibchen. Die 
Zärtlichkeitsäusserungen der Tauben, welche sie sich durch 
Füttern (Schnäbeln) und gegenseitiges Krabbeln mit dem Schnabel 
in der Halshaut erweisen, sind lediglich ein Vorspiel zum Paarungs- 
acte, was ja doch bei vielen Hühnern, Enten, Singvögeln, den 
Papageien u. s. w. durchaus nicht der Fall ist. 


Chalcophaps stephani (Puch. Jacqu.) 


Diese, der gewöhnlichen indischen so nahe stehende Glanz- 
taube ist ein recht häufiger Besucher des Waldbodens, sie wird 
häufig erlest und gern gegessen. Dass sie, nach Finsch’s Ar- 
gabe, sich gern in den Mangroven aufhält, kann ich nicht ohne 
weiteres bestätigen, vielmehr findet man sie viel sicherer etwas 
entfernt von der Meeresküste. Da sie ihre in Körnern, Frucht- 
kernen u. s. w. bestehende Nahrung auf dem Boden sucht, so 
ist für diesen Zweck der oft überschwemmte sumpfige Mangrove- 
wald wenig geeignet. Ihr Muskelmagen ist ziemlich stark, harte 
Körner findet man daher am häufigsten in ihm. 

Mausernde Stücke erhielt ich vom Januar bis Juni, sowohl 
alte als im Jugendkleid befindliche Vögel; wie es sich in den 
übrigen Monaten verhält, weiss ich nicht anzugeben. Dahl er- 


410 O0. Heinroth: 


wähnt, dass er im VII. und VIII. die Genitalien nicht stark ent- 
wickelt gefunden habe und giebt die Brutzeit auf November bis 
März an. Ich fand im Mai noch ein Weibchen mit sehr ent- 
wickelten Eiern, im Februar ein Stück mit fast beendeter Mauser 
und Ende Mai solche, welche den Federwechsel erst begannen, 
es scheint mir also, dass zum mindesten Abweichungen von der 
angegebenen Brutzeit nicht selten sind. 

Das Gewicht erwachsener Tiere ist 101—115 g (mas 101 g, 
110 g, fem 115 g) ein junges Männchen im Übergangskleid 
wog 83 8. 


Phlogoenas margarithae (d’Alb. Salvad.) 


17 untersuchte Stücke vom Mai und Anfang Juni mausern, 
sowohl ausgefärbte als im Jugendkleid befindliche Vögel, 4 da- 
gegen nicht. Ein Weibchen mit abgenutztem Gefieder vom 
Februar hatte gut entwickelte Eierstöcke, ein Männchen aus der 
Dahlschen Sammlung vom December steht am Ende der Mauser, 
es scheint danach also auch, dass bei dieser Taube zu den verschie- 
densten Jahreszeiten mausernde und brütende Stücke vorkommen. 

Das Gewicht eines jüngeren Männchen betrug 114 g, das 
alter Weibchen 155, 155, 128, 135 g, zwei unausgefärbte jüngere 
Tiere wogen zusammen 223 g. 

Die meisten Gretchen-Tauben sind sehr fett, ihr Fleisch ist 
sehr weich. Der Kropf und recht muskulöse Magen dieser Erd- 
taube enthielt Körner und Kerne, einmal solche von schwarzer 
Farbe und von der Grösse wie Schrotnummer 10, dann in 
mehreren Fällen rote Beerenkerne. 


Beinwardtoenas dbrowni (Sel.) 


Ein auf Neumecklenburg gesammeltes Stück befindet sich 
am 2. III. mitten im Federwechsel, es wiegt 270 g. Ein Weibchen 
vom 30. V. hat einen nur sehr kleinen Eierstock und befindet 
sich im ersten Drittel des Schwingenwechsels, das Gewicht be- 
trägt 260g, der muskulöse Magen enthält Kerne. Da ein von 
Dahl im Januar gesammeltes Stück ebenfalls mausert, so dürfte 
diese Taube wie ihre Verwandten einen sehr protrahirten Ver- 
lauf des Federwechsels haben und wenig an bestimmte Jahres- 
abschnitte damit gebunden sein. 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 411 


Macropygia car:ieretria Bp. 

Ich beobachtete diese Art häufig in einem Buschwald bei 
Kaevieng (Nusa). Die Tauben leben auf halbhohen Bäumen und 
waren im März anscheinend mit der Fortpflanzung beschäftigt. 
Die Männchen jagen und schlagen sich nach echter Taubensitte, 
im allgemeinen ähnein sie im Benehmen den Turturarten. 
Sämtliche Exemplare, die ich erhielt, mauserten stark, sowohl 
junge, welche das Alterskleid anlegten, als auch alte Stücke. Ein 
von Dahl gesammeltes fem. vom August mausert ebenfalls, 
während 2 Vögel vom Juli das volle Gefieder besitzen. Ein 
ausgefärbtes Männchen (mausernd) wiegt 119 g, ein fem. 135 g, 
ein ferneres Stück 135 g, ein junges Männchen im Übergangs- 
kleid ebensoviel und ein Vogel im Jahreskleid 112 g. In dem 
muskulösen Magen findet man Kerne. 


Macropygia nigrirostris Salvad. 

In der Umgegend der Blanchebucht ist diese Taube im 
niedrigen Walde und an dem Gebüsch des Waldrandes nicht 
selten, wo sie sich meist niedrig über dem Boden aufhält. In 
ihrem muskulösen Magen finden sich verschiedene Kerne oft nur 
von Mohnkorngrösse. 

Mausernde Stücke erhielt ich im Februar, Mai und Juni, 
in letzterem Monat ausserdem ein Gelege von 2 Eiern, ein 
Weibchen vom II. von 90 g Gewicht im Federwechsel hatte stark 
entwickelten Eierstock, auch diese Tauben werden also durch 
die Mauser wenig in ihrer Fortpflanzung gestört. Zwei gut ent- 
wickelte Männchen wiegen 82 und 105 g. 

Carpophaga vanwycki Cass. 

Auf kleinen Inseln, welche von Europäern noch wenig be- 
sucht werden, ist diese Taube bisweilen in grossen Flügen anzu- 
treffen und wenig scheu. Auf den Crednerinseln, wo sie nach 
Finsch zu Hunderten brüten soll, ist sie recht selten geworden, 
dagegen traf ich sie in Mengen auf einer kleinen Insel bei Kung 
(Neu-Hannover) und auf Kadalek an der Westküste von Neu- 
Mecklenburg. Auf ersterer Insel scheint sie im wesentlichen nur 
Nachtruhe zu halten, denn dieselbe ist eigentlich nur mit Ka- 
suarinen bestanden und bietet den Hunderten dieser grossen Vögel 
keine Nahrung. An der Küste Neu-Mecklenburgs sieht man 
diese Tauben namentlich in den Morgenstunden einzeln oder in 


412 O. Heinroth: 


kleinen Trupps nach See zu fliegen, wahrscheinlich besuchen sie 
dann kleine Inseln und Küstenstriche. Im Magen fand ich Ficus- 
Früchte, Galleps und grosse rote Früchte, deren schwarze Kerne 
ebenfalls unverdaut ausgeschieden werden. 

Ein Nestjunges erhielt ich auf Kadalek im Mai, die Mauser 
scheint sehr allmählich vor sich zu gehen, sehr häufig findet man 
Stücke, in deren Schwingen und Schwanz sich alte abgenutzte 
und neue Federn zugleich finden, ohne dass Jungfedern vorhanden 
sind. Unter 41 im Februar und Mai erlegten Stücken befinden 
sich Vögel im vollem Federwechsel, solche mit geringen Spuren 
desselben und nicht mausernde Exemplare, auch die Reife der 
Geschlechtsorgane zeigt die verschiedensten Abstufungen. 

Im Flugbild und im Sitzen ähneln die Carpophaga-Arten unserer 
Ringeltaube (©. palumbus) am meisten, nur habe ich den dieser 
eigentümlichen Balzflug nie bei den Fruchttauben beobachtet. 
Man kann sie schweigsame Vögel nennen, sie heulen nicht so 
andauernd wie andere Tauben, und ihre Stimme ist nicht so 
langgezogen. Ein hoher Baum mit reifen Früchten versammelt 
oft eine stattliche Anzahl, gewöhnlich sind diese Nahrungsspender 
zu Gruppen unter andern Bäumen verteilt, und hier gewahrt 
man die Tauben am leichtesten durch das fortgesetzte Wechseln 
ihres Standortes. Unverträglich wie alle Verwandten, duldet es 
keine, dass eine fremde ihr zu nahe kommt, und so nimmt das 
Geflatter kein Ende. 

Das Gewicht der C. vanwycki schwankt zwischen 440 und 
562 g, man kann 500 g etwa als Mittel angeben. 

Auf Kadalek kam am 10. V. eine dieser Tauben lebend in 
meine Hände, ich konnte äusserlich keine Schussverletzung fest- 
stellen und gewahrte später nur, dass der eine Fuss etwas gelähmt 
war. Ich versuchte sie zur Futterannahme zu bewegen, steckte sie in 
einen halbdunkeln Raum und liess sie völlig ungestört: alles 
vergeblich. Schliesslich stopfte ich sie mit Bananenstücken und 
Reis, was namentlich mit letzterem seine Schwierigkeiten hatte, 
denn das Tier widersetzte sich lebhaft gegen das Öffnen des 
Schnabels. War ihr das Futter jedoch etwa bis in die Schnabel- 
mitte gesteckt, so schluckte sie gierig. Nach etwa 14 Tagen 
hatte sie wohl begriffen, was die mit ihr täglich vorgenommene 
Prozedur bedeuten sollte, aber nun zeigte es sich, dass die Frucht- 
tauben alle Nahrung pflücken wollen. Setzte ich sie wie immer 
neben mich auf die Stuhllehne und hielt ihr etwas vor, so fasste 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 418 


sie von der Seite her mein letztes Fingerglied und versuchte es 
abzubrechen, nie aber das dargereichte Stück Banane. Die Er- 
weiterungsfähigkeit des Schlundes ist bei diesen Fütterungen so 
recht ersichtlich, eine halbe Banane wirdohne Umständeverschluckt, 
namentlich die Unterkieferäste treten dabei wie bei fressenden 
Schlangen auseinander. Auch die Zweckmässigkeit des Fussbaues 
der Baumtauben lässt sich an gefangenen Stücken recht gut be- 
obachten, die sitzende Carpophaga klammert sich mit ihren derben, 
mit einer sehr ausgesprochenen Sohle und sehr spitzen Nägeln 
versehenen Füssen klettenartig fest an, und es gehört eine grosse 
Überwindung dazu, das Tier auf der Hand herumzutragen, einige 
Schrammen setzt es dabei stets, und was die Taube einmal in 
den Zehen hat, lässt sie so leicht nicht los. 

Da meine Gefangene das Futteraufnehmen aus einem Gefässe 
nicht lernen wollte, und ich weder Lust noch Zeit hatte, sie an- 
dauernd zu stopfen, so tötete ich sie nach einem resultatlosen 
Hungerversuch: sie hatte auch der Hunger nicht erfinderisch 
gemacht. Bei ihrem Tode am 6. VI. war sie von 500 g Normal- 
gewicht auf 277g zurückgegangen. 


Carpophaga rubricera Bp. 

Diese prächtige Taube mit dem hellkirschroten Schnabel- 
höcker zieht zusammenhängendere Landmassen den kleinen Inseln 
vor und ist an der Blanche-Bucht soweit nicht der Europäer oder 
dessen Schiessjunge allzusehr unter ihrem Bestande aufgeräumt 
haben, auf den Gallepbäumen noch zahlreich vertreten. Über ihr 
Wesen, Flug u. s. w. gilt das von ©, vanwycki Gesagte, auch die 
Mauser- und Fortpflanzungszeit scheint ebenso wie bei dieser, 
d. h. also sehr unbestimmt zu sein, der grösste Teil der im 
Januar, Februar, Mai und Juni erlegten und untersuchten 30 Stück 
mausert. Im Februar fand ich ein fem. mit stark entwickeltem Eier- 
stock, im Mai ein gut entwickeltes mas. Das Gewicht stellt sich be- 
deutend höher als bei der vorigen Art: 550— 755g. ErstereZahl fand 
ich nur bei einem Stück, alle übrigen wogen über 610 g, ein 
Viertel über 700 g. 

Wundervoll macht sich der rote Höcker an der Wurzel des 
Oberschnabels am frischen Vogel, er gleicht wie bei Piilopus 
insolitus täuschend einer Beere, nur ist er bei der Carpophaga 
weich und trocknet daher am Balg ein, bei Ptilopus dagegen hart 
und durch eine Auftreibung des Knochens verursacht. Beim Öffnen 


414 OÖ. Heinroth: 


des Magens findet man bei beiden Arten sehr häufig Früchte von 
derselben Farbe und Grösse, und mir hat sich sofort der Gedanke 
aufgedrängt: die Vögel tragen ihre Lieblingsnahrung als decoratives 
Moment auf der Nase. So komisch die Sache zunächst klingt, 
ich glaube, dass diese Auffassung des Schnabelhöckers doch be- 
rücksichtigt zu werden verdient. Wenn wir überhaupt annehmen, 
das bei den Gesichtstieren (viele Sauropsiden, Schmetterlinge u. 
s. w.) Schmuckfarben und -Formen vorhanden sind, um die Auf- 
merksamkeit, Zuneigung u. s. w. anderen Individuen derselben 
Art zu erregen, So liegt es doch sicherlich nahe, dass bei einer 
Fruchttaube, die ja bei dem geringen Nährwert ihres Futters 
ungeheuere Mengen von Früchten verzehren muss, also entsetzlich 
„Vverfressen“ ist, der Anblick ihrer Lieblingsnahrung stets eine 
angenehme Vorstellung erweckt, viel mehr als das bei anderen 
Tieren, welche sich öfter im Zustande wirklicher Sättigung be- 
finden, der Fall ist. So ein Pärchen rubricera oder Pt. insolitus 
ist sich also wirklich gegenseitig „zum Anbeissen“ oder nach 
ihren Gebräuchen „zum Abpflücken.“ Noch eine andere Erklärung 
liegt nahe: die Jungen, welche ja bei den Tauben in der Weise 
aus dem Kropfe der Eltern gefüttert werden, dass sie ihren Schnabel 
tief in die Mundspalte ihrer Erzeuger stecken, werden durch die 
fingierte rote Beere auf ihre künftige Nahrung aufmerksam ge- 
macht, und, indem sie nach dem Verlassen des Nestes gewohn- 
heitsmässig nach wirklichen roten Früchten picken, lernen sie rasch 
ihre Nahrung kennen und selbstständig fressen. Doch bei all’ 
diesen Deductionen kann man ja immer mit Recht einwenden: 
es geht auch ohne dies, siehe die andern Carpophaga- und 
Ptilopusarten! 

Das Fleisch der Carpophaga ist vorzüglich, bei uns fand 
die Brustmuskulatur, als Beafsteak a la tartare zubereitet, stets 
ungeteilten Beifall. Fast alle Exemplare sind sehr fett, und die 
Zubereitung der Bälge ist daher etwas zeitraubend. Die Farbe 
der Füsse, welche allgemein als „rot“ bezeichnet wird, möchte 
ich besser durch „graublaurot“ oder Weinhefefarbig wiedergeben. 

Lausfliegen bemerkte ich öfters an frischgeschossenen Stücken. 


Ptilopus insolitus Schl. 
Elf im März in Nord-Neumecklenburg Erlegte mausern 
sämtlich, von zwölf Mai-Vögeln von der Blanche-Bucht thun dies 
neun. Ein mauserndes fem. mit legreifem Ei stammt vom Februar, 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 415 


ein anderes brütendes und vier zum Teil im Federwechsel stehende 
stark entwickelte Männchen stammen aus dem Mai, Dahl erhielt 
Eier im Januar und zwei Vögel mit reifen Geschlechtsorganen 
im Juli: auch diese Taube bindet sich also anscheinend wenig 
in ihren Lebensgewohnheiten an die Jahreszeit. Als Mageninhalt 
fand ich fast immer rote, dem Schnabelhöcker entsprechende 
Früchte (S. Carpophaga rubricera). Auch diese Taube ist meist 
sehr fett und das Gefieder sitzt sehr lose in der Haut. Als Farbe 
der Füsse habe ich stets „dunkelblaurot‘“ notiert. Das Gewicht 
stellt sich auf 107—151 g, meist 120—130 g. Auf mittelhohen 
Bäumen im Walde treibt dieser anscheinend wenig bewegungs- 
freudige Vogel sein Wesen. Von den Piilopus-Arten wird man 
wenig gewahr, ihre Stimme, ein eigentümliches, wiederholtes 
Pfeifen verrät den Sitzplatz der Taube, meist bemerkt man dann 
mehrere zusammen, welche indess wenig regsam sind. Sehr feines 
Schrot und ein schwacher Schuss genügen, um den dünnhäutigen 
Vogel rasch zu töten, man bekommt eigentlich nie leichtverletzte 
Tiere in seine Gewalt, die zu Boden gefallenen sterben meist sofort. 


Ptilopus superbus (Tem.) 

Alle Stücke, welche ich vom Februar bis Juni erhielt, waren 
im Federwechsel begriffen, ein Weibchen mit legreifem Ei fand 
sick im Mai, doch hatten auch zahlreiche Individuen aus dem- 
selben Monat nur wenig entwickelte Keimdrüsen. Das Gewicht 
von 3 Weibchen ist je 100, 114, 117 g, ein jüngeres Männchen 
im Übergangskleide wiegt 103 g, ein altes 133 g. Im Magen 
befanden sich vorwiegend blaue Beeren. An Zarthäutigkeit und 
im Lockersitzen der Federn übertrifft diese Taube die vorige 
Art noch bedeutend. 

Vielleicht ist hier der Ort, um über die Thatsache, dass 
so verschiedene Vögel des Bismarckarchipels ein dichtes Gefieder 
mit dem Umstand verbinden, dass die Federn so leicht ausgehen, 
einige Betrachtungen anzustellen. Vorwiegend sind es Tauben, 
darunter namentlich die Gattungen Macropygia, Chalcophaps, 
Phlogoenas und Pilopus, dann aber sämtliche Stachelbürzel 
(Campephagidae), von denen die täglich zu erbeutende Lalage 
karu (Less.) und der häufige Graucalus sclateri [Finsch] Salvad. 
am meisten auffallen, ausserdem Cacomantis und Lamprococeyx 
unter den Kukuken, dann Caprimulgus und in letzter Linie 
Macroptery& mystacea (Less.), welche hier in Betracht kommen. 


416 OÖ. Heinroth: 


Da die erwähnte Eigentümlichkeit diesen Vogelgruppen allgemein 
zukommt, sich also nicht nur auf die im Bismarckarchipel lebenden 
Arten beschränkt, so kann man wohl von vornherein sagen, dass 
Klima, Boden u. s. w. hier nicht zur Erzeugung dieses Umstandes 
seführt haben. 

Bei den Tauben nimmt man gewöhnlich an, dass das 
leichte Ausfallen des Gefieders eine Art Schutzvorrichtung dieser 
Vögel sei, d. h. es ist für den sie ergreifenden Räuber unmöglich, 
die Taube festzuhalten, wenn er nicht sofort ordentlich zugriff. 
Gerade die besonders stark entwickelten Federn des Unterrückens 
und Bürzels gehen am leichtesten aus, und sie können auch den 
von oben kommenden Tatzenschlag oder den Griff des stossenden 
Raubvogels abwenden. Mir scheint es ausserdem, als wenn die 
Federn besonders lose sitzen, wenn sich der Vogel ängstigt: bei 
Kämpfen untereinander fallen durchaus nicht mehr Federn, als 
dies bei anderen Vögeln der Fall ist. 

Vielleicht gilt für die Campephagiden Ähnliches, hier ist die 
eigentümliche Ausbildung des Bürzelgefieders noch besonders 
auffallend, dessen einzelne Feder ja im unteren Teil hartkielig, 
im oberen aber weich ist, sodass es bei der Berührung von 
hinten her einen stacheligen Eindruck macht. Übrigens zeigen 
hierin viele Tauben ein recht ähnliches Verhalten. Die Kukuke 
und Caprimulgus sind sehr dünnhäutige Vögel, wie jeder, der 
Bälge aus diesen Gruppen anfertigt, zu seinem Leidwesen erfährt, 
und aus diesem Umstande ergiebt sich das Lockersitzen der Federn 
von selbst. Macropteryc ähnelt den Nachtschwalben in jeder 
Weise fast mehr als den Seglern, die Dünnheit der Haut und 
das duffe, lose Gefieder sprechen in erster Linie dafür. 

Man könnte nun ja die Theorie von dem dichten, losen 
Gefieder der Tauben als Schutzmittel auch auf die Stachelbürzel 
anwenden, und das ist wohl auch das einfachste. Andererseits 
sieht man aber nicht recht ein, warum gerade diese Vögel diesen 
Schutz erwarben, sie sind durchaus nicht wehrloser oder unge- 
schickter als ihre näheren Verwandten. Man könnte von Lalage und 
Graucalus sclateri sagen, dass sie durch ihren weithin sichtbaren 
Aufenthalt auf exponierten Zweigspitzen besonders gefährdet seien, 
die gegenteilige Behauptung, dass sie gerade durch diese freie 
Umschau gesichert werden, ist aber ebenso berechtigt. Etwas 
dünnhäutig sind die Campephagiden auch, aber dazu steht ihr 
leichter Federausfall in keinem Verhältnis: ein leichtes Aufschlagen 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 417 


auf einen Ast beim Herabstürzen des Vogels beraubt diesen sofort 
einiger Kleinfedern. Etwas Anderes bleibt dabei auch unklar. 
Graucalus und Lalage haben namentlich auf dem Rücken ein so 
dichtes Gefieder, wie wir das sonst etwa bei Schneehühnern zu 
finden gewohnt sind, und dabei sitzen gerade sie an den aller- 
heissesten, exponiertesten Punkten. ‚Ja, das dichte Federkleid 
der Oberseite schützt gegen die Insolation,‘ höre ich da einwenden. 
So, und Halcyon, Merops und andere, welche dieselben Aufenthalts- 
orte mit Lalage teilen, bekommen trotz knapper Befiederung 
auch keinen Sonnenstich. Auf dem Waldesgrunde, wo Chalco- 
phaps ihr Wesen treibt, herrscht Tag und Nacht eine gleich- 
mässige, feuchte Hitze und dauernder Schatten, die Taube würde 
auch in leichterem Kleide nicht frieren. 

Ein weiterer Gesichtspunkt ist der durch dichtes Federkleid 
bedingte Schutz gegen Insekten. Stechmücken giebt es fast 
überall, und von Ameisen wimmelt es auf dem Boden und in den 
Zweigen. Ich glaube wohl, dass dichte Befiederung gegen diese 
zudringlichen Gliederfüssler schützen, aber weshalb dann besonders 
der Rücken und dazu noch mit recht leicht ausfallenden Federn 
bedeckt ist, bleibt mir unklar, zudem hat ein Vögelchen, Nasi- 
ierna pusio, der bei seiner Stammrutscherei wohl am meisten mit 
Ameisen in Berührung kommt, auch die knappste Befiederung! 

Auf den Bismarckarchipel angewandt passt übrigens auch 
der in dem lockeren, dichten Federkleide der Tauben liegende 
Schutz gegen Raubtiere nicht, denn letztere sind gar nicht vor- 
handen. Vogelfressende Säugetiere fehlen, und die untersuchten 
Raubvögel haben fast stets Insekten und Eidechsen im Magen. 


» 


Ptilopus rivolii (Prev.) 


Ich erhielt 6 Stück Ende Februar und im März in der 
Gegend von Nusa, 5 zeigten stark entwickelte Geschlechtsorgane, 
die Hälfte stand im Federwechsel. Die Männchen wogen 120, 
120, 121, 121 u. 132 g, ein Weibchen 101 g. 

Diese und die folgende Art ähneln in ihrer Lebensweise 
anscheinend dem Pi. insolitus, man findet alle drei bisweilen 
dicht beieinander, wenn reife Beeren locken. Weissliche, hellrote 
und schwarze Früchte fand ich im Magen. Auge hellrot, nackte 
Zügel und Wachshaut gelb, Schnabelspitze und Unterschnabel 
grünlich, Füsse blaurot. 

Journ, £. On, L. Jahrg. Oktober 1902. 28 


418 O0. Heinroth: 


Ptilopus johannis Scl. 

Ein Männchen am Ende des Federwechsels wog 104 g, 
zwei mausernde Weibchen hatten ein Gewicht von 88 und 968, 
alle stammten aus der Gegend von Nusa im März und zeigten 
gut entwickelte Geschlechtsorgane. Ficusfrüchte und schwarze 
grosse Beeren bildeten den Mageninhalt. 

Schnabel hellgrün, Auge hellgelb, Füsse blaurot. 


Falconidae. 
Astur dampieri (Gurn.) 

Dieser kleine Habicht ist einer der häufigsten Raubvögel 
des Bismarckarchipels. Ich erhielt 2 Dunenjunge und ein fast 
flügges Junges im Mai, das letztere zog ich auf, und es befindet 
sich zur Zeit im Berliner Zoologischen Garten, wo es im Juni und 
Juli dieses Jahres sein Jugend- mit dem Alterskleid vertauschte. 
Diese Brut- und Mauserperiode entspricht also ganz genau unseren 
deutschen Raubvögeln — wenigstens in diesem Falle. Die von 
Dahl und mir gesammelten Stücke ergeben jedoch auch noch 
andere Resultate. Januar: Männchen am Ende der Mauser; 
Februar: altes Weibchen, Geschlechtsorgane schwach entwickelt, 
wechselt einige Federn; Mai: ausser den 3 Jungen ein mausern- 
des und ein nicht mauserndes Weibchen; Juni: junges Männchen 
im Übergangskleid, ein nicht mauserndes Weibchen, ein Weibchen 
mit stark entwickeltem Eierstock und sehr abgenutztem Gefieder 
und ein Weibchen in frischem Kleide mit kleiner Geschlechtsdrüse; 
August: ein mauserndes, reifes Weibchen, ein Weibchen im Jugend- 
kleid und eins im Übergangskleid. Auch hier scheint also Brut- und 
Mauserzeit in viel weiteren Grenzen zu schwanken, als bei unseren 
heimischen Vögeln, und ich bedauere, nicht mehr gut untersuchtes 
Material aus den übrigen Monaten zu haben. 

Die Weibchen wiegen 283, 305, 315, 315, 340, 365 g, das 
Männchen 170 g, also genau die Hälfte. 

Bei zwei Weibchen fand ich beide Eierstöcke entwickelt, 
bei einem von ihnen war der linke grösser als der rechte, bei 
dem andern verhielten sich beide gleich. Es ist möglich, dass 
bei diesem Habicht die Ausbildung beider weiblicher Keimdrüsen 
das normale Verhalten ist, im Anfang achtet man aber bei der 
Geschlechtsbestimmung häufig nur auf die linke und übersieht 
deshalb leicht das Vorhändensein der rechten, namentlich ausser- 
halb der Brutperiode des Vogels. 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 419 


Angeblich hatte sich nur ein Junges im Horste befunden 
| und die Ausbildung beider Ovarien erscheint demnach um so 
' auffallender. 

Im Magen von A. dampieri fand ich meist Skinke (kleine 
Lygosomen), die in den dortigen Gegenden auf jedem sonnigen 
Fleckchen so ungeheuer häufig sind, Heuschrecken und andere 
grosse Insekten werden auch nicht verschmäht, ausserdem fand 
Dahl einige Vogelreste im Magen eines erlegten, letztere scheinen 
jedoch die Ausnahme zu bilden. 

Der von mir aufgezogene Vogel ist stets scheu und stürmisch 
gewesen und nur durch das Erwerben oder Aufnehmen von 
Nahrung wurde er abgelenkt. Immer und immer wieder tobte 
er bei jeder näheren Besichtigung gegen das Drahtgeflecht seines 
Käfigs und hatte stets eine beschädigte Wachshaut, ein Umstand, 
der mit der Zeit zu einer ganz abnormen Schnabelbildung geführt 
hat. Sowie ich jedoch die Käfigthür öffnete, fasste er mitten in 
seinem Geflatter blitzschnell nach der vorgehaltenen Beute oder 
griff sie aus der Luft. Dasselbe Wesen hat er auch in Berlin 
beibehalten, nur hat er sich in seinem grösseren Käfig seine 

Scheu etwas abgewöhnt. Das Fangen der flinken, kleinen Echsen 
mag es mit sich bringen, dass der Vogel sich auch im engeren 
Raume ausgezeichnet zu bewegen versteht, der „Skinkhabicht“ 
ist äusserst spiellustig, auf dem Boden wie im Geäst gleich gewandt 
und dabei sehr zierlich, auch badet er gern und viel. Fleisch 
und kleine Vögel werden gleich gern genommen. Seinen Kot 
spritzt er weiter als andere kleine Raubvögel von sich und oft 
weit durch die Gitterwand hinaus. 


- 


Pandion leucocephalus ]J. Gd. 

Der Fischadler findet sich an fischreichen Meeresufern, nament- 
lich an Flussmündungen, und ist hier eine gewöhnliche Erscheinung. 
Er unterscheidet sich in seinen Gewohnheiten in nichts von P. 
haliaetus, ist namentlich wie dieser äusserst friedfertig und starrt 
den Jäger, wenn er flügellahm in dessen Gewalt kommt, wohl 
‚unverwandt an, denkt aber kaum an energische Gegenwehr. 

Mausernde Vögel erhielt ich im Januar, März und Mai, d.h. 
von den von mir gesammelten 5 Stücken standen 4 im Feder- 
wechsel. Ein Männchen wiegt 1020, ein Weibchen 1230, ein dritter 
Vogel 1400 g. Alle hatten nur mässig entwickelte Genitalorgane. 


Im Magen fand sich Fischileisch. 
28* 


420 O. Heinroth: 


Haliastur girrenera Vieill. 

Ein legreifes Weibchen vom Horste erhielt ich am 2. VI., 
sein Gefieder ist etwas abgenutzt, der Mageninhalt bestand aus: 
Federn und Knochen, das Gewicht des Vogels beträgt 560 g. 
Ein zweites Stück, welches ich am 22. I. am Henry Reid Fluss; 
erlegte, war ein junger Vogel im Übergangskleid. Nach unseren: 
Erfahrungen in Europa mausert ein Vogel in der Jahreszeit, inı 
welcher die Aufzucht der Jungen stattfindet, demnach müsste,, 
wenn H. girrenera im Juni brütet, der Federwechsel auch beil 
jährigen Vögeln im Juli-August stattfinden. Auch hier scheint: 
also die Jahreseinteilung bei den einzelnen Vogelpaaren eine: 
recht verschiedene, in unserem Falle um ein halbes Jahr diffe- 
rierende zu sein. 

Als kühnen Räuber möchte ich diesen Seemilan nicht an- 
sprechen, er nährt sich anscheinend nach Art unserer Milane, 
Dahl fand ausschliesslich Insekten in seinem Magen. Natür- 
lich wird er auch gelegentlich einen abgekommenen Jungvogel 
oder dergleichen kröpfen. Seinen nächsten Verwandten AH. leu- 
cocephalus sah ich am Ufer eines Sees in Ceylon unter zahllosen 
Sumpf- und Schwimmvögeln sitzen, ohne dass diese durch seine 
Gegenwart beunruhigt worden wären. 


Henicopernis infuscata Gurn. 
Ich erhielt nur ein Stück dieses seltenen Raubvogels am 
30. V. Er trug ein sehr abgenutztes Gefieder und mauserte nicht, 
das Geschlecht war leider nicht bestimmbar, der Magen enthielt 
grosse Radspinnen und Heuschrecken, das Gewicht war 425 g. 
Die Masse sind: Lg. 540, Fl. 340, Dist. —85, Schw. 260, 
Breite 1100 mm. 
Schnabel hellhornfarben, Spitze schwarz, Füsse weisslich. 
Meine Matupi-Leute nannten den Vogel: „Atambambunum“. 


Baza bismarcki Sharpe. 

Ein Vogel dieser Art wurde am 16. III. auf einem mittel- 
hohen Baum bei Nusa (Kaevieng) erlegt. Er mausert stark vom 
Jugend- ins Alterskleid, sein Gewicht beträgt 368 g, der Magen 
enthält Heuschrecken, trotzdem sich auf dem Baum, auf welchen 
der Vogel aufhakte, viele Piilopus befanden. 

Das Auge ist hellgelb, Schnabel schwarz, Wachshaut grau, 
der Unterschnabel und die Ränder des Oberschnabels grau, Füsse 
bläulich-weisslich. 


Ornithologische Ergebnisse der ‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 421 


Strigidae. 


Ninox odiosa Secl. 

Dahl erhielt Nestjunge im Juni und September, im Mai bekam 
ich ein legreifes Weibchen am Ende der Mauser. 3 Männchen 
vom Februar, März und April hatten nur schwach entwickelte 
Hoden. Je ein Vogel vom Februar und Juli sind ausserdem im 
Federwechsel, 7 andere vom April und Mai dagegen nicht; auch 
hier also grosse Unregelmässigkeit. Das Gewicht des Männchens 
beträgt 218, das zweier Weibchen 145 und 177 g, wobei das 
erstere ein junger Vogel mit abgenutzten Federn ist. 190 und 
195 g wiegen 2 weitere Stücke. Hier scheint also das Männchen 
im Gegensatz zu anderen Eulen wirklich das „stärkere Geschlecht“ 
zu sein. 

Im Magen dieser Eule findetman stets Insektenreste, vorwiegend 
hartschalige Käfer, namentlich Kokosnusskäfer und Heuschrecken. 

Ein Exemplar, welches ein Eingeborener durch einen Stein- 
wurf betäubt und mir lebend gebracht hatte, besass ich längere 
Zeit. Nach einigen Tagen nahm es geschnittenes Fleisch und 
kleine Vögel an, war am Tage ziemlich still, flatterte aber Abends 
tüchtig. Mit einer ihm zugesellten Seeschwalbe vertrug es sich 
so gut, dass man beide oft zusammen am Boden des Käfigs sitzen 
sah, bis die Eule während einer achttägigen Abwesenheit meiner- 
seits ihre Genossin verzehrte und dann bald darauf selbst einging. 
Der Grund mag wohl in mangelhafter Fütterung gelegen haben, 
denn die Eule verschmähte das Fleisch, wenn es nicht ganz frisch 
zubereitet war, und musste daher mit Aufmerksamkeit behandelt 
werden. - 

Die Eingeborenen hegen eine gewisse Vorliebe für den 
A-Kurrkurr wegen seines runden Kopfes und der grossen Augen, 
meine Leute griffen stets zuerst, wenn es ans Bälgemachen ging, 
mit sichtlicher Zärtlichkeit nach diesen Vögeln. 

Das Nest wird nach Aussage zuverlässiger Eingeborener in 
Baumhöhlen angelegt. 


Psittacidae. 


Cacatua ophthalmica Sel. 
Ein Brillenkakadu wurde im Januar am Henry Reid Fluss 
erlegt, er war damit beschäftigt, im hohen Urwalde 1,50 m über 
der Erde von einem Strauche Früchte abzufressen. Er und ein 


422 O0. Heinroth: 


von Dahl im August gesammeltes Stück mausern, und man kann 
auch an Gefangenen beobachten, dass sie fast das ganze Jahr 
hindurch im Federwechsel begriffen sind. Die Eingeborenen ziehen | 
diese Vögel bisweilen jung auf, um ihnen Schwanz- und Hauben- 
federn auszuziehen und diese als Schmuck zu verwenden. Diese 
Tiere sind hingebend zahm, und lassen alles mit sich anfangen, 
wie dies ja auch die Molukkenkakadu’s häufig thun. 

Das Naturell des Hängehaubenkakadus scheint überhaupt 
ein anderes zu sein als das der Stehhauben, sie haben nicht das 
Herausfordernde wie letztere, sondern sind ungeheuer sanfte Vögel, 
ihr Kopfschmuck bringt dies in bester Weise zum Ausdruck. Die 
Tiere spielen, frei an Bord mit geschnittenen Schwingen gehalten, 
allerliebst mit einander und führen die übermütigsten Scheinge- 
fechte auf, wobei sie ein dem Gackern der eierlegenden Henne 
täuschend ähnliches Geschrei erschallen lassen, ich glaube jedoch, 
dass dies Naturlaute des Kakadus sind. 

Das Weiss dieser Papageien leuchtet in der Freiheit in der 
auffallendsten Weise und macht sie auf die grössten Entfernungen 
sichtbar, sie können sich dies auch „leisten“, denn es giebt in 
ihren Wäldern kein Raubzeug, das für sie gefährlich werden könnte. 
Ich glaube überhaupt, dass Papageien recht ungern von Raub- 
vögeln genommen werden, liess doch ein Astur cuculoides von 
Celebes, der sonst jeden Beutevogel sofort mit sicherem Griffe 
erwürgte, einen kranken, blinden Loriculus galgulus ganz unbe- 
rücksichtigt. 

Nasiterna pusio Sel. 

Meine Erfahrungen über die Lebensweise dieses Vogels 
decken sich vollständig mit den von Dahl gemachten. Man trifft 
den Spechtpapagei immer in kleinen Flügen auf Albizzia procera 
Benth, und zwar an manchen Orten so regelmässig, dass man 
ihn mit Bestimmtheit auf einigen Bäumen dieser Art findet. Hier 
ernährt er sich von einer an der Baumrinde befindlichen Masse, 
vielleicht einer Art Manna. Auch mir wurden als Nistplätze des 
Vogels Termitennester mit aller Bestimmtheit bezeichnet. 

Auch bei diesem Zwerge geht die Mauser nach Art vieler 
anderer Papageien recht langsam von statten, auch hier findet 
man wie bei vielen Tauben oft alte abgenutzte Schwungfedern 
neben neuen, ohne dass Jungfedern zu bemerken sind. Von 19 
Stücken vom Januar, Februar, April und Mai mausern die meisten 
ein wenig, einige gar nicht, einer ist im frischen Federkleide. 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 423 


Die meisten wiesen nur kleine Keimdrüsen auf, im Februar und 
‘ Mai fanden sich 5 mit etwas reiferen Genitalien, Dahl bemerkte 
eine Nestanlage in ersterem Monat. Die darauf untersuchten 
Männchen wogen: 12,5; 14; 14,5 g, die Weibchen: 12; 12; 13,25; 
13,25 g, Stücke unbestimmten Geschlechtes 11,5; 13,5; 14 g. 

Die Spechtpapageien haben ein selbst für Papageien un- 
gemein kurzes und knappes Gefieder, dabei jedoch eine derbe 
Haut. Im allgemeinen gilt auch hier der Satz, dass verhältnis- 
mässig wehrhafte Vögel, welche im Stande sind, sich gegenseitig 
mit Schnabel und Füssen zu verletzen, dickhäutig sind und um- 
gekehrt. Eine Nachtschwalbe wird die andere trotz ihrer seiden- 
papierähnlichen Haut mit ihrem zarten Schnabel und den kleinen 
Füsschen kaum verletzen können, der Papagei, die Krähen, der 
Raubvogel brauchen einen derberen Schutz gegen ihre scharfen 
Waffen. 


Lorius hypoinochrous 6. R. Gr. 

Die durch meine Hände gegangenen Loris dieser Art stammen 
sämtlich aus Neu Mecklenburg vom März und Mai, wobei sich 
ältere mausernde Vögel und offenbar noch nicht allzulang dem 
Neste entflogene befinden, auch ein von Dahl im August gesam- 
melter wechselt sein Gefieder, während ein zweiter dieses nicht 
thut. Bis auf ein Männchen aus dem März hatten alle Stücke 
nur schwach entwickelte Genitalien. Das Gewicht dieser Vögel 
differierte nach dem Alter stark, 2 junge Weibchen wogen je 
180 g, die Alten: 216 fem.; 223; 245; 250 g mas,; ein anderer 
mit 171 g dürfte auch noch als jugendlich anzusprechen sein. 
So verschieden wie die Gewichte, sind auch die Masse alter und 
junger Vögel. Die Flügellänge des Männchens von 245 g beträgt 
186 mm, die des fem. von 180 g nur 160 mm. 

Leider habe ich mich nie gründlich von dem Mageninhalt, 
der nach Dahl aus Käferlarven bestehen soll, überzeugt. 

Einen Umstand halte ich für erwähnenswert, den ich ausser 
bei verschiedenen anderen Vögeln der verschiedensten Gruppen 
auch bei diesem Lori gefunden habe: das Vorhandensein kleiner 
Löcher im Grossgefieder. Breitet man den Schwanz einer Hirundo 
rustica beispielsweise auseinander, so wird man, wenn man die 
Federn gegen das Licht hält, fast stets auf den Innenfahnen der- 
selben kleine runde Löcher finden, welche oft merkwürdig regel- 
mässig angeordnet sind. Ein Blick auf mausernde Stücke zeigt, 


424 O0. Heinroth: 


dass diese Defekte bei der frisch nachgewachsenen Feder noch 
nicht vorhanden sind. Woher diese Löcher kommen, weiss ich 
nicht, ich habe an Lausfliegen (Puppipara) als ihre Erzeuger ge- 
dacht, da gerade die Schwalben stark von diesen geplagt sind, 
doch ist mir dies nicht sehr wahrscheinlich. Genau dieselben 
Löcher zeigen häufig Flügel und Schwanz von L. hypownochrous, 
ich werde sie im Folgenden kurz als Federlöcher bezeichnen. 


Trichoglossus massena Bp. 


Ich konnte 4 im März bei Nusa (Kaevieng) erlegte Vögel 
untersuchen, und hier machten sich dieselben Grössenunterschiede 
wie bei der vorigen Art bemerkbar. Die eingeklammerten Zahlen 
bedeuten die Flügellänge, während die Gewichte folgende sind: 
mas. 158 g; fem. wohl juv. (Fl. 123 mm) Auge gelbbraun, Füsse 
schwarz, Schnabel rot, 93 g; sehr grünes Stück 155 g (Fl. 146 mm); 
gelbliches Stück 160 g (Fl. 146 mm) Auge hellkarmin, Schnabel 
korallrot mit gelblicher Spitze, Füsse grau. 

Die Mauser verläuft anscheinend langsam wie bei verwandten 
Formen. 

Einen recht heruntergekommenen Lori dieser Art bekam ich 
von einem Eingeborenen in der Blanche-Bucht, flugunfähig, ohne 
Schwanz, mit einem lahmen Bein war der Vogel recht hülflos. 
Spratts Patent mit Bananen brachte das Tier bald in andere 
Verfassung, das Bein heilte fast ganz, Schwanz und Schwingen 
wuchsen nach, und während ein Biss von ihm früher wenig aus- 
machte, hinterliess derselbe später eine schmerzende Blutblase. 
Er war sehr verträglich, und ich hielt ihn auf der Rückreise mit 
einer Schar Loriculus (Coryllis) zusammen. Bei einem Futter- 
gemisch von gekochtem Reis, Schifiszwieback, Carottengries, Ei 
und Spratts-Patent-Vogel- oder Kükenfutter mit täglicher Dar- 
reichung von Früchten bestand er vorzüglich, die Hauptsache ist, 
wie bei allen Trichoglossen, dass das Futter recht wässerig sei 
und leckend verzehrt werden kann. Auch er, wie ein grosser 
Teil meiner Papageien, vertrug die kühlere Temperatur des 
Berliner Vogelhauses nicht, es sind Ausnahmen, welche sich von 
einer Durchschnittstemperatur von 21—25° R. an die Stuben- 
wärme des Europäersgewöhnen, man muss den plötzlichen Umschlag 
in der Gemütsverfassung dieser Tiere sehen, um zu begreifen, wie 
sie unter dem Wärmemangel leiden. Die gefangenen Loris sind 
an Ort und Stelle durchaus nicht die hinfälligen Vögel, wie wir 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 425 


sie hier zu sehen gewohnt sind, der Malaye und Chinese schützt 
sie weder ängstlich vor Aufregung, noch füttert er sie besonders 
sorgfältig, und doch halten sie sich gut. 


Charmosyna subplacens (Sel.) 


Dieser hübsche, kleine Lori lebt fast immer nur auf Kokos- 
palmen, deren Blüten er besucht. Von Dahl wurden Junge im 
August, November und Januar gefunden, frisch vermauserte Vögel 
ergaben sich im Januar, Mai, Juli, August, November, December, 
mausernde im Januar, Februar, Mai, August und December, also 
ist auch dieser Papagei wenig an eine bestimmte Jahreszeit ge- 
bunden. Ein Männchen wog 34 g, 2 Weibchen je 33 und 35 g. 

Auf der Insel Matupi zählt dieser „Kokoslori“ zu den 
häufigsten Vögeln, der sich durch sein zirpendes Gekreisch dem 
Ohre recht bemerkbar macht. 


Eclectus pectoralis (St. Müll.) 


Bei der grossen Häufigkeit dieses Edelpapageies an allen für 
ihn geeigneten Örtlichkeiten konnte ich eine grosse Zahl dieser 
Vögel untersuchen. 65 Vögel aus den Monaten Januar, Februar, 
März, April, Mai und December gingen durch meine Hände, ab- 
gesehen von den zahlreichen, welche, nachdem das normale Ver- 
halten an ihnen constatiert war, in die Küche u. s. w. wanderten, 
dazu kommen noch 4 von Dahl gesammelte Julivögel. 

Ich kann getrost sagen, dass alle alten Stücke immer im 
Federwechsel sind, der eben auch bei diesen Papageien sehr all- 
mählich vor sich geht, Exemplare, welche ihr volles Gefieder 
von gleichaltrigen Federn besitzen, sind fast immer junge Vögel 
im ersten Kleide, das an den weniger satten Farben und den 
Jugendspitzen der Schwanzfedern gewöhnlich leicht zu erkennen ist. 

Gut entwickelte Geschlechtsorgane fand ich bei im Mai er- 
legten Vögeln, doch messe ich diesem Umstande wenig Bedeutung 
zu, da ich in diesem Monat eben die meisten Vögel untersucht 
habe, ein Weibchen mit abgenutztem Gefieder, offenbar nach dem 
Brutgeschäft erlegt, stammt z. B. vom Februar, ein zweites vom 
Juli, ein drittes vom December. 

Bei Vergleichung der Gewichtszahlen zeigt sich, dass 
Männchen und Weibchen gleich gross sind, letzteres ist eher 
etwas schwerer. Im Durchschnitt wiegt der alte Vogel etwa 
360—400 g, zieht man die jüngeren mit in Betracht, so ergeben 


426 O0. Heinroth: 


sich von 24 Wägungen die Zahlen 315—447 g, der wechselnde 
Füllungszustand des Kropfes bedingt diese grossen Schwankungen. 
Der Edelpapagei liebt Buschwald und Waldränder, auch 
einzeln stehende Bäume, im eigentlichen Hochwalde findet man 
ihn nicht. Im Fluge, und so tritt er bei seinen ausgedehnten 
Streifereien von Küste zu Küste dem Beobachter meist entgegen, 
lässt er häufig ein eigentümliches Schnarren hören, das eigentliche 
laute Gekreisch drückt meist Erregung, namentlich Furcht aus. 
Von unten sind die sonst so verschiedenen Farben der Ge- 
schlechter recht schwer gegen den Himmel zu erkennen, am auf- 
fallendsten wirkt der Unterschied der Schnabelfärbung: beim 
grünen Männchen leuchtet der helle, gelbrote Oberschnabel weit- 
hin, während der schwarze des Weibchens kaum bemerkbar ist. 
Die merkwürdige Färbungsdifferenz der Geschlechter, wie 
sie krasser kaum gedacht werden kann, ist schon oft besprochen 
und deren Entstehung und Zweckmässigkeit zu erklären versucht 
worden, meist allerdings von Gelehrten, die den Vogel nie in 
der Freiheit zu beobachten Gelegenheit hatten. Namentlich in 
der ersten Zeit meines Aufenthaltes im Bismarckarchipel fiel es 
mir sehr auf, dass ich immer nur die grünen Vögel zu Gesicht bekam, 
erst viel später auch die roten Weibchen. Wenn ich einen 
Fliegenden herabholte, oder ein auf Matupi einfallender erlegt 
wurde, immer war es ein Männchen. Kommt man dann später 
an die Stellen, wo unsere Vögel zahlreich in kleinen Flügen auf- 
treten, dann bekommt man natürlich auch die roten Weibchen 
zu Gesicht und Schuss. Einzelne sich frei zeigende Stücke, 
„EHerumtreiber,‘“ sind vorwiegend Männchen, ‚sie haben also 
wegen ihrer weniger versteckten Lebensweise die grüne Schutz- 
färbung“ höre ich da ergänzen. Ja, aber vor was soll sie denn 
ihr grünes Kleid schützen? Äussere Feinde, irgendwelches Raub- 
zeug aus der Säugetier- oder Vogelwelt, stellten unserem Vogel 
ja gar nicht nach, erstens sind sie auf dem Bismarckarchipel nicht 
vorhanden, und zweitens hüten sich in dem weiteren Verbreitungs- 
gebiet der anderen KEclectus-Arten die dort recht schwachen 
Räuber nach Kräften vor einem so starkschnäbligen Papagei 
(5. auch die Schlussbemerkung bei Cacatua ophthalmica). 
Schlangen, die vielleicht in Betracht kämen, nahen sich ihrer 
Beute nur aus nächster Nähe und kennen diese vornehmlich an 
der Bewegung, sie, die ausserdem Nachttiere sind, holen den roten 
wie den grünen Vogel ohne Unterschied aus der Baumhöhle 


Ornithologische Ergebnisse der ‚‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 427 


oder von dem Aste. Ich persönlich habe mehr die Empfindung, 
als wenn das grüne Gefieder als Prachtkleid gegenüber der doch 
recht dunklen Färbung des Weibchens aufzufassen ist, sicher aber 
der helle Schnabel. Auffallend bleibt dabei immer, dass schon 
die Nestjungen den geschlechtlichen Farbenunterschied zeigen, 
eine Erklärung der ganzen Erscheinung, die sicher nicht auf 
die üblichen Zweckmässigkeitsgründe zurückzuführen ist, steht 
jedenfalls noch aus. 

Die Nahrung dieses Edelpapageies besteht in harten Kernen, 
mit deren feinzerbissenen Stückchen man fast immer den Kropf 
gefüllt findet. 

Auch der jung aufgezogene Vogel macht seinem Besitzer 
wenig Freude, er ist überaus langweilig und ruhig, niemals ver- 
steht er sich zu den übermütigen, neckischen Spielen der Kakadus. 

Der Flug der Edelpapageien ist anhaltend und geht mit 
ununterbrochenen Flügelschlägen, die aber nicht gerade enten- 
artig rasch aufeinander folgen, meist geradeaus, nur wenn sie 
plötzlich aufgejagt werden, oder einer aus ihrer Mitte getroffen 
wurde, kreisen sie, hauptsächlich durch das Schreien eines Ver- 
wundeten angelockt. Wenn sie sich aus grösserer Höhe herab- 
senken, nehmen sie das Flugbild einfallender Wasser- und Sumpf- 
vögel ein, d. h. sie stellen die Schwingenspitzen schwebend stark 
pach unten, um die Flügeloberfläche zu verkleinern, was ja bei 
vielen andern Vögeln, z. B. Tauben und Singvögeln durch Ein- 
ziehen der Schwingen erreicht wird. 


Cueulidae. 


Centropus violaceus Qu. Gaim. 


Ein Stück dieses prächtigen, grossen Vogels wurde am 22.1. 
im dichten Küstenwalde am Henry-Reid Fluss erlegt. In seiner 
Art zu klettern und seiner tiefen Stimme glich er der folgenden 
Art, sodass wir zunächst glaubten, es mit dieser zu thun zu haben. 
Der Vogel mauserte stark, Geschlecht und Mageninhalt konnten 
leider, da der Körper nach dem Abbalgen versehentlich abhanden 
kam, nicht bestimmt werden. Bei diesem Vogel tritt die Ver- 
kümmerung des Flugskelettes und seiner Muskulatur noch mehr 
zu Tage als bei ©. ateralbus, sodass ich glaube, dass ©. violaceus 
überhaupt unfähig ist, etwa 100 m über eine freie Fläche zu 
streichen, namentlich, wenn auch nur schwacher Wind ihn hindert. 


428 O0. Heinroth: 


Centropus ateralbus Less. 


Nestjunge wurden in den Monaten Januar, Februar, März, 
Mai und November beobachtet, aus der übrigen Zeit liegt mir 
kein Material vor. Die Monate August — December fehlen mir 
fast ganz in der Beobachtungsreihe, in den übrigen wurden stets 
sowohl mausernde Vögel wie solche mit sehr reifen Genitalien 
angetroffen, im Januar fand ich verhältnismässig mehr Stücke 
mit ganz oder teilweise neuem Gefieder. 

Die Gewichte zahlreicher alter, ausgefärbter Vögel sind für 
die Männchen 285--358, für die Weibchen 287—368 g. Im 
Magen findet man stets Heuschrecken, sowohl grosse Acridier 
wie Mantisarten und Locustiden, ferner sehr grosse Spinnen, 
Schaben, grosse Schmetterlingspuppen u. s. w. Gerade die Formen, 
welche täuschend Blätter nachahmen, sind wie bei den Drongo’s 
recht häufig im Mageninhalt vertreten, und man ist bisweilen im 
Anfang wirklich im Zweifel, ob man es nicht mit verschluckten 
Blättern zu thun hat. Alles wird ganz verzehrt, fast unversehrte, 
fingerlange Mantis und Heuschrecken befinden sich unter einer 
wahren Spreu von Insektenbeinen. Junge, noch nicht selbst 
fressende Vögel, bekommen von ihren Eltern nur die zarteren 
Teile vorgelegt, hier fehlen die schrecklich bedornten Acridier- 
tarsen im Magen. Ich halte es nicht für richtig, den Umstand, 
dass gerade die erwähnten Mimicry-Insecten so gern und häufig 
gefressen werden, als einen Gegenbeweis für die Zweckmässigkeit 
ihres Schutzmittels anzuführen. Diese Tiere sind eben ein aus- 
gezeichnetes Futter und wären vielleicht ausgerottet, wenn ihre 
raffinierte Körperform- und Farbe ihre Auffindung nicht in hohem 
Grade erschwerte, möglich bleibt sie natürlich immer noch. 

Sehr auffallend ist bei diesem Sporenkukuk, dass bei den 
Männchen nur ein Hode und zwar merkwürdigerweise der rechte 
entwickelt ist. Ich fand dies in allen Fällen, wo ich darauf 
achtete, im Anfang übersah ich es, da man ja die Geschlechts- 
bestimmung hinreichend gemacht zu haben glaubt, wenn man 
nach seitlicher Öffnung der Bauchhöhle eine Geschlechtsdrüse er- 
kannt und als männlich oder weiblich bestimmt hat. Während 
der rechte Hode bei guter Entwickelung etwa klein-kirschgross ist, 
besteht der linke nur aus einen hanfkorngrossen Knötchen, bei 
unreifen Tieren ist der linke überhaupt nur schwer auffindbar. 

Ein gerupfter oder abgebalgter Centropus macht eine sehr 
komische Figur, er erinnert entfernt an die Rallen wegen des 


Ornithologische Ergebnisse der ‚‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 429 


kurzen und schwachen Brustbeins und dicken Unterleibes. 
Sehr entwickelt ist die Hautmuskulatur des weiten Halses, ob 
diese mit der Stimmbildung des Vogels zu thun hat, oder beim 
Verschlingen der dornigen, harten Insecten in Funktion tritt, 
weiss ich nicht, vielleicht ist beides der Fall. Die Flügelknochen 
sind ganz auffallend verkürzt und ihre Gelenke eigentümlich 
schlaff, die Brustmuskulatur ist sehr schwach. Um so kräftiger sind 
die Beine, welche mit straffen, sehnigen Muskeln und festen Ge- 
lenken ausgestattet sind. Der fast stets gefüllte Magen ist sehr 
diekwandig und fest, natürlich ohne ein Muskelmagen mit Sehnen- 
spiegeln zu sein. Die Farbe des gerupften Tieres ist sehr dunkel, 
die Haut sehr fest und dick. 

C. ateralbus ist eine von unseren europäischen Vögeln so 
- abweichende Erscheinung, dass ich sein Bild mit ein paar Worten 
skizzieren möchte. Im dichten Busch, aus einem Waldrande 
hören wir namentlich gegen Abend, aber auch zu allen Tages- 
zeiten ein lautes, anhaltendes, sehr tiefes Heulen oder „Tuten“, 
wie Dahl sagt, das zu den Tönen gehört, welche sehr schwer zu 
lokalisieren sind, namentlich werden wir über die Entfernung, 
aus der das Geräusch kommt, nicht klar. Wir gehen ungefähr 
nach der Stelle, und da sehen wir auch schon einen grossen, 
sehr langschwänzigen Vogel, der eilig am Stamme eines Baumes 
hinauf der Höhe zustrebt. Mit halbgeöffneten Flügeln springt 
er an den Schlingpflanzen empor, dabei die merkwürdigsten 
„Klammerstellungen“ wie ein Mausvogel (Colius) annehmend, 
oder er hilft sich mit ein paar schlaffen Schwingenschlägen von 
einem Aste auf den nächsthöheren. Erscheint dem Vogel der 
bestiegene Baum nicht sicher genug, so gleitet er auf den 
nächsten, möglichst von oben nach unten, um dann, in die Höhe 
klimmend einem schützenden Schlingpflanzengewirr zuzustreben. 
Es bedarf eines guten Schusses, um den Flüchtling herunterzu- 
holen, denn er versteht sich gut zu decken und die dicke Haut 
setzt den Schroten Wiederstand entgegen. Streicht der Sporen- 
kukuk einmal über eine kleine Grasfläche, so thut er es in einer 
so charakteristisch schwankend-schwebenden Weise, dass die ganze 
Bewegung mehr passiv als aktiv aussieht. 

Zwei junge Ü©. ateralbus, welche ich noch als Nestvögel be- 
kam, gewährten viel Freude und Gelegenheit, ihre Stellungen zu 
beobachten. Schon nach einigen Tagen verliessen sie ihr grosses 
überwölbtes Halmnest und wurden dann in einen Käfig gesteckt, 


430 OÖ. Heinroth: 


um sich später frei an Deck herumzutreiben. Ihr Lockton be- 
steht aus einem Schnalzen, das sich mit der Zunge gut nach- 
ahmen lässt, und auf welches sie stets antworteten. Sie laufen 
wie die Papageien auf einem Zweige in der Weise entlang, dass 
sie die beiden Vorderzehen nach innen stellen, also in der 
krassesten Art „einwärts“ gehen, thun dies aber mit grossem 
Geschick und balancieren mit den nie fest anliegenden Flügeln. 
Ein leichter Windstoss genügt bereits, um den Flügel der be- 
troffenen Seite aufzuklappen, was den Vogel aber wenig kümmert, 
denn er kann sich mit seinen starken Füssen ausserordentlich 
festklammern. Auf den Boden kamen sie freiwillig nie, eben- 
so vermieden sie es, über grössere Strecken zu fliegen, meister- 
haft jedoch benutzen sie jedes Tau, jede Kette, Stuhllehne u. s. 
w. als willkommene Leiter, um mit weiten Sprüngen auf das 
Ziel ihrer Wünsche, gewöhnlich eine ihnen bekannte Person zu- 
zueilen. Sie waren ziemlich schwierig zu ernähren, Fleisch, das 
sie nicht sonderlich gern nahmen, schien ihnen nicht sehr gut 
zu bekommen, und es hatte immerhin seine Schwierigkeit, die 
nötige Anzahl Heuschrecken und Spinnen für die beiden Fresser 
zu beschaffen. Von Pflanzenstoffen wollten sie nichts wissen. 
Ganz junge Sporenkukuke, welche bekanntlich ein durchaus igel- 
ähnliches Aussehen (wie junge Eisvögel) haben, lassen ein zirpendes 
lautes Geschrei hören. Das Auge unausgefärbter Tiere ist graubraun. 

Für jeden, der mit lebenden Sporenkukuken zu thun gehabt 
hat, muss es befremdend wirken, dass wir diese Vögel im System 
als so nahe verwandt mit den echten Kukuken (Cxculus u. s. W.) 
betrachten, sie gewissermassen mit diesen in einem Atem zu 
nennen gewohnt sind. Ausser der Zehenstellung hat Centropus 
mit den übrigen herzlich wenig gemein, grössere Verschiedenheiten 
in Schnabel, Befiederung, Haut, Brutpflege, Dunenkleid, Stimme, 
Bewegungsweise, Ausbildung der Flügel und Beine und bei genauerer 
Betrachtung auch in der Gestaltung und Funktion der letzteren 
selbst lassen sich eigentlich kaum vorstellen. In einem Ouculus, 
Cacomantis, Lamprococcyx finden wir einen zarten, weich und 
locker befiederten, dünnhäutigen, polygamen Nestschmarotzer, der 
seine zarten Füsschen nach Eisvogelart lediglich zum Sitzen 
braucht, haarige Raupen, bunte Wanzen, kurz alles das mit 
Schreckfarben behaftete auffallende Getier verzehrt, das andere 
Vögel wegen seines schlechten Geschmackes meiden, der fast 
nach Falkenart mit langen Schwingen sein Gebiet durcheilt, dessen 


Ornithologische Ergebnisse der ‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 481 


Junge ein normales Dunenkleid tragen und mit leuchtend gefärbtem 
Riesenrachen die kleinen Pflegeeltern zu den aufopferndsten Be- 
mühungen im Futterbringen anspornen. Der rasche Centropus 
mit seinem haarartig harten, festen Gefieder, der derben, den empfind- 
lichen Hieben des starken Schnabels eines Nebenbuhlers trotzenden 
dunkeln Haut, den vollendeten, starkmuskeligen Klammer-, Kletter- 
und Lauffüssen, welche ihm die fast verkümmerten Flügel völlig 
ersetzen, durchkriecht das verschlungendste Pflanzengewirr und 
sucht für sich und die geliebte junge, mehr Stachelschweinen als 
Jungvögeln gleichende Brut, welche ihm laut schnalzend den 
bescheiden gefärbten Schnabel entgegenstreckt, mit Sinnesschärfe 
und Fleiss all’ die so unglaublich raffiniert gefärbten und ge- 
stalteten Kerfe, die durch geschickten Betrug ihren schmackhaften 
Leib sichern wollen. Ich habe mich immer etwas geschämt, 
wenn ich auf die oft an mich gestellte Frage, was der „Akamuk“ 
denn eigentlich für ein Vogel sei, antworten musste: ein Kukuk. 


Eudynamis rufiventer (Less.) 
Ich erhielt 2 Stücke dieses „Fruchtkukuks,“ einen alten Vogel 
im Februar mausernd, einen zweiten im Übergangskleid am 30. V. 
Der letztere hat, da er ungefähr in der Mitte des Federwechsels 
steht, ein sehr merkwürdiges Aussehen: die neuen Federn sind 
blauglänzend schwarz, die alten hell gelbbraun mit dunklen 
Querbändern. Das Gewicht dieses Männchens betrug 247 g, 
im Magen fanden sich die Reste blauer Beeren. 
Der Vogel lebt im mittleren Busch und hat, so viel ich 
mich erinnere, einen pfeifenden Ruf. 


» 


Cuculus intermedius Vahl. 


Ein Stück dieses ostasiatischen Brutvogels wurde am 25. 
XII. an der Blanche-Bucht erlegt, es mausert stark. 


Cacomantis insperatus (J. Gd.) 

Dieser Vogel mit dem unheilvollen wissenschaftlichen 
Namen, den man etwa mit „unverhoffter Schlechtseher“ wieder- 
geben kann, hat für mich stets etwas Anmutendes gehabt. Er 
ist im mit Graslandschaft unterbrochenen, offenen Buschgelände 
recht häufig, und seine Stimme ist für die Gegend geradezu 
charakteristisch. Sein lautes Pfeifen, das man auch in der 
Dunkelheit oft zu hören bekommt, setzt mit einem Grundtone 


432 OÖ. Heinroth: 


ein, auf den etwa 6 immer höher ansteigende Pfeiftöne folgen, 
welche den Grundton jedesmal wieder als Vorschlag haben. 
Der ganze Satz lässt sich recht gut nachpfeifen. Beim Vortrage 
sitzt der Vogel still und nach echter Kukuksart sehr aufrecht, 
die er überhaupt in jeder Weise anatomisch und biologisch be- 
thätigt, auch der leuchtend orangerot gefärbte Rachen spricht dafür. 

Fast alle Exemplare, die ich erhielt, mauserten, darunter 
auch ein sehr entwickeltes Weibchen vom Mai, während ein 
anderes vom selben Monat mit legreifem Ei sein volles Gefieder 
trug. Dahl erhielt 2 Eier im Februar und ein Nestjunges im 
Juli, sowie einen flüggen jungen Vogel im Januar, ich selbst 
Jugendkleider im Februar und Mai. Vom August bis December 
liegen mir leider keine Stücke vor, nach der Mauserzeit glaube 
ich aber annehmen zu können, dass der Vogel das ganze Jahr 
hindurch seiner Fortpflanzung obliegt, zumal Oinnyris corinna, 
in deren Nester seine Eier legt, in jedem Monat brütet. 

Im Magen des Vogels findet man vorwiegend behaarte und nackte 
Raupen und zwar in ganz erheblichen Mengen. Von Lausfliegen 
wird dieser Kukuk auch bisweilen geplagt, auch findet man die 
Erscheinung der „Federlöcher“!) an ihm, ob diese beiden Um- 
stände in Zusammenhang mit einander zu bringen sind, lasse ich 
dahingestellt sein. 

Die Männchen wogen: 29 juv. Übergang; 29 juv. Übergang; 
29 juv; 32; 33; 34 juv. Übergang; 35; 35; 35,5 g, die Weibchen 
31 und 35 (legreif) g. 

Ein Exemplar unter den von mir gesammelten entspricht 
ziemlich genau der Beschreibung des C. websteri Hartl.; welcher 
aus Neu-Hannover bekannt ist. Da der Vogel an derselben 
Stelle an der Blanche-Bucht wie meine übrigen Stücke erlegt 
wurde, so halte ich denselben nur für eine individuelle Varia- 
tion. Seine Unterschwanzdecken sind grau mit rostbraunen 
Querbinden. 


Lamprococcy& plagosus (Lath.) 
Ein Weibchen mit schwach entwickeltem Eierstock wurde 
im Februar auf der kleinen Crednerinsel gesammelt, weitere 5 
Vögel, alles Tiere im Jugendkleid oder im Übergang zum Altersge- 
fieder, sind vom April und Mai aus der Gegend der Blanche-Bucht. 


1) Siehe Lorsus hypoinochrous. 


Örnithologische Ergebnisse der ‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 433 


Ein frisch vermausertes Weibchen erhielt Dahl im August. 
Zwei Weibchen von diesen wiegen 23,5 und 30 g, ein Männchen 
25 g. Im Magen finden sich schwach behaarte und nackte Raupen. 

Der Vogel führt eine ähnliche Lebensweise wie die vorgenannte 
Art, nur zieht er anscheinend noch dichteren, buschigen Pflanzen- 
wuchs vor. Die dünne Haut und das weiche, locker sitzende 
Gefieder stempeln ihn zum echten Kukuk. 


Bucerotidae. 


Rhytidoceros plicatus (Forst.) 


In der Nähe der Blanche-Bucht ist der Nashornvogel 
äusserst selten, das von mir mitgebrachte Exemplar verdanke 
ich der Freundlichkeit von Herrn Wolf. 

Ausser in Neu-Guinea selbst sind diese Vögel am Henry- 
Reid Fluss auf Neu-Pommern recht häufig, oder vielmehr man 
bekommt die grossen, geräuschvollen Tiere leicht zu Gesicht. 
Das Merkwürdigste an ihnen ist ihr Flug, der einen Lärm ver- 
ursacht, wie ihn kein anderer mir bekannter Vogel erzeugt. Als 
ich bei Simpang (Neu-Guinea) in wenig übersichtlichem Gelände 
im Buschwalde stand, glaubte ich plötzlich in der Ferne einen 
Eisenbahnzug nahen zu hören, und würde es dabei anderen 
Ortes auch wohl haben bewenden lassen. Aber dort, fern von 
aller Kultur, musste doch wohl eine andere Ursache hinter diesem 
rhythmischen Brausen stecken als eine Lokomotive, und es dauerte 
denn auch nicht lange, so sah ich einen Nashornvogel vorüber- 
fliegen und aufbäumen, im selben Augenblick verstummte das 
Geräusch. - Wohl hatte ich vorher oft von dem Brausen dieser 
Tiere gehört, aber so stark hatte ich es mir doch bei weitem nicht 
vorgestellt, und ich hielt es immer noch nicht für möglich, dass 
durch Flügelschläge ein solcher Lärm verursacht werden könne. 
Erst als immer und immer wieder neue Vögel vorbeiflogen, mit 
deren Ankunft stets wieder das Eisenbahngeräusch eintrat, waren 
meine Zweifel beseitigt. Erklären lässt sich das Zustandekommen 
des Fluggeräusches durch die Resonanz der bei den Bucerotiden 
so enorm entwickelten Pneumatizität aller Körperteile und das 
sehr harte Flügelgefieder. 

Meist sieht man Rh. plicatus paarweise, entweder ausser 
Schusshöhe majestätisch hintereinander mit langsamen Schwingen- 
schlägen und lang ausgestrecktem Halse dahinziehen oder auf 

Joum. f, Orn. L. Jahrg. Oktober 1902. 29 


434 Ö. Heinroth: 


sehr hohen Bäumen fussen. Wo sie den Europäer noch nicht 
kennen, sind sie auch etwas niedriger anzutreffen, immer aber 
recht vorsichtig. 

Mein aus dem Mai stammendes Stück trägt sein volles 
Federkleid; ein Weibchen mit reifem Eierstock ist frisch ver- 
mausert; ein jüngerer Vogel mausert etwas, letztere beiden sind 
von Dahl am 31. 1. gesammelt. 


Alcedinidae. 


Tanysiptera nigriceps Sel. 


Dahl erhielt junge Vögel dieser Art im December und 
Januar, ein altes Paar in abgenutztem Kleide und mit mässig ent- 
wickelten Genitalien, also nach eben beendetem Brutgeschäft, 
sammelte ich im Februar; im Mai erhielt ich ein abgetragenes 
Jugendkleid, ein fast fertig vermausertes Weibchen, ein Weibchen im 
Federwechsel und ein nicht mauserndes Männchen; im Juni ein 
stark abgenutztes Männchen und ein Jugendkleid. Es scheint 
also demnach, als wenn die Fortpflanzungsperiode in die Monate 
Dezember bis Mai fällt, doch fehlen mir Stücke aus den übrigen 
Monaten, so dass sich beim Vergleiche mit reichlicherem Material 
die Sache auch anders gestalten kann. Die Männchen wiegen 
55; 58 und 62 g, ein jüngeres 48 g, die Weibchen 57; 57 und 
63 g, also ebensoviel. 

Der untersuchte Mageninhalt besteht in Käfern, einer grossen 
Locustide, Baumwanze, Sand, Erde, Grillen(?). Anscheinend 
sammelt die Zanysiptera diese Tiere vorzugsweise vom Boden 
auf. Ich traf den Vogel an der Blanche-Bucht weniger nach 
Haleyon-Art auf einer Warte im Freien sitzend, sondern mehr 
im offenen Unterholz des Busches. Der Schnabel ist bei jüngeren 
Stücken ebenso wie bei anderen Eisvögeln bedeutend kürzer als 
bei alten Tieren. 

Einmal erhielt ich eine Tanysiptera lebend, leider aber war 
sie so schwer verletzt, dass sie keine Nahrung annahm und in 
einigen Tagen einging. In seiner Figur und Haltung macht der 
Vogel keinen sehr vorteilhaften Eindruck. Der runde Körper 
mit dem dicken Kopf steht in keinem rechten Verhältnis zu dem 
überaus dünnen, langen Schwanz, der ziemlich gerade nach 
unten getragen wird. 


Ornithologische Ergebnisse der ‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 485 


Halceyon saurophagus ]J. Gd. 

Ich sammelte diesen prächtigen, grossen, blau-weissen Eis- 
vogel auf den Crednerinseln, auf Nusa und einer kleinen Insel 
bei Kung bei Neu-Hannover, immer lebt er auf kleinen Inseln 
am Strande, denn er ernährt sich hauptsächlich von Krabben, 
nicht aber von Eidechsen, wie sein Name angiebt. Sein Schrei 
ist klangvoll und zusammenhängender als der anderer Gattungs- 
verwandter. Am VIII. fand ihn Layard brütend, im Juli sammelte 
Dahl ein Stück im Beginn des Federwechsels, mausernde erhielt 
ich im Februar und März, alle mit sehr schwach entwickelten 
Genitalien, die Fortpflanzungsperiode scheint nach Vergleich 
dieser wenigen Vögel also in die zweite Hälfte des Jahres zu 
fallen. Ein Männchen wiegt 110 g, 2 Weibchen je 110 und 116 g. 

Man kommt immer in eine gewisse Verlegenheit, wenn 
man, namentlich an Ort und Stelle, von „tropischen Eisvögeln“ 
spricht, und stets hat man dann mit der üblichen langen Erör- 
terung über Namengebung im allgemeinen, unseren Eisvogel und 
dessen scheinbaren Zusammenhang mit dem Eise u. s. w. aufzu- 
warten. Das Unglück will es, dass gerade die Eisvögel ihre 
grösste Verbreitung der Individuen- und Artenzahl nach in den 
Tropen haben, und ihre Benennung nach einem versprengten 
nördlichen Vertreter erfolgt ist. Der Engländer nennt die Alce- 
diniden „King-fisher,‘“ aber mit „Königsfischer“ ist auch nicht 
viel gewonnen, denn die meisten Halcyoniden haben mit dem 
Wasser gar nichts zu thun, sondern fangen Heuschrecken. Das 
Wort „Liest“ endlich kennt nur derjenige, für welchen als Fach- 
mann jede weitere Erklärung unnötig ist. 


- 


Halceyon tristrami Lay. 


Dieser Liest ist der in Neupommern beheimatete von den 
beiden so ähnlichen Formen, H. sanctus dagegen ist der Zugvogel 
aus dem Süden, der seine Mauserzeit im Bismarck-Archipel ver- 
lebt. In den Wintermonaten trifft man nur ihn, und da die 
Brutzeit vornehmlich in diese Zeit fällt, so macht sich dieser 
schöne, stattliche Vogel auch recht bemerklich. Er ist geeigneten 
Ortes regelmässig zu finden: ein bequemer, freier Sitzplatz als 
Warte über übersichtlichem Grasgelände oder Büschen ist die 
Anforderung, welche er stellt. Eine Telephonleitung, ein dürrer 
Baumast, ein Palmwedel, alles ist ihm recht, und sein lautes 
Kiek, Kiek, Kiek u. s. w. lenkt rasch die Aufmerksamkeit des 

29* 


436 0. .Heinroth: 


Neulings auf den Vogel. Bisweilen wird er von einen Nectarinien- 
Paare heftig angegriffen, was er aber mit stoischer Ruhe über 
sich ergehen lässt. Ob diese Feindschaft vielleicht ihren Grund 
darin hat, dass der Eisvogel räuberische Gelüste nach Jungvögeln 
zeigt, ist möglich, aber nicht erwiesen. Sehr merkwürdig ist die 
Thatsache, die mir auch in Herbertshöhe mitgeteilt wurde, und 
die auch nach Brehms „Gefangenen Vögeln“ von Gräffe für 
Halcyon sanctus angegeben wird, dass nämlich unser Vogel plötzlich 
ohne nachweisbaren Grund Haushühner anfällt und ihnen fort- 
während nach den Augen stösst, sollte er diese für glänzende 
Käfer halten? An übermässiger Intelligenz leiden diese Lieste 
sicher nicht, wie man an Gefangenen beobachten kann. 

Ein Nest fand Dahl im December, Junge erhielt er in 
demselben Monat, und ich bekam im Januar und Februar frisch 
ausgeflogene Stücke. Vom December bis April mauserten alle 
alten Vögel, die ich sammelte, im Mai auch ein junger in sein 
zweites Kleid. Ein Vogel, von Dahl am 21. Juli erlegt, trägt 
sein frisches Kleid. Ich nehme demnach an, dass H. iristrami 
im allgemeinen in unseren Herbst- und ersten Wintermonaten 
dem Brutgeschäfte obliegt. 

Sehr in die Augen fällt bei diesem Vogel der durch Feder- 
abnutzung bedingte Wechsel der Färbung, deren Verschiedenheit 
sich Reichenow nicht recht erklären konnte. Die frische Feder 
der Unterseite und des Nackenbandes ist schön rostfarben, be- 
züglich rostgelblichweiss, sie wird aber durch Abnutzung immer 
heller und schliesslich weiss oder hellgelblich, wie dies ja auch 
bei anderen Vögeln (z. B. Raubvögel, Falco eleonorae) der Fall 
ist. Die Feder bleicht dabei nicht etwa aus, sondern das in der 
oberflächlichsten Schicht und in den Federästen II. Ordnung ge- 
legere Pigment und letztere selbst werden abgerieben. Bei den 
vielen Mauservögeln, welche ich besitze, ist dieser Unterschied 
zwischen heller und dunkler Färbung der Unterseite je nach dem 
Fortschreiten des Federwechsels leicht zu erkennen. Am schönsten 
ist der eben flügge Vogel, bei dem ja alle Federn gleichmässig 
frisch sind, und der in leuchtendem Rostrot strahlt, auch die 
hellen Säume auf Kopf und Flügeldecken sehen recht gut aus. 

Vom März ab wird H. tristrami scheinbar seltener, es kommt 
dies daher, dass er, durch den Federwechsel in Anspruch ge- 
nommen, stiller wird, und der nun in Massen einwandernde H. 
sanctus ihn gewissermassen überdeckt. Auf die Entfernung hin 


| 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 437 


sind beide Arten kaum zu unterscheiden, und da man na- 
türlich nicht auf jeden Eisvogel schiesst, so erlegt man meist 
nicht ihn, sondern den viel häufigeren H. sanctus. 

Heuschrecken und Cicaden, namentlich erstere, bilden den 
grössten Teil des Mageninhaltes, doch werden auch andere grössere 
Insekten und selbst glatte Raupen nicht verschmäht. 

Die daraufhin untersuchten Männchen wogen: 77; 78; 78; 
78 (juv.); 83; 86 g, die Weibchen 75; 83; 86; 90 g. 


Halcyon nusae n. Sp. 
(Taf. VIII Fig. 2.) 

Dieser neue Eisvogel ist der Vertreter von H. tristrami 
auf Nord-Neumecklenburg und den sich daran gegen Neu-Hannover 
zu anschliessenden kleinen Inseln, also etwa im Regierungsbezirk 
Nusa. Einer wurde auf Nuungan bei Kapoteron erlegt, zwei auf 
Nakung bei Neu-Hannover, ein vierter bei Nusa (Kaevieng), alle 
vom 23. IL.—2. II. 

Der erste Vogel trägt ein frisches Gefieder am Ende der 
Mauser, Gewicht 70 g. Der zweite mausert stark, die Hoden 
sind klein, Gewicht 83 g; Mageninhalt Heuschrecken, der dritte 
ist ein junges Männchen im ersten Kleide, noch nicht mausernd 
mit hellen, bezüglich unten dunkeln Federrändern, Gewicht 64 g, 
im Magen finden sich Krabben, der vierte, ein Männchen mit kleinen 
Hoden, mausert ebenfalls und hatte Heuschrecken verzehrt, Ge- 
wicht 77 g. Auf Nusa fand ich Mitte März eine Höhlung in 
einer abgestorbenen Kokospalme, welche von einem Paare dieser 
Vögel befilogen wurde. 

Die-Mauser- und Brutzeit verhält sich nach diesen Stücken 
wie bei H. irisitrami, sein Aufenthalt auf kleinen Inseln bringt es 
mit sich, dass dieser Insektenfresser am Strande auch ab und zu 
Krabben erjagt. 

Die Masse in mın der betreffenden Stücke sind: 

Länge Flügel Breite Schwanz Schnabel Gewicht 


H. nusae 258 106 385 70 8 
ss 260 105 405 47 83 8 
” » 243 778 
nn JUWI2ASE 103,370 750 43 64 8. 


Die Diagnose von H. nusae ist folgende: Ähnlich H. chloris, 
jedoch Oberkopf und Rücken viel dunkler, ersterer fast schwarz- 
grün, der helle Fleck am Oberschnabel viel grösser und der 


BT 


438 O0. Heinroth: 


schwarze Zügelstrich sehr breit. Beim frisch vermauserten Vogel 
hat das Weiss des Nackenbandes und der Unterseite einen gelb- 
lichen Anflug. 

Das Jugendkleid trägt dieselben Federränder wie das der 
verwandten Arten. 


I Halceyon matthiae n. sp. 
(Taf. VIII Fig. 1.) 


Das einzige Stück dieser Art wurde im März auf der Insel 
St. Matthias erlegt, nach welcher sie benannt ist. Im Magen des 
Vogels befanden sich Heuschrecken. Die Art wurde etwas ent- 
fernt von der Küste aufgefunden. Der Vogel mauserte stark. 

Diagnose: Oberkopf weisslich gelb mit ziemlich unregel- 
mässigen schwärzlichen Flecken, ein Streifen hinter und unter 
dem Auge und ein sehr schmales Nackenband schwarz,- hinter 
letzterem ein breites weisses mit fahl gelblicher Begrenzung nach 
unten. Rücken trüb blaugrün, Bürzel hellblau, Flügel und Schwanz 
blau, ganze Unterseite weiss. Schnabel schwarz, Basis des Unter- 
schnabels weisslich, Füsse schwärzlich. Lg. 255, Fl. 114, Schw. 90, 
Schn. 50, L. 15 mm. 


Halcyon sanetus Vig. Horst. 


Wie sehon erwähnt, ist der Götzenliest nur überwinternder 
Zugvogel aus südlicheren Breiten im Bismarckarchipel, einzelne 
Paare mögen ja immerhin daselbst auch brüten, wie Dahl für 
Neu-Lauenburg angiebt. Den ersten vereinzelten Vorläufer erhielt 
ich am 31. I. an der Blanche-Bucht, nach meiner Rückkehr dahin, 
Mitte April, war er zugleich mit Merops ornatus bis zu meiner 
Abreise am 6. Juni in grosser Menge vorhanden. Auch von West- 
Neumecklenburg erhielt ich ein Stück am 8. V. 

Sämtliche Vögel, und ich habe deren viele Dutzende unter- 
sucht, mauserten, derjenige vom 31. I. war im ersten Anfang des 
Federwechsels, die Junivögel und ein von Dahl im August ge- 
sammelter hatten im Wesentlichen neue Federn, an denen der 
Kopfgegend treten die dunkeln Bänder dann besonders deutlich 
hervor, die Färbung der Unterseite wird in ähnlicher aber lange 
nicht so auffallender Weise, weil schon von Anfang an viel heller 
als bei Z. tristrami, wie bei letzterem durch die Mauser verändert. 
Die Jungen mit den hellen Federrändern auf den Flügeldecken 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 439 


verhalten sich dabei genau wie die ausgefärbten Vögel. Das 
Gewicht schwankt zwischen 42 und 50 g und beträgt meist um 45 8. 

Im Magen findet man zumeist Heuschrecken, dann nackte 
Raupen, grosse Spinnen, Ohrwürmer und grosse Hymenopteren. 
In der Lebensweise ähnelt er A. tristrami vollständig, und mir ist 
die Angabe Studers: „hält sich gern in den Mangrovesümpfen 
auf“ etwas unverständlich, man müsste denn gerade einen Flug 
ziehender Götzenlieste, der auf der Durchreise sich in den Man- 
groven niedergelassen hat, antreffen, der dann, wie es Dahl fand, 
auch Krabben verzehrt. Sonst sitzt er auf seiner Warte über 
dem Grase und fängt Insekten, genau wie sein grosser Verwandter. 
Der Flug der Lieste ist von dem der Alcedo-Arten recht ver- 
schieden, viel weicher und nicht so schnurrend wie bei den Fischern. 
Wirklich elegant, wie es die ihnen in der Lebensweise ähnelnden 
Fliegenschnäpper thun, fliegen sie nicht, sie behalten immer etwas 
Klotziges und Plumpes, wozu der grosse Kopf und Schnabel 
wesentlich beitragen. 

Vier Götzenlieste, die ich lebend erhielt, brachte ich mit 
nach Berlin, wo sie noch wohlauf sind. Angenehme Käfigvögel 
sind sie nicht, aber eigentümliche. Der hungrige, oder besser 
gesagt, der nicht vollkommen gesättigte Eisvogel (ein Pelargopsis 
verhielt sich ebenso) hat nur Sinn für Erlangung von Beute, auch 
der Frischgefangene, flügellahm Geschossene lässt sich dann durch 
die Gegenwart des Beobachters kaum stören. Er ergreift die dar- 
gebotene Heuschrecke, schlägt sie häufig und kräftig mit seitlicher 
Kopfbewegung gegen die Sitzstauge, tötet sie auf diese Weise, 
entfernt so wenigstens zum Teil die Beine und Flügel und bringt 
sie vor allen Dingen mundgerecht in den Schnabel, denn der 
Halcyon hat so gut wie keine Zunge, mit der er den Bissen in 
die richtige Lage bringen könnte. Endlich, oft nach langem Fest- 
halten im Schnabel, wird die Beute verschluckt. Ist der Vogel 
satt, so stürmt er wie unsinnig gegen das Drahtgeflecht seines 
Käfigs und geberdet sich angesichts eines Menschen ganz sinnlos. 
Der Eisvogel sitzt im Freien entweder ruhig, oder er fliegt, und 
dies will für den Käfig natürlich nicht passen. Auch nach Viertel- 
und Halbjahresfrist ändert sich sein Benehmen nicht: solange er 
frisst, ist er vernünftig, sonst aber ein unsinniger Stürmer. Eine 
gute Eigenschaft haben diese Vögel: sie gehen nicht nur ohne 
weiteres ans Futter, sondern nehmen auch schon in den ersten 
Tagen rohes, in kleine Stücke geschnittenes Fleisch aus dem Napfe 


440 O0. Heinroth: 


an, welches ich, um Gewöllbildung zu ermöglichen, in getrockneten 
Ameisenpuppen gewälzt hatte. Die Hauptsache bei dieser Fütterung 
ist, dass die einzelnen Fleischstücke sich nicht zu sehr zusammen- 
ballen, denn der Vogel greift in das Futtergeschirr und fasst 
einen Fleischklumpen, schlägt ihn dann gegen die Sitzstange und 
behält nun günstigsten Falles nur ein Stückchen im Schnabel, 
während die angeklebten gegen die Käfigwände fliegen und ver- 
trocknen, der Futternapf ist auf diese Weise also gleich leer, ohne 
dass der gewünschte Zweck, die Vögel zu sättigen, erreicht ist. 
Meine Götzenlieste badeten sich nie, der Verwandte Dacelo thut 
es bekanntlich sehr gern. Ihre Stimme liessen sie oft auch in 
hellen Nächten, am meisten aber morgens und abends hören, 
was recht hübsch klingt. 


Alcedo ispidoides Less. 


Diesen echten Königsfischer sah ich in grösserer Menge am 
Henry-Reid Fluss, auch an einem kleinen Salzfluss und der Sumpf- 
wiese bei Gunan-tambu an der Blanche -Bucht kommt er vor. 
Abgesehen davon, dass er auch von Korallenblöcken herab am 
Meeresufer fischt, ähnelt er in Stimme, Flug u. s. w. unserer A. 
ispida vollkommen. 

Im Januar erlegten wir nicht mausernde alte und junge 
Vögel; im Februar zwei Stück, die beide mauserten; im April 
erhielt ich 2 eben ausgeflogene Junge; im Mai einen mausernden 
und einen im vollen Gefieder befindlichen Vogel, Dahl einen 
ebensolchen im Juli. Nach diesen Thatsachen steht nur soviel 
fest, dass A. :spidordes etwa im März und wahrscheinlich auch 
im Spätherbst brütet, aus anderen Monaten fehlt es an Beob- 
achtungen. Das Gewicht eines Männchens habe ich mit 28,5 g 
notiert, der Magen enthielt Fische. 


Ceyx sacerdotis Rams. 


Meine Matupi-Jungens bezeichneten diesen Vogel nicht wie 
die Dahl’schen Leute einfach mit Andiema = A. ispidordes, 
sondern in richtiger Würdigung der Lebensweise des Tieres mit 
„Andiema belong bush‘ oder aber mit „small fellow Angie“ = kleine 
Tanysiptera. Er lebt im dichten Walde und ist einer der 
hübschesten Vögel, die man im Bismarckarchipel findet, eine frisch 
erlegte Ceyx ist ein entzückendes Tierchen. 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 441 


| Reichenow giebt bei dieser Art die Schnabelfarbe mit rot, 
‚bei C. solitaria Tem. dagegen mit schwarz an und verwendet 
diesen Unterschied auch im Bestimmungsschlüssel. Die 12 von 
mir gesammelten Stücke haben nun einen schwärzlichen bis schwarz- 
roten Oberschnabel und leuchtend roten Unterschnabel, letztere 
‚ Farbe ist übrigens bei jüngeren Vögeln anscheinend etwas weniger 
prächtig. 

Dahl beobachtete im Januar ein Paar beim Nestbau und 
erleste ein Weibchen im abgenutzten Gefieder. Meine Vögel 
vom Mai und Juni mauserten alle bis auf 3, von denen 2 ein 
sehr abgenutztes Federkleid tragen, also vor dem Federwechsel 
stehen, es sind beides jüngere Tiere. Diese letzteren Thatsachen 
deuten also auf eine Brutzeit um den Januar herum hin, zumal 
ich auch nur sehr schwach entwickelte Keimdrüsen auffand, wie 
dies ja nach Beendigung der Fortpflanzungsperiode die Regel ist. 
Nach bestimmter, unaufgeforderter Aussage der Eingeborenen 
nistet Ceyx häufig in den dicht über der Erde befindlichen Ter- 
mitennestern, ähnlich wie Nasiterna pusio, nur mehr im dichten 
Walde, wo dieser ja nicht vorkommt. Das Auge unseres Vogels 
ist, ich vermisse diese Angabe in Reichenows Arbeit, dunkelbraun. 

Der Mageninhalt bestand einmal aus einer sehr grossen 
Spinne, sonst meist aus schwer erkennbaren, stark zerkrümelten 
Heuschreckenresten, anscheinend häufig aus Grillen. Die nach 
Geschlecht an Stärke nicht verschiedenen Vögel wiegen 20, 20, 
21,5, und 5 mal je 22 g. 


Meropidae. 


Merops ornatus Lath. 


Zwischen M. salvadorsw und M. ornatus besteht genau 
dasselbe Verhältnis wie zwischen Haleyon tristrami und H. sanctus, 
d. h. M. salvadoriv ist Brut-, M. ornatus Wintervogel im Bismarck- 
archipel. Vom Dezember bis Ende Februar traf ich M. salvadorii zu 
Paaren an der Blanchebucht nach Bienenfresserart auf erhöhten 
Punkten über dem Graswald sitzend, aber immer nur vereinzelt, 
d. h. nie in Schwärmen. Bei meiner Rückkehr von St. Matthias 
Mitte April trat dann an denselben Orten, aber auch an Wald- 
rändern, an dem kleinen Salzfluss u. s. w. M. ornatus scharen- 
weise auf, überall ertönte sein „Brüb, brüb“, und M. salvadorvi 
konnte ich nun nicht mehr herausfinden, ich nehme jedoch an, 


442 O0. Heinroth: 


dass letzterer wohl Standvogel ist. Auch M. ornatus verlebt |l 
wie H. sanctus seine Mauserzeit in Neupommern, alle Stücke, 
und es sind deren viele Dutzende, welche ich von April bis Anfang 
Juni erhielt, waren in vollem Federwechsel und hatten sehr kleine 
Keimdrüsen, auch hier verhielten sich junge und alte Vögel ganz 
gleich. Ein von Dahl Anfang Juli gesammeltes Weibchen steht 
am Ende der Mauser. 

Das Gewicht von M. ornatus ist 27,5—30 g, also viel geringer 
als das der folgenden Art mit 40 @. 

Im Magen der Erlegten findet man vorwiegend Hymenopteren. 

Die Bienenfresser, für den Neuling wegen ihres fast 
gänzlichen Fehlens in Deutschland interessante Vögel, sind sehr 
regsame Tiere, die wegen ihres vielen Fliegens und ihrer hübschen 
Stimme recht auffallen. Sie jagen bekanntlich in ähnlicher Weise 
wie die Fliegenschnäpper, fliegen aber mehr, d. h. betreiben 
ihre Jagd nicht immer nur von einer Warte aus. Im Fluge 
erinnern sie ganz entfernt, was die Aufeinanderfolge der Schwingen- 
schläge betrifft, an unsern Star, d.h. auf einige rasche Bewegungen 
der Flügel folgt ein schwebendes Gleiten, dabei ist der Flug 
natürlich viel vielseitiger, leichter und durch raschere Wendungen 
ausgezeichnet als bei dem heimischen Sturnus. In der Luft kommt 
übrigens das Grün und Blau der Vögel viel weniger zur Geltung 
als die rostfarbige Unter- uud Oberseite der Schwingen, welche 
für alle eigentlichen Bienenfresser so charakteristisch ist. 

Leicht verwundete Stücke, die ich bisweilen erhielt, benahmen 
sich im Käfige recht vernünftig. Um sie zum Annehmen von 
Nahrung zu bewegen, hielt ich ihnen mit der Pinzette eine 
Küchenschabe vor, sie bissen danach, um mich abzuwehren, 
fühlten sie dieselbe dann im Schnabel, so wurde sie sofort verzehrt. 
Gleich derauf nahmen sie ohne Umstände jedes gereichte Insekt 
von der Pincette. Ich habe mir keine Mühe gegeben, die Tiere 
lebend mitzubringen, da sie der europäischen Art sehr ähneln 
und dasselbe Benehmen haben wie diese, welche jahrelang im 
Berliner Zoologischen Garten gelebt hat. 


Merops salvadorii A. B. M. 

Drei Stück im Beginne des Federwechsels sind aus dem 
Dezember, zwei aus dem Februar mausern stark, die Brutzeit 
dürfte also in unseren Sommer und Herbst fallen. Im übrigen 
verweise ich auf das bei der vorigen Art von diesem Vogel 


Coraciidae. 


Eurystomus crassirostris Sel. 


Ich erhielt sechs Vögel dieser Art, einen davon von der 
Westküste von Neu-Mecklenburg, die übrigen aus der Gegend 
der Blanchebucht. Sie sitzen auf freien Ästen hoher überstehender 
Bäume und betreiben von da aus ihre Jagd auf Prachtkäfer, grosse 
Hymenopteren, Baumwanzen und Heuschrecken, welche ich im 
Magen vorfand. Alle meine Vögel vom Mai und Juni haben sehr 
'kleine Keimdrüsen, 2 Stück tragen das erste Kleid im zum Teil 
recht abgenutzten Zustande, die Alten mausern; die Brutperiode 
war demnach bei diesen Tieren gerade beendet, fällt also wohl 
vorwiegend in unseren Winter. Ein junges Männchen wiegt 
132 g, andere Stücke 154, 185, 187 g. Das Schwarz auf dem 
Schnabelrücken ist verschieden stark entwickelt und kann das 
Rot fast verdecken. Während der Mauser schilfert die Horn- 
schicht stark ab. 


Caprimulgidae. 


Caprimulgus macrurus Horst. 


Diese weitverbreitete Nachtschwalbe lernte ich bei Singapore, 
wo sie im botanischen Garten sehr häufig ist, kennen und sie 
dann in der Folge, da sie einen äusserst auffallenden Ruf hören 
lässt, leicht auffinden. Prof. Ridlay, der liebenswürdige Director 
des botanischen Gartens dieser Stadt vergleicht die Stimme dieses 
Ziegenmelkers treffend mit dem Geräusch, welches entsteht, wenn 
man ein Stück Eis über eine glatte Eisfläche hinschleudert, diesen 
Vergleich kennen die Eingeborenen Singapore’s natürlich nicht 
und nennen den Vogel wegen seines klopfenden Tschuck, tschuck, 
tschuck den ‚„Carpenter-Bird,“ indem sie an einen hämmernden 
Zimmermann denken. Ausserdem hat der Vogel noch einen 
anderen, mehr knarrenden Schrei. Beides klingt nicht unangenehm 
und in der nächtlichen Stille sehr originell, kann aber auf die 
Dauer, wenn ein Paar dieser Tiere die ganze Nacht neben dem 
offenen Schlafzimmer sich unterhält, auch schliesslich lästig werden. 


444 O. Heinroth: 


Mit leisem, elegantem Fluge eilen sie schattenhaft dahin, von 
einem niedrigen, freien, dickeren Aste über Grasflächen zum 
anderen, dabei werden die weit gebreiteten Flügel sehr hoch | 
über dem Körper getragen und der weisse Schwingenspiegel 
kommt im Verein mit dem Weiss in den äusseren Steuerfedern 
in dem entfaltenen Schwanze bei den Männchen sehr zur Geltung. 
Am Tage findet man die Vögel auf dem Boden oft im dichtesten, 
bebuschten Grase, sie stehen dann unmittelbar vor dem. nichts 
Ahnenden auf und haben sich abfliegend durch Buschwerk gedeckt, 
ehe man schussfertig ist. Auch den Erlegten findet man sehr 
schwer. Dicht am Krater an der Blanchebucht erhoben sich 
wenige Schritte vor uns aus ganz niederem Grase zwei eben 
flügge Nachtschwalben nach verschiedenen Seiten, unser Präparator 
und ich schossen gleichzeitig, und trotzdem ich mir den Punkt, 
wo die meinige zur Erde gefallen war, genau gemerkt hatte, 
brauchte ich doch eine ganze Weile, um den Vogel auf dem dunklen, 
mit gelblichem Dürrgrase bedeckten und etwas bewachsenen 
Boden zu entdecken, die andere, gleichfalls getroffene, fanden wir 
trotz langen Suchens überhaupt nicht, da mein Präparator, in der 
Absicht sich von dem Erfolg meines Schusses zu überzeugen, sich 
umgesehen hatte und nicht, den Einfallsort starr im Auge be- 
haltend, auf denselben zugegangen war. 

Die eben erwähnten Jungen stammen vom December, Dahl 
fand Eier im Oktober und November, Finsch Nestjunge von Anfang 
August bis Ende November. Alte Vögel vom Januar und Februar 
mauserten, eine Anzahl Stücke aus dem Mai hatten so stark 
entwickelte Keimdrüsen, dass sie sicher unmittelbar vor der Ei- 
ablage standen, nur ein besonders leichtes, noch unentwickeltes 
Männchen (50 g) mauserte noch. Ein von Dahl im September 
gesammeltes Männchen hatte ebenfalls reife Hoden. Bei diesem 
Material aus allen Jahreszeiten lässt sich demnach mit Bestimmtheit 
sagen, dass ©. macrurus vom Mai, vielleicht auch schon vom April 
ab nistet, wahrscheinlich mehrere Bruten macht, die letzten Jungen 
etwa Ende Dezember selbstständig sind, und von da ab bis Ende 
März die Mauser im allgemeinen dauert. Das heisst also, einfacher 
ausgedrückt: Der Vogel liegt das ganze Jahr seiner Fortpflanzung 
ob, mit Ausnahme der in unseren Winter fallenden Mauserzeit. 
Ein ähnliches Verhalten dürften sehr viele Vögel des Bismarck- 
archipels aufweisen, nur fehlen uns von den meisten Arten die 
sich über alle Jahreszeiten erstreckenden Daten. Die Nachtschwalbe 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 445 


mausert sehr rasch, nach Art unserer Singvögel etwa, und deshalb 
bringt der Federwechsel eine Pause im Brutgeschäft mit sich, 
Tauben und die meisten Papageien verhalten sich in letzterem 
Punkte anders. 

Die Männchen wiegen 50; 63; 64; 65 und 67 g, die Weibchen 
60; 65; 65,5; 68g. Der Mageninhalt ist recht schwierig zu be- 
stimmen, man erlegt die Vögel natürlich am Tage, nachdem sie 
seit den letzten Nachtstunden nichts gefressen haben, die Nahrung 
ist also schon verdaut. In allen Fällen fand ich stark zerklei- 
nerte Käferreste. 


Macropterygidae. 
Macropteryx mystacea (Less.) 

Auch der Bartsegler vertritt einen Typus, der uns Europäern 
vollkommen fremd ist, der Name „Segler“ erfüllt mit falschen 
Voraussetzungen. Unsere Segler sind sehr derbhäutige, straff 
gefiederte Vögel, die nicht im Stande sind, auf einem Aste zu 
sitzen, sondern nur fliegen, liegen und hängen können. Ihre 
Klammerfüsse sind mit nadelscharfen Krallen bewehrt, welche die 
Vögel auch zum Kampfe benutzen, und als Schutz gegen Feinde ist 
wohl auch die dicke Haut der Tiere aufzufassen. Das Jugendkleid 
ist von dem der Eltern kaum verschieden, und alle haben ein 
ordentliches Nest, in dem sie nach Art anderer Vögel brüten. 

Ganz anders die Gattung Macropieryx. In ihrer zarten Haut 
und dem weichen Gefieder, den kleinen Füsschen und namentlich 
dem braungefleckten Jugendkleide erinnern sie sehr an die Nacht- 
schwalben. Anklammern kann sich der Baumsegler überhaupt 
nicht, sondern er sitzt sehr aufrecht nach Art der Eisvögel, Bienen- 
fresser u. Ss. w. auf einem hohen, dürren Aste und überblickt sein 
Gebiet, um in weiten Bogen durch die Luft schiessend, hoch und 
niedrig oft bis in die tiefe Dunkelheit seiner Jagd auf grosse, auch 
stacheltragende Hymenopteren, fliegende Käfer, Baumwanzen und 
Cicaden obzuliegen. In der heissen Tageszeit sitzt er auf dürren 
Ästen in der prallen Sonne. 

Ende Januar erhielt ich einen Nestvogel mit seinem Nest. 
Letzteres, eine etwa fünfmarkstückgrosse, an den Rändern nur wenig 
erhöhte Platte aus feinerem Gras, Federchen u. s. w., die fest verklebt 
waren, wurde in natürlicher Lage auf ein Stück Holz befestigt, 
und dieses in den oberen Rand eines Eimers geklemmt, sodass 
der Vogel vollkommen frei sass und leicht transportabel war. 


446 O. Heinroth: 


Der im Anfang ganz braungefleckte Bartsegler wird allmählich. 
dadurch grauer, bezüglich schwärzer, dass die grauen, bezüglich 
schwarzen Wurzelteile der einzelnen Federn im Wachstum fort-- 
schreiten. Anfänglich schob ich ihm das in Schaben, Ameisen. 
und Mehlwürmern bestehende Futter mit der Pinzette seitlich 
durch den Schnabelwinkel in den riesigen Rachen, und bald 
schnappte er in ruhiger Weise die vorgehaltene Nahrung selbst. 
Gierig wie andere Jungvögel war er nie, vielleicht hängt dies 
damit zusammen, dass bei Vögeln, welche nur ein Junges zur 
Zeit ausbrüten, dieses nicht nötig hat, sich, um nicht zu kurz zu 
kommen, vorzudrängen und daher ruhig die angebotene Nahrung 
entgegennimmt. Das Tier gedieh zusehends und machte sich 
öfter, namentlich gegen Abend, wo es auch seine den Alten gleiche 
Stimme, ein fast bussardähnliches „Ju‘ hören liess, durch Flügel- 
schlagen auf der Stelle Bewegung. Wenn der Vogel die Federn 
des Kopfes sträubte, erhielt er ein ganz verändertes und sehr 
interessantes Aussehen, dann kommen auch die weissen Gesichts- 
streifen besser zur Geltung. Fleisch und Ameisenpuppen behagten 
ihm wenig, und da ich auf einer Reise nach Neu-Mecklenburg 
nicht viel anderes bekommen und ihn auch krankheitshalber nicht 
fortwährend füttern konnte, ging er als nunmehr völlig flugfähiger 
Vogel leider ein. In der letzten Zeit hatte er in einer Garten- 
voliere seine Schwingen öfters versucht und sein Nest verlassen, 
natürlich benahm er sich zunächst mit seinen langen im Flügeln 
engen Raume recht ungeschickt. 

Von Finsch und Dahl sind Nestvögel im Februar, Juni und 
August beobachtet, trotzdem mir viele Dutzende dieser Vögel 
vom Dezember bis Juni durch die Hände gegangen sind, habe 
ich nie ein Stück mit sehr stark entwickelten Keimdrüsen gefunden, 
dagegen mauserten von 38 daraufhin untersuchten erwachsenen 
Bartseglern 32. Auch bei diesen Tieren findet man wie bei vielen 
Tauben und Papageien oft neue und alte Federn in Flügel und 
Schwanz ohne Jungfedern dazwischen, der Federwechsel scheint 
also sehr langsam vor sich zu gehen und beeinflusst das sonstige 
Verhalten der Tiere wenig oder garnicht. Da mir vom September 
bis Dezember keine Beobachtungen vorliegen, so möchte ich die 
Frage, ob unser Vogel nur vom Januar bis August nistet, noch 
offen lassen. Nach den Mauserstücken zu urteilen, erscheint es 
mir wahrscheinlich, dass dieser Segler das ganze Jahr hindurch 
brütet. 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 447 


Der Mageninhalt ist bei der Aufzählung der Nahrungstiere 
bereits erwähnt, die Gewichte sind folgende: Männchen: 54; 57; 
57; 57; 60; 62; (juv., sehr fett!); 64; 68 und 72 g, Weibchen: 
52, 53; 54; 55; 57; 58; 61; 62; 64 g. 


Collocalia fuciphaga (Thunb.) 

Ein Männchen mit sehr schwach entwickelten Hoden erlegte 
ich am 6. II. in der Blanche-Bucht, im Magen fanden sich sehr 
kleine Käferchen, der Vogel trägt ein ganz neues Federkleid und 
wog gegen 13 g. Diese Salanganen sind äusserst häufig und 
schwärmen nach Schwalbenart niedrig über Gras, Busch und 
Wasser. 

Collocalia francica (Gm.) 

Ein Stück dieser Art erhielt ich im Mai, es mauserte nicht 
und hatte sehr kleine Insekten im Magen, das Geschlecht war 
nicht bestimmbar, überhaupt war der Vogel so beschädigt, dass 
ich ihn nicht konserviert habe. 


Collocalia uropygialis G. R. Gray. 

In Nord-Neumecklenburg, dicht bei Kaevieng (Nusa) sind 
weissbürzelige Salanganen überaus zahlreich, leider habe ich nur 
eine erlegt, und diese weicht von ©. uropygialis dadurch etwas 
ab, dass die Unterschwanzdecken nicht schwarzblau mit weissen 
Rändern sind, sondern rein weiss, nur die grössten sind ganz 
schwarzblau. 

Diese für den Bismarckarchipel neue Salangane ist von den 
Neu-Hebriden und Neu-Kaledonien bekannt. 

Die Gesamt -Länge beträgt 98, Flügel 96, Distanz -+ 23, 
Schwanz 42, Breite 220 mm, Gewicht 11 g. 

Im Magen eine kleine grüne Fliege, der Vogel steht am 
Ende des Federwechsels. 

Eine andere, hellbürzlige Salangane wurde im Mai in der 
Blanchebucht erlegt, sie mausert stark. Leider habe ich sie 
nicht konserviert, es ist immerhin möglich, dass sie derselben 
Art wie die Beschriebene angehörte. 


Pittidae. 
Pitta mackloti Tem. 


Dahl erhielt Junge und Eier vom Januar bis April, die 5 
Stücke, welche ich im Mai und Juni bekam, mauserten bis auf 


448 O0. Heinroth: 


ein anscheinend jüngeres Weibchen, welches aber auch, wie die. 
andern Vögel, sehr kleine Keimdrüsen aufwies. Auffallend ist | 
eine mausernde, von Dahl im Oktober gesammelte alte Pitta. | 
Letzterer Forscher giebt die Brutzeit für die Monate Dezember— 
April an, nach dem letzt erwähnten Vogel, und, da Material aus 
den übrigen Monaten nicht vorliegt, möchte ich mich dieser An- 
gabe noch nicht anschliessen. 

Die Gewichte sind: Männchen: 71 g (juv. Übergang); 80; 
89 g, Weibchen 67 g (juv.?) und 75 8. | 

Im Magen der Erlegten fanden sich in einer schwarzen, an- 
scheinend erdigen Masse: Käfer, Käferlarven, Heuschrecken und 
ein kleines Schneckenhaus. 

Wie bekannt, leben diese schönen Vögel auf dem dicht 
bewachsenen Boden von Wald und Busch und sind sehr schwer 
zu beobachten. Dicht vor den Füssen des Dahinwandelnden gehen 
sie nach Hühnerart auf, und der rasch nachgesandte Schuss be- 
schädigt sie, weil aus zu grosser Nähe wirkend, nur zu sehr oder 
aber, die Prita ist, gedeckt durch den dichten Unterwuchs, ver- 
schwunden, ehe man zu Schusse kam. Der weisse Handschwingen- 
spiegel ist im Fluge ein gutes Kennzeichen des Vogels. 


Pitta novaehibernicae Rams. 


Während meines Aufenthaltes im März in Nord-Neumeck- 
lenburg (Kaevieng) brachten mir Eingeborene mehrere Nester 
dieses in unseren Sammlungen recht seltenen Vogels teils mit 
nackten Jungen, teils mit Eiern. Ferner bekam ich am 9. ein 
junges Männchen im Übergang zum Alterskleide, das also etwa 
im Dezember ausgebrütet sein mag, und ein nicht mauserndes 
altes Männchen anscheinend im frischen Kleide mit mässig ent- 
wickelten Hoden. Nach diesen Thatsachen scheint die Brutzeit 
mit der vorerwähnten, ihr sehr ähnlichen Art zusammenzufallen, 
doch ist es ebensogut möglich, dass der Vogel, wie vielleicht auch 
P. mackloti, auch in den übrigen Monaten, eventuell eine nicht 
einmal bei allen Stücken gemeinsame Mauserzeit in unserem 
Frühling abgerechnet, das ganze Jahr hindurch brütet. Das junge 
Männchen wog 74, das alte 85 g. Im Magen fanden sich eine 
Larve, schwarze, harte Käfer und vielleicht zufällig mit ver- 
schluckte Pflanzenreste. 

Zugleich mit einem Nest und Gelege von 2 Eiern brachte 
ein Eingeborener den auf diesem gefangenen alten Vogel lebend. 


Ornithologische Ergebnisse der ‚‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 449 


Ich setzte ihn mit wenig Hoffnung, ihn zu erhalten, in einen ver- 
hängten Käfig, wo er sich äusserst ruhig und teilnahmlos ver- 
hielt. Nahrung verschmähte er vollständig. Nach einigen Tagen 
flösste ich ihm, um ihn den Verlust von Freiheit und Brut ver- 
sessen zu machen, etwas verdünnten Alkohol ein, leider etwas 
zu viel, denn die Pitta wurde so betrunken, dass wir sie nach 
einigen Stunden für tot hielten. Am nächsten Morgen sass sie 
jedoch wieder aufrecht, und nach etwa eintägigem Fasten ent- 
schloss sie sich, Kerbtiere und auch Fleischstückchen mit dürren 
Ameisenpuppen aufzunehmen. An Bord ernährte ich sie dann mit 
Küchenschaben, wovon sie täglich etwa 200 Stück verzehrte. 
Leider rührte sie ausser Insekten nun nichts mehr an, und als 
ich einmal den Versuch machte, sie zum Genusse von nach allen 
Regeln der Kunst zubereitetem Weichfutter und Fleisch zu 
zwingen, schien das auch ganz gut zu gehen, wenigstens war der 
Futternapf immer bald geleert. Nach acht Tagen lag die Pitta 
jedoch halbtot auf der Seite und war vollkommen abgemagert: 
die Leerung des Futternapfes hatten die in den Tropen selbst 
an Bord so häufigen, ganz kleinen Ameisen besorgt, der Vogel 
aber hatte nichts gefressen. Durch Schaben und Mehlwürmer 
wurde die Scharte wieder ausgewetzt, ich hatte aber das zweifel- 
hafte Vergnügen, vom März bis Mitte October für die nötige 
Ration von Phyllodromia zu sorgen, wobei es mir denn gelang, 
den Vogel nach Berlin zu bringen, wo er noch ein halbes 
Jahr lebte. 

Ich habe nie einen langweiligeren Käfigvogel besessen als 
diese „Blaubrustpitta.“ Sie war stets so wenig oder so sehr 
scheu, dass sie sich ruhig greifen liess (bekanntlich sind auch 
manche unserer europäischen Vögel in den ersten Tagen ihrer 
Gefangenschaft so entsetzt über die neue Umgebung, dass sie 
wie „angedonnert‘ ruhig dasitzen, und flattern erst, wenn sie einige 
Zeit gekäfigt sind). Auch ungestört bewegte sie sich nur um zu 
fressen, sie badete sich trotz täglich gebotener Gelegenheit nie- 
mals und liess nur ein schnarrendes Geschrei hören, wenn man 
sie griff. Tagelang konnte man warten, bis man einmal das Glück 
hatte, ihr eine Bewegung absehen zu können. Bei sehr grossem 
Hunger frass sie aus der Hand, dann war aber auch ihr Ende 
nicht weit, und es war dann geraten, sie schleunigst tüchtig heraus- 
zufüttern. Es ist leicht möglich, dass jung aufgezogene Vögel sich 
besser halten und interessanter sind. 

Journ. £. Orn. L, Jahrg, Oktober 1902, 30 


450 0. Heinroth: 


Hirundinidae. 


Hirundo tahitica Gm. 

Zwei Stück, beides Weibchen von 16 und 17 g Gewicht, 

mit sehr kleinen Eierstöcken sind bei den „Bienenkörben“ 

(Blanche-Bucht) am 18. V. erlegt, sie mausern nicht, Fliegen und 
Käferehen bilden den Mageninhalt. 


Museicapidae. 


Monarcha chalybeocephala (Gurn.) 


Ausser den Monaten März und April, an welchen ich den 
Vogel nur sehr spärlich erhielt, es mir also an Material fehlt, 
haben Dahl und ich Nester mit Eiern und Jungen das ganze 
Jahr hindurch erhalten. Auffallend ist mir Dahis Angabe, 
dass das Gelege stets nur aus 2 Eiern bestehen soll, ich habe 
2 Bruten mit je 3 Jungen bekommen. Der Vogel scheint dem- 
nach wirklich das ganze Jahr hindurch mit seiner Fortpflanzung 
beschäftigt zu sein, denn mausernde Vögel sammelte ich im 
December, Januar, Februar und April, aus der übrigen Zeit habe 
ich kein genügendes Material. Die Mauserperiode ist also indi- 
viduell verschieden, und in der Zeit, wo ein Paar brütet, wechselt 
das andere die Federn. Ich glaube, dass dieses Verhältnis bei 
sehr vielen Vögeln, des tropischen, gleichmässigen Inselklimas statt 
hat, nur sind die Nester eben nicht so leicht zu erhalten wie 
z. B. bei diesem Vogel und Ahipidura tricolor. Ein im Juni 
erbrütetes Junges wird sich eben wieder um ein halbes Jahr 
früher sein Nest gründen als das im December dem Ei entschlüpfte 
Paar. Eine genauere Aufzählung der Vögel mit frischem und 
mit abgenutztem Gefieder, der Entwicklung der Genitalien u. S. w. 
ist demnach überflüssig, es kommt eben alles durcheinander vor. 
Die Männchen wiegen 24; 25; 28; 28 g, zwei Weibchen je22 und 23 g. 

Im dichteren, von Grasland unterbrochenen Busch, an mit 
Kokos bestandenen Baumwollpflanzungen, Hecken u. s. w. ist 
dieser schöne, durch die Verschiedenheit in der Eärbung der 
Geschlechter so auffallende Fliegenschnäpper recht häufig. Ich 
möchte hier bemerken, dass der Schnabel nicht, wie Reichenow 
angiebt, schwarz ist, sondern bei beiden Geschlechtern schön 
emaille-blaugrau mit abgesetzter schwarzer Spitze und der Rachen 
ein leuchtendes Orangerot aufweist; das Auge ist dunkelbraun. 
Auch das Kopfgefieder der Jungen hat fast denselben Glanz wie 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 451 


das alter Vögel, und ich war nicht im Stande, junge Männchen 
im 1. Kleide durch mattschwarze Kopfplatte von alten Weibchen 
zu unterscheiden. Unser Vogel ist ein recht guter, flötender 
Sänger, der im Ärger ein rauhes Rätschen hören lässt, der Lockton 
ist ein wiederholt in gleichmässiger Weise ausgestossenes Pfeifen: 
„tutt, tutt, tutt“ u. s. w. Er ist in seiner Lebensweise etwa ein 
Mittelding zwischen Grasmücke und Fliegenschnäpper, macht aber 
einen viel selbstbewussteren Eindruck. Das Nest ist gerade kein 
Kunstbau, so recht ein typisches Vogelnest, wenn ich so sagen 
darf, und steht unter und in Gesichtshöhe in einer Astgabel. 
Käfer bilden neben anderen Insekten die Hauptnahrung. 

Am 31. I. erhielt ich ein Nest mit 3 kaum halbflüggen 
„bokupak’s,“ die bald sperrten und lebhafte, muntere Vögelchen 
wurden. Auffallend ist, dass schon die Nestjungen neben dem 
‚Ruf nach Futter bereits den eigentlichen Lockton, das pfeifende 
„Lutt, tutt, tutt“ ausstossen, meist mit gesträubter Kopfplatte, was 
ihnen sehr gut steht. Ich fütterte sie mit Schaben, Fleisch und 
Ameisenpuppen, Mehlwürmern u. s. w., und bald verliessen sie, 
flugfähig, aber noch mit kurzen Schwingen das Nest. Als ich 14 
Tage in Matupi wohnte, bezogen sie einen kleinen Flugkäfig im 
Freien, aus dem öfters einer entwischte, sich aber dann ruhig 
wieder greifen liess. Ihrem etwas würgerartigen Aussehen entsprach 
‚dabei der Umstand, dass die beiden Geschwister in solchen Fällen, 
nachdem der Flüchtling nach ganz kurzer Abwesenheit wieder in 
den Käfig kam, wütend über den Ausreisser herfielen, als wäre 
er ein fremder Vogel. Ich nahm die Tiere dann mit nach Nusa, 
leider fielen dort zwei den zahlreichen Katzen des kaiserl. Stations- 
chefs, bei dem mein Präparator und ich so schöne Tage der 
uneigennützigsten Gastfreundschaft verlebt und so liebenswürdige 
Pflege in schwerer Malaria gefunden hatten, zum Opfer, dem 
dritten schenkte ich die Freiheit. Ein Pokupak, welcher nach 
etwa weiteren 14 Tagen plötzlich durchs Fenster im Zimmer 

erschien und nach einem Rundflug wieder blitzschnell verschwand, 
war wohl sicher der Ausgesetzte, wenigstens habe ich sonst niemals 
in der Nähe des Gebäudes seinesgleichen bemerkt. 


Monarcha menckei n. sp. 
(Taf. IX Fig. 1). 
Dieser neue Fliegenschnäpper stammt von St. Matthias aus 
dem März und ist auf dieser Insel ziemlich häufig. Leider ist 
30* 


452 O0. Heinroth: 


nur ein Stück, welches Herr Kothe, noch bevor ich das Lager bezog, , 
an Bord brachte, erhalten worden, ebenso wie von Rhipiduranı 
matthiae n. sp. Dieser hübsche, fast weisse Vogel mausert stark‘. 
und hat noch einige Federn des Jugendkleides. = 
Diagnose: Stirn, Kehle, Augenrand und ein Ohrfleck, die‘ 
Schwingen mit Ausnahme der 3 innersten Armschwingen und die 
beiden mittleren Schwanzfedern jederseits sind ganz schwarz, die 
4 äusseren Steuerfedern schwarz mit weissem Spitzenfleck. Die 
Deckfedern des Flügels sind schwarz mit weissem Fleck auf der 
Aussenfahne, die innersten ganz weiss. Alles Übrige ist weiss, 
die Federn der Unterseite mit schwarzer Wurzelhälfte. Schnabel 
hellgrau mit schwarzer Spitze. Füsse grauschwarz. Lg. "7 
| 

| 

| 


Fl. 76, Schw. 76, Schn. 11, L. 20 mm. 


Monarcha inornata Gurn. 


Wir untersuchten 6 Stück von der grossen Crednerinsel’ 
aus dem Februar. Alles waren ganz frisch vermauserte Vögel, , 
Männchen, davon 2 mit ziemlich reifen Hoden, bei einem Exemplar 
war nur der linke entwickelt, der rechte dagegen sehr klein. Die‘ 
Brutperiode schien demnach gerade ihren Anfang zu nehmen, 
da wir diese Vögel jedoch meist in dem dichten Blätterwerk mit‘ 
dem Ohre an ihrem zischenden, etwa dreiteiligen Gesange bemerkten, | 
so haben wir vielleicht auch gerade immer die reifen, daher‘ 
sangeslustigen, ausgemauserten Tiere erlegt, was schon deshalb 
wahrscheinlich ist, weil wir Weibchen gar nicht bekommen haben. 
Im Magen fanden sich meist fliegende Kerfe, viele Hymenopteren, 
aber auch nackte Raupen. Das Auge ist dunkelbraun, der Rachen 
blauschwarz. Die Vögel wiegen 22—24 9. 

Auch diese Monarchu betreibt ihre Jagd wie ihre Gattungs- 
verwandten im halbhohen, dichteren Geäst, mehr von Ast zu Ast 
fliegend als in der Weise unserer eigentlichen Muscicapa-Arten 
von einer Warte aus. 


Monarcha fulviventris Hartl. 


Ein von der Portlandinsel bekanntes Stück, welches mit 
dieser von Hartiaub für die Schachbrettinseln beschriebenen Art 
identisch ist, entspricht vollkommen den von mir auf Nuungan 
bei Kapoteron, auf Nakung und bei Kaevieng (Nusa) Ende Februar 
und Anfang März gesammelten Vögeln. Die Masse eines frisch 
vermauserten Männchens sind: Länge 183, Flügel 85, Dist. —50, 
Schwanz 79, Breite 266 mm. 


Ornith logische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 453 


Schnabel emaillefarben-grau bis schwarz, unten heller, Rachen 
‚elbweiss, Füsse blaugrau, Auge dunkelbraun. 

Die Erlegten waren fast alle in frischem Gefiederodermauserten 
foch. Unter acht daraufhin untersuchten Stücken befand sich 
‚in geschlechtsreifes Männchen, die andern hatten sehr kleine 
eimdrüsen. Die Vögel wiegen 20,5—26 g, der Mageninhalt 
esteht aus Insektenteilen, worunter sich auch kleine Heu- 


Monarcha chrysomela (Less.) 


Ich untersuchte 7 dieser prächtigen Vögel, welche ich bei 
(#Nusa (Kaevieng) im März erlangte. In der Beschreibung ist 
hhachzutragen, dass sich unter dem Auge ein weisser Fleck befindet, 
/vas Salvadori, nicht aber Reichenow erwähnt, das Auge ist 
Junkelbraun. 
Das noch unbeschriebene Weibchen ist unten nicht so rein 
Ähochgelb wie das Männchen, die Oberseite ist einfarbig oliven- 
/braungelb, Schwanz und Schwingen sind graubraun, aussen oliven- 
!selb gerandet. Der weisse Fleck unter dem Auge ist vorhanden, 
alle schwarzen Abzeichen fehlen. Der junge Vogel gleicht dem 
j ‚Weibchen, doch ist der Schnabel gelblich, an der Spitze schwarz. 
®Die Männchen wiegen 16; 16,5; 17; 17,5 und 19 g, ein Weibchen 
717 g. Im Magen fand ich namentlich Käferreste, Cicaden und 
jeine nackte Raupe. Alle sind im ganz frisch angelegten Feder- 
kleide oder am Ende der Mauser, dabei ein junges Männchen im 
|Übergang, die Geschlechtsorgane sind bei allen Stücken sehr 
klein, von Ende Januar bis Mitte April dürfte also, nach vorliegendem 
‚ Material zu urteilen, mindestens eine Pause im Brutgeschäft dieser 
Vögel eintreten. 

Dieser in seinen Bewegungen anderen Monarcha-Arten 
ähnelnde Fliegenschnäpper lebt im dichten Geäst niedrigeren, 
d. h. etwa 5—10 m hohen Busches. 


Myiagra novaepomeraniae Rehw. 

Den ersten Vogel dieser von Reichenow nach einem von 
Dahl gesammelten Weibchen beschriebenen und abgebildeten Art 
erhielt ich am 2. II. an der Blanche-Bucht, das Geschlecht konnte 
wegen der starken Schussverletzung nicht festgestellt werden, 
doch ist das Tier der Färbung nach sicher ein Weibchen, es 
mausert stark und steht etwa in der Hälfte des Federwechsels, 


454 O0. Heinroth: 


der Magen enthielt feinere Insektenteile. Der Schnabel ist an 
der Wurzel emaille-blaugrau, sonst schwarz, Füsse schwärzlich, 
Auge dunkelbraun. i 
Das zweite zu meiner Sammlung gehörige Stück, welches” 

ich mit Bestimmtheit für das hiermit neu aufgefundene Männchen 
von M. novaepomeraniae halte, stammt aus derselben Gegend 
vom 18. V. Es mausert ebenfalls sehr stark, hat sehr kleine 
Hoden, und der Magen enthielt undefinierbare Kerfreste. F 
Die Beschreibung dieses zweiten Vogels, der dem ersten, einem 
typischen Vertreter seiner Art, in der Form aller Körperteile 
bis auf das Genaueste gleicht, ist folgende: Oberseite grauschwarz, 
jede Feder, namentlich am Kopfe, mit stahlblauem Glanz, auf dem E 
Bürzel einige weissliche Federn, Kehle und Kropf blauschwarz h 
glänzend, übrige Unterseite weiss. Schwingen schwärzlich, die 
inneren innen weiss, aussen mit Stahlglanz gesäumt, Untertlügel- 
decken dunkelgrau mit breiten weissen Rändern, Schwanz schwarz 
mit Stahlglauz. Schnabel dunkelemailleblau, Füsse schwärzlich, 
Auge dunkelbraun. Die Massverhältnisse beider Stücke stelle 
ich zum Vergleiche in Millimetern zusammen: | 
Gesamtl. Flügel Schw. Dist. Breite Lauf Schn. Gew. 
Männchen 187 grdigl. v1n40 7 93738 | 17°) 12 N 
Weibchen 182 86 771 :485.258 17 13 IT 
Der um ein Vierteljahr differierende Federwechsel beider 
Vögel lässt die Annahme zu, dass von einer typischen, abgegrenzten 
Brutzeit wohl auch nicht die Rede sein kann. | 


Rhipidura tricotor (Vieill.) 

Der gemeine Fächerschwanz (nicht etwa dreifarbige: irscolor !), 
dessen Brutzeit Dahl in unsere Herbstmonate verlegt und dessen 
von Finsch im August beobachtete Mauser er für abnorm hält, 
ist mir wieder ein Beweis, dass die im Bismarckarchipel kaum 
merkbaren Unterschiede der Jahreszeiten kaum oder oft gar 
nicht auf viele Vögel einwirken. Eier, Junge und Vögel mit 
brutreifen Keimdrüsen sind im Februar, März, April, Mai (Juni — 
August fehlen Beobachtungen), September, November und December 
beobachtet, mausernde und geschlechtlich unentwickelte Stücke 
kenne ich vom Januar, Mai, August und December. Aus den nicht 
erwähnten Monaten mangelt es nur an Vergleichsmaterial, man 
würde jedenfalls unschwer zu allen Zeiten brütende und mausernde 
Rhipiduren finden können. Es gilt hier eben das schon bei 


Ornithologische Ergebnisse der ‚‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 455 


Monarcha chalybeocephala Erwähnte. Im Magen findet man recht 
häufig wespenähnliche Hymenopteren und ausserdem andere, meist 
fliegende Insecten. Das Gewicht eines Männchens betrug 34 g, 
ein jüngeres Weibchen wog 27, zwei andere 28 und 35 g@. 

Der Angabe Studers, dass der Vogel in seinem Gebaren 
ganz an die Bachstelze erinnere und in der Nähe des Wassers 
‚häufig sei, kann ich nicht so ohne weiteres beipflichten. Den 
' Fächerschwanz trifft man überall, wo es freie Flächen mit vielen 
‚fliegenden Insekten und niedrigen Warten giebt, von denen aus er 
seine Jagd betreibt, einerlei ob dies ein paar dürre Äste im 
' Grasland sind, oder ein Zaun an einem Hause oder ein liegender 
Stamm an einem menschenleeren, flachen Fluss- oder Meeresufer. 
_ Wenn auch recht gut zu Fuss, ist er doch kein Läufer wie eine 
' Bachstelze, und namentlich seine Schwanzbewegung ist eine von 

den Stelzen sehr verschiedene. Die Steuerfedern werden durchaus 
nicht so gebreitet, wie man dem Namen des Vogels nach vermuten 
könnte, sondern etwa halbgeschlossen getragen, der Schwanz aber 
mehr hin und her als von oben nach unten bewegt. 

Immer ist dieser Vogel in Bewegung, die glühendste Mittags- 
sonne scheut er nicht, und ich habe seinen Gesang buchstäblich 
zu jeder Stunde des Tages und der Nacht vernommen. Der 
Fächerschwanz ist nirgends scheu und schon deshalb so auffallend, 
durch den langen Schwanz sieht er grösser aus als er ist, und 
seine verschiedenen Stellungen, verbunden mit seinem Vorkommen 
an so verschiedenen, Orten bringen es mit sich, dass man ihn oft 
versehentlich mit einem Schusse herunterholt, ohne es auf ihn 
abgesehen zu haben. Sehr häufig sieht man die meist paarweise 
oder mit ihren Jungen anzutreffenden Vögel im Kampfe mit ihren 
gleichartigen Nachbaren, der dann gewöhnlich mit wütendem 
Gesang begleitet wird. Letzterer erinnert entfernt an unsere 
Rotschwänze, wenigstens was das Rauhe, Zischende in deren Vortrag 
anlangt. Wenn auch individuell verschieden, so kann man doch 

sagen, dass die Strophe des Fächerschwanzes bei der angegebenen 
Klangfarbe einen meist aus 3--5 Tönen bestehenden Triller 
darstellt. Wesentliche Abwechselung, etwa wie unser Garten- 
rotschwanz, kennt dieser Sänger nicht, pfeifend-flötende Töne fehlen 
ihm ganz. 

Bei dem Nest des Fächerschwanzes verdient der Umstand 
Beachtung, dass sich dasselbe bisweilen vollkommen frei auf 
einem abgestorbenen Bäumchen dicht über dem Graswald befindet, 


456 O0. Heinroth: 


also der Sonnenbestrahlung in der vollkommensten Weise aus- 
gesetzt ist. Manchmal sind ein paar dürre Blättchen darüber, 
aber ein wirksamer Insolationsschutz wird durch sie nicht er- 
reicht. Gerade über diesen Graswiesen kann eine furchtbare 
Hitze herrschen, oft sind sie durch Busch u. s. w. vor jedem 
Winde geschützt, und die Sonne glüht unbarmherzig in die 
trockene Landschaft. Ein dicht vor uns aus dem mannshohen 
Graswald auftauchender Cistensänger (Cistöcola exilis) betrachtet 
den Eindringling von einem höheren Halme herab mit vor Hitze 
weit geöffnetem Schnabel, um möglichst bald wieder im Schatten 
des Alang-Alang zu verschwinden: und in dieser Glut liegen 
offen die Eier und Jungen von Rhipidura tricolor. Auf einem 
allerdings spurweise beschatteten Neste traf ich trotz häufigen 
Besuchs nie einen der Eltern, trotzdem es nicht verlassen war, 
und ich die Entstehung des Geleges beobachtet hatte, hier 
brüteten die Eltern offenbar nur des Nachts. Ob bei gar nicht 
geschützten Nestern durch den brütenden alten Vogel die Eier 
vor Überhitzung durch die Sonne behütet werden, oder eben 
einfach zu Grunde gehen, erfordert weitere Beobachtungen. 
Soviel weiss ich, dass junge, noch im Nest befindliche Fächer- 
Schwänze, welche man selbst aufzieht, eine minutenlange Be- 
sonnung sehr lieben und sich mit Wonne dieser hingeben, sehr 
bald aber mit knapp angelegten Federn und geöffnetem Schnabel 
ihr Verlangen nach Schatten ausdrücken. Dass die alten Vögel 
in der drückendsten Mittagssonne ruhig oder vielmehr sehr leb- 
haft ihrer Jagd obliegen, habe ich oben schon erwähnt. Dabei 
ist doch das gleichmässige, glanzlose Schwarz der ganzen Ober- 
seite nach unseren Begriffen die denkbar unzweckmässigste Farbe 
für eine solche Lebensweise! Im allgemeinen Teile werde ich 
auf diese Verhältnisse noch einmal vergleichend zurückkommen. 


Thipidura setosa (Qu. Gaim.) 


Mausernde Stücke erhielt ich im December, Januar, Februar, 
April und Mai, aus den übrigen Monaten habe ich kein Vergleich- 
material. Junge und Eier, bez. Vögel mit reifen Keimdrüsen sind 
vom Januar, Februar, Mai, Juli und Oktober bekannt, für die 
Brutzeit gilt also wohl das bei der vorigen Art Gesagte. Der 
Vogel wiegt etwa 15—16 g, das Auge ist dunkelbraun. Der 
Mageninbalt besteht im allgemeinen aus kleineren Insekten als 
bei Rh. tricolor. 


Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 457 


Ich möchte diesen Vogel in seiner Bewegungsweise am 
meisten mit unserem Trauerfliegenfänger vergleichen, er hält sich 
meist in mittlerer Baumhöhe auf, nur lebt er mehr im dichten 
Gezweige, worauf schon der längere Schwanz hindeutet. Auf 
Neumecklenburg hörte ich in den ersten Morgenstunden einen sehr 
hübschen, aber einförmigen Gesang von diesem Vogel, ein klares, 
schönes Pfeifen, das wie der Anfang einer Melodie klingt. In 
seiner Lebhaftigkeit gleicht der „graue Fächerschwanz‘“ dem ge- 
wöhnlichen. 


khipidura matthiae n. sp. 
(Taf. IX Fig. 2). 


Ein unter denselben Umständen wie Monarcha menckei in 
meinen Besitz gekommenes Stück dieses auf St. Matthias nicht 
seltenen Vogels hat viel Ähnlichkeit mit Rhipidura dahli Rchw., 
von welcher Art nur ein von Dahl in Ralum gesammeltes Weibchen 
vorliegt. Der St. Matthias-Vogel weicht aber in einigen Stücken, 
die wohl kaum als secundäre Geschlechtscharaktere aufzufassen 
sind, von ihm ab, und ich beschreibe denselben daher unter 
obigem Namen-folgendermassen: 

Vorderkopf und ein die Kehle jederseits begrenzender 
Streifen weiss, Kopf und Kehle, desgleichen ein ganz schmales 
Stirnband schwarz, Oberrücken dunkel kastanienbraun, Unter- 
rücken und Schwanz lebhaft rotbraun, Kropf schwärzlich, Bauch- 
mitte bräunlichweiss, Seiten mehr graubraun, Unterschwanzdecken 
hellrotbraun. Schwingen braunschwarz, die innersten Armschwingen 
sehr breit, die äusseren und die vier inneren Handschwingen 
schmaler rotbraun gerändert, Innenrand gelbbraun, Unterflügel- 
decken gelblichweiss. Schnabel schwarz, Füsse schwarzbraun. 

Länge: 171, Fl. 70, Schw. 81, Schn. 11, L. 17 mm. 

Das beschriebene Stück mausert nicht und trägt ein mässig 


abgenutztes Gefieder. 
(Fortsetzung folgt.) 


458 


E. Arrigoni Degli Oddi. Atlante Ornitologieo. 
Uecelli Europei. Milano 1902. 


Von Sp. Brusina. 


Giebt es ein Buch, dessen Haupttitel mit dessen Inhalt nicht 
gut übereinstimmt, so ist es das Werk meines Freundes, Professors 
Ettore Arrigoni, denn dies ist weniger ein Atlas, als viel mehr 
eine vollständige Ornis Europas. Nur wer das Vergnügen hatte 
mit ihm zu verkehren, nur wer ihn kennt, kann die Bescheidenheit 
des italienischen Aristokraten schätzen. Bekannterweise hat Italien 
sehr viele Dilettanten, dagegen aber nicht viele Ornithologen von 
Fach. Dennoch, die Namen eines Salvadori, eines Giglioli können 
einem ganzen Lande genügen; besser wenige und gute, als viele 
und darunter unberufene. Während meines Aufenthalts in London 
wurde uns gesagt, die englischen Ornithologen halten den Grafen 
Salvadori für den tüchtigsten Ornithologen der Gegenwart. Nun 
tritt Graf Arrigoni als der Dritte in den Bund. 

Graf Ettore Arrigoni entstammt einer uralten Aristokraten- 
Familie, welche aus Deutschland nach Italien gewandert ist. 
Ettore hat sich schon als fünfzehnjähriger Jüngling der Ornitho- 
logie gewidmet. Sein Vater, Graf Oddo, beobachtete mit Freude 
die schönen Anlagen seines einzigen Sohnes. Man muss nämlich 
wissen, dass der alte und noch immer rüstige Herr, seiner Zeit 
eine kleine Sammlung, hauptsächlich exotischer Vögel angelegt 
hat, vielfach schriftstellerisch thätig war, und wie wir sehen werden, 
auch Ornithologie betrieb. Graf Oddo war ein fleissiger Besucher 
der italienischen Gelehrten -Congresse, wo bekanntlich ausser 
Wissenschaft, privatim auch Politik getrieben wurde, welche endlich 
zur Einigung Italiens geführt hat. Wäre dies nicht der Fall 
gewesen, So hätte man wohl nicht einmal den berühmten Zoologen 
Carlo Luciano Bonaparte, Prinzen von Canino und Musignano 
nicht schon an der damaligen Österreichischen Grenze ausgewiesen, 
als derselbe am Gelehrten-Congresse in Venedig teilnehmen wollte. 

Heute ist Dr. E. Arrigoni der glückliche Besitzer einer 
grossen ornithologischen Bibliothek, worunter ganze Serien und 
seltene selbständige Werke sich befinden. Seine Sammlung ist 
die grösste Privatsammlung Italiens. Ausser einer sehr schönen 
Sammlung ausgestopfter Vögel, hat er auch eine grosse Sammlung 
Bälge angelegt, wo die einheimische Ornis vorzüglich vertreten 


Atlante Ornitologico. Ueccelli Europei. 459 


ist, und mit der bekannten italienischen Centralsammlung Giglioli’s 
wetteifern kann. Heute zählt Arrigoni’s Sammlung weit über 
8000 italienisch-europäische Vögel. Es giebt wenige Sammlungen 
so ausgewählter, so schön und höchst rein gehaltener Exemplare, 
wie die seinigen sind. 

Arrigoni, obwohl Verfasser einer stattlichen Anzahl ornitho- 
logischer Arbeiten, hat kaum daran gedacht, sich an ein solches 
Werk zu wagen. Nur dem grossen Unternehmungsgeist des 
Verlegers ist es zu verdanken, wenn die Litteratur Italiens und 
der ganzen Welt durch so ein Werk bereichert wurde. U. Hoepli 
hat nämlich das Recht erworben, die 48 colorierten Tafeln von 
Arnold’s „Die Vögel Europas“ zu einem ähnlichen Buche zu be- 
nützen. Die Wahl konnte kaum auf einen anderen Autor fallen, 
denn nur Dr. Ettore hat seine ganze Zeit dem Lieblingsfache 
widmen können. Nach reifem Bedenken hat er zugesagt; mit 
Liebe und bewunderungswürdiger Geduld in einer relativ sehr 
kurzen Zeit das Werk zu Ende geführt. 

Das Buch in Grosslexikenformat besteht aus zwei Teilen; 
nämlich der erste Teil aus XIX und 165 S., der zweite Teil aus 
XXV und 567 S., zusammen also 776 S., 48 colorierten Taf. von 
Arnold, 2 color. Originaltafeln von Prof. B. Lava und 210 Figuren 
im Texte, darunter ebenfalls sehr viele Originale von benanntem 
Professor. 

Nach der Widmung „den lieben Eltern“ und einem kurzen 
Vorwort folgt der allgemeine Teil, in welchem die äussere Structur 
der Vögel ausführlich beschreibt und durch viele Abbildungen 
erläutert ist. Nachher folgen einzelne kurze Kapitel über Mimi- 
cry, Dimorphismus, Hybridismus u. s. w. Die geographische 
Verbreitung der Vögel wird ebenfalls ausführlich behandelt und 
durch eine kleine Weltkarte nach Sharpe veranschaulicht. Auch 
die neuesten Ansichten der Autoren werden berücksichtigt. So 
u. A. auch jene von meinem Freunde Dr. Trouessart aus Paris, 
welcher, meiner Ansicht nach ganz zutreffend, zu den früher auf- 
gestellten noch eine eigene arktische und eine antarktische Region 
unterschieden hat. Arrigoni meint, diese zwei Regionen sind wohl 
sanz begründet, aber vom ornithologischen Standpunkte nicht 
notwendig. — Dies kann ich nur für die arktische Region unter- 
schreiben, welche weniger durch das Vorkommen eigentümlicher 
Säugetiere als Vögel sich auszeichnet; wogegen die hochnordischen 
Vögel, durch die Nähe der rund herum liegenden Kontinente, 


460 E. Arrigoni Degli Oddi: 


ganz natürlich zur nearktischen und paläarktischen Region hin- 
fliegen. Dies ist aber nicht der Fall bei der antarktischen Region, 
die gerade durch das Vorkommen mehrerer Seevögel, haupt- 
sächlich aus der Ordnung der Impennes oder Spheniscomorphae, 
ganz besonders gekennzeichnet wird. 


Aus kindlicher Liebe und feinfühlender Verehrung hat der 
Autor eine von seinem Vater vor vielen Jahren veröffentlichte 
Arbeit über die Wechselbeziehungen der Vögel zur Landwirtschaft 
auf S. 34—38 aufgenommen. Doch besorgt, dass die damaligen 
Ansichten seines Vaters heute vielleicht nicht mehr zutreffend sein 
könnten, folgt eine von Prof. Ghigi erbetene und verfasste Ab- 
handlung, welche den Leser mit dem heutigen Stande dieser 
Frage eingehend vertraut macht. 


In besonderen Capiteln wird die Wanderung, der Gesang, 
das Nisten der Vögel behandelt, und durch sehr passenden 
Bilder illustriert. 


Die in Italien am meisten üblichen Fangmethoden werden 
der Reihe nach beschrieben. Die Aufsätze über die Jagd, be- 
sonders der Wasservögel in den Lagunen von Venedig, sind 
höchst anziehend; hier beschreibt Arrigoni nur selbst Erlebtes, 
denn die Familie ist im Besitze einer „Valle,“ d. h. jenes Teiles 
der Lagune, welcher sich „Valle Zappa“ nennt, wo sie ein grosses 
Jagdhaus, wie gewöhnlich „Casone“ benannt, inne hat, und wo all- 
jährlich die sogenannte „Cacecia di botte‘“ aus einigen im Lagunen- 
grunde eingebetteten Fässern betrieben wird; Jagden welche dem 
Lagunenbesitzer mehrere Tausend Lire, hauptsächlich für wilde 
Enten eintragen. 

Nicht weniger anziehend ist die Beschreibung der Jagden, 
welche Graf Ettore im vorigem Jahre in Sardinien unternommen 
hat, um die Ornis der Insel kennen zu lernen und seine Sammlung 
mit Gypaetus barbatus (L.), Falco eleonorae Gene, Sturnus uni- 
color La Marmora, Larus audouini Payr. u. s. w. zu bereichern; 
bei welcher Gelegenheit, vom Sturme überrascht, er sich in 
ernster Lebensgefahr befand. Die zwei lebendig geschriebenen 
Capitel sind durch 12 Bilder im Texte, nach selbst aufgenommenen 
Photographien, illustriert. Auf S. 73 und 76 ist der Autor mit 
seinem Präparator Vittorio Dal Nero im Bilde zu sehen. Es 
möchte zu weit führen, hier auch nur im Auszuge über diese 


Atlante Ornitologieo. Uecelli Europei. 461 


interessanten Jagden zu berichten. Diese Capitel sind aber 
jedenfalls einer deutschen Übersetzung wert. 

Ausführlich wird die Systematik der Vögel behandelt. 
Die Hauptsysteme werden vollinhaltlich wiedergegeben. Wenn 
man bedeukt, dass das Buch hauptsächlich auch für angehende 
Ornithologen geschrieben ist, so muss man dies gewiss gut heissen, 
denn nur zu oft ist die Litteratur selbst dem Ornithologen von 
Fach mehr oder weniger unzugänglich. 

Ein eigenes Capitel ist einem historisch-bibliographischen 
Überblicke der europäischen Ornithologie gewidmet. Arrigoni 
Vater hat solch’ eine Arbeit in den Schriften des ersten und 
ältesten Naturforscher-Vereines Italien’s in Mailand im Jahre 1867 
begonnen, in einer in Rovigo gedruckten Broschüre (1873) fort- 
gesetzt, aber nicht zu Ende geführt. Arrigoni Sohn nimmt die 
schon vom Vater schön und anmutig geschriebenen Geschichten auf, 
und von Gerini angefangen, führt er sie zu Ende. 

Ein Verzeichnis der europäischen ornithologischen Litte- 
ratur (S. 132—167) und speciell der Litteratur Italien’s nach 
Gegenden zusammengestellt (S. 148—165) schliesst den ersten 
Teil des dickleibigen Bandes, welcher aus 165 Seiten besteht. 
Selbstverständlich hat der Autor nicht im Sinne gehabt, die ganze 
europäische Litteratur anzugeben, aber die Liste der italienischen 
Schriftsteller ist vollständig, und man muss wissen, dass die 
allermeisten der verzeichneten Bücher und Abhandlungen sich in 
seiner eigenen reichhaltigen Bibliothek befinden. — Hier, glaube 
ich, ist der Autor in einen Widerspruch geraten. Auf S. 125 
sagt er ausdrücklich: „la Dalmazia secondo me, non puo com- 
pararsi nei riguardi scientifici al nostro paese, pel solo fatto 
che parecchie specie orientali vi sono frequenti o vi comparis- 
cono di tratto in tratto.“ Danach müssten wir also meinen, 
dass der Autor Salvadori und dem gerechteren Teile der italie- 
nischen Naturforscher folgt, welche sich an die ethnographisch- 
geographischen Grenzen haltend, Dalmatien und die dalmatinischen 
Vogel-Arten in eine Fauna Italien’s nicht aufnehmen. In der 
kurz gefassten Übersicht des jetzigen Standes unserer Kenntnisse 
über die Sammlungen und die Ornis Italien’s erwähnt Arrigoni 
ebenfalls nicht Dalmatien. Bei der Aufzählung der ornitho- 
logischen Litteratur nach den italienischen Regionen hat aber 
der Autor eine Anzahl Arbeiten — mehrere fehlen — auf 8. 
152 unter Dalmatien aufgeführt, obwohl es heute ausgeschlossen 


462 E. Arrigoni Degli Oddi: 


ist, dass Dalmatien zu den irredenten Ländern gehören kann. Ja 
noch Dante hat die Grenze Italien’s gegen Osten genau, wie 
noch heute gültig, festgestellt: 

„si com’a Pola presso del Quarnero,“ 

„Ch’Italia chiude e i suoi termini bagna,“ 
Andere Arbeiten, welche zur Litteratur Dalmatiens gehören, hat 
Freund Arrigoni wieder nicht passend unter der Rubrik Deutsch- 
land und Oesterreich-Ungarn gestellt. Es wäre natürlich und 
richtig gewesen, alle unter der Litteratur der Balkanländer zu 
vereinigen. Hoffentlich wird der Autor uns auch mit einer 
speciellen Ornis Italien’s beschenken, und wir wollen hoffen, das 
er dann nicht mehr in diese Inconsequenz verfallen wird. 


Der zweite Teil beginnt mit dem Index-Verzeichnis der 
565 beschriebenen, und meistens abgebildeten Vogel-Arten (8. 
I—XXV). S. 1 bis 566 enthält den beschreibenden Teil des 
Werkes. Wir können mit gutem Gewissen sagen, dass sich in 
diesem Teile die ganze ornithologische Thätigkeit von Linn bis 
zu Ende des XIX. Jahrhundert wiederspiegelt, so zwar, dass von 
diesem Standpunkte betrachtet, Arrigoni’s Buch nicht nur dem 
Anfänger, sondern auch dem Ornithologen von Fach ein will- 
kommenes Handbuch sein wird, denn ausser der neuesten Aus- 
gabe von Naumann „Vögel Deutschlands“ besitzt die heutige 
Litteratur Europas kein Buch, wo dies alles zu finden ist. Arri- 
goni hat sein Werk ganz unabhängig verfasst. 

Ganz besonders will ich rühmen, dass der Autor sich nicht 
durch die sogenannten Entdeckurgen der letzten Jahrzehnte 
blenden liess, als man viele sogenannte neue Arten und noch 
mehr Formen und Varietäten aufstellte, welche, wenige ausge- 
nommen, den Beifall ernster Forscher nicht gefunden haben. 
Wer weiss nicht, wie heiss gegen die Arten und Varietäten 
Brehm’s, des Vaters, gekämpft wurde? Wer hat nicht mit Unbehagen 
die Jahrgänge der ,„Naumannia“ und andere Schriften gelesen, 
in denen seine neuen Arten und Varietäten niedergeworfen 
wurden? Der ehrwürdige deutsche Ornithologe hat sterben 
müssen, ehe man nur einige seiner Entdeckungen anerkannte. 
Wir geben gern zu, dass Brehm zu weit gegangen war, aber 
wie viel Gutes hat er geleistet? Hat man seine Leistungen, so 
lange er lebte, gerecht gewürdigt? Und nun melden sich Epi- 
gonen, welche, ohne erst ernst studiert zu haben, Neues ent- 


Atlante Ornitologico. Ueccelli Europei. 465 


decken wollen. Ein Vogel ist um etwas „lichter,‘“ der andere 
„dunkler,“ und dies soll genügen um die Wissenschaft mit neuen 
Namen, mit Ballast zu bereichern, die Jugend aber von der 
Zoologie abzuschrecken. 

Arrigoni hat alle allgemein anerkannten Arten, Unterarten 
und Varietäten angenommen, die nicht annehmbaren der Selb- 
ständigkeit halber erwähnt; gleichzeitig aber jedesmal seine 
Meinung offen ausgesprochen. Im allgemeinen muss man seine 
Wahrheitsliebe und Gewissenhaftigkeit lobend hervorheben. 

Alle Ordnungen, Familien, Gattungen, Arten u. s. w. werden 
also durch passende, ich meine nämlich weder zu kurze, noch zu 
weitläufige Beschreibungen kenntlich gemacht. Bei jeder Art 
folgt dann die Massangabe, zuletzt wird die geographische Ver- 
breitung jeder Art besprochen. Das Vorkommen der Vögel in 
den Gegenden Italien’s wird speciell behandelt. Dieser Teilder Arbeit 
hebt das Buch zu einer vollständigen Vogel-Fauna Italien’s empor, 
und macht es auch jedem Forscher unentbehrlich, denn die sonst 
ausgezeichneten Arbeiten Salvadori’s, Giglioli’s und A. sind heute 
doch sckon überholt. 

Wie gesagt, die allermeisten Arten sind auf den 48 Arnold’- 
schen colorierten Tafeln abgebildet. Wie schön es gewesen wäre, 
wenn man die Abbildungen nach italienischen Exemplaren hätte 
machen können! Der Verleger wäre aber höchst wahrscheinlich 
nicht im Stande gewesen, solch ein Werk herauszugeben; wie es 
Giglioli-Manzella Iconographie der Avifauna Italica beweist. Es 
sind davon gegen 60 Hefte, jedes mit 5 Taf. erschienen, also weit 
über die Hälfte der Ornis Italien’s, und nachdem die Subscribenten 
mehrere Hundert Lire ausgegeben hatten, blieb denselben dafür 
ein unvollständiger Rumpf übrig! 

Arrigoni hat nun durch seinen Freund Prof. B. Lava noch 
zwei colorierte Tafeln anfertigen lassen, und einen Teil der im 
Texte enthaltenen Abbildungen rühren von Lava’s Meisterhand, 
oder sie wurden aus den Werken von Dresser, Sharpe, Bureau 
und A. copiert. Im Ganzen giebt es 210 Textbilder. 

Den speeiellen Teil beginnt Arrigoni mit den Raubvögeln, 
wie es noch heute von sehr vielen Ornithologen befolgt wird, 
denn trotz der vieien gründlichen Arbeiten der Neuzeit können 
wir noch gar nicht behaupten, zu einem feststehenden Systeme 
gelangt zu sein, welches den Anforderungen der Morphologie, 
Embryologie, Anatomie u. s. w. gleichmässig entsprechen würde. 


464 E. Arrigoni Degli Oddi: 


Was die Nomenklatur anbelangt, so hält sich Arrigoni an 
die modernsten Ornithologen, welche mit Linne’s X. Ausgabe des 
Systema Naturae vom Jahre 1758 den Anfang nehmen, obwohl 
er hie und da es nicht wagte, die äussersten Consequenzen zu 
ziehen. Nach unserer Meinung darf man in dieser Frage gar 
keine Concessionen machen, denn nur durch die strenge Durchführung 
des Prioritäts-Rechtes werden wir zu einer einheitlichen, allgemeinen 
Nomenklatur gelangen. 

Ob der Autor dadurch, dass er die Synonymie auf das 
Allernötigste beschränkt hat, gut vorgegangen ist, wollen wir 
dahingestellt sein lassen; dass er aber die Volksnomenklatur ganz 
ausgelassen hat, kann ich nur gut heissen. Diese soll entweder 
so vollständig sein, wie es Giglioli mit der italienischen Volks- 
nomenklatur gemacht hat, oder lieber ganz ausbleiben. 

In der neuen Ausgabe Naumann’s wurde z. B. nach Mög- 
lichkeit die vulgäre Nomenklatur fast aller Völker Europa’s an- 
geführt. Was nützt es, wenn dadurch statt die Sache zu fördern, 
nur Verwirrung hervorgerufen wird? Manches habe ich be- 
merkt, was uns aber nichts angeht. Den hochstehenden deut- 
schen Philologen und Ethnographen ist es aber wohl bekannt, 
dass südlich der Drave und Donau, und östlich des Timokflusses 
bis zur Adria, nur ein Volk das Land bewohnt, das Volk der 
Kroaten und Serben. Warum hat man also unsere Nomenklatur 
statt serbo-kroatisch, einmal kroatisch, einmal dalmatinisch, ein 
andermal wieder bosnisch-hercegovinisch genannt? Solch ein Vor- 
gehen ist also ganz unbegründet. Unsere serbo-kroatischen 
wissenschaftlichen und Schulbücher für den ganzen slavischen 
Süden haben sehr viele Vogelnamen von mediterranen und südlichen 
Vogel-Arten aus Dalmatien und der Hercegovina, andere von 
Wasservögeln aus Slavonien und Serbien entlehnt. Durch das 
Vorgehen des Verfassers der neuen Ausgabe der Vögel Deutsch- 
land’s Naumann’s, kommt es vor, dass ein Name als „kroatisch‘“ 
angegeben ist, welcher nur von dalmatinischen Kroaten so gesprochen 
wird und in Kroatien selbst unbekannt ist, wogegen andererseits 
ein Name als „dalmatinisch,“ z. B. eines Wasservogels aus den 
slavonischen und serbischen Sümpfen, welchen nur der Kroate 
oder Serbe aus dem Binnenlande kennt. Nur das Serbo-kroatische, 
oder umgekehrt Kroato-serbische ist richtig, und Alles umfassend. 

Es freut uns, zuletzt konstatieren zu können, dass, trotz 
unbedeutende Mängel, nur Deutschland und Italien sich mit 


Atlante Ornitologico. Uecelli Europei. 465 


Naumann’s und Arrigoni’s Werken rühmen können, dem Anfänger 
eben so gut wie dem Fachmanne zeitgemässe und nützliche Bücher 
geliefert zu haben, Bücher, welche die europäische Ornis um viele 
Schritte weiter gefördert haben und fördern werden. 

Nun wollen wir einiges aus dem speziellen Teile erwähnen 
und hie und da unsere Bemerkungen anknüpfen. 


Buteo ferox (S. Gm.). 

Auch in Italien eine ganz zufällige Erscheinung. Bei uns 
ist der Wüstenbussard ebenfalls sehr selten. Das einzige bei 
Nasice in Slavonien erlegte Exemplar habe ich durch die ge- 
fällige Intervention des verstorbenen Banus von Kroatien, La- 
dislaus Graf Pejacevic, für unsere Sammlung gerettet (siehe: 
Grazer Tagespost vom 20. Oktober 1898; Hundesp. und Weidw. 
IV. 1898, S. 884—885; Mitteil. nieder -österr. Jagdsch.-Verein 
1898, S. 452). 

Aquila heliaca Sav. 

Arrigoni meint, dass dieser Adler in Italien noch nie er- 
legt wurde. 

Milvus aegyptius (Gm.). 


Stimmt mit Giglioli überein, dass der Schmarotzer Milan 
schwerlich in Dalmatien erlegt wurde. 


Hierofaico cherrug (J. E. Gray). 

Nach meiner mündlichen Mitteilung nicht selten in Slavonien, 
seltener in Kroatien. 

A Falco barbarus L. 

Das einzige, in Österreich-Ungarn erlegte Exemplar in der 
Sammlung des National-Museums in Agram, Kroatien. Noch 
kann ich hier beifügen, dass dieses Unicum, ein 2 juv., in 
Stakorovec bei Bozjakovina erlegt wurde. 


Falco eleonorae Gene. 


Bei dieser Art, welche Arrigoni selbst beobachtet und erlegt 
hat, beschreibt er ein lichtes und ein dunkles Kleid, die stark 
von einander abweichen. Als Anhang erwähnt der Autor den 
afrikanischen F. concolor Temm., welcher nach Temminck selbst 
in Dalmatien vorkommen soll. Auch meinerseits muss ich diese 
Angabe als sehr verdächtig bezeichnen. Wahrscheinlich handelt 

Journ. £. Om. L. Jahrg. Oktober 1902, 31 


466 E. Arrigoni Degli Oddi: 


es sich um den ersten in Dalmatien erlegten F. barbarus, welcher:! 
nach Wien kam und dort nicht mehr zu finden ist. 


Falco aesalon Tunst. | 

Hier ist es wichtig, zu konstatieren, dass Arrigoni mit: 
Recht F. merilius und alle neuerlich wieder eingeführten Arten-- 
Namen aus Gerinis Werk gar nicht anerkennt, denn obwohl ein 
Gould seiner Zeit (1767—1776), so hatte er nicht im Sinne, 
Binomien nach dem Linneischen Systeme zu gebrauchen. | 


Nyciea nyctea (L.). 

Arrigoni giebt zu (S. V.), dass es besser wäre, den Namen 
Nyctea scandiaca einzuführen, nachdem Linn& als Strix scandiaca 
die alte und als Sirix nyctaea die junge Schneeeule beschrieben 
hat. Nach ihm kommt diese Eule in Italien und den circum- 
mediterranen Ländern nicht vor. Nach E. Schreiber wurde aber 
doch eine in der Umgegend von Görz, nach Ettinger eine am 
Velebit in Kroatien erlegt; ich muss aber sagen, dass die zweite 
Angabe weniger glaubwürdig ist. 


Carine noctua (Scop.). 


Prof. Lava hat einen Flügel von Ü. noctua und jenen der 
Oh. chiaradiae Giglioli sehr gut gezeichnet. Freund Arrigoni 
meint mit Recht, dass letztere gar keine gute Art, sondern nur 
eine einfache individuelle Farbenabweichung ist. 


Glaucidium passerinum (L.) und @. setipes Madaräsz. 


Beide Formen kommen auch in Italien vor und die angeb- 
liche zweite neue Art kann höchstens als Glaucidium passerinum 
setipes gelten. 

Syrnium uralense (Pall.). 

Der Autor findet es sonderbar, dass diese Art zweimal in 
der Provinz Udine erbeutet wurde; weil eben diese Eule in 
Kroatien und Krain ziemlich häufig ist, so ist ihr Vorkommen 
im nordöstlichen Italien nicht befremdend. 


Strix flammea L. 
Kleinschmidt hat für lichte Exemplare aus Sardinien eine 
neue S. ernesti gegründet; Arrigoni beweist, dass diese soge- 
nannte neue Spezies ganz unhaltbar ist. Freund Tschusi und ich 


| Atlante Ornitologico. Uecelli Europei. 467 


f 


'haben Gelegenheit gehabt, die grosse Serie der Perleulen aus 
Italien und der Insel Sardinien zu sehen, und seine Beweise 
'haben uns vollkommen überzeugt. 


Dendrocopus maior (L.). 
Ebenso wie dem Autor, so kommt auch mir wenig glaub- 
würdig vor, dass die sibirische Form D. maior cissa (Pall.) auch 
nach Ungarn sich verfliegen soll. 


Coccystes glandarius (L.). 

Dieser Vogel ist auch in Italien ein zufälliger und sehr 
seltener Gast. Hier will ich beifügen, dass das einzige in Dal- 
matien erlegte Exemplar mir von meinen Freunden, den Grafen 
Borelli, zum Geschenke gemacht, sich in der Sammlung des 
National- Museums in Agram befindet. Es ist das erste und 
einzige Exemplar in einer Sammlung der Monarchie. 


Caprimulgus europaeus L. 

Mit der Gründung der Subspezies ©. europaeus meridionalis 
Hartert ist Arrigoni einverstanden, wogegen er Sharpes und 
Madaräsz’s Meinung nicht beitreten kann, welche diese Form als 
gute Spezies haben erheben wollen. 


Erythrosterna parva (Bechst.). 


Arrigoni meint, dass Kolombatovics Angabe für Dalmatien 
und jene Eggenhäfers für Istrien zweifelhaft sind. Ich habe 
aber doch im Jahre 1900 ein Exemplar aus Cattaro bekommen, 
welches dort am 11. Oktober erlegt wurde, und sich nun in der 
Sammlung des National-Museums in Agram befindet. 


Lanius meridionalis Temm. 

Auch in Italien seltene und zufällige Würger-Art. Wurde 
auch für Slavonien angegeben; mir ist es aber nie gelungen, 
eines Exemplares für unsere Sammlung habhaft zu werden; der 
Beobachter hat falsch bestimmt. 


Aegithalus caudatus (L.). 

Arrigoni führt alle neuerlich gegründeten Arten dieser 
Gattung an, betrachtet aber alle, auch A. macedonicus Salv. 
und Dresser, A. tephronotus Günth., als Subspezies der einzigen 
Art der Gattung. 

31* 


468 E. Arrigoni Degli Oddi: 


Parus palustris L. 


Arrigoni giebt im Auszuge alle Arten, Unterarten und | 


Varietäten wieder, welche neuere Autoren auf Kosten der alten 


gegründet haben, spricht seine Meinung offen aus und kommt 


zu dem Schlusse, dass man höchstens drei Arten, nämlich P. 
communis Bald., P. montanus Bald. und P. borealis Selys unter- 
scheiden kann. 

Sitta neumayerti Michahelles. 

Der Autor schliesst mit Recht diese Spechtmeise aus der 
Fauna Italiens aus. Das auf einem segelnden Schiffe, von Dal- 
matien nach Italien fahrend, erbeutete Exemplar dünkt mich, für 
eine auf die Felsen Dalmatiens und Montenegros lebende und 
nistende Vogelart, zu starkes Jäger-Latein. 


Monticola solitaria (L.). 

Freund Arrigoni folgt meinem Beispiel und nimmt die 
ältere Linndsche Benennung an, welche, wie ich bewies, auch 
sehr passend ist, nachdem dieser südliche, ausgezeichnete Sänger 
überall und am meisten als „Passera solitaria“ bekannt ist. 


Sazicola isabellina Cretsch. 


Kronprinz Rudolf hat diese Art für Lacroma bei Ragusa 


und für Trebinje in der Herzegovina verzeichnet. Arrigoni ist 
aber ebenfalls meiner Meinung, dass hier eine Verwechselung 
stattgefunden hat. 


Melizophilus undatus (Bodd.). 
Das einzige Exemplar ($) unserer Sammlung dieser Art 
habe ich meinem Freunde Arrigoni zu verdanken; es wurde am 
8. Dezember 1898 auf der Insel Cherso in Quarnero erbeutet. 


Agrobates galactodes familiarıs MEnetries. 


Diese ist die östliche Form von A. galaciodes (Temm.), eine 
schöne Entdeckung meines Freundes O. Reiser. Im Sarajevoer 
und Agramer Museum liegen Exemplare aus dem Sutorina-Thale 
bei Castel-Nuovo von Cattaro vor; nur fürchte ich sehr, dass die 
schöne Art, welche nur dort bemerkt wurde, bald auch ver- 
schwinden wird, nachdem die Vögel durch die dort gebaute 
Eisenbahn gewiss verscheucht werden. 


Atlante Ornitologico. Uccelli Europei. 469 


Motacilla. 
| Bei der Einteilung der Arten und Formen der M. flava L. 
und M. melanocephala Licht. glaube ich, dass der Autor das 
Richtige getroffen hat. | 


Galerita cristata (L.). 

Arrigoni erwähnt meine @. cristata balcanica, welche ich 
so benannt habe und seiner Zeit beschreiben werde, nachdem 
ich mich nicht überzeugen konnte, dass die echte @. senegalensis 
P. L. S. Müll. im kroatischen Küstenlande zu Hause sei, wie es 
Dr. Madaräsz angenommen hat. 


Emberiza schoeniclus L. 

Auch bei dieser Art behandelt Arrigoni die dieser Ammer- 
Art ähnlichen Formen. Für E. schoeniclus durazzi Bp. schlägt 
er den Namen E. schoeniclus valloni vor; dies aber in dem 
Falle, als es notwendig sein sollte. Auf S. 267 ist der Kopf 
abgebildet. | 

Carduelis carduelis L. 

Die Form C. albigularis hat schon der Autor selbst — 
Madaräsz — eingezogen; eine Varietät, welche ich noch zu 
meiner Gymnasial-Studien-Zeit in Dalmatien kennen gelernt 
habe. Kommt auch in Kroatien vor. 


Serinus. 

Arrigoni schliesst drei in Europa erbeutete Arten dieser 
Gattung aus, welche, nach ihm, aus der Gefangenschaft entflohen 
sind. Unter diesen auch $. canonicus Dress. von Kolombatovic 
aus Dalmatien erwähnt. 


Sturnus vulgaris L. 

Alle drei für Europa angegebenen neuen Arten werden als 
Unterarten betrachtet, nur S. unecolor La Marmora wird ganz 
mit Recht als die zweite gute Art Europas anerkannt. Hie und 
da wurde S. unicolor aus Dalmatien und Ungarn verzeichnet, 
aber, wie ich es noch im Jahre 1892 geschrieben habe, mit Un- 
recht. Man braucht den prächtigen Vogel nur einmal gesehen 
zu haben, um sich zu überzeugen, dass er mit dunkle $. vulgaris 
nichts zu thun hat. Ich verdanke ein ausgewähltes Exemplar 
meinem Freunde. 


470 E. Arrigoni Degli Oddi: 


Corvus monedula L. 


Arrigoni nimmt mit Recht ©. collares Drumm. als Form 
von Ö©. monedula an. Beide Varietäten habe ich für Kroatien 
und Slavonien konstatiert. 


Oorvus corone L. 


Nach Arrigoni vielleicht Standvogel in Nord-Italien, aber 
sehr selten in Mittel- und Süd-Italien. Ich habe die Rabenkrähe 
in ganz Dalmatien, Kroatien und Slavonien nirgends bekommen 
können. Vielleicht kommt sie nur selten im Winter im nord- 
westlichen Kroatien bei Sarazdin vor. Ein typisches Exemplar 
habe ich meinem Freunde Ritter von Tschusi zu verdanken. 


Otis tarda L. 


Dieser Vogel wird in Dalmatien „wilder Truthahn“ genannt. 
Diese jedenfalls unrichtige Volksbenennung hat schon Temminck 
irre geführt, und dadurch ist er zu der falschen Annahme gelangt, 
Meleagris gallopavo komme in Dalmatien wild vor. Vor Jahren 
hat Freund Giglioli dieses Märchen aufgefrischt, ohne zu wissen, 
dass der Reisende in Kroatien, Dalmatien, Montenegro u. s. w. 
ganz sicher ist, was man nicht z. B. für Calabrien, Sicilien u. s. w. 
sagen kann. Im Jahre 1892 habe ich zuerst bewiesen, dass das 
Vorkommen von wilden Meleagris bei uns ganz aus der Luft 
gegriffen ist. Arrigoni hat nochmals mit Recht diese Fabel in 
einer Note wiederlesgt. 


Pavoncella pugnax (L.). 


Die Hauptvarietäten sind kurz beschrieben. Ich habe in 
der Sammlung meines Freundes über 200 Exemplare der Kampf- 
schnepfe bewundern können. Man müsste wirklich eine kolorierte 
Ikonographie dieser höchst veränderlichen Art veranstalten. Freund 
Arrigoni könnte es unternehmen; man wird schon in England 
einen Verleger finden. 


Tringa canuti L. 


Es freut mich, dass Freund Arrigoni meine Meinung wegen 
Tringa canutus aus dem Jahre 1892 angenommen hat. Linne 
hat nämlich, wie bekannt, diesen Vogel, nach dem dänischen 
Könige Canutus benannt; eben darum hat Gmelin richtiger Z. 
Oanutus geschrieben. Ganz richtig kann nur aber 7, canuti 
sein; auch Linn& war schliesslich nicht unfehlbar. 


Atlante Ornitologico. Uecelli Europei. 471 


Limnoeryptes gallinula (L.). 

Auf S. 415 ist eine sehr interessante melanotische Varietät 
dieser Schnepfe aus der Sammlung Arrigoni’s von Prof. Lava ab- 
gebildet. 

Phalaerocorax graculus desmaresti (Payr.). 

Kolombatovic hat sich viel Mühe gegeben, um zu beweisen, 
dass der von mir vor Jahren benannte Ph. graculus croaticus 
von Ph. graculus nicht zu unterscheiden sei. Ich habe aber seiner 
Zeit selbst erklärt, dass es mir, in Ermangelung von Exemplaren 
des Ph. desmaresti aus Korsika und Sardinien, nicht möglich war zu 
entscheiden, ob die adriatischen Kormorane von den westlichen 
des Mittelmeeres sich unterscheiden. Bei Durchsicht der Arri- 
gonischen Sammlung haben wir adriatische mit mediterranen 
verglichen und uns von deren Zusammengehörigkeit überzeugt. 
Dass die Mittelmeer-adriatische Form von der ozeanischen sich 
doch unterscheidet, haben ausser älteren Autoren, neuerlich Sharpe, 
‚ Arrigoni u. A. festgestellt. — Der Direktor des Rothschild’schen 
Museums in Tring Dr. E. Hartert hat mir am 8. März 1900 ge- 
schrieben: „Ph. desmaresti croaticus unterscheidet sich von Ph. 
graculus sehr durch das Fehlen der Haube, die bei graculus sehr 
voll ist und aufsteht, während croaticus nur ein oder wenige 
dünne Federn hat. Ausserdem hat croaticus auf den Schulter- 
fittichen und Flügeln einen rötlichen Schimmer, während diese 
Teile bei graculus grün ohne rot sind. Dann hat graculus im 
Alter einen ganz schwarzen Schnabel, während Ihre am Unter- 
schnabel gelblich sind. Oder sind Ihre nicht ganz alt? Was ich 
wissen möchte ist, wie sich ceroaticus vom echten desmaresti unter- 
scheidet!?“ Diese letzte Frage ist nun ebenfalls erledigt. Prof. 
Kolombatovic hat kein Exemplar aus Italien oder aus dem Ozean 
gesehen, konnte also nur seine subjektive Meinung aussprechen. 

Einladend wie sie war, habe ich die Meinung von Rothschild, 
Hartertund Kleinschmidt, dass Aldrovandi’s Phalacrocorax ex Illyrico 
missus mit Geronticus oder Comatibis eremita (L.) zu identifizieren 
sei, angenommen gehabt. Nach reiflicher Überlegung bin ich aber 
später zur Ansicht gekommen, dass dieser illyrische Kormoran 
doch nichts anderes als Ph. graculus desmaresti sein kann, welcher 
längs der kroato-dalmatinischen Küste noch heute häufig ist, und 
früher gewiss noch viel häufiger war. — Arrigoni nimmt jenes 
Bruchstück meiner Arbeit wörtlich auf, und auch seinerseits be- 
stätigt er meine Auffassung (Bollett. Soc. Zool. Ital. 1901). 


472 E. Arrigoni Degli Oddi: Atlante Ornitologico. Uecelli Europei. 


Larus ichthyaetus Pall. 
Die von Arrigoni im Jahre 1901 erlegten zwei Exemplare 
sind die ersten dieser Mövenart, welche in Italien erbeutet wurden. 


Larus fuscus L. 
Madaräsz will, dass eines der Exemplare unserer Sammlung 
als Larus fuscus affınis (Reinhardt) zu betrachten sei. Arrigoni 
ist nicht dieser Meinung. 


Megalestris skua (Brünn.). 

Diese Raubmöve wurdevon Linn&erstim Jahre1766 catarrhactes 
benannt, darum ziehe ich mit den Amerikanern den Namen M. 
skua (Brünnich) 1764 vor. Nur einmal in Italien erbeutet. Das 
erste Exemplar unserer Sammlung stammt von der Insel Curzola 
in Dalmatien, wie es Arrigoni nach meiner Aussage geschrieben 
hat, und nicht aus Fiume, wie es Jemand vor mir veröffentlichte. 


Puffinus anglorum yelkouan (Acerbi). 

Arrigoni und andere namhafte Ornithologen haben sich von 
der Verschiedenheit der ozeanischen und der mittelmeerischen 
Tauchervögel überzeugen können. Freund Reiser wird seiner Zeit 
beweisen, dass die nordische von der südlichen Form auch im 
Dunenkleide sich unterscheide. Prof. Kolombatovic hat nur 
wenige dalmatinische und gar keine Vergleichs-Exemplare aus 
dem Ozean zur Ansicht bekommen, seine Beweisführung, dass die 
zwei Formen sich nicht unterscheiden, beruht also nur auf dem 
Vergleich der Beschreibungen der Autoren. 


Colymbus glacialis L. 

Auf S. 533 giebt Arrigoni eine Abbildung der Schnähel von 
©. arctieus L. und ©. glacialis L., welche oft verwechselt werden. 
Letztere Art wird auch in Italien sehr selten getroffen. Es wird 
hier die Bemerkung nicht unwichtig sein, dass, obwohl unsere 
Sammlung mehrere Dutzend Exemplare, fast alle von Freund 
Milutin Barac aus dem Quarnero geliefert, besitzt, diese alle als 
C. arcticus bestimmt sind. CO. septentrionalis L. kommt viel 
seltener vor. Kosid behauptet, gewiss nicht ohne Grund, dass 
C. glacialis früher um Ragusa nicht sehr selten war, aber dass 
sie viel seltener geworden ist. Das städtische Museum in Ragusa 
ist der einzige glückliche Besitzer von drei Exemplaren aus der 
Umgebung, also überhaupt aus dem slavischen Süden. 


478 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


The Annals of Scottish Natural History. A Quarterly Magazine. 
Edinburgh. No. 43. 1902. 


Aquila. Zeitschrift für Ornithologie. IX. No. 1-4. 1902. 


The Auk. A Quarterly Journal of Ornithology. Vol. XVII. 
No. 3. 1902. 


Bulletin of the British Ornithologists’ Club. No. XC. 1902. 


Die Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. 
Karl Neunzig.. Magdeburg (Creutz’sche Verlagshandlung). 
Jahrg. XXXI. Hft. 20—36. 


The Ibis. A Quarterly Journal of Ornithology. (8) II. 1902. 
Heft 3. 


Örnithologische Monatsschrift des deutschen Vereins zum Schutze 
der Vogelwelt.e XXVII No. 7—9. 1902. 


Directory of State Officials and Organizations concerned with the 
Protection of Birds and Game, 1902. (Un. St. Dep. of Agricult. 
Divis. of Biolog. Survey. Circular No. 35. April 15 1902). 


K. Andersen, Meddelelser om Faeroernes Fugle. 5. Raekke. 
Efter skriftlige Oplysninger fra P. F. Petersen, Nolsoe, og 
S. Nielassen, Myggenaes. (Abdruck aus: Vidensk. Medd. 
naturh. Foren. Kbhvn. 1902. S. 325-365). 


E. Arrigoni Degli Oddi, Atlante Ornitologico. Uccelli Europei 
con Notize d’Indole Generale e Particolare. Con 50 Tavole 
colorate e duecentodieci Disegni irtercalati nel Testo. Milano 
1902. 

Arrigoni Degli Oddi, Remarks on Audouin’s Gull (Larus 
audowini). (Abdruck aus: The Ibis July 1902). 


G. v. Burg, Der Tannenhäher, Nucifraga caryocatactes L., im 
solothurnischen Jura. (Abdruck aus: Tierwelt [?]. Aarau 1902). 


G. v. Burg, Unsere Raubvögel. (Abdruck aus: Der Ornith. 
Beobachter. Bern 1902). 


. Csörgey, Spalato’s Winterornis. (Abdruck aus: Aquila IX. 
1902). | 


.Csörgey, Zur Biologie des Falco subbuteo L. — Übersiedelung 
oder Verbreitung? (Abdruck aus: Aquila IX. 1902). 


G. Escherich, Adlerjagden in Bosnien. (Abdruck aus: Beilage 
zur Allgem. Zeitung No. 88 und 95. 17. und 25. April 1902, 
Münden). 


G. Falconieri di Carpegna, Cattura di due „Cosmonettae 
histrionicae“ per la prima Volta in Italia. (Abdruck aus: Boll. 
Soc. Zool. Italiana. Fasc. I. II. e III. Ser. III. Anno XI. 1902. 


S 


3 


- 


474 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


Ö 


Ö 


VO. 


K. 


. Finsch, Über zwei neue Vogelarten von Java. (Abdruck aus: 
Notes Leyden Mus. Vol. XXIII. Note XX). 


. Finsch, Über Dicaeum sollicitans Hartert. (Abdruck aus: 
Notes Leyden Mus. Vol. XXIII. Note XXI). 


Finsch, Über zwei bisher verkannte Arten: Centropus nigro- 
rufus (Ouv.) und ©. grilli Hartl. (Abdruck aus: Notes Leyden 
Mus. Vol. XXM. Note XXI). 


Forgäch, Ornithologische Erinnerungen eines alten Jägers. 
(Abdruck aus: Aquila IX. 1902). 


. Friedländer u. Sohn, Naturae Novitates. Bibliographie 


neuer Erscheinungen aller Länder auf dem Gebiete der 
Naturgeschichte u. d. exacten Wissenschaften. No. 9—16. 1902. 


. Frivalvsky, [Auszug aus einem Berichte, mitgeteilt in: 


Jahrbücher der Kgl. ungar. Naturw. Ges. Bd. I]. (Abdruck 
aus: Aquila IX. 1902). 


. Gaal de Gyula, Der Frühjahrszug der Rauchschwalbe im 
Jahre 1899. (Abdruck aus: Aquila IX. 1902). 


Greppin, Beitrag zur Kenntnis der Avifauna im Kanton 
Solothurn. (Mitt. Naturf. Ges. Solothurn. Erstes Heft. 
XII. Bericht 1899— 1902). 


. Hegyfoky, Die Witterung zur Zeit der Ankunft der Rauch- 


schwalbe. (Abdruck aus: Aquila IX. 1902). 


. Hegyfoky, Das Erscheinen des Kuckucks in Österreich und 


Ungarn im Jahre 1897—1898. (Abdruck aus: AquilaIX. 1902). 


. Helms, Ornithologische Beobachtungen aus Haslev, Däne- 


mark. (Abdruck aus: Aquila IX. 1902). 


. Herman, Stefan v. N&csey (1870-1902), seine Thätigkeit 
an der ungarischer Ornith. Centrale (Abdruck aus: Aquila 
IX 71902): 


. Herman, Die Bedeutung der Anatomie der Vögel. (Abdruck 
aus: Aquila IX. 1902). 


.v. Madaräsz, Ein neues Blaukehlchen. (Abdruck aus: Ter- 


mesz. Füzetek XXV. 1902. S. 489). 


. v. Madaräsz, Beiträge zur Ornis der Salomon-Inseln, mit 


der Beschreibung von drei neuen Arten. (Abdruck aus: 
Termesz. Füzetek XXV. 1902. S. 350—351 T. XVII). 


. v. Madaräsz, Über einen neuen palaearktischen Vogel: Acan- 


thopneuste puella n. sp. (Abdruck aus: Termesz. Füzetek 
RTV 19027 1521 3a]! 

. A. Mearns, Descriptions of three new Birds from the Sou- _ 
thern United States. (Abdruck aus: Proc. Un. St. Nat. Mus, 
XXIV S. 915—926). 


H. 


Ch. 


Ch. 
Ch. 


Ch. 


Ch. 


> 


= 


> 


EI 


= 


D> 


. 


> 


la 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 475 


C. Oberholser, A Review of the Larks of the Genus Otocor:s. 
(Abdruck aus: Proc. Un. St. Nat. Mus. XXIV. S. 801—884). 
W. Richmond, Descriptions of two new Birds from Trong, 
Lower Siam. (Abdruck aus: Proc. Biol. Soc. Washington 
Ro. 11909. 'S. 157-158). 

W. Richmond, Parus inornatus griseus renamed. (Ab- 
druck aus: Proc. Biol. Soc. Wahington XV. 1902. S. 155). 
W. Richmond, Description of a new Subspecies of Stenopsis 
cayennensis from Curacao. (Abdruck aus: Proc. Biol. Soc, 
Washington XV. 1902. S. 159—160). 

W. Richmond, List of Generic terms proposed for birds 
during the years 1890 to 1900, inclusive, to which are added 
names omitted by Waterhouse in his „Index generum Avium.“ 
(Abdruck aus: P. Un. St. Nat. Mus. Vol. XXIV. S. 663— 729). 
W.Richmond, Descriptions of eight new Birds from Islands 
off the West Coast of Sumatra. (Abdruck aus: Proc, Biol. 
Soc. Washington Vol. XV. S. 187—190). 


. Rössler, Die Kroatische Ornithologische Centrale. I. Bericht. 


Agram 1902. 


Rohweder, Unsere Schnepfen. Die drei europäischen Sumpf- 


schnepfen oder Bekassinen, Gallinago maior, gallinago und 
gallinula, und die Waldschnepfe, Scolopax rusticula, in Wort 
und Bild. (Abdruck aus: Jubiläumsausgabe von Naumanns 
Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas). 

Snouckaert van Schauburg, Ornithologie van Nederland. 
Waarnemingen van 1. Mei 1901 tot en met 30. April 1902. 
(Abdruck aus: Tijdschr. Ned. Dierk. Vereen. (2.) DI. VII. 
All. 3 en 4). 

Snouckaert van Schauburg und H. Ekama, Aviphaenolo- 
gische Beobachtungen in Holland. (Abdruck aus: Aquila IX. 
1902). 

L. v. Szalay, Comparative Osteologie der Brust-, Schulter- 
apparate von Anser fabalis und neglectus — Larus ridibundus 
und canus. (Abdruck aus: Aquila IX. 1902). 

Szielasko, Die Bildungsgesetze des Vogeleies bezüglich ihrer 
Gestalt. Eine oologische Studie. Gera-Untermhaus 1902. 


. v. Tschusi, Ornithologische Notizen. (Abdruck aus: Ornith. 


Jahrb. XIII. 1902. Heft 1. 2). 

Vez&nyi, Der Vogelzug in Ungarn im Frühjahre 1900. VII. 
Jahresbericht der ungar. Ornith. Centrale. (Abdruck aus: 
Aquila IX. 1902). 

Winge, Fuglene ved de danske Fyr i 1901. 19de Aarsberet- 
ning om danske Fugle. (Abdruck aus: Vidensk. Medd. naturh. 
Foren. Kbhvn. 1902). 


Acanthis linaria 93, 170, 
178, 377. 
Acanthopneuste puella 

474 
Accentor modularis 268. 
Aceipiter büttikoferi 18. 
— hartlaubi 18. 
— nisus 372. 
— ovampensis 210, 233, 
234. 


-—- rufiventris 18. 

Acredula caudata 178. 

Acrocephalus arundina- 
ceus 172, 268. 

— orientalis 375. 

— palustris 268. 

— phragmitis 165. 

— schoenobaenus 172. 

— turdoides 268, 375. 

Actitis 242. 

— hypoleucus 160, 273. 

Actophilus africanus 13. 

Aegialitis hiaticula 95,271. 

— minor 271. 

Aegithalus caudatus 467. 

— macedonicus 467. 

— pendulinus 89. 

— tephronotus 467. 

Aerops albicollis 28. 

Agapornis pullarius 22, 
132, 

Agrobates galactodes 468. 

— — familiaris 468. 

Agrodroma 
270. 

Alauda arvensis 131, 168, 
178, 179, 181, 182, 
189, 209, 270, 376. 

Alca torda 98, 157, 277. 

Alcedo ispida 380. 

— ispidoides 440. 

— quadribrachys 27. 

Alethe diademata 42. 

Alseonax caerulescens 30. 


campestris 


Index. 
1902. 


aethiopica 


— capitalba 36. 
Amydrus morio 214. 
Anas acuta 275, 282. 

— boscas 96, 157, 165, 
168, 169, 171,173, 191, 
196, 198, 199, 201, 209, 
263, 275, 287, 387. 

— clypeata 165, 171,191, 
198, 201. 

— crecca 126, 168, 169, 
103,027. 

— penelope 275. 

— querquedula 90, 157, 
164, 168, 170, 173, 191, 
196, 199, 201, 275. 

— strepera 275. 

Andropadus congener 40. 

— gracilirostris 40. 

— importunus 216. 

— virens 40. 

Anhinga rufa 10. 

Anous leucocapillus 256, 
399. 

— stolidus 255. 

Anser albifrons 96, 275, 

387. 

arvensis 275. 

brachyrhynchus 100. 

cinereus88,89,274,281. 

fabalis 475. 

minutus 275. 

neglectus 475. 

— segetum 100, 275. 

Anthothreptes longuema- 
rei 40. 

Anthus arboreus 269. 

— campestris 163. 

— cervinus 167, 169. 

— gouldi 39. 

— pensylvanicus 93, 100, 
126 


— pratensis 176, 178, 269. 


Amblyospiza 
132 


le 


Anthus pyrrhonotus 212. 

— richardi 376. 

— rupestris 269. 

— trivialis 39. 

Apaloderma narina con- 
stantia 26. 

Aplonis cantoroides 130. 

Apus affinis 29. 

— apus 29, 380. 

Archibuteo hemilasius 
369, 389. 

— lagopus 177, 266. 

Ardea alba 88, 383. 

— cinerea 88, 272, 384. 

— egretta 272. 

— garzetta 88, 382. 

— melanocephala 15. 

— purpurea 15, 88, 89, 
90, 384. 

— ralloides 88, 89, 90, 
212. 

— rufiventris 235. 

Ardeola ralloides 14. 

Ardetta minuta 89, 168, 
170, 174, 175, 190, 272, 
334. 

— nesophila 403. 

— payesi 14. 

— sturmi 14. 

Aquila chrysaötus 266, 
369. 

— clanga 265. 

— fulva 265, 266. 

— heliaca 465. 

— naevia 265. 

— pomarina 157. 

— rapax 231. 

Arenaria interpres 256. 

Asio accipitrinus 157, 176, 
179, 187. 

— capensis 228. 

— leucotis 22. 

— otus 373. 

Astur cuculoides 422. 


Astur dampieri 130, 393, 
418. 

— macroscelides 18. 

— melanoleucus 18. 

— nisus 184. 


— polyzonoides 232, 233, 
234 


_ sphenurus 18. 


— tachiro castanilius 18. 


— unduliventer 131. 

Athene chiaradiae 136, 
261. 

— noctua 373. 


Balearica pavonina 12. 

Barbatula chrysocoma 25. 

— chrysostieta 132. 

— leucolaema 25. 

— scolopacea 25. 

Batis capensis 222. 

— molitor 222. 

— senegalensis 30. 

Baza bismarcki 420. 

— cuculoides 20. 

Berniela leucopsis100,274. 

— ruficollis : 74. 

— torquata 274, 

Bias musicus 30. 

Bocagia minuta 132. 

Bombyeilla garrula 189, 
209, 268. 

— japonica 379. 

Bostrychia carunculata 
131. 

Botaurus stellaris 89, 272. 

Brachyotus palustris 266. 

Bradornis modestus 29. 

Bubo bubo 373. 

— capensis 229. 

— lacteus 21, 229. 

— maculosus einerascens 
22 


— maximus 279. 

Bubulcus ibis 15. 

Buchanga assimilis 214. 

— atra 379. 

Bucorax guineensis 26. 

Bucorvus abyssinicus 26. 

Budytes borealis 186, 190, 
209, 269. 

— flavus 39, 
269. 

Buteo albidus 266. 

— auguralis 20. 

— ferox 465. 

— jakal 231. 

— vulgaris 88, 161, 174, 
266. 


175, 185, 


Index. 


Butorides atricapillus 14, 
236. 
Bycanistes fistulator 26. 


Cacatua ophthalmica 421, 
426. 


Caccabis chucar 381. 
Cacomantis 415, 430. 

— insperatus 431. 

— websteri 432. 
Calamoherpe aquatica 268. 
— phragmitis 268. 
Calcarius nivalis 178, 189. 
Calerodius leuconotus 14. 
Calidris 254. 

— arenaria 157,173, 274. 
Calliste 263. 

Caloenas nicobarica 408. 
Calopelia puella 16. 
Calyptorhynchus 130. 
Camaroptera chloronota42. 
— tincta 42. 
Campephaga ignea 258. 
— nigra 215. 

— phoenicea 31, 258. 

— quiscalina 31. 
Cannabina flavirostris 270. 


Caprimulgus 130, 415, 
416. 

— europaeus 166, 175, 
266, 467. 


— — meridionalis 467. 

— macrurus 129, 443. 

Carbo cormoranus 277. 

Carduelis albigularis 469. 

— carduelis 469. 

Carine chiaradiae 466. 

— noctua 466: 

Carpodacus erythrinus 
160, 161, 162,: 165, 
167, 168, 170. 

— mexicanus frontalis 


as 
Carpophaga 408, 412. 
— perspicillata 130. 
— rubricera 413, 415. 
— vanwycki 411, 412, 
413. 
Casarca casarca 387. 
— rutila 275. 
Casuarius bennetti 394. 
Catharus aurantiirostris 


46. 
— birchalli 46. 
— melpomene 46. 
— — aurantiirostris 46. 
— — birchalli 46. 
— — clarus 46. 


477 


Catharus melpomene co- 
staricensis 45, 46. 
— — melpomene 45, 46. 
Centropus ateralbus 258, 
393, 427, 428. 
grilli 474. 
leucogaster 23. 
monachus 226. 
nigrorufus 474. 
senegalensis 23. 
thierryi 23. 
— violaceus 427. 
Ceratogymna atrata 26. 
— elata 26. 
Cerchneis alopex deserti- 
cola 21. 
— ardosiacea 21. 
diekinsoni 229. 
neglecta 21. 
rupicola 229. 
rupicoloides 230. 
tinnuncula 21,157,265. 
vespertina 157, 371. 
Cercococeyx mechowi 24. 
Certhia familiaris 157. 
— — americana 262. 
— fusca 262, 
Ceryle maxima 27, 225. 
— rudis 27, 224. 
ne flavirostris 
3 


IN 


Ceyx sacerdotis 440. 

— solitaria 441. 

Chalcomitra amethystina 
211. 

— gutturalis 211. 

Chalcopelia afra 16, 134. 

— chalcospilos 134. 

— — caffra 134. 

— — erlangeri 134. 

— — volkmanni 134. 

Chalcophaps 415, 417. 

— stephani 409. 

Chalcopsar australis 213. 

Charadrius curonicus 11, 

161, 162, 165, 184. 
dominicus fulvus 386. 
dubius 11, 386, 400. 
fulvus 256, 400. 
forbesi 11. 

hiaticula 162, 237. 
mongolus 400. 

— pluvialis 162, 164, 271. 

— squatarola 271. 

Charmosyna subplacens 
4 


Chelidonaria urbica 166 
188, 


478 


Chenalopex aegyptiacus10. 

Chizaerhis africana 23. 

Chloris hortensis 160, 183. 

Chloropeta natalensis um- 
briniceps 132. 

Chrysococcyx cupreus 24. 

— flavigularis 24. 

Chrysomitris spinus 270, 
377. 

Ciconia alba 161, 272, 368. 

— nigra 272, 384. 

Cinclus aquaticus 268. 

— melanogaster 268. 

— merula 177, 190. 

— pallasi 374. 

Cinnamopterus tenuirost- 
ris 131. 

Cinnyris adelberti 41. 

afer 211. 

chloropygius 40. 

corinna 432. 

cupreus 41. 

eboensis 41. 

obscurus 40. 

senegalensis 41. 

splendidus 41. 

superbus 41. 

venustus 40. 

— verticalis 40. 

Circaetus cinerascens 19. 

— cinereus 19. 

— — cinereus 231. 

— — pectoralis 231. 

— gallieus 19. 

Circusaeruginosus 89, 266, 
373. 

— cyaneus 157, 266, 373, 

— macrourus 18,166,187, 
209, 261. 

— pallidus 266. 

Cissa sinensis 378, 379. 

Cisticola cinerascens 42. 

— — swanzü 42. 

erythrops 42. 

— exilis 456. 

— fulvicapilla 217. 

— lateralis 42. 

— rufa 42. 

— stangeri 42. 

— subruficapilla 217. 

Clangula glaucion 276,330. 

Clivicola 262. 

— riparia 164, 174, 188. 

Coceothraustes cocco- 
thraustes japonicus 377. 

— vulgaris 174, 181, 270. 

Coccystes 263. 

— cafer 23, 226. 


Pazilelelakeetle 


Index. 


Coceystes glandarius 23, 
226, 467. 

Colaeus dauricus 378. 

— monedula 149, 182, 

Colius 429. 

— stiiatus 225. 

Coliuspasser concolor 38. 

Collocalia francica 447. 

— fuciphaga 447. 

— uropygialis 447. 

Columba albitorques 131. 

— guinea 15. 

— livia 282. 

— oenas 183, 209, 271. 

— palumbus 271, 412. 

— turtur 271. 

Colymbus arcticus277,472. 

— cristatus 157, 169. 

— glacialis 95, 277, 472. 

— nigricans 125. 

— — poggei 125, 388. 

— nigricollis 159, 164, 
165, 167, 170. 

— philippensis 125. 

— septentrionalis 95, 277, 
472, 

Comatibis eremita 471. 

Coracias abyssinica 26. 

— — senegalensis 26. 

— caudata 222. 

— cyanogaster 26. 

— garrulus 162, 171, 185, 
222, 267. 

— — semenowi 367. 

mossambicus 222. 

— naevius ‚26. 

Corvinella corvina 34. 

Corvultur crassirostris131. 

Corvus collaris 470. 

— corax 93. 

— cornix 149, 152, 157, 
176, 182, 183, 184, 189, 
209, 267, 279. 

— corone 152, 189, 209, 


263, 470. 

— frugilegus 149, 182, 
183, 267. 

— monedula 470. 

— pastinator 378. 

— scapulatus 34, 214. 

— splendens 128. 

— torquatus 378. 

Corythaeola cristata 22. 

Corythornis cyanostigma 
27, 225. 

Corythus enucleator 270. 


Cosmonetta histrionica 96, 
473. 


Cossypha albicapilla gif- 
fardi 43. 
— verticalis 43. 
Coturnix coturnix 17, 381. 
— dactylisonans 271. 
Crateropus bicolor 216. 
— haynesi 42. 
— jardinei 216. 
— platycercus 41. 
— reinwardti 42. 
Crex egregia 13. 
— pratensis 191, 272. 
Criniger barbatus 2. 
— verreauxi 40. 
Crossoptilon mantschuri- 
cum 382. 
Game ruficapilla 
7% 
Cryptorhina afra 34. 
Cuculus 430. 
— canorus 24, 161, 166, 
185, 381, 267. 
— clamosus 24. 
— gabonensis 24. 
— gularis 24. 
— intermedius 431. 
— solitarius 24. 
Cursorius europaeus 271. 
— temmincki 11. 
Cyanochen cyanoptera 
1 


Cyanecula leucocyanea 
269. 

— suecica 269. 

Cyanomitra obscura 40. 

— verticalis 40. 

Cyanopolius cyanus 379. 

Cygnus bewicki 275. 

— musieus 275, 386. 

— olor 275, 281. 

— sp. 387. 

Cypseloides niger borealis 


61. 
Cypselus apus 163, 164, 
266. 


Dacelo 440. 
Dandalus rubecula 269. 
Demiegretta sacra 404. 
Dendrochelidon 130. 
Dendrocopus maior 380, 
467. 
— — cissa 467. 
Dendrocygnaguttulata400. 
— viduata 10. 
Dendroeca 99. 
Dendromus niger 132. 
— nivosus 25. 


Dendromus permistus 25. 

— — kaffensis 132. 

— punctatus 25. 

Dendropicus abyssinieus 
131 


— hemprichi 258. 

— — albicans 258. 

— lafresnayi 25. 

— lepidus 132. 

— simoni 132. 

Diaphorophyia blissetti 
30 


— hormophora 30. 

Dicaeum sollieitans 474. 

Dierocereus chrysolaimus 
133. 

— furcatus 28, 133. 

— hirundineus 133. 

Dierurus atripennis 35. 

— coracinus 35 

Dolichonyx oryzivorus 99, 

Dryocopus martius 188. 

— cubla 216. 

— gambensis 33. 

— maior 33. 

Dryotriorchis spectabilis 
19. 


Eiclectus 130. 

— pectoralis 425. 

Elanus caeruleus 20, 230. 

Elminia longicauda 30. 

Emberiza aureola 377. 

— cabanisi 38. 

hortulana 270. 

lapponica 93. 

nivalis 93. 

passerina 377. 

schoeniclus 469. 

— — durazzi 469. 

— valloni 469. 

— septemstriata 38. 

Eniconetta stelleri 323. 

Ephippiorhynchus sene- 
galensis 14. 

Eremomela baumanni 43, 

— pusilla 43. 

Erithacus cairi 122, 123. 

— calliope 374. 

luseinia 43. 

phoenicurus 43, 176. 

rubeculus 176, 189. 

rufiventris 374. 

suecicus 374. 

titis 122, 123, 171. 

— — brehmi 124. 

Erythropus vespertinus 
26. 


ee 


Index. 


Erythropygia coryphaea 
217. 


Erythrosterna parva 467. 

Estrelda bengala 37. 

— melpoda 37. 

Eudromias morinellus 271. 

Eudynamis rufiventer 431. 

Euprinodes florisuga 217. 

Eurocephalus anguitimens 
215. 

Eurystomus afer 26. 

— crassirostris 443. 

gularis 26. 

Broallaetons lepida 407. 


Walcinellus igneus 272. 
Falco aesalon 466. 

— barbatus 465, 466. 
— biarmicus 2], 229. 
— — tanypterus 21. 
— candicans 94, 278. 
— concolor 21, 465. 

— eleonorae 436, 460, 

465. 

— lanarius 370. 
-— merillus 466. 
— peregrinus 94, 


regulus 261, 262. 


168, 


— ruficollis 21. 

— sacer 130. 

— subbuteo 265, 473. 

— tinnunculus 163, 170, 
176, 371. 

— vespertinus 162, 163, 
166, 170, 388, 209. 
Francolinus ahantensis 17. 

— bicalcaratus 17. 

— bottegi 132, 133. 

— costaneicollis 132, 133. 

coqui 237. 

erckeli 131. 

lathami 17. 

natalensis 237. 

nigrosquamatus 132. 

— tetraoninus 132. 

Fratercula aretica 98. 

Fregatta 129. 

— ariel 254. 

Fringilla coelebs 161, 162, 
166, 172, 174, 176, 177, 
180, 184, 185, 270. 

— montifringilla 185, 189, 
210, 327. 

Fulica atra 89, 157, 179, 
250, 272, 384. 

Fuligula 194, 316. 

— ceristata 168, 190, 276. 


al 


479 


Fuligula ferina 165, 167, 
168, 170, 173, 191, 200, 
201, 276. 

_ hyemalis 183. 

— marila 276. 

— rufina 275. 

Fulmarus glacialis 98. 


Galerida arborea 179,183. 

— cristata 270, 376, "469. 

— — balcanica 469. 

— senegalensis 39, 469. 

Gallinago caelestis161, 178. 

— gallinago 385, 475. 

— gallinula 174, 272, 
304, 475. 

— maior 161, 162, 164 
174, 261, 272, 475. 

— media 261. 

— scolopacea 272. 

Gallinula chloropus 89, 
157, 272, 385. 

— minuta 72. 

— porzana 272. 

Gallus lafayetti 129. 

— sonnerati 129. 

Garrulus glandarius 267. 

Geocichla 44. 

— piaggiae 131. 

Gerontieus 471. 

Glareola einerea 11. 

— fusca 10. 

— liberiae 10. 

— megapoda 10. 

— melanoptera 10. 

Glaueidium capense 228. 

— passerinum 466. 

— perlatum %2, 228. 

— setipes 466. 

Graucalus pectoralis 31, 

2. 


2 


— purus 132. 

— sclateri 415, 416, 417. 

Grus cinerea 1. 

— leucogeranus 385. 

Guttera cristata 17. 

Gygis microrhyncha 255. 

Gypaetus barbatus 369, 
460. 

Gypohierax angolensis 20. 


BHaematopus ostralegus 
271, 280. 

Haleyon 130, 417. 

— albiventris 225. 

— chelicuti 27. 

— chloris 437. 

— cyanoleucus 27. 


480 


Halcyon forbesi 27. 

— matthiae 438. 

— nusae 437. 

— sanctus 129, 435, 436, 
438, 441, 442. 

— saurophagus 435. 

— semicaerulea 27. 

— — rufiventris 27. 

— senegalensis 27. 

— -— cyanoleucus 225. 

— torquatus forbesi 27. 

— tristrami 129, 435, 436, 
437, 439, 441. 

Haliaötus 128. 

— albieilla 88, 94, 152, 
177, 180, 266, 278, 370. 

— vocifer 20, 231. 

Haliastur 128. 

— girrenera 420. 

— indus 129. 

— leucocephalus 420. 

— leucogaster 129. 

Harelda glacialis 96, 276, 

315, 316, 323. 

— histrionica 322. 

Helotarsus ecaudatus 20. 

Henicopernisinfuscata420. 

Herodias alba 15. 

— garzetta 15, 235. 

— lueidus 235. 

Hieraaetus spilogaster 19. 

Hierofalco cherrug 465. 

Himantopus himantopus 
12, 386. 

— rufipes 274. 

Himantornis haematopus 


13. 
Hirundo domicella 29. 
gordoni 29. 
leucosoma 29. 

nigrita 29. 

riparia 266, 380. 
rufula 333, 380. 
rupestris 380. 
rustica 29, 166, 170, 
185, 266, 380, 423. 
— — pagorum 166, 190. 
— senegalensis 29. 
— tahitica 450. 
— urbica 167, 266. 
Hoplopterus speciosus237. 
Hydrochelidonhybrida388 
— leucoptera 388, 398. 
— nigra 89, 160, 165, 

250, 278, 307. 
Hydrophasianus 129. 
Hylia prasina 42. 
Hyliota flavigastra 30. 


weaal 


Index. 


Hypergerus atriceps 42. 

Hypochera ultramarina 
37. 

Hypolais polyglotta 42. 

— salicaria 268. 

Hypotaenidia philippensis 
403 


Hypotriorchis aesalon 
250, 2695. 


Indicator exilis 24. 

— flavieollis 24. 

— indieator 24. 

— maculatus 24. 

— maior 24. 

Irrisor viridis 223. 

— — senegalensis 28. 
Ispidina pieta 27. 
Iyngipieus seintilliceps 


381. 
Iynx torquilla 25, 267. 


Maupifalco monogrammi- 
cus 18. 


Hagonosticta brunneiceps 
212. 

— minima 37. 

— nigricollis 37. 

— polionota 37. 

— rufopieta 37. 

Lagopus mutus 94. 

Lalage karu 415, 416, 417. 

Lamprococeyx 415, 430. 

— plagosus 432. 

Lamprocolius chloropte- 
rus 35. 

— glaucovirens 132. 

— phoenicopterus bispe- 
eularis 213. 

— purpureus 35. 

Lamprotornis caudatus 35. 

Lanarius atrococcineus 
215. 

— barbarus 33. 

— ferrugineus 216. 

— multicolor 34. 

— nigrithorax 34. 

— poliocephalus 34. 

— poliochlamys 34. 

— sulphureipectus 33. 

Lanius böhmi 258. 

— cephalomelas 258. 

— collurio 161, 268. 

— excubitor 168, 169, 
177, 178, 179, 267, 379. 

— excubitorius 258. 

— humeralis 258. 


Lanius humeralis congi- 
eus 258. 

— lübberti 365. 

maior 268. 

meridionalis 467. 

minor 165, 268. 

rufus 268. 

schalowi 258. 

senator 34. 


— audouini 460, 473. 

— canus 163,277,283,475. 

— eburneus 97. 

— fuscus 157, 165, 277, 
472. 

— — affınis 472. 

— glaucus 97, 277. 

— ichthyastus 472. 

— leucopterus 97. 

— marinus 97, 169, 277. 

— minutus 166, 167, 171, 
185. 

— ridibundus 157, 159, 
163, 174, 250, 399, 475. 

— sabinei 97. 

— tridactylus 97. 

Lathria cinerea 361, 362. 

— — cinerea 363. 

— — plumbea 363. 

— plumbea 362. 

Leptoptilos argala 14. 

— crumenifer 14. 

Lestris 277. 

— longicauda 97. 

— parasiticus 97, 282. 

— pomatorhina 98. 

Ligurinus chloris 5. 

Limicolaplatyrhyncha163, 
In 169, 170, 174, 175, 


Limnocorax niger 13. 

Limnocryptesgallinula471. 

Limosa 161, 162, 168. 

— aegocephala 160, 163, 
190, 272, 280. 

— lapponica 157. 164, 
166, 272. 

Linaria alnorum 270. 

— cannabina 6. 

Lioptilus galinieri 131. 

Lobivanellus albiceps 11. 

— senegallus 11. 

— superciliosus 11. 

Locustella naevia 176, 
268. 


Lophoaetus oecipitalis 19. 

Lophoceros erythrorhyn- 
chus 27, 224. 

— flavirostris leucome- 
las 224. 

— melanoleucus 223. 

— nasutus 27. 

— — epirhinus 224. 

— semifasciatus 26. 

Lorieulus galgulus 422, 
424. 


Lorius hypoinochrous 423, 
432. 


Loxia curvirostra 178, 
270. 

— pityopsittacus 271. 

Lullula arborea 6, 270. 

Luseinia minor 269, 280. 

— philomela 269, 280. 


Machetes pugnax 273, 
281. 


Macrodipteryx macrodip- 
terus 28 

Macronyx croceus 38. 

Macropteryx mystacea 
415, 416, 445. 

Macropygia 415. 

— carteretria 411. 

— nigrirostris 411. 

Malimbus bartletti 36. 

— malimbicus 36. 

— nitens 36. 

Megabias flammulatus 30. 

Megalestris catarrhactes 
AIR. 

Megapodius eremita 405. 

Megascops flammeolus 
262. r 

— — idahoensis 262. 

Melaenornis edolioides 29. 

Melanobucco bidentatus 
25. 

— leucogenys 132. 

— torquatus 226. 

— vieilloti 25. 

Melanocorypha mongolica 


Meleagris gallopavo 470. 

Melierax gabar 232. 

— mechowi 210, 232. 

— metabates 18. 

Melittophagus bullocki 28. 

— pusillus 28. 

— — meridionalis 223. 

Melizophilus undatus 468. 

Melocichla atricaudata 
132. 


Index. 


Melocichla mentalis 42. 
Mergulus alle 98. 
Mergus 124, 251. 
Tabl 276, 326, 330, 


— anatarius 276. 
— merganser178,251,276, 


282. 
— serrator 97, 251, 276, 
387 


Merops 417. 

— albicollis 28. 

— apiaster 28, 267. 

— fureatus 133. 

— nubicoides 222. 

— nubicus 28. 

— ornatus 129, 438, 441, 
442 


_ persicus 223. 
— salvadori 129, 441, 


Merula 44. 

— albiventris fusca 62. 

— grayi lurida 50. 

— incompta 49, 50, 53. 

— melanopleura 67. 

— polionota 67. 

— tamaulipensis 48, 50, 
52 


— torquata 268. 

— vulgaris 268. 

Mesopicos goertae poice- 
phalus 25. 

— goertan 25. 

Mecopicus griseocephalus 
22T. es: 

— pyrrhogaster 25. 

— spodocephalus 131. 

Metallococcyx smaragldi- 
neus 24. 

Micronisus gabar 19. 

Microsarcops cinereus 
368. 

Miliaria europaea 270. 

Milvulus 262. 

Milvus aegyptius 20, 230, 
465 


— ater 171, 179, 265. 
— ietinus 174. 
— melanotis 372. 
— migrans 163. 
regalis 265. 
Mirafra buckleyi 39. 
— erythropygia 39. 
Monarcha chalybeocepha- 
la 450, 455. 
— chrysomela 453. 
— fulviventris 452. 


Journ. f, Orn, L, Jahrg. Oktober 1902, 


481 


Monarcha inornata 452. 

— menckei 451, 457. 

Monticola explorator 221. 

— saxatilis 43. 

— solitaria 468. 

Mormon fratercula 277. 

Motacilla 469. 

— alba123, 175, 183, 185, 
269, 280. 

— boarula 376. 

— flava 39, 469. 

— melanocephala 469. 

— melanope 167, 190. 

— ocularis 376. 

— vidua 39. 

Muscicapa 452. 

— albicollis 268. 

— atricapilla 30, 170, 
188. 

— chocolatina 131. 

— grisola 30, 176, 268. 

— luctuosa 252, 268. 

— parva 169, 379. 

-- reichenowi 132. 

— risi 254. 

Muscivora 262. 

Musophaga violacea 23. 

Myiagra novaepomeraniae 
453 


Myristicivora 129. 
Myrmecoeichla bifasciata 
22l 


Nasiterna pusio 417, 422, 
441 


Nauclerus riocouri 20. 
Nectarinia pulchella 41. 
Neophron monachus 17. 
Nettapus auritus 237. 
Nicator chloris 33. 
Nigrita emiliae 37. 
Nilaus afer 33. 
— brubru 215. 
Ninox odiosa 421. 
Nisaötus spilogaster 231. 
Nucifraga caryocatactes 
16 177, 188, 209, 267, 
47 


Numenius 161, 162, 163, 
167, 168, 286. 

— arcuatus 89, 162, 163, 
243. 

— arquatus 272, 401. 
— phaeopus 12, 160, 164, 
165, 167, 171, 272. 
variegatus 256, 400. 
Numida meleagris 16. 

— zechi 17. 


32 


482 


Nyctala tengmalmi 152, 
157, 209, 266. 

Nyctea nivea 94, 266. 

— nyctea 466. 

— scandiaca 466. 

— ulula 182. 

Nycticorax caledonicus 
403. 

— griseus 88, 89, 90, 272. 

— leuconotus 14. 

— nycticorax 384. 

Nyroca ferina 157. 

— hyemalis 152. 


@cdemia fusca 190, 209, 
276. 

— nigra 276. 

Oedienemus 285. 

— capensis 237. 

— crepitans 271. 

— senegalensis 11. 

Oena capensis 16, 227. 

Oreomyias 254. 

Oriolus auratus 35, 132. 

— brachyrhynchus 35. 

— galbula 166, 267. 

— larvatus 213. 

— nigripennis 35. 

Orthotomus erythropterus 
9 


Ortygometra porzana 166, 
170. 


— sp. 385. 

Otis macqueeni 271. 

— senegalensis 12. 

— tarda 285, 286, 288, 
289, 290, 385, 470. 

— tetrax 271, 284, 286, 
288. 

Ötocoris 475. 

Ötocorys alpestris 178, 
179, 189, 209. 

Ötus vulgaris 279. 


Pachycoccyx validus 23. 

Palaeornis eubicularis 92. 

Pandion 128. 

— haliaetus 20, 88, 176, 
265, 370. 

— leucocephalus 419. 

Panurus biarmicus 89. 

Paradisea 131. 

Parisoma plumbeum 41. 

— subcaeruleum cineras- 
cens 365. 

Parus afer 
365. 

— borealis 468. 


damarensis 


Index. 


Parus caudatus 268. 

— communis 468. 

— cristatus 169. 

— fülleborni 210, 211, 
212. 

— inornatus griseus 475. 

— leucomelas 41. 

— leucopterus 41. 

— lugubris graecus 136. 

— montanus 468. 

— niger 212. 

— palustris 375, 468. 

Passer arcuatus damaren- 
sis 365. 

— diffusus 38. 

— — thierryi 38. 

— domesticus 377. 

— hispaniolensis 365. 

— — transcaspieus 365. 

— petronius 367. 

Pastor roseus 267. 

Pavoncella pugnax 470. 

Pelargopsis 439. 

Pelecanus onocrotalus 88. 

Pelioeichla 217. 

Penthetria macroura 38. 

Pentholaea albifrons 43, 
131. 

— melaena 131. 

Perdix daurica 381. 

Perissornis carunculatus 
214. 

Pernis apivorus 266. 

Phaöton 128. 

Phalacrocorax africanus 
10. 

— carbo 88, 95, 387. 

— desmaresti 471. 

— — eroaticus 471. 

— exmissus 471. 

— graculus 471. 

— — croaticus 471. 

— — desmaresti 471. 

— pygmeus 88, 89, 90. 

Phalaropus fulicarius 95, 
274. 

— hyperboreus 95, 188, 
274, 300, 301. 

— lobatus 157, 260. 

Phasianus sp. 381. 

Philemon 130. 

— cockerelli 129. 

Phileremos alpestris 270. 

Phlogoenas 415. 


' — margarithae 410. 


Pholidauges leucogaster 
3 


_ sharpü 132. 


Phyllopneuste rufa 268. 

— sibilatrix 268. 

— supereiliosa 249, 268. 

— trochilus 268. 

Phylloscopus 166. 

— sibilatrix 43. 

— sp. 375. 

— trochilus 166. 

Phyllostrephus albigula- 
ris 40. 

— baumanni 40. 

— canicapillus 40. 

— flavicollis 40. 

— indicator 39. 

— scandens 39. 

— simplex 39. 

Pica pica 378. 

— rustica 180. 

Picathartes gymnocepha- 
lus 35. 

Picus canus viridicanus 


380. 
— maior 380. 
— medius 166. 


Pinarochroa sordida 131. 

Piranga rubra 262. 

Pisorhina capensis 22. 

— leucotis 229. 

Pitta 130. 

— angolensis 29. 

— mackloti 447, 448. 

— novaehibernicae 448. 

Planesticus amaurochali- 
nus 58. 

— casius 50. 

— luridus 49, 50. 

Platalea leucerodia 88, 
272, 384. 

Platystira cyanea 31. 

Plectrophanes lapponicus 
270. 

— nivalis 270. 

Plectropterus gambensis 
10 


Plegadis antumnalis 384. 
— faleinellus 88, 89, 91. 
Ploceipasser mahali 213. 
Ploceus castaneofuscus 36. 
— cucullatus 36. 

— heuglini 36. 

— lübberti 365. 

— megarhynchus 260. 
— supereiliosus 36. 

— tricolor 36. 

Plotus 129. 

-— levaillanti 10. 
Pluvianus aegyptius 11. 
Podiceps 124. 


Podiceps cornutus 277. 

— cristatus 250, 277. 

— minor 277. 

— nigricollis 377. 

— rubricollis 277. 

Pogonorhynchus dubius24. 

Poicephalus damarensis 
a7. 

— flavifrons 131. 

— matschiei 227. 

— meyeri 227. 

— — transvalensis 227. 

— pachyrhynchus 22. 

— robustus fuscicollis 22. 

— senegalus versteri 22. 

Polioptila 260. 

Poliospiza flegeli 38. 

Polyboroides typicus 18, 
235 


Pomatorhynchus austra- 
lis congener 258, 

— — frater 258. 

— — ussheri 258. 

Porphyrio smaragdinus 
403. 

Prodotiscus insignis 24. 

Pratincola rubetra 43, 174, 
269. 

— rubicola 269. 

— torquata 221. 

Prionops cristatus 32. 

— intermedia 32. 

— martensi 33. 

— melanoptera 31, 32. 

— plumatus 31, 33. 

— poliocephalus 31, 32, 
33 


— poliolophus 32. 

— talacoma 31, 32, 33, 
21A. 

— vinaceigularis 31, 33. 

Proparoides 348. 

Psalidoprocne obscura 29. 

Pseudogyps africanus 17. 

Pseudominla 348. 

Pterocles quadrieinctus13. 

Ptilopachus fuscus 17. 

Ptilopus 415, 420. 

— insolitus 413, 414,417. 

— johannis 418. 

— rivolü 417. 

— superbus 415. 

Pitlorhinus albirostris 131. 

Puffinus anglorum yel- 
koan 472. 

— obscurus 256. 

— sp. 396. 

— tenuirostris 397. 


Index. 


Pyenonotus barbatus 39. 
— layardi 216. 
Pyrenestes ostrinus 36. 
Pyromelana afra 37. 

— flammiceps 38. 

— franciscana 37. 
Pyrrhocorax graculus 378. 
Pyrrhula europaea 270. 
— maior 270. 

— rubieilla 177. 

— vulgaris 270, 280. 
Pyrrhulauda leucotis 39. 
Pytelia capistrata 37. 

— schlegeli 37. 


@uelea erythrops 37. 
— lathami 212. 


Ballus aquaticus 88, 
212% 

Recurvirostra avocetta 
12, 274. 


Regulus cristatus 268. 

— ignicapillus 279. 

Reinwardtoenas browni 
410. 

Rhinopomastus cyanome- 
las 223. 

Rhipidura dahli 457. 

— matthiae 452, 457. 

— setosa 456. 

— tricolor 129, 450, 454, 
456. 

Rhytidoceros plicatus 433. 

Riparia 262. 

Rissa tridactyla 278. 

Rougetius rougeti 131. 

Ruticilla bonapartii 133, 
134. 

— mesoleuca 133, 134. 

— phoenicura 133, 252, 
269. 

— tithys 269. 

Rynchops flavirostris 10. 


Salanga antiqua 447. 

Salpornis emini 132. 

Sarciophorus supercilio- 
sus 11. 

Sarothrura pulchra 13. 

Saxicola falkensteini 221. 

— familiaris lübberti 365. 

— galtoni 221. 

— isabellina 468. 

— oenanthe 93, 98, 124, 
155 166, 170, 176, 


— leucorhoa 124. 


483 


Saxicola pileata 221. 
— sp. 221. 
Schizorhis africanus 23. 
— concolor 226. 
Schoenicola schoeniclus 
270. 
Scolopax rusticula 188, 
212, 385, 475. 
Scoptelus aterrimus 28. 
Scopus umbretta 14, 236. 
Scotopelia peli 21. 
Scotornis climaceurus 28. 
Seleucides 131. 
Semiparus 348. 
Serinus 469. 
— butyraceus 38. 
— canonicus 469. 
— hortulanus 184, 190, 
209, 270. 
Sigmodus caniceps 33. 
Sitta neumayeri 468. 
Sittiparus 348. 
Smithornis rufolateralis30. 
Somateria mollissima 96, 
157, 184, 190, 209, 276. 
— spectabilis 96. 
Spatula clypeata 275. 
Spermestes bicolor 36. 
— cucullata 37. 
Spermospiza guttata 36. 
— haematina 36. 
Spizaetus coronatus 19. 
Sphyrapicus ruber 367. 
Sporopipes squamifrons 
213. 


Steganura paradisea 38. 

Stenopsis cayennensis475. 

Stephanibyx coronatus 
237. 

Stercorarius parasiticus 
157, 188. 

— pomatorhinus 157,188, 
190, 209. 

Sterna 307. 

— anaestheta 397. 

— bergei 398. 

— cantiaca 278. 

— caspia 278, 388. 

— hirundo 157, 159, 160, 
165, 174, 250, 278. 

— longipennis 398. 

— macrura 98, 278. 

— media 255. 

— minuta 170, 278. 

— sinensis 388. 

Stilbopsar stuhlmanni 132, 

Stiphrornis erythrothorax 
42. 


484 


Stizorhina fraseri 125. 

— vulpina 125. 

Strepsilas interpres 95, 
271, 298. 

Strix ernesti 466. 

— flammea 228, 466. 

— — maculata 22. 

— nyctea 466. 

— scandiaca 466. 

Sturnus 449, 

— sp. 377. 

— unicolor 460, 469. 

— vulgaris 166, 170, 182, 
267, 469. 

Sula 128. 

— bassana 277. 

— piscator 255. 

Syeobrotus crocatus 132. 

— melanoxanthus 132. 

Sylvia atricapilla 176, 
268. 


— cinerea 268. 

— curruca 268. 

— hortensis 43, 188, 189, 
268. 

— nisoria 162, 268. 

— simplex 43, 157. 

— sylvia 43. 

Symplectes brachypterus 
36 


— stuhlmanni 132. 

Syrnium uralense 466. 

Syrrhaptes paradoxus 
271. 


Wachornis parvus 29. 

Tadorna cornuta 275. 

— damiatica 165. 

Tantalus ibis 13. 

Tanysiptera nigriceps 395, 
434. 


Tatare rehsii 2357. 

Tehitrea nigriceps 30. 

— viridis 30. 

Telephonus minutus 34. 

— senegalus 34. 

— ussheri 34. 

Tephrocorys cinerea cine- 
rea 212. 

Tetraenura regia 212. 

Tetrao bonasia 271. 

— tetrix 179, 190, 254. 

Thalassidroma 128. 

— pelagica 277. 

Thalassornisleuconota236. 

Theristieus hagedash 13. 

— leucocephalus 13. 

Thripias namaquus 227. 


Index. 


Thryophilus 260, 367. 

Tigrisoma leucolophum 14. 

Tinamus 287, 363. 

Totanus 242. 

— brevipes 401. 

— calidris 89, 163, 164, 
166, 273. 

— fuscus 162, 174, 273, 
294 


— glareola 12, 161, 162, 
165, 167, 171, 185, 273, 
294, 386. 

— glottis 273, 294. 

— hypoleucus 12, 161. 

— incanus 256. 

— littoreus 12, 162, 168, 
170, 174. 

— ochropus 161, 165, 167, 
273 


— pugnax 12, 161, 162, 
165. 


— sp. 386. 
Trachylaemus togoensis25. 
Trachyphonus cafer 226. 
Trichoglossus massena424. 
Tricholaema hirsutum 25. 
— lacrymosum 132. 
Tringa 161, 164, 165, 167. 
168, 172. 

— alpina 100, 157, 162, 
164, 167, 168, 170, 176, 
202, 242, 252, 273, 274. 

— -— schinzi 163, 164, 
165, 167, 168, 170, 171, 
173, 202, 203. 

— canutus 470. 

— cinerea 273. 

— ferruginea 157. 

— maritima 95, 273. 

— minuta 161, 170, 176, 
242, 274. 

— ruficollis 402. 

-—- schinzii 273. 

— subarcuata 161, 165, 
167, 171, 175, 274, 293. 

— temmincki 164, 174, 
274. 

Tringoides hypoleucos 12, 
401, 402. 

Trochocereus nitens 30. 

Troglodytes troglodytes 
319% 

Turacus corythaix 225. 

— persa büttneri 23. 

Turdinus moloneyanus 42, 

Turdus 44. 

— abyssinicus 218. 

— albicollis 58. 


Turdus albiventris 57, 58, 

593,60N61, 963 
— amaurochalinus 53, 58, 
59, 60, 63. 

atrigularis 269. 
brunneus 54, 58, 69. 
cabanisi 218. 

cardis 67. 

casius 47. 
chiguancoides 43. 
crotopezus 5S, 60, 61. 
— contemptus 61. 

— cortopezus Öl. 
eryptopyrrhus 220. 
deckeni 218. 
elgonensis 218. 
ephippialis 62. 
flavipes 66. 

— flavipes 67, 68. 
— venezuelensis 67,68. 
fumigatus 65, 66. 
fuscater 68, 69. 

— amoenus 68. 
gigas 69. 

goodfellowi 54. 
grayi47, 49, 50, 53, 54. 
— grayi 50, 5l. 

— luridus 50, 53. 

— tamaulipensis 49, 
50, 52. 
— gynınophthalmus53,54. 
— hauxwelli 66. 
— helvolus 50, 51. 
— ignobilis 53, 54, 55, 56, 

57, 59, 60. 
— — debilis 56, 57, 59. 
— — goodfellowi 56, 57, 

59 


— — ignobilis 57, 59. 

— — maculirostris 57. 

— — murinus 57, 60. 

— iliacus 269. 

— leucomelas 53, 54, 55, 
57, 58, 59, 60, 69. 

— leucops 54, 69. 

— libonyanus 217, 219. 

— — cinerascens 219. 

— — libonyanus 219. 

— — tropicalis 219. 

— — verreauxi 219. 

— luridus 47, 49. 

— maculirostris 53, 54, 
55, 56, 57, 60. 

— milanjensis 218. 

murinus 56. 

musicus 176, 269. 

naumanni 374. 

nigrilorum 221. 


Pre re re 


ee 


Turdus olivaceus 58, 59, 
217, 218. 

— olivacinus 218. 

— pelios 219. 

— — bocagei 220. 

— — chiguancoides 220, 
221. 

— — pelios 220. 

— — saturatus 220, 221. 

— phaeopygoides 64. 

— phaepygus63,64,65,69. 

— — minusculus 63,65, 
69. 

— — phaeopygoides 63, 
65, 69. 

— — phaeopygus 63, 64, 
68. 

— — saturatus63, 64,69. 

— — spodiolaemus 63, 64, 
5 


65. 

— pilaris 176, 179, 183, 
269. 
— poiteaui 54, 60, 63. 

_ — rufiventris 58. 

- — saturatus 43, 69. 


Index. 


Turdus sibiricus 269. 

— stormsi 220. 

— .tamaulipensis 47, 49. 

— tephronotus 218. 

— torquatus 333. 

— viscivorus 177, 269. 

Turtur semitorquatus 16. 

— senegalensis 15. 

— shelleyi 16. 

— vinaceus 16. 

Turturoena iriditorques 16. 

Tympanistria tympanistria 
16 


Tyrannus carolinensis 99. 


Upupa africana 223. 

— epops 166, 267, 380. 

— senegalensis 28. 

Uria brünnichi 98. 

— grylie 98, 157, 188, 
276. 

— hringvia 276. 

— troile 276. 

Urinator septentrionalis 
157. 


485 


Urolestes melanoleucus 


215. 


Wanellus capella 184. 

— cristatus 271. 

— vanellus 386. 

Vidua erythrorhyncha 38. 
— principalis 212. 
Vinago calva 15. 

— waalia 15. 


*Xema minutum 278, 305. 
— ridibundum 278, 312. 
Xiphidiopterusalbiceps11. 


Monogastris citerior 37. 
Zosterops aurifrons 133. 
— icterovirens 133. 

— jacksoni 133. 

— kaffensis 132, 133. 
— kikuyensis 133. 

— senegalensis 133, 

— stenocricota 133. 

— tenella 133. 

— virens 133, 


Druck von Otto Dornblüth in Bernburg. 


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urn. f. Ornith.. 1902. Tafel VII. 


Wanderdüne. | 


Alte Begräbnisstätte 
am Fusse des weissen Berges hei Rossiften. 


Journ. f. Ornith. 1902. eis MIDDLE 


1. Halcyon matthiae Hnrth. 


2. 3 nusae Hnrth. 


Journ. f. Ornith. 1902. Taf. IX. 


1. Monarcha menckei Hnrth. 


2. Rhipidura matthiae Hnrth. 


für 


ORNITHOLUGIE 


GEGRÜNDET VON J. CABANIS 
Im Auftrage der 


Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 


& 


herausgegeben 


von 


Prof. Dr. Ant. Reichenow, 


Kustos der Ornithologischen Abteilung des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin, 
Generalsekretär der Deutschen Ormithologischen Gesellschaft, Ehrenmitglied der Natur- 
forschenden Gesellschaft des Osterlandes, der American Örnithologists’ Union, 
der British Ornithologists’ Union, der Ungarischen Ornithologischen Centrale, 
der Ornithol. Vereine in l.einzig und München u. a 


Heftl _ L. Jahrgang. 1902. 


Leipzig 1902. 
= Verlag von L. A. Kittler. 


London, Paris, New-York, 
Williams & Norgate, 14 F. Vieweg, rue Richelieu 67. B. Westermann & Co. 
Henrietta Street, Coventgarden. 812 Broadway. 


Preis des Jahrganges (4 Hefte mit Abbildungen) 20 Rmk. praen. 


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Inhalt des I. Heftes. 


1. Die Höhe des Vogelzuges auf Grund aeronautischer Beobach- 
tungen. Von F. v. Lucanus 


. Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Tosb. Von Reichenow 
. Revision einiger neotropischen Turdidae. Von C. E. Hellmayr 44 
. Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. Von W. Schuster . 70 


. Die Vogelsiedlung des Neusatzer Riedes in Ungarn. Von 
Robert Berge; nenn. 2 .cae. ae 


6. Über Grönlands Vogelwelt. Von Dr. 0. Helms . ... 9 


7, Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel. 
Von’ Karl Deditius, 00.0 ..0..0 ri 


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Deutsche Ornithologische Gesellschaft. 


8. Mitgliederverzeichnis 1902 . . . . Re ah: 
9. Bericht über die Septembersitzung 101 . . . ... \ 121 
10. Bericht über die Oktobersitzung 1901 . . . . . 2.2..125 
11. Bericht über die Novembersitzung 1901 . . . 2. 2..2...127 
12. Berieht über die Dezembersitzung 1901 . . .:. ..... 131 


13. Dem Herausgeber zugesandte Schriften . . . » ......135 


Im Verlage von 
R. Friedländer & Sohn, Berlin, Carlstr. 11 


erscheinen und sind durch alle Buchhandlungen zu beziehen 


Ornithologische Monatsberichte 


herausgegeben von 
Prof. Dr. Ant. Reichenow. 
— Preis jährlich 6 Mark. 


Die Ornithologischen Monatsberichte bilden ein ergänzendes Bei- 
blatt zum Journal für Ornithologie. In monatlichen Nummern bringen 
sie Aufsätze systematischen, faunistischen und biologischen Inhalts, 
Referate über die neu erscheinende Litteratur, Nachrichten 
über Reisen, Museen, zoologische Gärten und Privatsammlungen sowie in 
einem Inseratentel Tausch- und Kaufanzeigen für Sammler. 
Ein Index am Schlusse des Jahrganges giebt eine bequeme Übersicht 
über die gesammte Jahreslitteratur. 


Probenummern sind kostenfrei vom Herausgeber zu beziehen. 


Druck von Otto Dornblüth in Bernburg. 


für 


ÖVRNITHOLOGIE 


GEGRÜNDET VON J. CABANIS 


Im Auftrage der 
Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 


herausgegeben 


von 


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JOURNAL 


Prof. Dr. Ant. Reichenow, 


Kustos der Ornithologischen Abteilung des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin, 
Generalsekretär der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft, Ehrenmitglied der Natur- 
forschenden Gesellschaft des Osterlandes, der American; 'Ornithologists’ ‚Union, 
der British Ornithologists’ Union, der Ungarischen Ornithologischen Centrale, 
der Ornithol. Vereine in L eipzig und München U a. 


Heft I. L. Jahrgang. 1902. 


Leipzig 1902. 
Verlag von L. A. Kittler. 


London, Paris, New-York, 
Williams & Norgate, 14 F. Vieweg, rue Richelieu 67. B. Westermann & Co. 
Henrietta Street, Coventgarden. 812 Broadway. 


3 Preis des Jahrganges (4 Hefte mit Abbildungen)-20 Femk. praen. 


Inhalt des II. Heftes. 


1. I. Jahresbericht (1901) der Vogelwarte. Rossitten. Von J. 
Thienemann...ı.. on 


2. Übersieht der von Dr. A. Penther in Südafrika gesammelten 


Vögel. Von C. E. Hellmayr ee RT 210 | 

3. Der Vogelzug in Mecklenburg. Von €. Wüstenei . . . 238° 
Deutsche Ornithologische Gesellschaft. 

4. Bericht über die Januarsitzung. 1902. u. 0.0000 

Bericht. über. die, Märzsitzung’ 1902 7.2. 2. ne a 2 | 

6. Dem Herausgeber zugesandte Schriften. . 2» 2.2... 0258 


Im Verlage von R. Friedländer & Sohn, Berlin N.W., 
Karlstrasse 11 erscheinen und sind durch alle Buch- 
handlungen zu beziehen 


Ornitholoeische Nonatsberichte 


herausgegeben von‘ 


Prof, Dr. Ant. Reichenow. 
Preis jährlich 6 Mark. 


Die Ornithologischen Monatsberichte bilden ein 
ergänzendes Beiblatt zum Journai für Ornithologie. In 
monatlichen Nummern bringen sie Aufsätze systema- 
tischen, faunischen, und biologischen Inhalts, Referate 
über die neu erscheinende Litteratur, Nach- 
richten über Reisen, Museen, zoologische Gärten und 
Privatsammlungen sowie in einem Inseratenteil Tausch- 
und Kaufanzeigen für Sammler. Ein Index am 
Schlusse des Jahrganges giebt eine bequeme Übersicht 
über die gesamte Jahreslitteratur. 


Probenummern sind kostenfrei vom Herausgeber zu beziehen. 


Druck von Otto Dornblüth in Bernburg. 


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JOURNAL 


für 


ORNITHOLOGIE. 


GEGRÜNDET VON J. CABANIS 
Im Auftrage der 


Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 


herausgegeben 


von 


Prof. Dr. Ant. Reichenow, 


Kustos der Ornithologischen Abteilung des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin, | 
Generalsekretär der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft, Ehrenmitglied der Natur- 
forschenden Gesellschaft des Osterlandes, der American Ornithologists’ Union, 
der British Ornithologists’ Union, der Ungarischen Ornithologischen Centrale, 

der Ornithol. Vereine in Leipzig und München u. a. 


Heft III. L. Jahrgang. 1902. 


Leipzig 1902. 
Verlag von L. A. Kittler. 
London, Paris, New-York, 


Williams & Norgate, 14 _F, Vieweg, rue Richelieu 67. B. Westermann & Co. 
Henrietta Street, Coventgarden. 812 Broadway. 


JOURNAL 


für 


OÖRNITHOLOGIE 


GEGRÜNDET VON J. CABANIS 


Im Auftrage der 


Deutschen Ornithologischen Gesellschaft _ 


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herausgegeben 


von r arlon { 


Kustos der Ornithologischen Abteilung des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin, 
Generalsekretär der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft, Ehrenmitglied der Natur- 
forschenden Gesellschaft des Osterlandes, der American Ornithologists’ Union, 
der British Ornithologists’ Union, der Ungarischen Ornithoiogischen Centrale, 
der Ornithol. Vereine in Leipzig und München u. a. 


Heft IV. L. Jahrgang. 1902. 
Mü 2 Tafeln. 


Leipzig 1902. 
Verlag von L. A. Kittler. 


London, Paris, New-York, 
"Williams & Norgate, 14 _F. Vieweg, rue Richelieu 67. B. Westermann & Co. 
Henrietta Street, Covengarden. 812 Broadway. 


Prof. Dr. Ant. Reichenow, 


Preis des Jahrganges (4 Hefte mit Abbildungen) 20 Rmk. praen. 


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Im Verlage von J. Neumann in Neudamm ist nunmehr 
der dritte Halbband erschienen von 


Die 
Vögel Afrıkas 


von 


Ant. Reichenow. 


Dieser Teil behandelt die Familien XXXT bis XLV: 
Psittacidae, Musophagidae, Cuculidae, Indicatoridae, Ca- 
pitonidae, Picidae, Coliidae, Trogonidae, Coraciidae, 
Bucerotidae, Alcedinidae, Meropidae, Upupidae, Uapri- 
muleidae und Macropterygidae, zusammen etwa 400 
Arten. | 

Dem Halbbande sınd drei Karten von Afrika bei- 
gegeben, auf denen alle bisher ausgebeuteten Fundorte 
angegeben sind. Als Erläuterungen zu den Karten ein 
alphabetisches Verzeichnis der Fundorte mit Angabe 
ihrer Lage auf den Karten und mit den Namen der 
Sammler. Dieses Verzeichnis weist über 2500 Sammel- 
orte nach. 

Ferner enthält der Halbband fünf farbige Tafeln, 
auf denen folgende Arten abgebildet sind: Turacus schütti 
und emini, Podica senegalensis und camerunensis, Pica- 
thartes oreas und gymnocephalus, Macronyx fülleborni 
und aurantigula, Penthetria psammocromia, Ploceus 
rufoniger, Symplectes tephronotus. 


Inhalt des III, Heftes, 


1. Der Vogelzug in Mecklenburg. Von C. Wüstnei. (Schluss). 265 

3. Einige Beobachtungen aus dem Jahre 1901. Von C. Wüstnei. 278 
3. Otis teirax, Die Zwergtrappe, ein urdeutscher Brutvogel. Von 

H: Kunze Ra ee RE Ba nr 28a 
4, Gefiederte Wintergästte im Hafen von Memel im Winter 

1900/1901, . Von B. Christolet 0... 2 529 

5. Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. Von W. Schuster . . 331 
6. Zur Versöhnung zweier toten Meister. (Hartlaub-Petenyji). 

Von O0. Bunsichr.. ERSRE BER ee ER ee 

7. Schutzfärbung und Notstrachlen Von FE. v. Lucanus . . 356 

8. Die Brüllaffen unter den Vögeln. Von W. A. Schulz . . 361 

Deutsche Ornithologische Gesellschaft. 
9. Bericht über die Apnilsitzung 1902 . . ... 2 2.2..2.868 
10. Dem Herausgeber zugesandte Schriften. . -. . -» .2.....866 


Die Kennzeichen 


der 


Vögel Deutschlands. 


Schlüssel zum Bestimmen, 
deutsche und wissenschaftliche Benennungen, geographische 
Verbreitung, Brut- und Zugzeiten der deutschen Vögel 


von 


Prof. Dr. Ant. Reichenow. 
Mit erläuternden Abbildungen. 
Preis geheftet 3 Mark, geschmackvoll gebunden 4 Mark. 
(Verlag: J. Neumann in Neudamm.) 


Das Buch ist in erster Linie für weitere, nicht fachmännische 
Kreise bestimmt. In gemeinverständlicher Darstellung und unter 
Beigabe erläuternder Abbildungen enthält es Anleitungen zum 
Bestimmen der Familien und Arten, führt den allgemein gebräuch- 
lichen deutschen Namen jeder Art und daneben den wissenschaft- 
lichen, ferner auch die wichtigeren, - örtlich gebräuchlichen 
Bezeichnungen auf, lehrt die allgemeine Verbreitung der einzelnen 
Arten und deren besonderes Vorkommen in Deutschland kennen 
und giebt die Brut- und Zugzeiten an. Da das Buch aber auf 
streng wissenschaftlicher Grundlage gearbeitet ist, auch die erst 
in neuerer Zeit von den Ornithologen unterschiedenen Abarten be- 
rücksichtigt, in der Wahl der wissenschaftlichen Namen genau den 
herr schenden Regeln für die Benennung der Tiere folgt und somit zum 
ersten Male eineden wissenschaftlichen Anforderungen der Gegenwart 
entsprechende Übersicht der deutschen Vögel liefert, so wird es 
auch für den Ornithologen von Fach ein nützliches Handbuch sein. 


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